Donnerstag, 19. Januar 2023
Die ehrenwerte Gesellschaft
jf.bremen, 16:26h
Am 17.01.23 wurde der langgesuchte „Boss der Bosse“ der sardischen Cosa Nostra, Matteo Messina Denaro von den Carabinieri gefasst. Dreißig Jahre hatte er sich in Palermo verborgen, nachdem er wegen diverser Delikte, besonders Morden, zu Lebenslänglich verurteilt worden war. Nicht dass er die ganze Zeit Däumchen gedreht hätte, er hatte vielmehr seine „Geschäfte“ ruhig weitergeführt.
Auch nach seiner Verhaftung gehen die „Geschäfte“ sicher weiter, genauso wie sie weitergingen nach der Verhaftung und dem Tod der alten Bosse Toto Riina und Bernardo Provenzano.
Die Cosa Nostra oder Mafia ist nicht die einzige hochkriminelle Geheimgesellschaft in Italien. In Neapel herrscht die Camorra, in Calabrien die Ndrangheta. Alle verfolgen die gleichen „Geschäftspraktiken“: Bestechung, Erpressung von Schutzgeld, Betrieb von Fabriken und Banken, Drogen- und Waffengeschäfte. Und nicht nur in Italien, sondern darüber hinaus in Europa und der Welt. Die US-amerikanische Unterwelt hat engste Verbindung nach Italien. Deutschland ist eins der beliebtesten Länder in Europa.
Auf lokaler Ebene werden etwas kleinere Brötchen gebacken. Sehr unmittelbar war eine kleine Reisegruppe 1990 im kleinen Reggio Calabria mit der Ndrangheta konfrontiert. Wir waren Gäste im Europa-Haus von Catona. Wir kannten schon Berichte zweier Reisegefährten (J. und M.), die bereits früher mehrfach in Catona waren.
J. erzählte die Geschichte von seinem Sohn, der einmal am Strand übernachtet hatte und dem dort seine Lederjacke gestohlen worden war. Kenner der „ehrenwerten Gesellschaft“ (d.i. die Ndrangheta) rieten ihm ab, zur Polizei zu gehen. „Das machen wir schon.“ Tatsächlich erschienen am Abend zwei stämmige Burschen mit einem schlotternden Bündel Angst, das die Jacke zurückgab. Er hatte versucht, sie in einer Disco zu verticken.
Eine Schweizer Kollegin machte im Rahmen von Europa-Seminaren regelmäßig landeskundliche Exkursionen in ein Gebirgsdorf. Bei einer Gelegenheit fuhr der Vater des Leiters des Europahauses mit und riet ihr auf der Rückfahrt, sie solle beim nächsten Mal ein anderes Dorf besuchen. Als sie sich nicht an diese Empfehlung hielt, erklärte er lapidar „Sie machen einen großen Fehler!“ Nach der nächsten Exkursion brannte nachts ihr Auto. Sie quittierte die Arbeit und ging in die Schweiz zurück.
M. hatte sich eine Landkarte von Catona gekauft, auf der links und rechts der Zufahrt zum Europahaus Olivenheime eingezeichnet waren. Tatsächlich standen dort von hohen Mauern umgebene Pracht-Villen. Er sprach den Bürgermeister auf diesen Widerspruch an, der ihm erklärte: „Nein, sie müssen sich irren, dort sind keine Häuser!“
Der Obsthändler, bei dem wir unsere Früchte kauften, hatte unter dem Siegel der Verschwiegenheit berichtet, dass er 60% seines Erlöses nicht selbst zur Verfügung hätte. Das hätte er nie einem Italiener erzählt. Als Deutsche schienen wir ihm vertrauenswürdig.
In einem Eiscafé erschien ein Mann, rief laut „Giovanni“, ein Mann dieses Namens rief „Si!“ und wurde erschossen. Er war Schäfer und hatte mit der Ndrangheta nichts zu tun, aber es wurde vermutet, dass er im Gebirge etwas gesehen haben musste, was er besser nicht sehen sollte. Dort wurden geheime Waffen- und Drogen-Depots sowie Labore vermutet.
Im Durchschnitt war jeden zweiten Tag in der lokalen Zeitung von einem Ndrangheta–Mord zu lesen. In der überregionalen italienischen Presse oder gar in der internationalen Presse ist davon meist nichts zu lesen.
Eines Abends saß ich mit meiner Frau im Restaurant. Bevor wir bestellen konnten, bat uns der Oberkeller, einen anderen – schlechter platzierten – Tisch zu nehmen. Der Wein, den wir dann bestellten, war nicht vorhanden. Kurz darauf kam eine Gruppe von sechs „finsteren Gestalten“ in dunklen Anzügen und setzte sich an besagten Tisch. Ihre Jacketts hängten sie über die Stuhllehnen: bei allen Sakkos hing eine Seite schwer herunter. Sie bestellten just den Wein, der vorher nicht vorhanden war. Dem Getränkekellner flogen die Hände so, dass er die Bestellung kaum notieren und die Flaschen am Tisch nicht öffnen konnte. Nach dem Essen verschwanden die Typen grußlos und ohne zu zahlen.
Auf dem Rückweg von einem Ausflug fuhren wir durch eine Straße in Reggio. Am nächsten Morgen lasen wir in der Zeitung, dass eine halbe Stunde danach in eben dieser Straße eine Schießerei zwischen zwei verfeindeten Clans stattgefunden hatte, bei der eine alte Frau getötet worden war; sie hatte vor ihrem Haus auf einem Stuhl gesessen.
Einbrüche in unsere Bungalows wären theoretisch kein Problem gewesen; vor den Fenstern waren nur Fliegengitter, keine Scheiben. Insider erklärten uns, im Europahaus würde nicht eingebrochen, weil wir „unter Schutz stünden“.
Das war ein wirklich prickelnder Urlaub.
Auch nach seiner Verhaftung gehen die „Geschäfte“ sicher weiter, genauso wie sie weitergingen nach der Verhaftung und dem Tod der alten Bosse Toto Riina und Bernardo Provenzano.
Die Cosa Nostra oder Mafia ist nicht die einzige hochkriminelle Geheimgesellschaft in Italien. In Neapel herrscht die Camorra, in Calabrien die Ndrangheta. Alle verfolgen die gleichen „Geschäftspraktiken“: Bestechung, Erpressung von Schutzgeld, Betrieb von Fabriken und Banken, Drogen- und Waffengeschäfte. Und nicht nur in Italien, sondern darüber hinaus in Europa und der Welt. Die US-amerikanische Unterwelt hat engste Verbindung nach Italien. Deutschland ist eins der beliebtesten Länder in Europa.
Auf lokaler Ebene werden etwas kleinere Brötchen gebacken. Sehr unmittelbar war eine kleine Reisegruppe 1990 im kleinen Reggio Calabria mit der Ndrangheta konfrontiert. Wir waren Gäste im Europa-Haus von Catona. Wir kannten schon Berichte zweier Reisegefährten (J. und M.), die bereits früher mehrfach in Catona waren.
J. erzählte die Geschichte von seinem Sohn, der einmal am Strand übernachtet hatte und dem dort seine Lederjacke gestohlen worden war. Kenner der „ehrenwerten Gesellschaft“ (d.i. die Ndrangheta) rieten ihm ab, zur Polizei zu gehen. „Das machen wir schon.“ Tatsächlich erschienen am Abend zwei stämmige Burschen mit einem schlotternden Bündel Angst, das die Jacke zurückgab. Er hatte versucht, sie in einer Disco zu verticken.
Eine Schweizer Kollegin machte im Rahmen von Europa-Seminaren regelmäßig landeskundliche Exkursionen in ein Gebirgsdorf. Bei einer Gelegenheit fuhr der Vater des Leiters des Europahauses mit und riet ihr auf der Rückfahrt, sie solle beim nächsten Mal ein anderes Dorf besuchen. Als sie sich nicht an diese Empfehlung hielt, erklärte er lapidar „Sie machen einen großen Fehler!“ Nach der nächsten Exkursion brannte nachts ihr Auto. Sie quittierte die Arbeit und ging in die Schweiz zurück.
M. hatte sich eine Landkarte von Catona gekauft, auf der links und rechts der Zufahrt zum Europahaus Olivenheime eingezeichnet waren. Tatsächlich standen dort von hohen Mauern umgebene Pracht-Villen. Er sprach den Bürgermeister auf diesen Widerspruch an, der ihm erklärte: „Nein, sie müssen sich irren, dort sind keine Häuser!“
Der Obsthändler, bei dem wir unsere Früchte kauften, hatte unter dem Siegel der Verschwiegenheit berichtet, dass er 60% seines Erlöses nicht selbst zur Verfügung hätte. Das hätte er nie einem Italiener erzählt. Als Deutsche schienen wir ihm vertrauenswürdig.
In einem Eiscafé erschien ein Mann, rief laut „Giovanni“, ein Mann dieses Namens rief „Si!“ und wurde erschossen. Er war Schäfer und hatte mit der Ndrangheta nichts zu tun, aber es wurde vermutet, dass er im Gebirge etwas gesehen haben musste, was er besser nicht sehen sollte. Dort wurden geheime Waffen- und Drogen-Depots sowie Labore vermutet.
Im Durchschnitt war jeden zweiten Tag in der lokalen Zeitung von einem Ndrangheta–Mord zu lesen. In der überregionalen italienischen Presse oder gar in der internationalen Presse ist davon meist nichts zu lesen.
Eines Abends saß ich mit meiner Frau im Restaurant. Bevor wir bestellen konnten, bat uns der Oberkeller, einen anderen – schlechter platzierten – Tisch zu nehmen. Der Wein, den wir dann bestellten, war nicht vorhanden. Kurz darauf kam eine Gruppe von sechs „finsteren Gestalten“ in dunklen Anzügen und setzte sich an besagten Tisch. Ihre Jacketts hängten sie über die Stuhllehnen: bei allen Sakkos hing eine Seite schwer herunter. Sie bestellten just den Wein, der vorher nicht vorhanden war. Dem Getränkekellner flogen die Hände so, dass er die Bestellung kaum notieren und die Flaschen am Tisch nicht öffnen konnte. Nach dem Essen verschwanden die Typen grußlos und ohne zu zahlen.
Auf dem Rückweg von einem Ausflug fuhren wir durch eine Straße in Reggio. Am nächsten Morgen lasen wir in der Zeitung, dass eine halbe Stunde danach in eben dieser Straße eine Schießerei zwischen zwei verfeindeten Clans stattgefunden hatte, bei der eine alte Frau getötet worden war; sie hatte vor ihrem Haus auf einem Stuhl gesessen.
Einbrüche in unsere Bungalows wären theoretisch kein Problem gewesen; vor den Fenstern waren nur Fliegengitter, keine Scheiben. Insider erklärten uns, im Europahaus würde nicht eingebrochen, weil wir „unter Schutz stünden“.
Das war ein wirklich prickelnder Urlaub.
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Montag, 16. Januar 2023
Abknipsen und ausschalten
jf.bremen, 17:33h
Prinz Harry hat „schlechte Menschen“ wie „Schachfiguren vom Brett genommen“. Britische Generäle dementieren, das könne nicht stimmen. Ein deutscher Oberst lässt einen liegengebliebenen Tanklaster bombardieren: 140 Zivilisten, die sich am Sprit bedienen, werden zum „Kollateralschaden“. US-Soldaten machen mit Helikoptern Jagd auf Zivilisten.
..................
In der Bundeswehr werden Feinde „abgeknipst“ und Panzer „ausgeschaltet“. Es ist immer dieselbe menschenverachtende Sprache, hinter der eine Haltung steckt. In einem Brief an meine Familie schilderte ich ein Erlebnis aus meiner aktiven Dienstzeit:
„Überhaupt passieren die dollsten Dinge. Neulich sprachen wir über das Schießen. Es wurde der Fall konstruiert, dass ein feindlicher Soldat eine Straße, die in zwanzig Meter Entfernung war, überquerte. Nun wurde gefragt, warum man ihn nicht gleich totschießen sollte. Einer meiner Kameraden antwortete dem Ausbilder: Der Feind sei auch ein Mensch! Die Antwort des Ausbilders war: Nein, der Feind soll nur verwundet werden, damit der Gegner mit der Bergung und Versorgung des Verletzten beschäftigt ist.“
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In der Bundeswehr werden Feinde „abgeknipst“ und Panzer „ausgeschaltet“. Es ist immer dieselbe menschenverachtende Sprache, hinter der eine Haltung steckt. In einem Brief an meine Familie schilderte ich ein Erlebnis aus meiner aktiven Dienstzeit:
„Überhaupt passieren die dollsten Dinge. Neulich sprachen wir über das Schießen. Es wurde der Fall konstruiert, dass ein feindlicher Soldat eine Straße, die in zwanzig Meter Entfernung war, überquerte. Nun wurde gefragt, warum man ihn nicht gleich totschießen sollte. Einer meiner Kameraden antwortete dem Ausbilder: Der Feind sei auch ein Mensch! Die Antwort des Ausbilders war: Nein, der Feind soll nur verwundet werden, damit der Gegner mit der Bergung und Versorgung des Verletzten beschäftigt ist.“
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Sonntag, 8. Januar 2023
Israel: Regierung oder Verbrecher-Syndikat?
jf.bremen, 06:46h
Die neue israelische Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu lässt Zweifel darüber aufkommen, ob es sich nicht eigentlich um ein Verbrecher-Syndikat handelt.
Der neue Minister für öffentliche Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, wurde aus dem Militärdient wegen rechtsextremer Äußerungen entlassen sowie achtmal wegen gleicher Delikte vorbestraft, einmal wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
Arje Deri, mehrfach mit Gefängnisstrafen vorbestraft wegen Korruption, Betrugs und Amtsmissbrauchs, ist neuer Innenminister.
Bezaleel Smotrich ist der Vertreter radikaler Siedler in der neuen Regierung. Ihm ist der Posten des Finanzministers zugedacht. 2005 wurde er vom Innengeheimdienst festgenommen und terroristischer Aktivitäten verdächtigt, allerdings nicht verurteilt.
Gegen Netanjahu selbst schwebt seit Jahren ein Verfahren wegen Korruption, das immer wieder herausgezögert wurde. Netanyahu hat angekündigt, dass er mit seiner religiösen, rechten bis rechtsextremen Koalition Gesetze so ändern will, dass weder er noch seine Kumpane noch belangt werden können.
In Israel war man bisher stolz darauf, der einzige demokratische Staat im Nahen Osten zu sein. Diese Zeiten scheinen jetzt endgültig abgelaufen zu sein. Daran ändern wohl auch einzelne kritische Stimmen nichts mehr – und seien es der Oberstaatsanwalt oder der oberste militärische Führer.
Der neue Minister für öffentliche Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, wurde aus dem Militärdient wegen rechtsextremer Äußerungen entlassen sowie achtmal wegen gleicher Delikte vorbestraft, einmal wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
Arje Deri, mehrfach mit Gefängnisstrafen vorbestraft wegen Korruption, Betrugs und Amtsmissbrauchs, ist neuer Innenminister.
Bezaleel Smotrich ist der Vertreter radikaler Siedler in der neuen Regierung. Ihm ist der Posten des Finanzministers zugedacht. 2005 wurde er vom Innengeheimdienst festgenommen und terroristischer Aktivitäten verdächtigt, allerdings nicht verurteilt.
Gegen Netanjahu selbst schwebt seit Jahren ein Verfahren wegen Korruption, das immer wieder herausgezögert wurde. Netanyahu hat angekündigt, dass er mit seiner religiösen, rechten bis rechtsextremen Koalition Gesetze so ändern will, dass weder er noch seine Kumpane noch belangt werden können.
In Israel war man bisher stolz darauf, der einzige demokratische Staat im Nahen Osten zu sein. Diese Zeiten scheinen jetzt endgültig abgelaufen zu sein. Daran ändern wohl auch einzelne kritische Stimmen nichts mehr – und seien es der Oberstaatsanwalt oder der oberste militärische Führer.
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Freitag, 25. November 2022
Todsünden werden nicht vergeben
jf.bremen, 22:21h
In den vom ukrainischen Militär zurückeroberten Gebieten boten sich grausame Bilder: getötete, verstümmelte, gefolterte Leichen von Männern Frauen und Kindern, alles ZivilistiInnen. Frauen berichteten von Vergewaltigungen. Die russische Soldateska hatte geraubt, was nicht niet- und nagelfest war. Häuser, Infrastruktur-Anlagen, Schulen und Krankenhäuser waren zerstört.
Die Täter handelten u.a. auch aus Frust für ihre Niederlage und den erzwungenen Rückzug. Sie scheinen überhaupt keine Skrupel gehabt zu haben. Falls vorhanden konnten besonnenere Soldaten ihre "Kameraden" nicht an den Untaten hindern.
Und jetzt, nachträglich, bekamen sie den Segen des Moskauer Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche. Er sagte ihnen zu, falls sie selber getötet werden, dass alle ihre Sünden vergeben sind. Das kann ja nur als Aufforderung gewertet werden: weiter so.
Nach christlichem Glauben werden Sünden nur von Gott selbst vergeben. Und fast alles, was vorher aufgezählt ist, sind TODSÜNDEN, die überhaupt nicht vergeben werden können, schon gar nicht von einem sterblichen Menschen, und sei's ein Patriarch.
Die Täter handelten u.a. auch aus Frust für ihre Niederlage und den erzwungenen Rückzug. Sie scheinen überhaupt keine Skrupel gehabt zu haben. Falls vorhanden konnten besonnenere Soldaten ihre "Kameraden" nicht an den Untaten hindern.
Und jetzt, nachträglich, bekamen sie den Segen des Moskauer Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche. Er sagte ihnen zu, falls sie selber getötet werden, dass alle ihre Sünden vergeben sind. Das kann ja nur als Aufforderung gewertet werden: weiter so.
Nach christlichem Glauben werden Sünden nur von Gott selbst vergeben. Und fast alles, was vorher aufgezählt ist, sind TODSÜNDEN, die überhaupt nicht vergeben werden können, schon gar nicht von einem sterblichen Menschen, und sei's ein Patriarch.
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Mittwoch, 23. November 2022
Söder macht FORSA und EMNID Konkurrenz
jf.bremen, 17:55h
Markus Söder, bayrischer Ministerpräsident, weiß es ganz genau: "Die große Mehrheit der Deutschen hält Straßenblockaden für falsch." Da weiß er mehr als alle anderen Meinungsforscher zusammen. Was, bitte, ist die große Mehrheit? Söder weiß es offenbar, er fühlt sich durch den angeblichen Volkswillen bestätigt. Da kann er auch mal so eben Straßenblockierer für dreißig Tagen in den Knast stecken, sog. Präventivgewahrsam. Das bayrische Polizeiaufgabengesetz (PAV) scheint das zu legitimieren. Die Nähe zu "Volksgemeinschaft" und "Schutzhaft" ist unübersehbar.
Das PAV (Bayern) ist das schärfste aller Bundesländer. Als es 2018 zur Debatte stand, wurde begründet, es werde gegen Stalker, Amokläufer oder Terroranschläge angewandt. Kritiker befürchteten damals schon, es könne und werden auch gegen politische Aktivisten, Demonstranten z.B., eingesetzt. Und genau das ist jetzt geschehen. Es seien notorische Wiederholungstäter, die sich auf Autobahnen festkleben, um auf die Umweltkrise aufmerksam zu machen.
Die verfassungsmäßige Berechtigung der Präventivhaft wurde von Juristen von Anfang an in Frage gestellt. Jetzt kritisieren sie, dass die mögliche Höchststrafe von dreißig Tagen, für eine Straßenblockade völlig unangemessen ist, zumal ungeklärt ist, ob Straßenblockade überhaupt eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit ist.
Aber die bayrische Volks-Parole "Mir san mir" setzt sich bis in die Politik und die Justiz durch. Da seien doch bitte die Verfassungsgerichte vor. Es wäre schön, wenn einEr der Betroffenen juristisch dagegen vorgeht. Meine Solidarität hätte er/sie.
Das PAV (Bayern) ist das schärfste aller Bundesländer. Als es 2018 zur Debatte stand, wurde begründet, es werde gegen Stalker, Amokläufer oder Terroranschläge angewandt. Kritiker befürchteten damals schon, es könne und werden auch gegen politische Aktivisten, Demonstranten z.B., eingesetzt. Und genau das ist jetzt geschehen. Es seien notorische Wiederholungstäter, die sich auf Autobahnen festkleben, um auf die Umweltkrise aufmerksam zu machen.
Die verfassungsmäßige Berechtigung der Präventivhaft wurde von Juristen von Anfang an in Frage gestellt. Jetzt kritisieren sie, dass die mögliche Höchststrafe von dreißig Tagen, für eine Straßenblockade völlig unangemessen ist, zumal ungeklärt ist, ob Straßenblockade überhaupt eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit ist.
Aber die bayrische Volks-Parole "Mir san mir" setzt sich bis in die Politik und die Justiz durch. Da seien doch bitte die Verfassungsgerichte vor. Es wäre schön, wenn einEr der Betroffenen juristisch dagegen vorgeht. Meine Solidarität hätte er/sie.
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Samstag, 19. November 2022
Schwierigkeiten mit der Solidarität
jf.bremen, 19:35h
Klar wäre ich gerne solidarisch, grundsätzlich und auch im konkreten Fall. Der aktuell konkrete Fall heißt Fußball-Weltmeisterschaft. Man sollte nicht nach Katar fahren, und auch nicht die Übertragungen im Fernsehen gucken.
Mein Problem ist nur: ich gucke auch sonst keine Fußball-Sendungen. Und auch Kneipen, in denen der Fernseher läuft, besuche ich nicht, schon gar nicht, wenn Fußball läuft. Einige wollen ja solidarisch die Mattscheibe während der WM schwarz lassen. Nur leider entfällt Fernsehen an den Übertragungs-Abenden bei den Öffentlich Rechtlichen überhaupt. Im jeweils anderen Kanal laufen garantiert Krimis oder Quizz-Sendungen. Und das sehe ich mir selbst in normalen Zeiten nicht an. Vielleicht arte, mal gucken ob denen was Sinnvolles eingefallen ist.
Das ist eine Sache. Die andere ist der ökonomische Wahnsinn dieser WM und aller anderen. Aber das müssen die National-Teams mit der Fifa austragen. Da kann ich auch nicht besonders solidarisch sein.
Der andere Wahnsinn ist der ökologische. Schon die Flüge aller WM-Mannschaften mit dem ganzen Tross und den Journalisten und den TV-Teams und die Flüge zwischen den einzelnen Stadien und.... sind der helle Wahnsinn. Oder dass da nicht nur die Stadien klimatisiert, sondern sogar die Swimmingpools gekühlt werden. Ist ja klar: Wer will bei über 45° im Schatten kicken und wer will in Wasser schwimmen, dessen Temperatur die der Menschen um über 10° übersteigt?
Und dann die Arbeitsbedingungen der "Gast"-Arbeiter im Emirat und die vielen Toten beim Bau der Stadien und der Infrastruktur.
Immerhin ist ja rührend, wie die deutschen Spieler sich um die "Gast"-Arbeiter kümmern. Sie spenden von ihrem eigenen Geld für deren Familien. Nun gut, das trifft ja keine Armen, aber solidarisch ist es doch. Und hilft dem guten Gewissen, damit sie an der WM beruhigt teilnehmen können. Und es hilft auch dem Image. So was nennt man Kleen-Washing, und das ist immer gut. Formel-1-Rennfahrer Vettel will sich jetzt ja auch für den Fahrradverkehr einsetzen.
Mein Problem ist nur: ich gucke auch sonst keine Fußball-Sendungen. Und auch Kneipen, in denen der Fernseher läuft, besuche ich nicht, schon gar nicht, wenn Fußball läuft. Einige wollen ja solidarisch die Mattscheibe während der WM schwarz lassen. Nur leider entfällt Fernsehen an den Übertragungs-Abenden bei den Öffentlich Rechtlichen überhaupt. Im jeweils anderen Kanal laufen garantiert Krimis oder Quizz-Sendungen. Und das sehe ich mir selbst in normalen Zeiten nicht an. Vielleicht arte, mal gucken ob denen was Sinnvolles eingefallen ist.
Das ist eine Sache. Die andere ist der ökonomische Wahnsinn dieser WM und aller anderen. Aber das müssen die National-Teams mit der Fifa austragen. Da kann ich auch nicht besonders solidarisch sein.
Der andere Wahnsinn ist der ökologische. Schon die Flüge aller WM-Mannschaften mit dem ganzen Tross und den Journalisten und den TV-Teams und die Flüge zwischen den einzelnen Stadien und.... sind der helle Wahnsinn. Oder dass da nicht nur die Stadien klimatisiert, sondern sogar die Swimmingpools gekühlt werden. Ist ja klar: Wer will bei über 45° im Schatten kicken und wer will in Wasser schwimmen, dessen Temperatur die der Menschen um über 10° übersteigt?
Und dann die Arbeitsbedingungen der "Gast"-Arbeiter im Emirat und die vielen Toten beim Bau der Stadien und der Infrastruktur.
Immerhin ist ja rührend, wie die deutschen Spieler sich um die "Gast"-Arbeiter kümmern. Sie spenden von ihrem eigenen Geld für deren Familien. Nun gut, das trifft ja keine Armen, aber solidarisch ist es doch. Und hilft dem guten Gewissen, damit sie an der WM beruhigt teilnehmen können. Und es hilft auch dem Image. So was nennt man Kleen-Washing, und das ist immer gut. Formel-1-Rennfahrer Vettel will sich jetzt ja auch für den Fahrradverkehr einsetzen.
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Samstag, 12. November 2022
Anteilnahme ohne Merz
jf.bremen, 18:13h
OK, es ist schon einige Wochen her, dass Friedrich Merz (CDU-Bundesvorsitzender), gegen Ukraine-Flüchtlinge als "Sozialflüchtlinge" hetzte.
OK, es ist nicht ganz so lange her, dass er sich entschuldigte, sozusagen "verbale Reue" zeigte.
Es ist noch weniger länger her - ein bis zwei Wochen - dass Flüchtlings-Unterkünfte brannten, zuletzt in Bautzen, vorher in Krumbach, in Großströmkendorf und Leipzig. In Bautzen erschienen sofort der sächsische Innenminister, der Bürgermeister und der Landrat und äußerten sich betroffen und schockiert.
Die Polizei zählt 2022 bis September 65 Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Dazu kommen bisher über 700 Straftaten außerhalb von Unterkünften.
Es wäre ein Zeichen "tätiger Reue", wenn Merz nur an EINEM der Tatorte erscheinen würde oder wenn er an den Trauerfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag des tödlichen Brandanschlags in Mölln teilnähme.
OK, es ist nicht ganz so lange her, dass er sich entschuldigte, sozusagen "verbale Reue" zeigte.
Es ist noch weniger länger her - ein bis zwei Wochen - dass Flüchtlings-Unterkünfte brannten, zuletzt in Bautzen, vorher in Krumbach, in Großströmkendorf und Leipzig. In Bautzen erschienen sofort der sächsische Innenminister, der Bürgermeister und der Landrat und äußerten sich betroffen und schockiert.
Die Polizei zählt 2022 bis September 65 Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Dazu kommen bisher über 700 Straftaten außerhalb von Unterkünften.
Es wäre ein Zeichen "tätiger Reue", wenn Merz nur an EINEM der Tatorte erscheinen würde oder wenn er an den Trauerfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag des tödlichen Brandanschlags in Mölln teilnähme.
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Samstag, 29. Oktober 2022
Unfähige Bundesminister
jf.bremen, 20:46h
Neulich auf dem CSU-Parteitag: Söder wettert gegen die Ampel-Koalition. Noch nie habe es eine so schlechte Bunderegierung geben. Und er ergänzt mit einigen allgemeinen Vorwürfen, die nicht konkretisiert werden. Diese Methode hat er dem Strauß abgeguckt.
So, nun mal im Detail: Allein das Versagen von CSU-Bundesministern spricht eine andere Sprache. Scheuer in der Rolle des Verkehrsministers verballert eine halbe Milliarde für ein aussichtsloses Projekt (Autobahnmaut für PKW); Steuergeld, das er ohne Beschluss des Bundestages gar nicht ausgeben DURFTE. Schon sein Vorgänger Dobrindt (CSU) hatte auf das tote Pferd Maut gesetzt und war - vorausehbar - donnernd gescheitert.
Dann Söders Vorgänger Steuber, der keinen kompletten Satz verständlich beenden konnte, der meistens sowieso inhaltsleer war. Strauß war mehrfach Bundesminister (BM für besondere Fragen, Verteidigung, Finanzen). Aus dem Verteidigungsministerium wurde er mit Schimpf und Schande wegen der "Spiegel"-Affäre, in der er
mehrfach illegal handelte, aus dem Amt gejagt.
Dann der Herr Zimmerman, der 1982 als Minister für Telekommunikation erstens für die fatale Einführung des Privatfernsehens und zweitens für die Verhinderung des Glasfaserkabels zuständig war (s. miniaturen vom 22.11.20 und vom 06.12.21).
Genügt das, um die Unfähigkeit von CSU-Ministern nachzuweisen?
So, nun mal im Detail: Allein das Versagen von CSU-Bundesministern spricht eine andere Sprache. Scheuer in der Rolle des Verkehrsministers verballert eine halbe Milliarde für ein aussichtsloses Projekt (Autobahnmaut für PKW); Steuergeld, das er ohne Beschluss des Bundestages gar nicht ausgeben DURFTE. Schon sein Vorgänger Dobrindt (CSU) hatte auf das tote Pferd Maut gesetzt und war - vorausehbar - donnernd gescheitert.
Dann Söders Vorgänger Steuber, der keinen kompletten Satz verständlich beenden konnte, der meistens sowieso inhaltsleer war. Strauß war mehrfach Bundesminister (BM für besondere Fragen, Verteidigung, Finanzen). Aus dem Verteidigungsministerium wurde er mit Schimpf und Schande wegen der "Spiegel"-Affäre, in der er
mehrfach illegal handelte, aus dem Amt gejagt.
Dann der Herr Zimmerman, der 1982 als Minister für Telekommunikation erstens für die fatale Einführung des Privatfernsehens und zweitens für die Verhinderung des Glasfaserkabels zuständig war (s. miniaturen vom 22.11.20 und vom 06.12.21).
Genügt das, um die Unfähigkeit von CSU-Ministern nachzuweisen?
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Service à la DHL
jf.bremen, 20:06h
Neulich klingelte früh morgens der Paketbote an der Tür. "Ein Paket für Sie." Das Paket entpuppte sich als dicker Briefumschlag von einer Schweizer Freundin. Als ich hoch erfreut danach greifen wollte, zog der Bote es zurück: "Das koste Zoll, 9,23 Euro ".- Ich drehte mich um, ging die Treppe hoch, um das Portemonnaie zu holen. Wieder an der Haustür musste ich erfahren, ich müsse es passend haben, er habe kein Geld zum Wechseln. Ich überrascht: "Kassieren ohne Wechselgeld?" - "Ja, genau. Wenn Sie es nicht passend haben, nehme ich es wieder mit, und Sie müssen es in der Filiale abholen." Das schien mir ziemlich aufwendig, daher drückte ich ihm einen Zehner in die Hand und sagte: "Tschüß." Er druckte noch eine Quittung aus, nicht über 10 Euro sondern über 9,23 Euro.
Die und den Umschlag guckte ich mir dann genauer an. Daraus ging hervor, dass die Schweizer Freundin bereits 3,60 SF Porto - ungefähr dasselbe in Euro - bezahlt hatte. Hinzu kam ein Zoll von 3,23 Euro und eine "Ausgabepauschale" - was immer das ist - von 6.00 Euro.
Das alles zusammen erreichte fast den Wert des Buchs in dem Umschlag. Na gut, ist zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber der eigentlich Hammer ist: die schicken einen Paketboten zum Kassieren und geben ihm kein Wechselgeld mit. Service geht anders.
Die und den Umschlag guckte ich mir dann genauer an. Daraus ging hervor, dass die Schweizer Freundin bereits 3,60 SF Porto - ungefähr dasselbe in Euro - bezahlt hatte. Hinzu kam ein Zoll von 3,23 Euro und eine "Ausgabepauschale" - was immer das ist - von 6.00 Euro.
Das alles zusammen erreichte fast den Wert des Buchs in dem Umschlag. Na gut, ist zwar nicht ganz nachvollziehbar, aber der eigentlich Hammer ist: die schicken einen Paketboten zum Kassieren und geben ihm kein Wechselgeld mit. Service geht anders.
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Freitag, 21. Oktober 2022
Merz und die Brandstifter
jf.bremen, 20:40h
Der Schweizer Autor Max Frisch veröffentlichte 1958 das Hörspiel "Biedermann und die Brandstifter". Darin bewirtet ein reicher Fabrikant zwei fremde Gäste, die Brandstiftung an Gasspeichern planen. Alle Zeichen stehen dafür, dass ihnen die Anschläge gelingen. Herr Biedermann übergibt ihnen schließlich sogar die Streichhölzer, die der Stadt den Untergang bringen.
Diese Parabel auf das Aufkommen des Faschismus mit seinen katastrophalen Folgen findet gegenwärtig ein Wiederholung im Realen.
Die Wiederholung des Unworts des Jahres 2013 - ukrainische Flüchtlinge als "Sozialflüchtlinge" - durch Fr. Merz folgt demselben Drehbuch wie Frischs Hörspiel. Da nützt es auch nichts, dass Merz nach Kritik eifrig zurückruderte (s. miniaturen von 28.9.). Und jetzt brennt - mal wieder! - in Mecklenburg eine Flüchtlingsunterkunft. Soll niemand behaupten, dass die flüchtlingsfeindlichen Äußerungen - nicht nur von Merz - damit nichts tun haben. Die Zusammenhänge sind evident!
Diese Parabel auf das Aufkommen des Faschismus mit seinen katastrophalen Folgen findet gegenwärtig ein Wiederholung im Realen.
Die Wiederholung des Unworts des Jahres 2013 - ukrainische Flüchtlinge als "Sozialflüchtlinge" - durch Fr. Merz folgt demselben Drehbuch wie Frischs Hörspiel. Da nützt es auch nichts, dass Merz nach Kritik eifrig zurückruderte (s. miniaturen von 28.9.). Und jetzt brennt - mal wieder! - in Mecklenburg eine Flüchtlingsunterkunft. Soll niemand behaupten, dass die flüchtlingsfeindlichen Äußerungen - nicht nur von Merz - damit nichts tun haben. Die Zusammenhänge sind evident!
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