Dienstag, 4. Mai 2021
Späte Ehrung für Rudi Dutschke
Rudi Dutschke wurde von den Medien - besonders der Springer-Presse - gern als "Chefideologe" von APO und Studentenbewegung dem staunenden bürgerlichen Publikum präsentiert. O.K., keine Vollversammlung an der FU, keine Demo, keine Strategie-Diskussion ohne Rudi. Aber es waren immer auch noch bis zu zehntausend andere dabei.

Rudi (Jahrgang 1940) kam drei Tage vor dem Mauerbau aus der DDR nach West-Berlin. Im Osten wurde er am Studium gehindert: er war in der Jungen Gemeinde aktiv und lehnte den Kriegsdienst ab. Im Westen schloss er sich u.a. dem SDS an. Besonders aktiv war er - aber auch und vor allem da nicht allein - in seinem Engagement gegen den Vietnamkrieg. Aktiv beteiligte er sich an den beiden Vietnam-Kongressen in Frankfurt/Main (1965) und Berlin (1967).
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Wir gingen immer davon aus, dass wir und vor allem Rudi mindestens vom West-Berliner Verfassungsschutz beobachtet. Gern amüsierten wir uns mit dem heiteren Ratespiel: Wer von uns ist der Spitzel? Einer musste es sein!

1968 schoss ein rechtsextremer arbeitsloser Maurer ihn mit drei Pistolenschüssen nieder. Rudi überlebt schwer verletzt, litt jahrelang unter den Folgen und starb 1979 daran. Zuvor verließ er Berlin und fand nach jahrelanger Odyssee durch Europa und Ausweisung aus England an der Universität im dänischen Aarhus Aufnahme. Dort begann er seine nie vollendete Promotionsarbeit. Noch 1979 engagierte er sich bei den Grünen.

Jetzt nach so vielen Jahren wurde aus Akten der US-Sicherheitsbehörden bekannt: Seit 1967 bis zu seinem Tod wurde Rudi von CIA und FBI überwacht, die eine panische Angst davor hatten, er würde in die USA einreisen und dort seine politische Praxis fortsetzen. Vom US-Botschafter in der BRD bis zu Kommunistenhasser Edgar Hoover (Chef des FBI) wurden mehrere Instanzen mit dem Fall befasst.

Bereits 1965 war er mit seiner amerikanischen Ehefrau Gretchen in den USA. Ob er danach je plante, erneut dorthin zu reisen, ist nicht bekannt. Ausgeschlossen ist es nicht, eben u.a. wegen Gretchen. Die Paranoia der Behörden ist sicher übertrieben. Es galt - und gilt? - aber als höchste Auszeichnung, im Visier des CIA zu sein. Es war so etwas wie eine Adelung, denn wen der CIA beobachtete, der musste wichtig, gar gefährlich sein. Herzlichen Glückwunsch, Rudi, du hast es verdient!

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