Donnerstag, 21. Januar 2021
Ecuador: Fischer
Die Fischer benutzen winzige Nachen, die roh aus drei ca. drei Meter langen und zwei kurzen Brettern bestehen – für Rumpf, Spiegel und Bug. Die Fischer stehen scheinbar auf dem Wasser, der Freibord ist abenteuerlich niedrig. Die Boote werden mit Stangen gestakt. Um die Netze auszulegen, zu kontrollieren oder einzuholen, knien sie. Meist arbeiten sie allein oder zu zweit, gelegentlich ganze Familien. Fisch ist am Napo der hauptsächliche Eiweiß-Lieferant.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (10)
Zehnter Tag: Um 6 Uhr müssen wir aus dem Bett, weil die „lehmleckenden Vögel“ nur früh zu besichtigen sind. Nach einer kurzen Kanufahrt erreichen wir einen Platz, wo die Papageien den Lehm picken, der ihre Verdauung begünstigt. Zunächst zieren sie sich etwas und flattern von Baum zu Baum; dann wie auf Kommando stürzen sie sich laut schreiend auf ein Stückchen Lehm am Steilufer. Blaue, grüne, schwarze, rote bunt gemischt. Vogelliebhaber sind in ihrem Element, beobachten jede Bewegung, benennen jede Art, als gelte es Geister zu beschwören, indem man sie in Begriffe fasst.

Zum Frühstück sind wir an Bord zurück. Danach geht’s in eine Siedlung der Quechua. Sie leben in Familien, haben jeweils ein Stück Land, wirtschaften aber als Gemeinde für den Tourismus. Die Schule unterrichtet für die Grundstufe – erste bis sechste Klasse - und die Sekundarstufe, siebente bis neunte Klasse. Wer weitermachen will, muss den Ort verlassen. Das Schulsystem wurde in den letzten zehn Jahren reformiert und verbessert. Der Guide erzählt, er habe keine Schule besucht, sondern bei seinem Vater gelernt. Jetzt sind die Schulen bilingual (spanisch und Quechua), vorher wurde nur Spanisch unterrichtet. Projekte in der Schule sind u.a. Recycling, Gastronomie und Umwelt. Die Frauen schmeißen den Laden, neben der Eigenproduktion von Lebensmitteln, Verkauf von Schmuck und Kunsthandwerk. Die Männer fischen.

Wir bekommen einen Imbiss mit Fisch - in Bananenblättern gedünstet - mit Reis, Maden-Schaschlik und gebackenen Bananen. Zu trinken gibt es einen schwach alkoholischen Chicha. Diejenigen, die Maden gegessen haben, bestätigen ihren Wohlgeschmack, aber die Idee schon ist etwas eklig. Das Tischtuch besteht aus drei Bananenblättern, die Rosa, unsere Begleiterin, unterwegs mit der Machete geschlagen hat.

Es scheint viele Kinder zu geben, die im Alter wenig auseinander sind. Die Kleinsten werden im Tuch getragen, nebenbei mal eben gesäugt. In der Küche liegen drei Kleine in Hängematten, die von einer Frau geschaukelt werden. Zurück an Bord zum Mittagessen. Danach Siesta.

Solarenergie spielt seltsamerweise in Ecuador kaum eine Rolle. Ich habe nur einmal ein winziges Solarpaneel vor einem Haus gesehen, das wohl höchstens einen Fernseher und eine Birne versorgen kann. Mit Öl und Gas gehen die Leute verschwenderisch um. Gas wird direkt am Bohrloch abgefackelt, brennt sinnlos und umweltschädlich. Daneben gibt es Wasserkraftwerke (die angeblich 100% der elektrischen Energie liefern), aber die Sonne – ideal für die dezentrale Versorgung vor allem in abgelegenen Gebieten – bleibt sträflich ungenutzt. Evtl. fehlt es auch einfach nur an Investitionsmitteln.

Der 2. Teil des Tages gilt einem Ausflug zum Lago Limoncocha, zunächst mit dem Beiboot bis Itaya, genannt nach der gleichnamigen Palmenart, dann per Bus zum Lago und dort mit dem Motorkanu auf den See. In Itaya sind wir zurück in der Zivilisation: Ufer-Hafenanlagen, asphaltierte Straße, Ölförderstelle, auf der das Gas ebenerdig abgefackelt wird und stinkt. Es gibt ca. 400 Ölbohr- und Förderstellen in Ecuador, überwiegend im Amazonasgebiet. Das Abfackeln des Gases ist durchaus üblich.

Die Häuser des Dorfes sind gewohnt primitiv, Küche draußen auf der überdachten Terrasse, frei hängend Energiesparlampen. Die Häuser am Napo sind sehr einfach. Meist stehen sie auf Stelzen wegen der Überschwemmungsgefahr bei Hochwasser des Napo, und Schlangen und Termiten werden ferngehalten. Darunter werden auch Sachen gelagert. Die Häuser sind roh aus Balken gezimmert, meist mit Palmwedel-Dach, sonst mit Wellblech gedeckt. Die Fenster haben keine Scheiben, sind gelegentlich durch Gitter verschlossen. Das Leben am Tage spielt sich überwiegend im Freien ab.

Am See tauchen wir wieder in die Naturidylle ein: jede Menge Vögel und Vogelarten, auch seltene. Fischer in ihren flachen Nachen kontrollieren die Netze, kleine Äffchen turnen in den Bäumen. Die Rückfahrt verläuft umgekehrt, nur dass das Schiff jetzt gegenüber von Itaya am Ufer liegt.

Festliches Abendessen, anschließend eine grottenschlechte Präsentation der Bilder von der Gruppe mit guter, aber unpassender Musik-Untermalung. Der Manager verabschiedet sich und uns. Dann folgt das Geschäftliche: Abrechnung von bar-bill und Wäsche. Die gesalzenen Preise für Getränke verderben etwas den Geschmack. Ich sitze jetzt allein auf dem Achterdeck, schreibe und ringsum wetterleuchtet es. Dass wir im Regen-Wald sind, haben wir nur an dem Gewitter gemerkt, das heute Mittag hinter uns niederging. Ruhig klingt dieser letzte Tag auf dem Napo aus.

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Mittwoch, 20. Januar 2021
Ecuador: Armee
Raul, einer der beiden Guides, gibt Auskunft: Es gibt seit 2009 keine Wehrpflicht mehr, aber man kann einen neun-monatigen Grundwehrdienst ableisten und sich dann für oder gegen einen längeren Armeedienst entscheiden. Die Armee ist wegen der guten Versorgungsleistungen (Sold, Pension, Karriere) beliebt. 7.000 Soldaten bewachen die kolumbianische Grenze wegen des Kokain-Schmuggels. Weiterer Brennpunkt ist wegen der alten Grenzstreitigkeiten mit Peru die dortige Grenze. Die Marine ist auch für den Napo zuständig. Die Armee verfügt über 37.500 Soldaten. Der Wehretat beträgt 0,9 % des Bruttoinlandsprodukts. Oberbefehlshaber ist der jeweilige Staatspräsident.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (9)
Neunter Tag: Heute können wir etwas länger schlafen. – Wir fahren mit dem Beiboot zur Affen-Insel, die einer einheimischen Familie gehört. Das Betreten ist nur Gruppen gegen Eintritt erlaubt. Wir verlassen das Boot und schlagen uns teils mit Hilfe einer Machete durch den Dschungel auf der Suche nach den Affen. Der Guide hält uns zur Ruhe an, bleibt hin und wieder stehen, lauscht, zunächst erfolglos. Zwischendurch zeigt er uns Kleinigkeiten am Wege: einen Frosch, der fast perfekt getarnt an einem Baum klebt. Eine Spinne, die sich an einem Schmetterling gütlich tut. Die Vegetation in dem Black-Water-Gebiet unterscheidet sich von der des Napo: weniger große Bäume, dichteres Unterholz, viele Bananen-Stauden. Die Affen fressen keine Bananen; diese sind nicht heimisch, daher den Affen unbekannt.

Schließlich treffen wir auf die andere Gruppe, die stolz verkündet, sie habe einen Affen gesehen. Die Gesamtgruppe geht immer getrennt in zwei Kleingruppen mit je einem Guide los. Unser Guide führt uns weiter, schließlich stoßen wir auf eine ganze Gruppe Affen, ca. 20 Tiere. Sie turnen durch die Bäume, lassen sich Meter tief fallen, turnen weiter, sie brechen Äste ab und bewerfen uns und bringen den ganzen Wald zum Wackeln.

Zurück zu den Booten fahren wir hinter der „Manatee“ her, die inzwischen stromauf fährt.

Mittag und Siesta (auch zum Reinigen von Kleidung und Schuhen sowie Schreiben geeignet). Nach der Siesta überqueren wir den Napo, laufen auf einem langen Steg durch den Dschungel und paddeln weiter mit einem Kanu. Die Fahrt geht zunächst durch einen langen, eng gewundenen Kanal, der in eine Lagune mündet. Dort liegt eine Lodge. Die Lagune geht über in einen ebenfalls engen Kanal. In der Lagune sehen wir Augen, Nase und Rücken von ca. 1 m langen Kaimanen.

Das Kanu hält an einem Steg, der durch dichten Wald zu einem 45 m hohen Metallturm führt, der fest eingebaut ist in einen noch höheren Kapok-Baum (ca. 55 – 60 m). Wunderbarer Ausblick über den Wald, aus dessen Blätterdach hie und da die gewaltigen, schirmartigen Kronen anderer Kapok-Baume herausragen. Der Baum beherbergt diverse Wirtspflanzen (u.a. Orchideen, Pilze, andere Bäume). Die Wurzeln der „Gast“-Bäume hängen parallel zum Stamm des Wirtsbaums senkrecht hinunter und wachsen in den Boden. Auf einem Ast fast unsichtbar ein Vogel, der sich in Farbe und Textur komplett dem Baum angepasst hat. Dahinter ein ca. 80 cm großer Bienenstock.

Auf der Rückfahrt im Kanu umflattern uns die ersten Fledermäuse, Glühwürmchen blinkern, wieder lauern Kaimane. Störend die überhellen Lampen unserer Mitreisenden, die völlig sinnlos den Dschungelrand ausleuchten. Zurück auf dem Steg machen wir aber auch unsere Lampe an um zu sehen, wo wir hintreten. Zehn Meter vor uns läuft ein Guide völlig im Dunkeln und findet auch seinen Weg. Jetzt werden die diversen Tiere munter: Frösche in allen Melodien und Tonhöhen, Insekten, Nachtvögel.

Zurück auf dem gleichen Weg wie hin, Abendbrot; Briefing für morgen, dies schreiben und zeitig ins Bett. Morgen müssen wir früh `raus.

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Dienstag, 19. Januar 2021
Ecuador: Kapok-Baum
Der Kapokbaum stammt aus dem tropischen Regenwald Südamerikas und Westafrikas. Mittlerweile ist er in den gesamten Tropen anzutreffen. Er ist lichtbedürftig und benötigt während der Regenzeit eine Niederschlagsmenge von rund 1.000 bis 1.500 mm. Die Kapokfasern haben eine Länge von 10 bis 35 Millimeter. Aufgrund ihres Wachsüberzugs sind sie wasserabweisend und nicht verspinnbar. Ein einzelner Baum liefert pro Jahr ungefähr 20 kg reine Fasern. Sie werden als Füllmaterial für Rettungsringe und Schwimmwesten oder als Polster- und Isoliermaterial genutzt. Die Samen dienen wegen ihres hohen Anteils an fettem Öl zur Herstellung von Seife oder Speiseöl. Aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung wird Kapok auch bei der Wundversorgung verwendet. In der Mythologie der Maya stellt ein Kapokbaum den Weltenbaum dar, ähnlich der Weltenesche Yggdrasil in der nordischen Mythologie. In Erzählungen, die im peruanischen Amazonastiefland verbreitet sind, spielt der Kapokbaum, der dort Lupuna genannt wird, eine wichtige Rolle. Er steht in der amazonischen Mythologie in Verbindung mit Wichten, die nach verschiedenen Überlieferungen im riesigen, oft bauchförmigen Stamm des Baumes leben oder um diesen herumtanzen.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (8)
Achter Tag: Ein Bootsausflug ins Black-Water-Gebiet wird angeboten. Der Pañayacu-Fluss mit seinen vielen Nebenarmen und Lagunen bietet reichhaltig Viehzeug und Gewächse. Alle Arten von Vögeln, Affen, Kleinvieh. Die Guides haben echte Adleraugen, denen kein Tier entgeht. Wenn ein Vogel auffliegt, kommentiert die etwas backfischhafte Engländerin das mit orgasmus-ähnlichen Ausrufen.



Schließlich kommen wir an eine Lagune mit einer Lodge, wo wir zunächst einen Waldspaziergang machen und sehen gewaltige Ameisenstraßen. Die Blattschneiderameisen transportieren Blätter, die ihre eigene Größe deutlich übertreffen. In der Menge und der Länge der Straße sieht das aus wie wandelnde grüne Papier-Fetzen. Blattschneiderameisen fressen nicht selbst die Blätter, sondern zerkauen sie und verwenden sie als Substrat, um darauf einen speziellen Pilz aus der Gattung der Egerlings-Schirmlinge wachsen zu lassen, von dem sie sich ernähren. Da Christiane sich besonders für Vögel interessiert, bedient der Guide sie mit vielen Detailinformationen und Namen.

Diego zeigt uns einen Kapok-Baum mit schrägen Einschnitten in der Rinde. Er macht einen weiteren Schnitt, aus dem eine helle Flüssigkeit austritt. Er fängt einen Tropfen auf, verreibt ihn auf seiner Haut: ein probates Desinfektionsmittel. Sorgfältig verschließt er den Schnitt wieder.

Plötzlich ertönt ein Brüllen, das uns an die Löwen in Etosha (Namibia) erinnert. Diego, der Guide, stockt, fragt uns, ob wir ein Abenteuer mögen. Na klar! Wir müssen ihm möglichst leise folgen. Er versichert, er sei im Dschungel geboren, wir könnten ihm vertrauen. Er hält immer wieder inne, lauscht. Kreuz und quer streifen wir durch den Urwald. Schließlich nähern wir uns der Geräuschquelle: ein Brüllaffe turnt durch die Baumwipfel. Ein relativ kleines Tier - etwa Hundegröße, vielleicht Pudel – macht derartigen Lärm.

Danach gibt’s Lunch in der Lodge, dann Siesta in der Hängematte. Nach einer neuen Fahrt durch das Fluss-System fahren wir zurück zum Schiff.

Heute Abend wollen wir mit einer Flasche Rotwein auf Schwager Volker anstoßen, der nicht mitfahren konnte. Sie soll nach dem Abendbrot und der „Lecture“ geleert werden.

Die Lecture gibt Informationen über das morgige Programm, das vollkommen abweicht von dem im Internet angekündigte. Später erfahren wir, dass das Programm im Internet aus Bausteinen besteht, die entsprechend den Witterungsverhältnissen, der Wassertiefe und Strömung des Napo variiert werden. Im Laufe der Woche haben wir aber alle Bausteine „abgearbeitet“. Auf dem Sonnendeck öffnen und leeren wir die Flasche und formulieren eine Botschaft an Volker.

Nachts gibt es ringsum Wetterleuchten, aber es sind Sterne zu sehen. Morgens und im Laufe des Tages regnet es immer mal wieder, aber nicht stark.

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Montag, 18. Januar 2021
Ecuador: Navigation auf dem Napo
Navigation auf dem Napo hat viel mit Intuition zu tun. Es gibt keinerlei Hilfsmittel wie Bojen, Stangen oder Feuer. Allein die Pfähle, zwischen denen die Fischer ihre Netze spannen, sind sichtbar, müssen umfahren werden und wechseln häufig die Position. Weil nur auf Sicht navigiert wird, kann nachts nur ausnahmsweise und mit der Piroge oder anderen kleinen Booten gefahren werden. Dann haben die Boote ein gelbes Funkellicht an. Die Skipper – egal ob großes Schiff oder Piroge – müssen vor allem ständig Untiefen im Blick behalten und diese vermeiden. Sie sind nur durch die unterschiedliche Wasseroberfläche kenntlich: Kräuselung, Wellen, Strudel, Farbe. Da die Untiefen sich ständig ändern, gibt es keinerlei Routine. Die kleineren Boote haben gelegentlich Grundberührung und müssen mit eigener Kraft wieder frei kommen. Dabei wird der Außenborder schräg angewinkelt, damit die Schraube sich nicht einbuddelt. Für den Laien fahren die Skipper nicht nachvollziehbare Zick-Zack-Kurse. Schwimmende Baumteile sind Hindernisse, die sorgfältig umschifft werden müssen, um Beschädigung des Bootes zu vermeiden. Immerhin entwickeln die Boote mit ihren jeweils zwei Außenbordern mit je 50 – 70 PS ein anständiges Tempo. Hut ab vor diesen Wasserkünstlern.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (7)
Siebenter Tag: Wie gestern Abend baden Gerhild und ich im Pool. Nun sitze ich am Beckenrand und schreibe. Gleich gehen wir frühstücken.

Das Flugzeug, das die Passagiere für das Flussschiff aus Quito bringen soll, kommt erst um 11 Uhr, also müssen wir warten. Wir sitzen am Fluss und lesen. Um ½ 12 Uhr gehen wir an Bord einer Art Piroge mit zwei starken Außenbordmotoren, und es geht in schneller Fahrt flussabwärts. Der Fluss ist überraschend breit, links und rechts ist bereits Dschungel. Wegen der vielen Untiefen und Sandbänke schreibt der Skipper seinen Namen im Kielwasser.

Außer uns vieren sind noch ein junges Paar – Flitterwochen! – aus London und eine Gruppe indischer Amis aus North-Carolina an Bord, zusammen 14 Passagiere. Nach ein-dreiviertel Stunden kommen wir in Providencia an, wo wir auf die „Manatee“ umsteigen. Das Schiff heißt Manatee nach den sogenannten. Rundschwanz-Seekühen, die außer im Amazonas-Gebiet auch im Mississippi vorkommen, also Süßwasser-Tiere sind.



Kurze Begrüßung, dann Mittagessen. Wir wurden „platziert“: Die „Weißen“ sitzen am einen Tisch, die Inder am anderen. An jedem Tisch sitzt ein Guide, der sich bemüßigt fühlt, uns möglichst umfassend zu informieren.

Wir richten uns in der Kabine ein, erkunden das Schiff. Später gibt’s eine generelle Information vom Manager. Dann – man gönnt uns keine Ruhe – eine Notfallübung und es werden Gummistiefel für den Landgang verteilt. Tatsächlich waren die Stiefel nicht nur etwas unbequem und förderten den Fußschweiß, sondern auch überflüssig, weil es relativ trocken war. Immerhin nützen sie u.U. gegen Schlangen, denen ich aber auch nicht begegnet bin. Meine guten, wasserdichten Treckingschuhe hätten es auch getan.

Diego, einer der Guides, erzählt mir später, dass genau diese Gummistiefel, d.h. Produkte dieses Herstellers, in den 70er und 80er Jahren bei den kolumbianischen Guerilleros von FARC, ELN und M-19 äußerst beliebt und daher Schmuggelgut waren.

Dann ist erstmal Ruhe bis zum Abendessen. Unterdessen schippert die „Manatee“ geruhsam stromabwärts. Bisschen ruhen, fotografieren, klönen. Das Schiff macht am Schwesterschiff fest und bunkert Diesel.

Der Abendspaziergang beschert uns die diversen „Urwald-Geräusche“, die ich mit meinem Diktafon, zum Vergnügen von Gerhild, einfange. Allerlei Getier ist zu entdecken: verschiedene Frösche, Spinnen – u.a. eine Vogelspinne – Insekten, die sich durch die hellen Taschenlampen nicht irritieren lassen. Sie verlassen sich auf ihre Camouflage. Es soll nicht geblitzt werden, was ich nicht einsehe, die vielen Handscheinwerfer sind ebenso hell. Also tue ich es doch zweimal. Unterwegs begegnet uns ein junger Indígena, der sich sichtlich gestört fühlt durch die vielen Kameras, die auf ihn gerichtet werden. Absolut indiskret. – Zurück an Bord gehen wir bald ins Bett.

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Sonntag, 17. Januar 2021
Ecuador: Amazonas
Der Amazonas, längster Fluss der Welt, ist mit fast 7.000 km Länge ein gewaltiger Strom, der fast ganz Südamerika von West nach Ost durchquert und in den Südatlantik mündet. Dabei hat er erst 800 km Luftlinie östlich der Pazifikküste seinen Namen und entsteht dort durch den Zusammenfluss verschiedener sogenannter Quellflüsse. In Ecuador entspringen diese in den Ostkordilleren in 4 - 5.000 m Höhe. Diese stürzen zunächst aus großer Höhe – teils in Wasserfällen – talwärts.

Am Fuß der Kordilleren beträgt die Höhe über dem Meeresspiegel nur noch 300 – 500 m. Am Zusammenfluss verschiedener Flüsse entsteht bei Puerto Napo der Fluss gleichen Namens. Wegen des geringen Gefälles breitet sich der Napo hier sehr aus und fließt nur noch mit geringer Geschwindigkeit. Deswegen ist hier die Wassertiefe gering und wechselt ständig. Dazu gehören auch höhere Fluten während der Regenzeit. Die Dörfer an den Ufern sind daher teilweise auf Pfählen gebaut. Der Rio Napo durchquert Ecuador und Peru und mündet nach fast 1.500 km in Brasilien in den Amazonas.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (6)
Sechster Tag: Morgens Frühstück auf der Terrasse. Ane hat Schnittchen vorbereitet und serviert mit Coca-Tee. Die Sonne ist schon richtig warm. Nach dem Frühstück kaufen wir noch etwas ein. Dann geht‘s wieder abwärts Richtung der Kleinstadt Coca. Spärliche Besiedlung, umso reichhaltiger der Bewuchs. Die Ortschaften, eher lockere Ansiedlungen von Holzhütten, sind ärmlich. Gelegentlich Stände für Obst- und Gemüse-Verkauf, aber nicht besetzt.

Zwischendurch gibt`s einen Wolkenbruch, der das Fahren schwierig macht; die Rinnen links und rechts der Fahrbahn gleichen Wildbächen, gelegentlich kommen Erdmassen von den Hängen und verwandeln die Rinnen in gelbe Schlammflüsse. Weiter unten reißen die Wolken auf, aber es ist warm und schwül, wird wohl auch die nächsten Tage so bleiben.

Ich würde wohl gerne öfter anhalten, gucken und fotografieren, aber Rainer will`s hinter sich bringen. Ich habe den Eindruck, dass Christiane und Rainer sich mehr für Natur und Landschaft interessieren. Tue ich auch, aber mein soziales Interesse ist ebenso groß. Aber: für mich ist das alles hier exotisch, während es für Christiane und Rainer quasi der gewohnte Alltag ist. Ich fotografiere in Bremen auch nicht die Leute auf der Straße, es sei denn, ich habe ein sozialdokumentarisches Thema und Interesse. - Der Tisch am Pool in Coca wackelt heftig, hoffentlich kann ich mein Geschmier später noch lesen.

Irgendwann halten wir an einem Lokal, das Ane entdeckt. Es gibt Hühnersuppe mit Yuca. Yuca – nicht zu wechseln mit der Yucca-Palme – ist eine essbare Wurzel, auch Maniok genannt. Dazu ein undefinierbares Getränk, Suppe und Saft tun aber gut. Ich streune und fotografiere, u.a. die Frau, die in der „Küche“ werkelt und einen Mann, der wohl gerade (oder immer?) nichts zu tun hat. Sie lacht und freut sich. Christiane hat den Kontakt auf meine Bitte gemacht. Es gibt auch eine Kokospalme, deren Nüsse auf Augenhöhe hängen. Noch nie gesehen.



Zügig geht’s auf der geraden Straße voran, wir sind jetzt schon in der Ebene des Napo-Gebiets. In Coca kommen wir in einem total heruntergekommenen Hotel unter, es passt zu dem ebenso heruntergekommenen Ort. Aber es herrscht Leben auf den Straßen. Nur die Flaniermeile, der „Malecon“ am Napo ist aufgehübscht mit Kraftmaschinen, Spielplätzen, einer „Ausstellung“ über indigene Völker: eine Reihe von Tafeln mit Bildern von Menschen und einem erklärenden Text auf Spanisch, aber dafür reicht mein Wortschatz nicht.



Wir trinken Kaffee in einem Straßenlokal. Die Serviererinnen bewegen sich mit ihrer absoluten Überbreite geschickt zwischen den Tischen. Christiane erzählt, die fetten Hintern entsprächen so sehr dem herrschen Schönheitsideal, dass sich manche Frauen extra chirurgisch „verbreitern“ lassen.

Nach einigem Suchen finden wir ein Restaurant, wo wir Arroz und anderes essen. Hier ist die Bedienung so zierlich und schlank wie eine Chinesin. Wir schlendern zum Hotel zurück. Ich lege mich hin und schlafe sofort ein, um 20 Uhr. Entweder habe ich jetzt die Zeitumstellung verarbeitet oder reagiere auf`s Klima.

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