Samstag, 23. März 2024
VW-Golf ein Plagiat
Vor 50 Jahren kam der VW-Konzern mit dem Golf auf den Markt, nachdem die Planungsbüros bei VW über dreißig Jahre verpennt hatten. Die Presse feiert das wie eine Revolution. OK, für Deutschland mag das gelten.

Aber wie bei der politischen Revolution war Frankreich uns im Autobau voraus. 1967 kam die französische Firma Talbot mit dem Simca 1100 auf den Markt. Der hatte exakt das gleiche Konzept wie der Golf: Frontantrieb mit Frontmotor, Fünftürer mit umklappbarem Rücksitz, Pontonform vorn und Fließheck, 1100 cm3, 50 PS.

Der Golf mag für VW und die deutschen Autobauer innovativ gewesen sein. Im internationalen Vergleich war es ein Plagiat. Inzwischen hinken VW und die anderen deutschen Autobauer mit den Elektroautos erneut hinter der asiatischen Konkurrenz her.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 20. März 2024
Misshandlungen in Kinderheimen
Misshandlungen in Kinderheimen in den 60er und 70er Jahren empören die Öffentlichkeit. Das hat es sicher gegeben, aber die Definition von „Misshandlung“ ist gesellschaftlich und historisch definiert und wird daher unterschiedlich bewertet.

Ich kann auch ein Lied davon singen. Meine Erfahrungen stammen aus den 40ern - Acht Monate im Alter von vier Jahren 1946/47 - und den 50ern -sechs Wochen 1950. Beide Male waren Besuche der Eltern wegen der Reise-Bedingungen unmöglich. Wir wohnten in Kiel. Einmal war ich in Nordhessen, einmal am Bodensee.

Ich habe Kälte ohne ausreichende Kleidung, Freiheitsstrafe im Keller wegen "Schwätzens" beim Essen, Zwang zum "Teller-Aufessen", selbst wenn es das eigene Erbrochene war, strenge Disziplin bei den Mahlzeiten, bei sonstigen Tagesabschnitten und Mobbing erlebt. Nur richtige Misshandlungen waren nicht dabei.

Die "Schwere" der Strafen klingt aus heutiger Sicht anders als wir es damals empfunden haben. Ohrfeigen und Prügel waren auch in den Familien an der Tagesordnung. Körperstrafen waren bis in die 70er Jahre auch in Familien an der Tagesordnung und waren nicht verboten. In unserer Nachbarschaft wurde in zwei Familien regelmäßig geprügelt. Auch ich bin zwei Mal verhauen worden. Ohrfeigen habe ich nicht gezählt. Wir waren eine Mittelschichtfamilien ebenso wie die Nachbar-Familien.

-In der Schule war es auch nicht anders. Auch dort wurden Ohrfeigen und andere Gemeinheiten verteilt.

Ich will das, was geschehen ist, weder rechtfertigen noch klein reden. Die Zustände in Kinderheimen jedoch unterschieden sich nicht wesentlich von denen, die gesellschaftlich durchgesetzt und üblich waren.

Es gilt also nicht, die Kinderheime zu skandalisieren, ohne die allgemein-gesellschaftlichen Zustände mit einzubeziehen.

Wer mehr wissen will, den weise ich auf mein Buch hin: "Sprottenkiste - Sozialgeschichte einer Jugend in Kiel 1945 - 1966", Neu-Ulm (AG SPAK-Bücher) 2018, ISBN 978-3-945959-35-0

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 12. März 2024
Geschichte und Geschichten – Delmenhorst und anderswo 1945 - 1955
Mit den Jahren 1945 bis 1955 befasst sich das Buch „Geschichte und Geschichten – Delmenhorst und anderswo“ der Geschichtswerkstatt der Evangelischen Familienbildungsstätte.

Die Nachkriegsjahre in Delmenhorst und Erinnerungen der Delmenhorster an diese Zeit stehen im Mittelpunkt des Buches „Geschichte und Geschichten – Delmenhorst und anderswo 1945 - 1955“, das die Geschichtswerkstatt der Ev. Familienbildungsstätte herausgegeben hat.

Auf 209 Seiten haben die Autoren einer von Jürgen Fiege geleiteten Werkstatt „Autobiografisches Schreiben“ Erinnerungen und Fakten aus dieser Zeit zusammengetragen. Dabei werden sowohl ernste Ereignisse, wie die Erlebnisse bei Flucht und Vertreibung, als auch lockere Themen wie Kleidung, Kino oder Bücher betrachtet. „Die Gruppe bestand von 2011 - 2016. Die Idee stammte von dem verstorbenen Axel Erdmann“. In der Gruppe wurden verschiedene Themen aus der Zeit diskutiert, aus denen schließlich Beiträge entstanden.

Dabei bietet das Buch nicht nur Texte, die von einem oder mehreren Autoren verfasst wurden, sondern auch Texte in Interviewform. Diese wurden von Fiege in den Sitzungen der Gruppe aufgenommen und anschließend redaktionell bearbeitet. So sind Gespräche über den Umgang mit dem Nationalsozialismus oder auch die Weihnachtsfeiern in dieser Zeit nachzulesen.“

Nur noch wenige Exemplare! Das Buch kostet 12,90 € + 2,25 € Porto. Zu beziehen beim Autor: Jürgen Fiege juergen.fiege@nord-com.net

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 9. Oktober 2023
CDU: Geschichtsvergessen und juristisch inkompetent
In Berlin haben Sympathisanten von Palästinensern demonstriert und die Invasion der Hamas in Israel bejubelt. Darunter sollen auch deutsche Staatsbürger bzw. Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft gewesen sein. Belege für diese Behauptung gibt es nicht. Dennoch tönt es aus den Reihen der CDU – z.B. CDU-Generalsekretär Linnemann und Außenpolitiker Kiesewetter -, man müsse über den Entzug der Staatsbürgerschaft diskutieren.

Nur gibt es da nichts zu diskutieren: Laut Art. 16 des Grundgesetzes darf die deutsche Staatsbürgerschaft niemanden entzogen werden. Der Artikel beruht auf der Tatsache, dass eins der Terrorinstrumente der Nazis die Aberkennung der Staatsbürgerschaft war. Art. 16 ist ein Grundrecht und kann daher auch nicht verändert werden!

Das Grundgesetz scheint nicht zur Lektüre von CDU-Politikern zu gehören. Sonst könnte eine derartige Geschichtsvergessenheit und juristische Inkompetenz nicht vorkommen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 1. Oktober 2023
Was ist los in Bergkarabach?
Armenien bildet geografisch eine Landbrücke zwischen dem Mittelmeer, dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer und ist umgeben von der Türkei, Russland und Persien. Diese Lage weckte seit der Antike diverse Begehrlichkeiten. Die vorherrschende Religion ist das orthodoxe Christentum. Das bedingt eine Verbindung zu Russland und eine Gegnerschaft zur Türkei und zu Persien. Soweit eine grobe Skizze zum Hintergrund der aktuellen Krise.

Vor allem das Verhältnis zur Türkei ist schwer belastet. Das westliche Armenien wurde im 19. Jahrhundert von der Türkei besetzt, die das armenische Volk blutig verfolgte. Der Höhepunkt war 1915/16 ein Völkermord, dem 1 – 2 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Nach dem Vorbild der Deutschen, die zehn Jahre früher die Nama und Heroros in „Deutsch Südwestafrika“ in die Kalahari-Wüste trieben und sie dort verhungern und verdursten ließen, trieb der osmanische Staat die Armenier in die syrische Wüste. Ein Fakt, der bis heute von der Türkei bestritten wird. In der Folge des Genozids flohen große Teile der Überlebenden in arabische oder westliche Länder.

Nordarmenien unter russischer Besatzung konnte nur gegen Widerstände seine kulturelle, politische und ethnische Selbständigkeit verteidigen. 1920 wurde Armenien zwischen der UdSSR und der Türkei aufgeteilt, der nördliche Teil in die UdSSR (Armenische Sowjet-Republik) eingegliedert.

Durch die ethnische Vermischung zwischen den drei Meeren entstand neben der Armenischen SSR eine Aserbaidschanische SSR, auf deren Gebiet eine armenische Enklave (Bergkarabach) bestand. In dieser Konstruktion liegt die Ursache für die aktuelle Lage.

Das autoritär geführte Aserbaidschan (Präsident Alijev regiert seit über zwanzig Jahren) beansprucht das von Armeniern bewohnte Bergkarabach für sich. Die Armenier fordern ihre Unabhängigkeit.

Dieser Konflikt schwelt seit Jahrzehnten und führte mehrfach zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Russland – unmittelbarer Nachbar beider Länder - versuchte nur halbherzig den Konflikt u.a. durch Stationierung von Truppen zu schlichten. Als Aserbaidschan Bergkarabach militärisch angriff, hielt Russland sich zunächst zurück, und griff erst humanitär ein, als der Großteil der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach nach Armenien geflohen war.

Der Westen – die EU und die USA – verhielten sich bisher politisch indifferent, wie man sich denken kann aus durchaus eigennützigen Motiven: Aserbaidschan verfügt rund um Baku am Kaspischen Meer über riesige Erdölvorkommen. Eine Pipeline führt von dort ins türkische Ceihan am Mittelmeer.

Das armenische Volk erleidet seine xte Vertreibung. Es handelt sich um eine fast perfekte ethnische Säuberung von Bergkarabach, und die Welt schaut zu und erinnert sich erst an humanitäre, politische und moralische Pflichten, seit die Vertreibung von 140.000 Menschen vollzogen ist.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 3. Dezember 2022
Alice Schwarzer wird 80
Das ist schon das Einzige, was ich mit ihr gemeinsam habe. Und vielleicht noch die Politisierung in der 68er-Bewegung, aber sie in Paris, ich in Berlin.

Sie eine Frau, ich ein Mann. Meine Sozialisation vor dem geschichtsträchtigen Datum fand in einem – fast – reinen Frauen-Haushalt statt: Dort lernte ich Respekt vor Frauen, und dass man keine schlechten Witze über sie macht.

Schwarzer hat sich ohne Frage verdient gemacht für die Frauenbewegung. Ihr Einsatz für die Abschaffung des § 218 war vorbildlich, allerdings ohne die vielen anderen Frauen, die für den berühmten STERN-Titel „Wir haben abgetrieben“ ihr Bekenntnis und ihr Portrait gaben, wäre das nie und nimmer gegangen. Sie aber posiert heute auf Pressefotos mit dem Stern-Titel.

Das ist symptomatisch: Alice ist eine Solistin und verkauft vor allem sich selbst. Ein Buch, das sie mit fünfzehn anderen Autorinnen gemeinsam schreiben wollte, kam so nicht zustande; sie schrieb es allein, nachdem die Co-Autorinnen sich verstimmt zurückgezogen hatten. Sie war zwar nicht teamfähig, überzeugte ihre Jüngerinnen aber mit ihrer Autorität. Beides – die Jüngerinnen und die Autorität – wurden mit der Zeit immer weniger. Bascha Mika, Ex-taz-Chefredakteurin, hat es auf den Punkt gebracht: „Sie hat den Feminismus nicht vorangebracht.“
....................................
Dazu trugen auch ihre solistischen Kampagnen bei. PorNo und ihr rigoroser Kampf gegen Prostitution blieben unter Linken und real erfolglos. Sie war offensichtlich unfähig, die Ursachen zu erkennen: Solange es eine restriktive, sexualfeindliche Moral gibt, wird es beides geben. Und das wirkt unter den Bedingungen von – nicht nur – christlicher Moral und des Kapitalismus fort. Diesen Zusammenhang hat sie wohl nicht begriffen. Das war auch ihrem Hang zu Vereinfachungen, zu verstaubten Ansichten geschuldet. Bizarr ihre Losung "Frauen in die Bundeswehr" - vorausgesetzt sie können General werden. Und: Wer sich mit Islam-Feinden und Putin-Freunden gemein macht, kann nicht als fortschrittlich gelten.

Den Kapitalismus begreift sie sehr wohl. Trotz 1968. Ihre Frauenzeitschrift „emma“, das Buchgeschäft, Filme und die Pressearbeit werfen immerhin so viel ab, dass sie 250.000 Euro am deutschen Finanzamt vorbei in die Schweiz transferieren konnte. Sie scheute sich auch nicht, im Busenblatt „BILD“ eine Kampagne (War es Me-Too?) zu unterstützen. Eine Zeitung, deren Chefredakteur für seinen ruppigen und sexistischen Umgang mit Mitarbeiterinnen notorisch ist.

Die Realsatire einer Berliner Prostituierten spitzt es zu – sie gibt sich den „Künstlernamen“ Alice Schwarzer (s. miniaturen 18.01.2020 u.a.).

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 15. November 2022
Ludendorff in Dorfmark
Alljährlich trifft sich die rechtsextreme Sekte des "Bund für Gotterkenntnis" im kleinen Heidedorf Dorfmark.

"Bund für Gotterkenntnis." Dahinter verbirgt sich die Anhängerschaft von Margarethe (1875 - 1936) und Erich Ludendorff (1865 - 1937).

Margarethe - von Beruf Ärztin - fabulierte in ihrer Freizeit über Religion und konstruierte eine absurde Lehre, in der u.a. Antisemitismus und Gegnerschaft gegen Freimaurer und Jesuiten eine wichtige Rolle spielen.

Ihr Mann Erich war neben Hindenburg DER Held im 1. Weltkrieg. Anschließend verbündete er sich mit Hitler zum gescheiterten Putsch von 1923, dem sog. "Marsch auf die Feldherrnhalle" in München.

Seinen bekannten Namen nutzte Frau Margarethe als Aushängeschilt für ihre Lehre.

Als Hitler 1934 alle Konkurrenz durch Verbot, Verfolgung und Mord (z.B. beim sog Röhm-Putsch) ausschaltete, fiel auch die Ludendorff-Sekte darunter. Ludendorff rühmte sich später 1936 einer "Aussprache" mit Hitler, aber das Verbot blieb bestehen.

Schnell wurde nach 1945 die "Bewegung" reaktiviert. Unter dem Titel "Bund für Gotterkenntnis" sammelten sich ehemalige Nazis.

In meiner Geburtsstadt Kiel nannte sich die Organisation "Freisinnige Elternschaft", der meine Eltern angehörten. Diese führte als Ersatz-Konfirmation die "Jugendleite" mit vorbereitendem Unterricht ein, an dem ich teilnahm. Anfang der 50er Jahre wurde eine Jugendgruppe "Sturmvogel" gegründet und ich Mitglied. Die Frau, die die Gruppe als "Führerin" leitete, war ehemalige BDM-Führerin, was sie wohl ausreichend qualifizierte.

Dort begegneten mir neben traditionellen Aktivitäten wie Sonnenwendfeuer, Wanderungen und Radtouren an Wochenenden und in den Ferien u.a. die Polemik gegen Freimaurer und Jesuiten; den Antisemitismus haben sie sich damals wohl noch nicht getraut. Ich wurde zum "Unterführer" ernannt.

Nach ca. zwei Jahren trat ich aus, weil ich mich - damals dreizehnjährig - als Unterführer überfordert sah. Später habe ich die Schriften der Margarethe studiert; sie stellten sich als kruder Quatsch heraus.
Gegen das Treffen in Dorfmark finden sich jährlich Antifaschisten unterschiedlicher Couleur zu Demos und Kundgebungen ein. Dieses Jahr war ich dabei.

Ein junger Mann - Funktionär der Jungsozialisten - hielt eine engagierte Rede, in der er u.a. behauptete, die Kinder der Ludendorffianer würden indoktriniert und für ihr Leben geprägt.

Daraufhin meldete ich mich zu Wort. Ich hielt dagegen, dass ich das lebende Beispiel dafür bin, dass ein solcher Mechanismus nicht zwingend ist. Mein Lebensweg führte trotz Ludendorff und Sturmvogel, trotz meines Elternhauses in eine andere Richtung, und ich habe mich in den letzten fünfzig Jahren aktiv antifaschistisch engagiert.

Bedenklich finde ich, dass ein demokratischer - hoffe ich doch - Jugendfunktionär eine derart mechanistische Sicht auf Jugendliche hat. Demokratische Jugendarbeit darf keine/n Jugendliche/n zurücklassen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sublimer Antisemitismus
In meiner Jugend der 50er Jahre wurde Anne Frank unter uns zum Thema. Weniger bei mir, als vielmehr bei den Mädchen in der Nachbarschaft. Ich hatte den Namen und ganz wenig über ihr Schicksal und das Tagebuch gehört. Für die Mädchen dagegen war das Schullektüre gewesen. Auf meiner reinen Jungen-Schule kam das wohl nicht in Frage, genauso wenig wie all die anderen damals wichtigen AutorInnen.

Und was diskutierten die Mädchen? Anne Frank habe ja schon so früh für Jungs geschwärmt, aber das sei ja wohl bei den Juden (lies Jüdinnen) so, die seien ja eher frühreif. So habe es die Lehrerin erklärt.

Sublimer Antisemitismus selbst bei der Lektüre DIESES Buchs.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 10. November 2022
Ist Kritik an israelischem Regierungshandeln antisemitisch?
Ein Buch wirbelt ideologischen Staub auf: Charlotte Wiedemann, "Den Schmerz der anderen begreifen". Es diskutiert in Essays und Reportagen die Frage, "wie eine deutsche Erinnerungskultur den Holocaust im Zentrum behalten kann, sich aber gleichzeitig entwickeln und für die Erinnerung an anderen Menschheitsverbrechen öffnen kann". (taz 10.11.22) Explizit wird dabei auch das Genozid, das deutsche Kolonialtruppen im heutigen Namibia anrichteten, beschrieben.

Auch die Vertreibung und die Massaker an palästinensischen Arabern behandelt das Buch. Voraussehbar kommt Kritik, ja der Vorwurf des Antisemitismus auf. "miniaturen" hat über die Problematik bereits früher geschrieben. Aus aktuellem Anlass geben wir zwei der Beiträge noch einmal wieder.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 26. Oktober 2022
Neue Hoffnung nach den Katastrophen
Als die britischen Besatzer 1945 in das völlig zerstörte Hamburg einmarschierten, setzten sie als erstes eine Brauerei in Betrieb, sorgten dafür, dass die Straßenbahnen wieder fuhren und zwar mit neuen Fensterscheiben. Das Signal dieser zunächst verblüffenden Aktivitäten hieß: Es geht wieder aufwärts. Die Straßenbahnen fuhren in alle Stadtteile und trugen die frohe Botschaft überall hin. Und Bier gab's wieder und hob die Stimmung.

Als Hans Koschnik, Ex-Bürgermeister in Bremen, nach dem Balkan-Krieg EU-Administrator in Mostar für Bosnien-Herzegowina war, war er verantwortlich für den Wideraufbau. Koschnik hatte am Ende des Kriegs in Hamburg gelebt, und erinnerte sich an die verglasten Straßenbahnen. Nun gibt es in Mostar keine Straßenbahn, aber eine im Krieg zerstörte Brücke über den Fluss Neretva, das Wahrzeichen der Stadt. Die Brücke verbindet den bosnischen mit dem herzegowinischen Stadtteil. Koschnik sorgte als erstes dafür, dass dieses Wahrzeichen rekonstruiert wurde, als Symbol für den Wiederaufbau und die Verbindung der beiden Volksteile. Übrigens Mostar heißt Brücke.
-----------------------
Ähnliche Überlegungen werden jetzt für die Ukraine angestellt. Bereits jetzt während der russischen Bombardements auf die ukrainische Infrastruktur, sollen möglichst viele zerstörte Straßen, Brücken, Kraft- und Wasserwerke, Bahnhöfe und Gleisanlagen funktionsfähig gemacht werden. Das hat praktischen Nutzen, aber auch einen symbolischen: Die terrorisierten UkrainerInnen können so wieder Hoffnung schöpfen. Wie damals in Hamburg und Mostar.

... link (0 Kommentare)   ... comment