Dienstag, 15. November 2022
Sublimer Antisemitismus
In meiner Jugend der 50er Jahre wurde Anne Frank unter uns zum Thema. Weniger bei mir, als vielmehr bei den Mädchen in der Nachbarschaft. Ich hatte den Namen und ganz wenig über ihr Schicksal und das Tagebuch gehört. Für die Mädchen dagegen war das Schullektüre gewesen. Auf meiner reinen Jungen-Schule kam das wohl nicht in Frage, genauso wenig wie all die anderen damals wichtigen AutorInnen.

Und was diskutierten die Mädchen? Anne Frank habe ja schon so früh für Jungs geschwärmt, aber das sei ja wohl bei den Juden (lies Jüdinnen) so, die seien ja eher frühreif. So habe es die Lehrerin erklärt.

Sublimer Antisemitismus selbst bei der Lektüre DIESES Buchs.

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Donnerstag, 10. November 2022
Ist Kritik an israelischem Regierungshandeln antisemitisch?
Ein Buch wirbelt ideologischen Staub auf: Charlotte Wiedemann, "Den Schmerz der anderen begreifen". Es diskutiert in Essays und Reportagen die Frage, "wie eine deutsche Erinnerungskultur den Holocaust im Zentrum behalten kann, sich aber gleichzeitig entwickeln und für die Erinnerung an anderen Menschheitsverbrechen öffnen kann". (taz 10.11.22) Explizit wird dabei auch das Genozid, das deutsche Kolonialtruppen im heutigen Namibia anrichteten, beschrieben.

Auch die Vertreibung und die Massaker an palästinensischen Arabern behandelt das Buch. Voraussehbar kommt Kritik, ja der Vorwurf des Antisemitismus auf. "miniaturen" hat über die Problematik bereits früher geschrieben. Aus aktuellem Anlass geben wir zwei der Beiträge noch einmal wieder.

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Mittwoch, 26. Oktober 2022
Neue Hoffnung nach den Katastrophen
Als die britischen Besatzer 1945 in das völlig zerstörte Hamburg einmarschierten, setzten sie als erstes eine Brauerei in Betrieb, sorgten dafür, dass die Straßenbahnen wieder fuhren und zwar mit neuen Fensterscheiben. Das Signal dieser zunächst verblüffenden Aktivitäten hieß: Es geht wieder aufwärts. Die Straßenbahnen fuhren in alle Stadtteile und trugen die frohe Botschaft überall hin. Und Bier gab's wieder und hob die Stimmung.

Als Hans Koschnik, Ex-Bürgermeister in Bremen, nach dem Balkan-Krieg EU-Administrator in Mostar für Bosnien-Herzegowina war, war er verantwortlich für den Wideraufbau. Koschnik hatte am Ende des Kriegs in Hamburg gelebt, und erinnerte sich an die verglasten Straßenbahnen. Nun gibt es in Mostar keine Straßenbahn, aber eine im Krieg zerstörte Brücke über den Fluss Neretva, das Wahrzeichen der Stadt. Die Brücke verbindet den bosnischen mit dem herzegowinischen Stadtteil. Koschnik sorgte als erstes dafür, dass dieses Wahrzeichen rekonstruiert wurde, als Symbol für den Wiederaufbau und die Verbindung der beiden Volksteile. Übrigens Mostar heißt Brücke.
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Ähnliche Überlegungen werden jetzt für die Ukraine angestellt. Bereits jetzt während der russischen Bombardements auf die ukrainische Infrastruktur, sollen möglichst viele zerstörte Straßen, Brücken, Kraft- und Wasserwerke, Bahnhöfe und Gleisanlagen funktionsfähig gemacht werden. Das hat praktischen Nutzen, aber auch einen symbolischen: Die terrorisierten UkrainerInnen können so wieder Hoffnung schöpfen. Wie damals in Hamburg und Mostar.

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Mittwoch, 28. September 2022
Inflation der Kirchenaustritte
Die Kirchen, besonders die katholische, spielen mit ihrer Existenz: Trotz massiver Kirchenaustritte können sie sich nicht zu Reformen entschließen.

Vor dreißig Jahren waren ca. 60 % der deutschen Bevölkerung Kirchenmitglieder und zwar jeweils ca. 30 % katholische und evangelische. Jetzt gibt es nur 50 % Kirchenmitglieder, ein massiver Schwund. D.h., dass ca. 8 Millionen ausgetreten sind, vor allem in jüngster Zeit und aus der katholischen Kirche. Die fehlenden Konsequenzen aus den Missbrauch-Skandalen waren entscheidende Auslöser.

Gut so und weiter so. Die Geschichte der Katholischen Kirche der letzten tausend Jahre beweist: Die ist nicht reformierbar. Bei der evangelischen ist die Geschichte nicht so lang (500 Jahre), unterscheidet sich in der Reformierbarkeit nur unwesentlich von der Konkurrenz.

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Samstag, 24. September 2022
Unwissenheit über Israel und Palästina
Das Thema Israel und die Palästinenser ploppt immer mal wieder hoch, zuletzt anlässlich der verschiedenen Auseinandersetzungen um vermeintlich oder tatsächlich antisemitische Exponate auf der dokumenta. Auch in Sachen Boykott von Waren aus den von Israel besetzten Palästinenser-Gebieten (BDS) wabern unterschiedliche Einschätzungen. Der Vorwurf, BDS sei antiisraelisch oder gar antisemitisch, trifft den Kern der Sache nicht. BDS richtet sich nicht gegen Israel als Ganzes, sondern nur gegen die israelische Besatzung im Westjordanland.

In der Debatte um die dokumenta kam u.a. die Behauptung auf, die israelische Armee habe während des Linanon-Kriegs 1982 das Massaker im Palästina-Flüchtlingslager von Sabra und Schatila (Libanon) verübt. Das ist in dieser verkürzten Form falsch und es darf nicht über die tatsächliche Beteiligung der israelischen Armee (IDF) hinweggetäuscht werden.

Die christliche Phalange-Miliz drang damals unter einem Vorwand mit Billigung der IDF in das Lager ein und richtete ein Blutbad unter der Zivilbevölkerung an, dem tausende zum Opfer fielen. Die IDF hatte das Lager umstellt und die Eingänge blockiert, in Anwesenheit des israelischen Verteidigungsministers Ariel Scharon und des Generalstabschefs Rafael Eitan. Die IDF lieferte zudem logistische Unterstützung (Planierraupen) und Verpflegung.

Die Generalversammlung der UNO und die israelische Kahan-Kommission wiesen der Armee eine Mitverantwortung zu. Das führte in Israel dazu, dass Eitan als Generalstabschef und Scharon als Verteidigungsminister zurücktreten mussten. Scharons politische Karriere war damit nicht beendet, er blieb Minister ohne Geschäftsbereich und schaffte es später bis zum Außenminister. 2000 provozierte er die zweite Intifada: er betrat in Begleitung von 1000 Polizisten, Militärs, Journalisten und Politikern den Tempelberg, der vor allem Moslems, aber auch Christen und Juden heilig ist. Der daraus resultierende Eklat motivierte eine konservative Mehrheit, ihn im Jahr darauf zum Ministerpräsidenten zu wählen.

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Samstag, 10. September 2022
Wie ich die Queen "erlebte"
Die englische Queen ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Daran kann ich ablesen, wie alt ich bin. 1952 wurden Elisabeths Krönungsfeierlichkeiten europaweit im Fernsehen übertragen. Beides waren damals Sensationen: einmal die Krönung selbst, dann das noch ganz junge neue Medium Fernsehen und schließlich, dass wir es in Deutschland und im übrigen Westeuropa live sehen konnten.

Es war zugleich das erste Fernseherlebnis, an das ich mich erinnern kann. Meine Eltern hatten kein Fernsehen, das damals noch ein kostspieliges und exklusives Vergnügen war. Aber unsere Nachbarn verfügten über ein Gerät und luden großzügig zum gemeinsamen Fernsehen ein.

Ich erinnere noch den beeindruckenden Pomp der Zeremonie. Zugleich entdeckte ich, dass auf den Filmaufnahmen die Räder der prächtigen Kutsche bei einer bestimmten Geschwindigkeit still zu stehen schienen, sich gar rückwärts drehten. Ich traute meinen Augen nicht. Als ich später im Kino in der Wochenschau das Phänomen noch mal und in Farbe (!) bestaunen konnte, bestätigten die Bilder den ersten Eindruck.

Niemand in der Familie oder in der Schule konnte das erstaunliche Phänomen wirklich erklären. Viel später lernte ich, dass es mit der Laufgeschwindigkeit des Films und dem Malteserkreuz zu tun hat.

Indirekt war ich 1965 vom ersten Besuch der Queen in Deutschland nach dem Krieg berührt. Das Protokoll sah vor, dass sie das damals wichtigste Literaturmuseum der Bundesrepublik in Marbach besuchen sollte, in dem meine Schwester arbeitete. Für die sehr provinzielle Kleinstadt am Neckar war das natürlich eine Sensation und die Begleitumstände unbegreiflich. So beschwerte sich der Hausmeister des Museums, dass fremde Männer in den Gartenanlagen rund ums Museum krochen. Er musste es dulden: es waren die Sicherheitsbeamten.

Später wurde gemunkelt, die Queen habe gar nicht das Marbach am Neckar mit dem Schiller-Nationalmuseum, sondern den gleichnamigen Ort mit einem weltberühmten Pferde-Gestüt auf der schwäbischen Alb besuchen wollen. Was plausibel erschien, denn die Königin war als Pferdeliebhaberin , weniger als Literaturfreundin bekannt.

Und nun sehe ich wiederum im Fernsehen die Zeremonien der Trauerfeierlichkeiten und erkenne wie alt auch ich schon bin.

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Freitag, 12. August 2022
Geschichte ist nicht Gegenwart
Neulich waren wir zu Besuch in Berlin und bei einer jungen Freundin und ihrer Familie eingeladen. Sie leben in einer großen, älteren Wohnanlage mit einem großen Innenhof. Herrlich ruhig mit viel Platz für Kinder und Große. Dort aßen wir an einer Tisch-Bank-Kombination zu Abend. Sie ist mit einem echten Berliner verheiratet, und sie haben zwei kleine Kinder. Alles also ganz "normal".

Zwischendurch tauchte eine kleine Gruppe Jugendlicher mit Rucksäcken auf. Als sie uns sahen, machten sie kehrt und trollten sich betont unauffällig. Unser Gastgeber klärte uns auf: Die Kiffer und Fixer kämen hier immer mal vorbei, um ungestört zu rauchen und zu drücken.

Für mich als ehemaligen Westberliner war der Stadtteil eher "unnormal". Friedrichshain, also Ost. Damals, vor 1989, hätte ich für den Besuch einen Perso und ein Besuchsvisum mit Begrenzung auf Mitternacht gebraucht. Jetzt wechselte ich ganz einfach mit dem Fahrrad von Kreuzberg nach Friedrichshain, inzwischen ein einziger Bezirk.
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Zum Schluss unseres Besuchs schlug unsere Freundin vor, uns mit dem Fahrrad zu begleiten, auf einem andren Weg als wir gekommen waren. Wir gondelten auf Schleichwegen zur Frankfurter Allee, die unsere Freundin uns begeistert vorführte: Die breite Straße mit Grünstreifen in der Mitte, die Alleebäume links und rechts, die Geschäfte in Pavillons, alles pikobello.

Ich konnte ihre Begeisterung spontan nicht teilen. Für mich war es die Stalinallee, das hieß 17. Juni 1953, die Bauerarbeiter-Revolte gegen erhöhte Arbeitsnormen, die russischen Panzer, die den Aufstand niederwalzten, die Schikanen der VoPos an der Grenze, wenn man in den Osten der Stadt wollte. All das klebte für mich an den Kacheln der Häuser, die seinerzeit schon kurz nach dem Bau von den Wänden fielen.

Ich weiß nicht, ob unsere Freundin meine Reserviertheit verstanden hat, gesagt hat sie nichts, ich aber auch nicht. Später wurde mir klar: sie lebt in einer anderen Generation, die das alles viel unbefangener sieht. Die ehemalige Teilung ist Geschichte, spielt im Alltag keine Rolle. Ihr Mann arbeitet im Westen der Stadt, was nicht heißt in Westberlin. Sie hat vorher in Neukölln gewohnt und in Friedrichshain gearbeitet. Alles ganz normal. Nur mir macht meine Erinnerung noch immer Probleme. Zeit sich davon zu emanzipieren. Sie hat dafür das Startzeichen gegeben. Dank dafür.

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Sonntag, 29. Mai 2022
"Es war einmal vor langer, langer Zeit ....,"
da verlor Deutschland einen Krieg. Große Landstriche und viele Städte wurden verwüstet. Menschen starben zu Millionen, wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Fremde Mächte eroberten das Land und befreiten es von einem grausamen Herrscher und seinen Schergen. Viele Menschen jedoch, die vor der Grausamkeit des Herrschers geflohen waren, sich verborgen hatten oder durch das Leid geläutert worden waren, schworen, das Land besser und schöner wieder aufzubauen.

Einige fanden einen schönen Ort ganz oben im Norden, an dem sie mit dem Neuaufbau beginnen wollten. Sie sammelten Gleichgesinnte um sich, bekamen von den fremden Mächten einen bescheidenen Schatz und öffneten die Türen ihrer Hütte für junge Menschen, denen sie von der finsteren Vergangenheit erzählten und mit denen sie gemeinsam berieten, wie das Land der Zukunft aussehen sollte. Sie nannten diese Hütte den "Jugendhof Steinkimmen". Hand- und Mundwerksburschen arbeiteten gemeinsam in der Hütte.

Mit viel Mühe näherten sie sich im Laufe der Zeit ihren Zielen. Immer mehr junge Leute kamen dorthin, begeisterten sich für diese Ziele und trugen die Botschaft ins ganze Land. Die Hütte wurde größer, schöner und komfortabler. Das ging viele Jahrzehnte sehr gut. Nach vierzig Jahren feierten alle zusammen ein großes Fest und freuten sich über das Erreichte. Nach wieder zehn Jahren feierten sie noch ein Fest, das war noch schöner und größer. Aber am Horizont zogen dunkle Wolken auf, aus denen kurz darauf heftige Blitze zuckten und Donner grollte. Es kamen Sendboten der Regierung, die die Quelle verstopften, aus denen die Menschen frisches Wasser schöpften, und vertrieben die Bewohner des Anwesens."

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Soweit das Märchen. Aber es ist gar kein Märchen, sondern die Geschichte einer außerschulischen Bildungsstätte, die Generationen von Jugendlichen und Erwachsenen Anregungen vermittelte, für politisches Bewusstsein und eine besseres und schöneres Leben arbeitete.

So das Vorwort für das Buch "Ein Vierteljahrhundert Pädagoge im Jugendhof Steinkimmen - Ein Lesebuch" von Jürgen Fiege (Oldenburg 2014, ISBN 978-3-7308-1091-0) Das Buch ist weiterhin lieferbar, entweder über den Buchhandel oder direkt beim Autor zum Preis von 10,00 Euro zzgl. Versand: jürgen.fiege@nord-com.net

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Samstag, 30. April 2022
Wer im Glashaus sitzt ...
Söder weiß mal wieder Bescheid: Er fordert Altbundeskanzler Schröder auf, angesichts seiner Sympathien für den Autokraten Putin und dessen Politik, aus der SPD auszutreten. Nicht ganz verkehrt, aber unangemessen aus dem Mund des CSU-Vorsitzenden.

Mal so gefragt: Wann erkennt die CSU ihrem Ehrenvorsitzenden Franz-Josef Strauß diesen Ehrentitel ab? Strauß pflegte nicht nur enge Beziehungen zum chilenischen Diktator Pinochet und zum Apartheid-Staat Südafrika wie zu vielen anderen obskuren afrikanischen Regenten, er lobte das Pinochet-Regime dafür, "für Ordnung gesorgt" zu haben, eine Ordnung, die 3.000 Todesopfer, politische Gefangene, Emigranten und Folteropfer brachte. Da könnte man durchaus auf die Idee kommen, den Ehrenvorsitz abzuerkennen, was Söder aber wohl nicht vorhat.

Lindner, FDP-Vorsitzender, schlug in die gleiche Kerbe. Da könnte man mal fragen, wie sein Verhältnis zum Ex-Vorsitzenden Erich Mende aussieht, der reihenweise Nazi-Orden sammelte und sich noch in den 50er Jahren mit dem Ritterkreuz am Hals in der Öffentlichkeit zeigte. Wann hat die Partei sich je von DEM distanziert?

Genau! Wird auch mal Zeit, bevor anderen Parteivorsitzenden irgendwelche Ratschläge erteilt werden.

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Mittwoch, 16. März 2022
Bundeswehr - bedingt abwehrbereit
Die Wehrbeauftragte des Bundestags stimmt in das Klagelied über die unzureichende Ausrüstung der Bundeswehr ein. Angestimmt hat es der Generalinspekteur des Heers, der die Truppe für "blank" hält. Den Oberton übernahm der Bundeskanzler: 100 Milliarden Euro sollen die Misere beheben.

Diesem Lied kann ich eine historische Note hinzufügen. Als seit 1956 die Bundeswehr aufgebaut wurde, griff das Verteidigungsministerium zunächst auf alte Bestände der USA und der britischen Armee zurück: z.B. die Panzer (Centurion, M 42 und M 48). Dann ging man dazu über, vor allem Fahrzeuge aus deutscher Produktion anzuschaffen. Dabei galt die Parole: Jeder marode und von Pleite bedrohte deutsche Hersteller wird saniert. Das galt u.a. für die Borgward-Kleinlastwagen, den DKW-Jeep, das Zündapp-Motorrad - alle technisch unzuverlässig und teilweise unzweckmäßig.

Der Höhepunkt der Sorglosigkeit war unser Schützenpanzer HS 30. Der Hersteller Hispano-Swizza hatte vorher nie einen Panzer gebaut. Die Entscheidung für den Auftrag wurde von Verteidigungsminister F.J. Strauß und Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Vorstellung eines Holzmodells in Tischgröße getroffen.

.....

Das Militär hatte einen Schützenpanzer mit hoher Feuerkraft, Schnelligkeit, guter Panzerung und flacher Form gefordert. Der Panzer sollte 9 Tonnen wiegen; als er fertig war, wog er 14 Tonnen. Als Komponenten wurde gewählt: eine 20-mm-Flugzeug-Kanone, die im Gelände regelmäßig versagte; ein Motor, der für einen anderen Zweck konzipiert war, zwei alternative Getriebe, die wegen des zu großen Panzer-Gewichts ständig versagten. Für die Stoßdämpfer galt dasselbe; die Kette war mit Gummipolstern versehen, damit der Panzer auch auf Straßen fahren konnte; diese Polster flogen bei höherer Geschwindigkeit nach hinten weg. Normal bestand eine Kompanie aus 16 Panzern. Bei einem mehrtägigen Manöver rückte unsere Kompanie mit acht Panzern aus und war damit die stärkste des Bataillons. Nach drei Tagen hatten wir noch zwei Panzer - ohne Feindeinwirkung.

Das führte zu der grotesken Situation, dass die Besatzungen der ausgefallenen Panzer auf die restlichen sowie auf Unimog-Attrappen verteilt werden mussten. Hätten wir "Feindberührung" gehabt, hätten wir uns gegenseitig in der Schusslinie gehockt.

Um dem chronischen Mangel an Panzern zu begegnen, hatte man als "Übungspanzer" Unimog-Fahrzeuge mit einer Blechattrappe in Form eines HS 30 versehen. Der Höhepunkt war eine Geländeausbildung. Da kein Panzer zur Verfügung stand, mussten wir uns so aufstellen, wie wir auf dem Panzer saßen. Und dann wurden Manöver "gefahren": Panzer marsch (wir liefen in dieser Formation vorwärts), Panzer halt (wir blieben stehen), Feuer frei (wir machten Päng-Päng), Panzer rückwärts Marsch (wir bewegten uns rückwärts), Stellungswechsel (wir liefen schräg nach rechts), und so weiter. So was kann ich mir nicht ausdenken, das habe ich 1964 erlebt!

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