Donnerstag, 27. Februar 2020
Eine Reise durch das Land der Gegensätze: Marocco 2012 (6)
Es hat die ganze Nacht gestürmt. Wir fahren Richtung Ouarzazate, sehen die dortigen, weltberühmten Filmstudios, biegen ab zur Kasbah Tiffoultoute. Gegen 20 Dirham Eintritt betreten wir den sorgfältig renovierten Bau. Schönes Atrium und Salons, traditionell eingerichtet mit flachen Tischen, Sitzkissen, Teppichen. Dort serviert uns ein freundlicher Alter Pfefferminztee und süßes Gebäck. Vorher erklimmen wir die Dachterrasse, wo uns der Sturm fast umweht. Der Storch auf dem höchsten Turm steht fast unbewegt, aber die Asiaten einer Reisegruppe halten sich krampfhaft die Mützen fest. Der weite schöne Rundblick entschädigt uns.



Weiterfahrt. In Ouarzazate – riesige Kasernenanlagen – finden wir mangels Ausschilderung erst nach mehrfachem Fragen den richtigen Ausschlupf nach Skoura. Dann: rechts der Stausee und der Oued Drâa, links weiter weg der Atlas, teils in Wolken, teils noch mit Schnee. Nach Skoura geht’s langsam voran: eine Kette kleiner Orte mit viel Gewimmel – zumeist Mini-Läden und Werkstätten, dann Andenkenläden, schließlich Rosenwasser.
Unterwegs ein kleiner Junge hält uns an. Wir nehmen ihn ein Stück mit, bis er aussteigen will. Da bittet er uns um Geld, wollte wohl eigentlich gar nicht mitfahren, sondern nur betteln.
In Boumalne de Dadès links ab zur Schlucht. Wir fahren an allen Kasbahs vorbei und finden schließlich die Auberge des doigts de singe und den Wirt Jussef, der uns von Alice empfohlen worden war. Doigts de singe heißt Affenfinger; die Felsen am gegenüberliegenden Hang sollen an Affen-Finger bzw. -Pfoten erinnern. Gerhild erklärt, wer wir sind: große Freude! Wir ruhen uns aus, essen eine total sättigende „Kleinigkeit“ an Salat, Omelette Berbère und Obst.
Nachher fahren wir durch die ganze Schlucht, weiter als vor zwei Jahren. Im Tal ist es total grün: ordentlich angelegte Getreide- und Gemüsefelder, Obstplantagen in sattem Grün. Im heftigen Kontrast die kahleren Bundsandsteinabhänge und weiter oben grauen Felsen. Ganz oben herrlicher Blick. Gerhild kauft von einem Jungen einen Ammoniten für 1 Dirham. Die Straße ist noch nicht zu Ende, wir kehren aber um, weil es zu spät wird. Unterwegs wieder zwei Jungen mitgenommen, sehr höflich. Gerhild macht noch einen Spaziergang im Flusstal, ich ruhe mich wegen Luftproblemen aus. Jussef bekocht uns abends. Wir essen drinnen, weil der Wind nicht nur stark, sondern kalt ist.

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Mittwoch, 26. Februar 2020
Marokko ist eine konstitutionelle Monarchie.
Seit 1999 herrscht König Mohammed VI. Die Stellung des Königs ist zentral. Premierminister und der Ministerrat, das Kabinett, werden vom Parlament gewählt, müssen aber vom König bestätigt werden, was kein nur formaler Akt ist. Der König hat im Ministerrat den Vorsitz und kann einzelne Minister entlassen oder das Kabinett auflösen. Er ist zugleich oberster Religionshüter. Der Islam ist Staatsreligion, der nominell 98% der Bevölkerung angehören. Es gibt drei Tabu-Themen in Marokko: Erstens die unangefochtene und unanfechtbare Stellung des Königs, zweitens die Religion und drittens der Anspruch Marokkos auf die Westsahara. Diese ehemalige spanische Kolonie wurde 1975 handstreichartig auf Befehl von Hassan II. von marokkanischen Truppen besetzt. Der König kam damit einem von der UNO geforderten Referendum zuvor. Heute wird das Gebiet als Teil Marokkos beansprucht.

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Eine Reise durch das Land der Gegensätze: Marocco 2012 (5)
An die Muezzine um ½ 6 Uhr habe ich mich jetzt so gewöhnt, dass ich wieder einschlafen kann. Frühstück im Hof statt auf der Terrasse, „à l’ombrage“ – im Schatten -, wie der Wirt sagt, aber die Sonne scheint gar nicht, sondern es ist wieder dunstig. Gerhild vergleicht die Nebelschwaden in den Bergen mit Las Palmas. Wir packen und brechen auf. Der Wirt verabschiedet uns wortreich und freundlich. Bei Tahanaout biegen wir nicht rechtzeitig ab, weil Straßennummern auf der Karte nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Wir fahren zu weit und müssen wieder umkehren.

Der Boden scheint sehr fruchtbar zu sein – roter Lehm und wo Wasser ist, grünt und blüht es. Viele Getreidefelder, die Halme sind nur kniehoch. Aber so habe ich Marokko noch nicht erlebt.
Einmal steht ein Esel mitten auf der Fahrbahn. Ich halte, fürchte, ihn in den Gegenverkehr zu treiben, wenn ich ausweiche. Er schaut uns starr an. Endlich bewegt er sich zum linken Fahrbahnrand, da sehen wir, dass er auf beiden Hinterbeinen lahmt, sie quasi nachzieht, daher fast unbeweglich ist. Sein sehr ungepflegtes Fell, seine Magerkeit sprechen dafür, dass er ausgesetzt ist. Ich denke an den Bremer Esel.
Die Behandlung der Tiere ist schlimm. Gestern auf dem Weg zur Kasbah Tougbalt schleppte eine Frau ein Riesenbündel Grünzeug den Berg hoch, hatte zwei kleine Kinder dabei und trieb eine völlig verängstigte Kuh – verängstigt auch, weil ich sie überholen wollte – mit Sichelhieben vor sich her. Wer ist schlechter dran: die Kuh, die Frau oder die Kinder?

Wir fahren zum Tizi `n Tichka, dem Tichka-Pass, hoch, machen zweimal Halt: tolle Ausblicke auf die Berge und in die satt grünen Täler. Am Straßenrand überall Händler mit Ketten und Mineralien. Wer kauft das Zeug je? Einmal nehmen wir wieder einen kleinen Schuljungen mit. An anderer Stelle steht ein Auto mit offener Motorhaube, der Fahrer gestikuliert. Nee, den Trick kenne ich. Ein einheimisches Auto hält auch nicht. „Und wenn’s wirklich ein Problem gibt?“ fragt Gerhild. Dann sollen andere sich kümmern. You don’t get me twice! Auf der Südseite des Passes ändert sich das Wetter, kein Dunst, keine Wolken. Alles sehr viel trockener.



Einer von den uniformierten Wichtigtuern hält uns an, fragt nach meiner Nationalität. „Allemagne. – Haben Sie dort eine ökonomische Krise? – Ich: Ein bisschen. – Er: Angelika (sic!) Merkel hat gut gearbeitet? – Ich: Sie nicht, aber die anderen.“ Dann winkt er uns durch.

Auf den Straßen immer wieder streunende Hunde, einzeln oder zu zweit trotten sie von einem Ort zum anderen. Bei einer Rast laufen zwei an uns vorbei. Später kommt der größere allein zurück. Wir wundern uns. Bei der Weiterfahrt sehe ich auf der Fahrbahn eine platt gefahrene Kreatur. Ist das der andere? Ist allerdings schon ziemlich trocken.

Wir biegen ab zur Kasbah Aït Ben Haddou, also der Burg der Sippe von Ben Haddou, lassen das Auto stehen, queren den Oued oder Wadi, also Trockenfluss. Die Kasbah beherrscht imposant das Tal, sehr hoch, sehr groß, eine richtige kleine Stadt. Wirklich gut restauriert (Weltkulturerbe), mit einigen Macken. Wir streunen durch`s Gemäuer, klettern bis nach oben, wo uns der Sturm fast wegpustet. Ein „Berber“ erklärt uns seine einseitige Geige („Ar Rife“ genannt), lässt sich fotografieren, bekommt sein Bakschisch, ein Geldgeschenk, quasi seine Gage. Später bitter er uns, seine Euros in Dirham umzutauschen.



Im Ort suchen und finden wir ein passables Hotel. Ausruhen, planen für morgen, Wasser und Zahnpasta kaufen. Dann Abendessen: Menü mit Riesenportionen. Gerhild bekommt ihr Couscous, ein Hirsegericht mit verschiedenem Gemüse mit oder ohne Fleisch bzw. Fisch und gewürzter Soße. Ich kriege meine Tagine Kebab nur gerade auf, in diesem Fall Fleischklößchen in einer sehr leckeren Soße, dazu Salat bzw. Suppe vorweg, danach Obst; würde woanders für `ne ganze Familie reichen. In arabischen Ländern gilt es als Gastfreundschaft, so reichlich anzubieten, dass eigentlich immer etwas übrig bleibt.

Kurzer Gang die Straße hoch: ein richtig kalter Sturm mit Wolken von Sand verdirbt das Vergnügen. Zurück im Hotel stelle ich fest: habe den Kopf voller feinem Staub. Bald zu Bett.

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Dienstag, 25. Februar 2020
Eine Reise durch das Land der Gegensätze:Marocco 2012 (4)
Wir haben uns entschlossen eine Nacht zu verlängern und einen Wandertag einzulegen. Nach dem Frühstück – süßes Fettgebäck, Berberbrot und thé à la menthe – fahren wir nach Imlil und weiter Richtung Tamaest-Pass, lassen den Wagen irgendwo stehen und gehen auf der (neuen?) Straße zum Pass hoch. Ich puste wegen meiner chronischen Bronchitis ziemlich, bin’s nicht mehr gewohnt und wir sind auch ziemlich hoch. Unterwegs und oben herrliche Aussicht, zunächst auf den Djebel Toubkal, das ist mit 4.167 m der höchste Berg Marokkos, dann ins Tal. Ein Schäfer mit zwei Bubis treibt seine Herde über den Hang, dann kehren die Bubis um, und Schafe und Schäfer verschwinden.
So grün habe ich Marokko nicht erlebt und so bunt. Alle Bäume in sattem Frühlingsgrün, knallgelber Ginster, kleine Windenart mit blauen Blüten und viele andere Blumen, aber alle klein. Oben machen wir Rast.



Gerhild hat sich über das Straße-Laufen beschwert, also schlage ich vor, den Eselspfad zurück zu nehmen. Leider hat sie die falschen Schuhe an, aber es geht. Viele auffällig farbige Felsen: blau, türkis, rot …. Auf dem Pfad ist man doch dichter dran an Geografie und Biologie. Unterwegs kreuzen wir immer wieder die Straße, schließlich gehen wir den Rest des Weges darauf, um das Auto nicht zu verpassen – und prompt stolpere ich und falle auf die „Schnauze“, ist aber nichts passiert. Zeitgleich poltert ein großer Stein zu Tal, als gäbe es einen ursächlichen Zusammenhang wie bei der Chaos-Theorie.

Wir fahren runter nach Imlil, stellen den Wagen ab und gehen `rauf zur Kasbah. Unterwegs Händler mit Souvenirs, Eseltreiber bieten ihren Dienst an. Oben wirklich schöner Ausblick auf den Toubkal und die anderen Berge, die noch Gletscherzungen lecken lassen. Beim Abstieg begegnen uns drei winzige Zicklein, zwei tollen herum, meckern, eins meckert nur und folgt mir wie ein kleiner Hund. Ich fürchte schon, ich werde es nicht mehr los, schiebe es mehrfach in die entgegen gesetzte Richtung. Endlich bleibt es zurück. Zurück zum Auto.

Uns fehlt noch Mulay Brahim. Kaum steht das Auto, ist auch der erste Mitschnacker zur Stelle. Wir lassen ihn stehen, gehen ins erstbeste Restaurant, er hinterher und nimmt die Bestellung auf. Langsam vermuten wir, es sei der Wirt oder so was. Er setzt sich zu uns, konversiert etwas, bietet einen Stadtbummel an. Wir lassen uns darauf ein. Er zeigt uns die Moschee, erklärt etwas zur Bedeutung, führt uns durch den Basar. Weil er bei uns ist, lassen die Händler uns in Ruhe. Auf den Treppenstufen des Basars hocken Gruppen von Frauen, die die Henna-Zeremonie praktizieren. Mit der rotbraunen, tintenähnlichen Flüssigkeiten dekorieren sich Frauen arabesk Hände und Füße.



Mit einem Mal zieht unser Mitschnacker ein Bündel Ketten, alles Talmi, aus seiner Djelabba, dem weiten, fußlangen Mantel mit Kapuze, und preist sie an. Ich hatte ihm schon vorher erklärt, dass ich nichts kaufe, wiederhole es, er bleibt hartnäckig. Am Auto drücke ich ihm 20 DH mit Dank in die Hand. Ihm ist’s zu wenig, ich zeige ihm mein Kleingeld, er nimmt’s (3 oder 4 DH). Am Schluss sind alle unzufrieden: er, weil er kein besseres Geschäft gemacht hat, wir, weil’s wieder wie immer gelaufen ist, schlechtes Gewissen wegen seiner Armut. Aber ich kann nicht dauernd Sachen kaufen, die niemand haben will.

Zurück zur Villa d’Atlas, unsere Auberge, dies geschrieben. Planung für morgen. Zwischen den Obstbäumen huschen bunt gekleidete Frauen umher, die man mehr hört als sieht. Sie sind wohl mit irgendwelchen Arbeiten beschäftigt, zwitschern wie die Schwalben und schwatzen. Meist quakt ein Kind, gestern stundenlang, und eine Frau versucht es durch lautes Schimpfen zu beruhigen, natürlich vergeblich.
Wetter: angenehme Temperatur, gelegentlich eine leichte Brise, aber sehr dunstig, so dass man den Tougbal meist nur ahnen kann, wenn überhaupt. Camus „Der erster Mensch“ zu Ende gelesen.

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Donnerstag, 13. Februar 2020
Eine Reise durch das Land der Gegensätze:Marocco 2012 (3)
Wir brechen relativ zeitig auf, tanken, holen Geld und fahren Richtung Tizi’n Test, den Tizi-Pass. Die Fahrt ist wieder atemberaubend. Vor allem sind alle Bäume grün, Büsche und Kakteen haben bunte Blüten. Im Frühjahr und in größerer Höhe ist Marokko am schönsten. Nach oben wird es zunehmend kühler und angenehmer. Die Straße ist in keinem guten Zustand, und die einheimischen Fahrer sind meistens sehr rücksichtslos, denken nicht daran auszuweichen.

Wir kehren wieder beim selben „Café“ wie vor zwei Jahren ein. Der sehr freundliche Wirt bringt uns Tee, fotografiert uns, nachdem ich ihn im Gespräch mit Gerhild fotografiert habe. Ich mache auch ein paar Aufnahmen von Blumen, Töpfen usw. Ich erzähle ihm, dass ich schon mal vor zwei Jahren bei ihm war, worauf er mich noch einmal mit Handschlag und erfreut begrüßt. Ich soll wiederkommen. Inschallah (so Gott will)!.



Weiter. Unterwegs halten wir immer wieder an, gucken, fotografieren. Das Restaurant am Pass hat sich vergrößert, ist schicker und hat dadurch an Charme verloren. Gerhild möchte auch keine Berber-Omelette, also fahren wir weiter.

An der Tin Mal Moschee waschen Frauen im Fluss und breiten die Wäsche zum Trocknen auf Boden und Büsche. An der Moschee ist gerade eine amerikanische Reisegruppe angekommen, also können wir auch `rein. Ein Junge am Eingang erklärt uns, dass es 20 Dirham (= 2 €) Eintritt kostet. Ist das vielleicht der Sohn des Mannes, der uns damals führte, den wir vorher im Auto mitgenommen hatten? Das Alter könnte stimmen. Diesmal macht die Besichtigung mehr Spaß ohne den Führer, der mir damals noch die Fotopositionen vorschrieb und ziemlich hetzte. Die Ami-Gruppe wird mit ausführlichen architektonischen Details traktiert.

Auf dem Rückweg zur Straße habe ich noch von oben die gewaschene Wäsche fotografiert und Kakteen. Mit Feuerholz und Viehfutter bepackte Frauen mühen sich den Berg `rauf. Und wir gurken hier zu unserem Vergnügen `rum. Nur: wenn wir’s nicht täten, hätten sie auch nichts davon.



Ach so: gestern hätte ich beinahe eine Ziege erwischt. Nur eine harte Notbremsung mit qualmenden Reifen rettete ihr Leben und Gesundheit. Heute war’s ein Hund.

Bergab nach Asni. Die bewaldeten Hänge sind grün. Der Stausee ist voll von türkisgrünem Wasser. In Asni finde ich den Einschlupf zu unserer Auberge zunächst nicht. Wir fahren bis zum Ortsende und darüber hinaus, kehren um, machen kurz Halt am Fluss. Ein Esel wird von zwei weißen Kuhreihern umsorgt. Männer im Flussbett buddeln Schwemmsand aus, als Düngemittel oder Baustoff.

Wir fahren zurück zum oberen Ortsende, finden die Straße und die Auberge. Der freundliche Wirt empfängt uns, Zimmer verfügbar, ebenso das Abendessen. Er zeigt uns stolz seinen Riesen–Obstgarten, eher eine Plantage und zählt alle Sorten auf. Wir duschen, relaxen, lesen, machen einen kurzen Gang durchs Dorf. Dann Abendessen: Tajine mit Huhn, diverse pürierte Gemüsesorten, köstlich gewürzt. Zum Nachtisch Wassermelone: aha, so können die schmecken. Katzen werden mit Hühnerknochen gefüttert. Dann noch auf der Terrasse gesessen. Moscheen mit obligaten Muezzins gibt’s ringsum ebenfalls, und der Hausherr kniet im Hof und betet.

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Mittwoch, 12. Februar 2020
Eine Reise durch das Land der Gegensätze: Marocco 2012 (2)
Nach dem Frühstück fahren wir in den Anti-Atlas. Dort möchte ich eine mehr oder minder große Rundfahrt machen. Wir brauchen aber schon für die Hinfahrt – schlechte Straßen, schlechte Ausschilderung, Umwege, Entfernung - so lange, dass wir in Tafraout beschließen nicht weiterzufahren. Immerhin ist die Strecke ab Aït Baba landschaftlich reizvoll: Arganbäume mit Ziegen, tiefe Schlucht, wir fahren oben und genießen wundervolle Ausblicke.



Rast und Imbiss in Tafraoute, kurzer Bummel, die Stadt ist ausdruckslos wie fast alle hier. Ein Junge spricht uns deutsch auf meinen Reiseführer an, behauptet, die Autorinnen zu kennen und – lädt uns in seinen Souvenirshop ein. Wir danken und kehren um. Die Rückfahrt ist wieder sehr weit, geht aber durch tolle Landschaft. Wir einigen uns, dass dieser Ausflug nicht so gelungen war wie erwartet. Es wäre besser gewesen, in Tafraoute Quartier zu nehmen und von dort Ausflüge zu machen. Naja, nächstes Mal?
In Tiout werden wir nacheinander von zwei Männern – erst französisch, dann deutsch – sehr höflich angesprochen, ob sie uns die Palmeraie zeigen dürfen, ein Palmenhain mit anderen Obstbäumen und Gemüsebeeten, fast paradiesisch. Als wir ablehnen – wir sind ziemlich erschöpft – ziehen sie sich ohne weiteres zurück. Erfrischung im Schwimmbad, Abendessen. Früh zu Bett. Diesmal schlafe ich mit Oropax durch.

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Dienstag, 11. Februar 2020
Eine Reise durch das Land der Gegensätze:Marocco 2012 (1)
Im Mai 2012 machte ich meine dritte Reise nach Marokko. Das erste Mal war ich 1965 dort. Mit dem VW-Käfer meines Freundes fuhren wir über Frankreich und Spanien bis Algeciras, setzten mit der Fähre über nach Ceuta. Von dort startete unsere ca. sechswöchige Reise zunächst entlang der Mittelmeerküste bis Oujda an der algerischen Grenze. Quer durch das Land reisten wir bis zu den Königsstädten Fès und Meknes und weiter über den Hohen Atlas nach Marrakesch. Die Rückreise verlief über Casablanca, Rabat, Tanger nach Spanien. Durch Frankreich und die Schweiz kehrten wir nach Deutschland zurück. Insgesamt legten wir 13.000 km zurück und waren zwei Monate unterwegs. An- und Abreise dauerten allein zwei Wochen.

Jahrzehnte später war unsere Nenn-Tochter Alice mit einem jungen Marokkaner, Younes, liiert. Alice und ihr Bruder Gregor sind in unserem Haus geboren und wir wohnten mit der ganzen Familie in einer Hausgemeinschaft. Das war 2009 ein Grund erneut nach Marokko, diesmal Südmarokko zu reisen. Jetzt, im Mai 2012, sollte die Hochzeit gefeiert werden. Zu diesem Anlass reisten wir zu sechst nach Essaouira, der Heimatstadt von Younes.


Essaouira Fischhafen

Meine Frau Gerhild und ich reisen allein an. In der Berliner S-Bahn greift uns eine Kontrolletta ab: Wir haben die Fahrkarte nur für den Stadtbereich gelöst. Arger!
Am Flughafen ein Labyrinth von Gängen durch Läden. Dass es ein Flughafen ist, merkt man nur an den Rollkoffern. Dann alles wie gewohnt bis zur Landung nach vier Stunden in Agadir. Wie anders wir heute im Gegensatz zu 1965 reisen!
In Agadir bläst ein Backofenwind. Es dauert endlos, bis wir das Mietauto bekommen, überraschend ein Dacia Logan. Zügig geht’s nach Tiout, das wir leicht finden. Dort hatten wir in einer Oase ein Zimmer bei der Wirtin Marie gebucht, die uns freundlich begrüßt. Duschen, auspacken soweit nötig, ausruhen, zum Abendbrot im Freien. Marie zeigt uns drei Mini-Schildkröten in einem großen Blumentopf und füttert sie mit Tomate. Außer uns noch ein französisches Paar mit Leih-Motorrad, boah, da werde ich neidisch. Es ist sehr warm, annähernd 40°. Die Betten quasi vorgewärmt, wir schlafen fast nackt ohne Zudecke. Nachts stören abwechselnd Muezzins verschiedener Moscheen zeitversetzt, Esel, Hundegebell, Hahnenschreie, wieder Muezzins. Ich schlafe fast nicht.

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Sonntag, 9. Dezember 2018
Geysir
Geysir ist eine unter hohem Druck entweichende heiße Wasserfontäne, die in unregelmäßigen Abständen aus der Erde schießt. Genau diese eine Fontäne heißt Geysir. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort aber für alle Thermal-Fontänen benutzt. Direkt neben dem Geysir befindet sich eine zweite, eher noch eindrucksvollere Quelle namens Strokkur.

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Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (Letzter Tag)
Wir kommen früh los, das erste Ziel Ðikkvibær wird gestrichen wegen Regen, Nebel, Dunst, also fahren wir direkt zum Gulfoss. Es nieselt und sprüht vom Wasserfall. Mit seinen Wassermassen, den zwei gegeneinander versetzten Stufen, der Fallhöhe und der umgebenden Landschaft ein bisher einmaliges Erlebnis.

Geysir bzw. Strokkur direkt nebenan, dessen Schlammschicht sich im 10-Min-Abstand glockenförmig hochwölbt, und dann schießt er 10 – 20 m hoch, begleitet vom Klicken der Kameras und den Ahs und Ohs der Zuschauer, wie zu Silvester beim Raketenschießen.



Dann Ðingvellir: auf dem Weg dahin Besuch einer Höhle, in der Geister hausen, und Stopp bei einer tiefen Spalte zwischen Amerika und Europa. Wunderbarer Ausblick in das weite Tal der Kontinentalspalte. In Ðingvellir dann die hoch aufragenden Wände der großen Spalte, in der wir einen Spaziergang machen. Das Phänomenale erschließt sich nicht durch den Augenschein, sondern durch die theoretischen Kenntnisse über Geologie. Nur beides zusammen ergibt das Faszinosum. Die Nationalgeschichte ist mir noch abstrakter. Eigentlich gibt es nichts zu sehen. Immerhin finde ich die isländische Frühgeschichte hoch spannend mit ihrem radikal-repräsentativen System. In Ðingvellir trafen sich vor der Kolonialisierung durch Norwegen jährlich zur Sommersonnenwende die Sippenoberhäupter, verhandelten allgemein wichtige Sachen und sprachen Recht.



Wir fahren am westlichen Ufer des Ðingvellirvatn bis zum südöstlichen Zipfel. Wunderschöne Landschaft, der See wechselt ständig die Farben zwischen milchig, türkisgrün, hellblau, dahinter düster die vulkanischen Berge und ein Himmel, der Bewölkung, Farbe, Licht und Schatten präsentiert. Übrigens ist das Wetter heute wieder nicht ganz schlecht: teilweise nieselt es, dann wieder trocken, stellenweise bricht die Sonne durch und betont wie Spotlights Geländeabschnitte: knallgrüne Berge, blaugraue Felsen, einzelne Häuser und Orte. Ein schöner Abschluss einer wunderbaren Reise.

Ab Selfoss dann direkt westwärts nach Reykjavik, das wir gegen 18.30 Uhr erreichen. Es ist schon spät, daher streichen wir den Hauptstadtbesuch, fahren durch nach Kevlavik, wo Gerhild ein Restaurant ermittelt hat, das wir nach ausgiebiger Suche finden. Gerhild lädt uns ein und wir essen gut mit Blick auf’s Wasser. Wir geben das Auto ab. Der Vertreter des Autoverleihs inspiziert den Wagen sehr sorgfältig, vor allem von unten. Es scheint wohl öfter vorzukommen, dass Fahrer die erlaubten Strecken verlassen und auf nicht befestigten Nebenstrecken den Unterboden demolieren. Bei uns ist aber alles in Ordnung.

Am Flughafen der übliche Stress, jetzt sitze ich hier, schreibe und hoffe, dass die Zeit bis zum Abflug vergeht.

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Samstag, 8. Dezember 2018
Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (13. Tag)
Mit den Himmelsrichtungen bin ich ganz durcheinander: der gleichmäßig bedeckte Himmel, das fast einförmige Licht bei Tag und Nacht machen die Orientierung schwierig. Anhand von Karte und Landmarken norde ich mich früh morgens ungefähr ein. Irritierend: einmal ganz früh steht der abnehmende Mond als ganz schmale Sichel dort, wo später vormittags die Sonne steht.

Vorm Frühstück steht ein Typ rauchend mit Elke vor der Tür: Reiseleiter, der mit seiner Gruppe auf die Westmännerinseln fahren will, hat aber Bedenken, ob das wegen des Sturms geht, will ggf. unser Haus belegen und fragt, ob wir eventuell umziehen. Erübrigt sich aber später. Mit ihm dabattiere ich eine Weile wegen des Monds und der Himmelsrichtungen, bis ich ihm Recht geben muss.

Beim Frühstück empfiehlt die Wirtin uns eine Busfahrt zum Vulkan Ðörsmörk, ist uns aber zu lange und zu teuer, und wir entscheiden uns für’s eigene Programm. Aber: die lichten Stellen in den Wolken mit Sonne verwandeln sich – bis wir endlich loskommen - wieder in Nieselregen.

Der Wasserfall Seljalandfoss ist erste Station, sehr nass durch Nieselregen und abstäubendes Wasser vom Fall. Die Fallhöhe ist beeindruckend. Von hier fahren die Hochlandbusse ab – fast leer. Angesichts des Wetters nicht verwunderlich, weil man oben wegen der Wolken bzw. des Nebels wohl doch nichts sieht.



Zweite Station: der Fähranleger zu den Westmännerinseln, Nieselregen, nichts los, im Dunst ein Felsen im Meer, der eine Insel sein könnte. Nach Hvolsvöllur, Kaffeetrinken, Getränkeeinkauf, sonst tote Hose. Im Kaffee feilscht ein deutsches Paar um 10 KR (= 6 Cent) und warnt uns vor Betrug. (Tucholsky, sinngemäß: Wenn man als Deutscher ins Ausland kommt, muss man erst prüfen, ob man sich gut benehmen muss, oder ob schon Deutsche da waren.)

Zurück zum Haus, Planung für morgen begonnen. Die Bewölkung lockert auf, die Sonne wärmt den Raum mit den Panoramafenstern sehr gut. Es hält mich nicht mehr. Gerhild und ich laufen auf den gegenüberliegenden Hang, den Schafen nach an Bächen entlang. Toller Ausblick auf Sander und Hügel. Unterwegs retten wir ein Schaf, das irgendwie aus der Umzäunung gekommen ist und den Rückweg nicht findet.

Nasse Füße – Wanderschuhe kaputt -, ins Haus zurück, Planung für morgen abgeschlossen, Kontinentalverschiebung erklärt, gelesen.

Zum Abendessen erscheint eine deutsche Restfamilie, fragt, ob wir unser Essen bestellt haben. Wir ja, aber sie nicht. Da wir reichlich haben, biete ich an. Die geäußerte Dankbarkeit hält sich in Grenzen. Immer wieder Belege dafür, warum wir Deutsche im Ausland „so beliebt“ sind. – Im Gegensatz zu gestern gibt’s reichlich und schmackhafter mit frischem Salat. Die Hausfrau ist wieder am Herd gewesen, nachdem sie gestern zu einer Beerdigung in Kevlavik war. – Weiter im Reiseführer geschmökert zur Vorbereitung für morgen.

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