Donnerstag, 7. März 2019
Bauhaus – eine Tragödie in mehreren Akten
Das Bauhaus feiert sein 100-jähriges Bestehen. Es ist eine Erfolgsgeschichte. Der Erfolg besteht darin, dass WELTWEIT Bauhaus-Ideen verbreitet und realisiert wurden, übrigens u.a. dank den Nazis. Wieso das?

1919 gründete Walter Gropius in Weimar in der Tradition dortiger Kunstschulen das Bauhaus. Bereits 1923 wich das Bauhaus auf Druck der bürgerlich-konservative Mehrheit in Weimar nach Dessau aus. Auch dort bestand es nur bis 1930 und zog weiter nach Berlin, wo es 1933 von den Nazis geschlossen wurde.

Dies die ersten Akte der Tragödie. Allerdings musste viele, sogar die meisten der Lehrer und Studenten emigrieren und verbreitete den Stil weltweit und leiteten damit die Moderne in Kunst, Design und vor allem Architektur ein.

Die Tragödie wurde nach 1945 fortgesetzt. Zwar wurden Nachfolgeorganisationen in Ost- wie West-Deutschland gegründet: in Dessau und Ulm. In beiden Teilen Deutschlands setzten sich wieder die Konservativen durch. Die Dessauer durften entwerfen, blieben aber erfolglos. So entwarfen sie Karosserien für Autos, die nie gebaut wurden. Trabi musste genügen.

In Ulm wurde der Kunsthochschule von der baden-württembergischen CDU-Regierung die Förderung entzogen: zu fortschrittlich!

Wie sich die Traditionen gleichen: bürgerlich-konservativ, national-sozialistisch, real-sozialistisch und christlich-demokratisch.

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Montag, 4. Februar 2019
Broder bei der AfD – Kein Scherz
Vor Jahren stellte ich die Frage: War Henryk M. Broder je ein Linker? Damals (08.10.17) kam ich zu einem negativen Ergebnis. Vielmehr konstatierte ich, dass Broder sich möglichst immer dort aufhielt, wo er die gegenwärtig stärksten Bataillone vermutete.

Jetzt ist er mehrere Schritte weitergangen: Er ging dorthin, wo er zukünftig die Mächtigen vermutet; zu den Rechtsextremen, zur AfD. Er hielt eine Rede vor deren Bundestagsfraktion. Vor Begeisterung fiel ihm deren Vorsitzende Weidel um den Hals. Eine Vorstellung, die mir Schauder über den Rücken jagt.

Broder verbrämt seine Sympathie mit ironisch gemeinten Distanzierungen, die ihm Demokraten nicht mehr abnehmen. Und – wie gesagt – er verblüfft niemanden mehr, der seinen Werdegang verfolgte. In „Welt“ und seinem Blog „Die Achse des Guten“ hat er die Zuhörer- und Leserschaft lange vorbereitet mit: Leugnung des Klimawandels, Verharmlosung von sexuellem (Kindes-) Missbrauch u.a.

War Broder je ein Linker? Die Frage stellt sich nicht (mehr).

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Mittwoch, 30. Januar 2019
Ich hör immer Neiddebatte
Immer, wenn es um das Reich-Arm-Gefälle und Umverteilung geht, kommt quasi reflexhaft das Pseudo-Argument von der Neid-Debatte auf. Z.B. Lenke Steiner, Unternehmer-Töchterchen mit Erbberechtigung und Mitglied im Bundesvorstand ihrer Partei und Vorsitzende der FDP-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft.

Der Begriff „Neid“ ist völlig unpassend. Niemand neidet ihr persönlich ihren erwartbaren Wohlstand oder Reichtum. Wenn von Umverteilung die Rede ist, geht es um einen Ausgleich des Widerspruchs zwischen privatem Reichtum und öffentlicher Armut.

Ganz und gar skurril wird das Argument aus dem Mund von FDP-PolitikerInnen: Gerade die FDP fordert stereotyp Steuerermäßigungen, vorzugsweise derjenigen, die Wohlhabenden und Reichen zugutekommen. Die FDP fordert damit die Umverteilung öffentlichen Kapitals in privaten Reichtum. So herum wird ein Stiefel draus!

Stadt und Land Bremen sind Spitzenreiter im Bundesvergleich hinsichtlich der öffentlichen Verschuldung. Gleichzeitig ist Bremen Spitzenreiter hinsichtlich des prozentualen Anteils von EINKOMMENS-Millionären an der Bevölkerung (150 – 200 in absoluten Zahlen, nicht gerechnet das private Geldvermögen und Sachwerte wie Häuser, Yachten, Schmuck und Pelzmäntel).

KEINE EINZELPERSON hätte etwas von einer angemessenen Vermögens- oder Erbschaftssteuer. Sie würden nur der ALLGEMEINHEIT zugutekommen. Neiddebatte ist der völlig unpassende Begriff für diesen Prozess.

Nebenbei: der private Reichtum entsteht dadurch, dass die am unteren Ende der Einkommensskala Stehenden mit ihrer Arbeit den Mehrwert schaffen, den die Reichen als Gewinn abschöpfen.

Schon mal gehört, Frau Steiner? Wohl eher auf ihrer Schule nicht.

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Freitag, 21. Dezember 2018
Mit Anstand älter werden
Eine Gruppe älterer Männer kommt alle zehn Jahre zu einem Freundschaftstreffen zusammen. Als sie vierzig sind, beschließen sie ins „Astra“ zu gehen: „Da gibt es tolle Musik, Tanz und gute Stimmung.

Als sie fünfzig sind gehen sie ins „Astra“ wegen des guten Essens.

Mit sechzig treffen sie sich im „Astra“ wegen der guten und reichlichen Weinauswahl.

Dann mit siebzig ist ausschlaggebend: das „Astra“ ist behindertenfreundlich.

Schließlich mit achtzig schlägt ein Freund vor, ins „Astra“ zu gehen. „Au ja,“ stimmen alle anderen zu, „da waren wir noch nie!“

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Montag, 17. Dezember 2018
Nachlese zu Luther
2017 feierte die protestantische Welt 500 Jahre Reformation. In einigen Bundesländern wurde der Jahrestag der Reformation, der 31. Oktober, zum amtlichen Feiertag erklärt. Reformation und Martin Luther sind dabei so wie eins.

Das wäre ein Grund, nicht nur Luthers 95 Thesen an der Wittenberger Kirche zu studieren, sondern in seinen Schriften zu heute aktuellen Themen zu lesen. Wohl an denn!

Luther zum Thema FRAUEN: „Der Tod im Kindbett ist nichts weiter als ein Sterben im edlen Werk Gottes. Ob die Frauen sich aber müde und zuletzt tot tragen, das schadet nichts. Lass sie nur tot tragen, sie sind darum da.“ (Aus Werke. Weimarer Ausgabe, Bd. 10/2, Weimar 1907, S. 296)

Über AUFRÜHRERISCHE Menschen: „Drum soll hier zuschmeißen, würgen, stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und gedenken, dass nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann denn der aufrührerische Mensch, gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muss: Schlägst du nicht, so schlägt er dich und ein ganz Land mit dir. (…) Der Esel will Schläge haben, und der Pöbel will mit Gewalt regiert sein. Das wusste Gott wohl; drum gab er der Obrigkeit nicht einen Fuchsschwanz, sondern ein Schwert in die Hand. (Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, 1525)

Und nicht zuletzt über JUDEN: „Wenn ich einen Juden taufe, will ich ihn an die Elbbrücke führen, einen Stein an den Hals hängen und ihn hinab stoßen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams.“ (Tischreden, Nr. 1795; an den Theologen Justus Menius)

„Erstlich, dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke und was nicht brennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacken davon sehen ewiglich.“ (Von den Juden und ihren Lügen)

Dazu der Kommentar des Philosophen Karl JASPERS (1883 - 1969): „Luthers Ratschläge gegen die Juden hat Hitler genau ausgeführt.“ (1962)

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Sonntag, 9. Dezember 2018
Geysir
Geysir ist eine unter hohem Druck entweichende heiße Wasserfontäne, die in unregelmäßigen Abständen aus der Erde schießt. Genau diese eine Fontäne heißt Geysir. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort aber für alle Thermal-Fontänen benutzt. Direkt neben dem Geysir befindet sich eine zweite, eher noch eindrucksvollere Quelle namens Strokkur.

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Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (Letzter Tag)
Wir kommen früh los, das erste Ziel Ðikkvibær wird gestrichen wegen Regen, Nebel, Dunst, also fahren wir direkt zum Gulfoss. Es nieselt und sprüht vom Wasserfall. Mit seinen Wassermassen, den zwei gegeneinander versetzten Stufen, der Fallhöhe und der umgebenden Landschaft ein bisher einmaliges Erlebnis.

Geysir bzw. Strokkur direkt nebenan, dessen Schlammschicht sich im 10-Min-Abstand glockenförmig hochwölbt, und dann schießt er 10 – 20 m hoch, begleitet vom Klicken der Kameras und den Ahs und Ohs der Zuschauer, wie zu Silvester beim Raketenschießen.



Dann Ðingvellir: auf dem Weg dahin Besuch einer Höhle, in der Geister hausen, und Stopp bei einer tiefen Spalte zwischen Amerika und Europa. Wunderbarer Ausblick in das weite Tal der Kontinentalspalte. In Ðingvellir dann die hoch aufragenden Wände der großen Spalte, in der wir einen Spaziergang machen. Das Phänomenale erschließt sich nicht durch den Augenschein, sondern durch die theoretischen Kenntnisse über Geologie. Nur beides zusammen ergibt das Faszinosum. Die Nationalgeschichte ist mir noch abstrakter. Eigentlich gibt es nichts zu sehen. Immerhin finde ich die isländische Frühgeschichte hoch spannend mit ihrem radikal-repräsentativen System. In Ðingvellir trafen sich vor der Kolonialisierung durch Norwegen jährlich zur Sommersonnenwende die Sippenoberhäupter, verhandelten allgemein wichtige Sachen und sprachen Recht.



Wir fahren am westlichen Ufer des Ðingvellirvatn bis zum südöstlichen Zipfel. Wunderschöne Landschaft, der See wechselt ständig die Farben zwischen milchig, türkisgrün, hellblau, dahinter düster die vulkanischen Berge und ein Himmel, der Bewölkung, Farbe, Licht und Schatten präsentiert. Übrigens ist das Wetter heute wieder nicht ganz schlecht: teilweise nieselt es, dann wieder trocken, stellenweise bricht die Sonne durch und betont wie Spotlights Geländeabschnitte: knallgrüne Berge, blaugraue Felsen, einzelne Häuser und Orte. Ein schöner Abschluss einer wunderbaren Reise.

Ab Selfoss dann direkt westwärts nach Reykjavik, das wir gegen 18.30 Uhr erreichen. Es ist schon spät, daher streichen wir den Hauptstadtbesuch, fahren durch nach Kevlavik, wo Gerhild ein Restaurant ermittelt hat, das wir nach ausgiebiger Suche finden. Gerhild lädt uns ein und wir essen gut mit Blick auf’s Wasser. Wir geben das Auto ab. Der Vertreter des Autoverleihs inspiziert den Wagen sehr sorgfältig, vor allem von unten. Es scheint wohl öfter vorzukommen, dass Fahrer die erlaubten Strecken verlassen und auf nicht befestigten Nebenstrecken den Unterboden demolieren. Bei uns ist aber alles in Ordnung.

Am Flughafen der übliche Stress, jetzt sitze ich hier, schreibe und hoffe, dass die Zeit bis zum Abflug vergeht.

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Samstag, 8. Dezember 2018
Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (13. Tag)
Mit den Himmelsrichtungen bin ich ganz durcheinander: der gleichmäßig bedeckte Himmel, das fast einförmige Licht bei Tag und Nacht machen die Orientierung schwierig. Anhand von Karte und Landmarken norde ich mich früh morgens ungefähr ein. Irritierend: einmal ganz früh steht der abnehmende Mond als ganz schmale Sichel dort, wo später vormittags die Sonne steht.

Vorm Frühstück steht ein Typ rauchend mit Elke vor der Tür: Reiseleiter, der mit seiner Gruppe auf die Westmännerinseln fahren will, hat aber Bedenken, ob das wegen des Sturms geht, will ggf. unser Haus belegen und fragt, ob wir eventuell umziehen. Erübrigt sich aber später. Mit ihm dabattiere ich eine Weile wegen des Monds und der Himmelsrichtungen, bis ich ihm Recht geben muss.

Beim Frühstück empfiehlt die Wirtin uns eine Busfahrt zum Vulkan Ðörsmörk, ist uns aber zu lange und zu teuer, und wir entscheiden uns für’s eigene Programm. Aber: die lichten Stellen in den Wolken mit Sonne verwandeln sich – bis wir endlich loskommen - wieder in Nieselregen.

Der Wasserfall Seljalandfoss ist erste Station, sehr nass durch Nieselregen und abstäubendes Wasser vom Fall. Die Fallhöhe ist beeindruckend. Von hier fahren die Hochlandbusse ab – fast leer. Angesichts des Wetters nicht verwunderlich, weil man oben wegen der Wolken bzw. des Nebels wohl doch nichts sieht.



Zweite Station: der Fähranleger zu den Westmännerinseln, Nieselregen, nichts los, im Dunst ein Felsen im Meer, der eine Insel sein könnte. Nach Hvolsvöllur, Kaffeetrinken, Getränkeeinkauf, sonst tote Hose. Im Kaffee feilscht ein deutsches Paar um 10 KR (= 6 Cent) und warnt uns vor Betrug. (Tucholsky, sinngemäß: Wenn man als Deutscher ins Ausland kommt, muss man erst prüfen, ob man sich gut benehmen muss, oder ob schon Deutsche da waren.)

Zurück zum Haus, Planung für morgen begonnen. Die Bewölkung lockert auf, die Sonne wärmt den Raum mit den Panoramafenstern sehr gut. Es hält mich nicht mehr. Gerhild und ich laufen auf den gegenüberliegenden Hang, den Schafen nach an Bächen entlang. Toller Ausblick auf Sander und Hügel. Unterwegs retten wir ein Schaf, das irgendwie aus der Umzäunung gekommen ist und den Rückweg nicht findet.

Nasse Füße – Wanderschuhe kaputt -, ins Haus zurück, Planung für morgen abgeschlossen, Kontinentalverschiebung erklärt, gelesen.

Zum Abendessen erscheint eine deutsche Restfamilie, fragt, ob wir unser Essen bestellt haben. Wir ja, aber sie nicht. Da wir reichlich haben, biete ich an. Die geäußerte Dankbarkeit hält sich in Grenzen. Immer wieder Belege dafür, warum wir Deutsche im Ausland „so beliebt“ sind. – Im Gegensatz zu gestern gibt’s reichlich und schmackhafter mit frischem Salat. Die Hausfrau ist wieder am Herd gewesen, nachdem sie gestern zu einer Beerdigung in Kevlavik war. – Weiter im Reiseführer geschmökert zur Vorbereitung für morgen.

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Freitag, 7. Dezember 2018
Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (12. Tag)
Wieder hängt ein tiefer grauer Himmel über der Landschaft. Es nieselt fein. Unsere erste Station ist der Jökulsarlon: ein Gletschersee mit Fluss, der sich direkt vor der Straßenbrücke staut. Darauf schwimmen blau-grün schimmernde Eisberge, aber nun wirklich. Wie floating islands auf Schokoladensoße. Von einem kleinen Kegel kann man die ganze Pracht bewundern. Entsprechend voll ist es, aber die Masse verläuft sich. Ein Amphibienfahrzeug schippert Touristen durch das Eis. Weiter zwischen Atlantik und steil aufragendem Felsen, später links der Skeiðarsandur, erreichen wir Skaftafell. Sandur ist eine Schwemmsandfläche, die in Fluss-Mündungen oder –Deltas entsteht. Reiche, bunte Vegetation, anfangs lau, je weiter wir uns dem Gletscher nähern desto frostiger wird es. In Nupsstaður ist ein winziges Kirchlein zu besichtigen. Der Eingang ist so niedrig, dass selbst Elke sich bücken muss. Im hinteren Teil kann ich nicht stehen, erst im vorderen Teil ist der aufrechte Gang möglich. Der Altar ist nur ein kleiner Tisch, dahinter ein Fenster mit Blick in die Landschaft und ein kleines Bild, das die Auferstehung zeigt.

Rundum winzige Häuschen, halb in der Erde vergraben mit Torf rundum und einem Grasdach. Hier lebte Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts ein Postmeister, der zugleich Flussmann war, d.h. er konnte Reisende sicher über den Sandur mit seinen vielen Flussarmen geleiten und ggf., wenn der Sandur unpassierbar war, den Weg über den Gletscher finden.

Zum Schluss windet sich der Pfad zwischen mehreren kleinen Gletscherseen, um sich dann zwischen Felsbrocken zu verlieren, bis zum Gletscher, gar nicht weiß, sondern dunkelgrau bis schwarz von dem oder den letzten Vulkanausbrüchen. Die feine Asche liegt weit verstreut – auch großräumig – zwischen den Pflanzen, auf dem Eis, überall. Der Gletscher wieder mit scharfen Kanten, tiefen Spalten. Ich kann mir nicht vorstellen dort zu gehen. Der Snæbreið ragt 10 – 12 km entfernt von der Küste über 2.000 m hoch. Direkt am Wasser ein gewaltiger Felsklotz wie ein Schiffsbug.

Als wir wieder im Auto sitzen, nieselt es wieder. Wir queren zunächst den Skeidarsandur mit seinen unzähligen Wasserläufen. Die Sicht ist schlecht, so dass wir weder den Atlantik noch die Berge sehen. In Kirkjubærklaustur fängt es richtig an zu regnen. Wir trinken Kaffee, queren das riesige Lavafeld. Die Sicht ist eher noch schlechter, wir sehen die bizarren Formen der Lava, teilweise überwachsen von Gras, Flechten und Moos.

Unterwegs ein Hügel, auf dem vor 1.000 Jahren ein großer Gutshof „mit 24 Türen“ bei einem Vulkanausbruch vernichtet wurde. Die Zahl der Türen gibt die Größe des Hauses und Hofes an. Zur Erinnerung schichten Isländer Lavasteine zu kleinen Männchen über einander, sieht putzig aus. Das Felsentor von Dyrholaey und den Strandspaziergang streichen wir wegen des Wetters. Aber die Basaltsäulen lasse ich nicht aus: die sind wirklich beeindruckend und interessant. Lava drückte von unten durch darüber liegendes Gestein und formte beim Erkalten die sechseckigen Säulen. Einige stehen frei, andere sind – über drei Hügel verteilt – noch verbunden. Hier ist es einen Augenblick trocken, aber jetzt bläst ein mächtiger Sturm. Später nimmt der Regen wieder zu.

In Seljaland rechts ab zu unserem Gästehaus, kurzer Halt am Seljalandsfoss, eigentlich nur wegen des WC, da müssen wir noch mal hin. Oben am Berg ein richtiger Bauernhof mit Milchvieh und zwei Holzhäusern mit je 5 Doppelzimmern. Ein Haus ist für uns, aber auch nur von uns belegt.

Beim Abendessen sitzt am Nebentisch ein deutsches Paar, er unverkennbar Typ Studienrat, belehrt ständig seine Frau, die will uns belehren, und beim Frühstück erklärt er mir die Funktionsweise des Toasters, als sei es ein High-Tech-Gerät. Entzückender Mensch.

Der Sturm briest weiter auf, peitscht immer wieder Regenschwaden gegen die großen Fenster, dazwischen reißt es auf, wir schöpfen Hoffnung, aber werden bald wieder enttäuscht. Eine merkwürdig geformte Bumerang-Wolke hält sich konstant im Süden.

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Donnerstag, 6. Dezember 2018
Fischfang in Island
Fischfang war traditionell der größte Wirtschaftszweig in Island. Nahezu 100% des Exports bestand aus Fisch. Dieser Prozentsatz ist jetzt auf 70% gesunken. Beim Fang konkurrierte das Land mit Großbritannien und anderen europäischen Ländern. Island erweiterte seine Hoheitsgewässer von zunächst zwölf Meilen auf fünfzig, später auf 200 Meilen. Rabiat wurde gegen britische Trawler vorgegangen, die sich nicht an die isländische Regel hielten. Inzwischen sind die Fangquoten international festgelegt. Zudem ist der Heringsbestand, der wichtigste Fisch, in den isländischen Gewässern völlig überfischt, so dass dieser Zweig inklusive Verarbeitung wesentlich zurückgegangen ist. Dies ist auch der Grund, weswegen isländische Trawler u.a. unter deutscher Flagge fahren. Dadurch wird ihr Fang der deutschen Quote zugerechnet.

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Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (11. Tag)
Heute verdunkeln tief hängende graue Wolken Himmel und Sonne, und es nieselt gelegentlich ganz fein. Wir erkundigen uns nach dem Abendausflug an die Küste. Ja, das geht, allerdings kann es sein, dass man die Berge wegen der Wolken nicht sehen kann. Wir melden uns dennoch an.

Eine weitere Erkundigung ziehen wir nach dem Gletscher Flaajökul ein: man kann mit dem Auto die 8-km-Strecke fahren und dann laufen. Elke will nicht mit, also fahren Gerhild und ich los. Auf ungefähr halber Strecke lassen wir das Auto stehen und gehen weiter. Durch schier endlose Moränenfelder schlängelt sich der Weg. Steine und Felsen aller Art und Größe säumen den Weg. Ebenso Flechten, Pflanzen, Blumen in vielen Farben, aber sehr klein. Vögel fliegen schimpfend vor uns auf, Schafe glotzen, nur einige Autos überholen uns. Es nieselt immer wieder. Fern die beiden Gletscher mit tiefen Furchen blau-grün schillernd und grau bestäubt. Wandernd erkennt man die Landschaft viel intensiver, und Island ist dafür besonders geeignet.

Hinter einer Kurve mit Kuppe entdecken wir einen See, der uns vom Gletscher trennt. Der Weg ist zu weit, also kehren wir um zum Auto, fahren die Strecke noch mal, um den See ’rum über einen langen einspurigen Damm bis zum Ende – jetzt darf kein Auto entgegen kommen. Da stehen 5, 6 Autos, und ein Trampelpfad, mit Steinen markiert, führt weiter entlang einem zweiten See zum Gletscher. Schmutzige Eisberge schwimmen – bewegungslos – im Wasser. Der Weg bis zum Gletscher zieht sich und wird immer holpriger – Endmoräne `rauf, Endmoräne ’runter, Geröllabhänge, Brocken, Moospolster. Schließlich beschließen wir nach einer kontemplativen Pause umzukehren. Was zu sehen war, haben wir gesehen, ein taktiler Kontakt war nicht mehr nötig.

Am unteren Ende des 2. Gletschersees stehen zwei und wollen mitgenommen werden, mit riesigem Gepäck. Einem reiche ich den Rucksack zu, verdammt schwer. „Did you collect stones?“ als Scherz gemeint. Ja, sie sind Geomorphologen auf Exkursion, kommen aus Polen und sind Dünen- und Moränenspezialisten. Sie haben einige Tage im Moränengebiet gezeltet und gesammelt. Wir nehmen sie bis zur Ringstraße N 1 mit, von wo sie weiter nach Reykjavik trampen wollen. Wenn die man mit dem vielen und schweren Gepäck wegkommen. Abends sind sie weg. Zurück im Haus erzählen wir Elke unsere Erlebnisse und trinken gemeinsam Kaffee. Gelesen, dabei eingeschlafen.

Nach dem Abendbrot Trip an die Küste. Der „Farmer“ fährt uns im Landrover (schon was anderes als in unserer Nuckelpinne), hält an, weist uns auf Vögel hin: Höckerschwäne, Rothälse, Raubmöwen, Seeschwalben u.a. Der Fluss hat sich vor Jahren ein neues Bett gesucht, dabei eine Farm mitgerissen. Jetzt baut sich ein neuer Strandwall auf. Es gibt eine „Elfenkirche“. Ich wusste nicht, dass Elfen in die Kirche gehen. Dazu allerhand Geiste, Trolle, verborgene Menschen. Viele Isländer glauben halb scherzhaft daran. Am Ende des „Lido“ war der alte Flugplatz der britischen und US-Armee. Er wurde als Militärflughafen nach Ende des WK II aufgegeben, diente noch als Zivil-Flugplatz, der jetzt woanders ist. Der alte Flugplatz ist markiert durch farbige Netzschwimmer.

Dort: verfallene Baracken, Knochen von einem gestrandeten Wal, verrostete Minen, ein Stück Asphalt-Straße und etwas wie Betontische. Da bekommen wir Trockenfisch, Haifischfleisch, Brennevin und Malzbier.

Eine urige, unwirkliche Landschaft zwischen See und Bergen. Kies aller Größen, einzelne Felsen, blau-schwarzer Basaltsand, Kiesel, spärlicher Bewuchs, der von Schafen kurz gehalten wird. Die Schafe laufen frei herum, Zäune dienen dazu, die Tiere von Anpflanzungen fern zu halten. „Schafe haben bei uns mehr Rechte als die Menschen.“ So unser Farmer.

Unser Wirt ist auf einem Heringslogger als Vormann gefahren: Zitat: „20 Jahre, das sind 10 Jahre zu viel.“ Strandgut, vor allem Holz wird gesammelt und als Nutzholz verwandt: Gesammelt werden darf nur auf eigenem Grund, es gibt aber auch „Strandräuber“, die sich nicht an die Regeln halten. Viele Netzteile liegen `rum, Schwimmer, Netzfetzen, Tauwerk.

Die Wolken hängen noch tief, kaum Wind, so dass man die Berge nicht sieht – sonst wohl ein beeindruckendes Panorama. Nur die unteren Teile der Berge und Gletscher sind zu sehen. Jenseits der Lagune sieht man den Fischereihafen von Höfn.

Die Hafeneinfahrt mit einem orangenen Leuchtturm ist eng, bei auflandigem Wind einzulaufen ein nicht ungefährliches Manöver. Die Brandung ist trotz Schwachwind beachtlich.

Unser Wirt stammt von einem Bauernhof, der aber nicht mehr ernsthaft betrieben wird – abgesehen von der Schafhaltung -, eher als Streichelzoo für Besucher. Sein Vater hat als Kind Katzen- und Hundefelle bei den Soldaten gegen Orangen und Bananen getauscht, seine ersten Südfrüchte.

Island hat keine Armee, nur Polizei und eine Küstenwache, die z.B. die Fischereizone, erst 12, dann 50, jetzt 200 Meilen schützt. Er erzählt von den Auseinandersetzungen mit britischen Trawlern, deren Netze von der Küstenwache gekappt wurden. Selbst das Eingreifen eines britischen Marineschiffs nützte nichts, darauf scheint er etwas stolz zu sein. Der Hering ist überfischt, daher sind der Heringsfang und die Fischverarbeitungsindustrie ruiniert. Sein neuer Erwerbszweig ist nun der Tourismus.

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Mittwoch, 5. Dezember 2018
Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (10. Tag)
Wieder wunderbares Wetter, wir machen die Fjordtour: zunächst südlich nach Reydarfjördur (langweilig, aber mit Alufabrik), dann Abstecher nach Eskifjördur, ein sehr nettes kleines Dorf mit malerischen Häusern, Stegen, Booten. Danach machen wir den weiten Weg nach Faskrudsfjördur. Für die Landschaftsbeschreibungen gehen mir langsam die Adjektive aus: großartig, wahnsinnig, irre …. Jedenfalls mir unbeschreiblich, sogar schwer zu fotografieren. Weder ein Oppermann noch ein Arno Schmidt bin ich. Welche Landschaftsbeschreibung hätten sie hier formuliert. Leider fehlen mir dazu die Worte.



In Faskrudsfjördur das Franzosenmuseum ist ganz witzig mit kunterbunt zusammengetragenen Exponaten über Fischer, Frankreich, Bilder, Karten, Skizzen … Zwischen 1825 und 1914 kamen jährlich 5.000 Franzosen aus der Normandie zum Fischen nach Island und nach Faskrudsfjördur. Die gleiche Anzahl ertrank im selben Jahrhundert auf See. Das Café ist voll, wir müssen lange warten (Sonntagmittag). Ich dachte immer, die Deutschen sind übergewichtig, die Schweden dick, die Holländer fett, aber die Isländer sind teilweise unförmig, stopfen und gießen alles in sich `rein, was ungesund ist und dick macht: Pommes, Burger (meist in Kombination), Cola – in Unmassen; auch Kinder werden nicht verschont, eher im Gegenteil - (na ja, es gibt auch Ausnahmen).

Die folgenden Orte sind nur noch bedingt sehenswert, aber die Landschaft! Lange enge Fjorde, das Wasser in allen Blautönen leuchtend, steile, hohe Berge. Völlig anders wird’s am Lonsvik und Homafjördur: ganz breite Flussmündungen mit viel Schwemmland, im Delta mäandern die Arme, vorgelagerte Nehrungen, viel Seevögelvolk.

Die Anreise ins Gästehaus gestaltet sich noch mal kompliziert, weil die Adressenangabe ungenau ist und Elke die Karte nicht richtig ausgefaltet hat. Dann finden wir den Bauernhof mit Gästehaus: ziemlich urig, nicht so lackiert und glatt wie die bisherigen, aber alles dabei, was man braucht. Außer vom Tourismus lebt der Bauer von der Schafzucht.

Das Wetter hat sich gegen Mittag eingetrübt, die wärmende Sonne fehlt, und jetzt (18 Uhr) ist es 10° „warm“. Also wieder Pullover. Vielleicht machen sich aber auch Gletscher und Vatnajökul bemerkbar, die bis in die Ebene lecken.

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