Montag, 25. Januar 2021
Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (15)
Fünfzehnter Tag: Etwas ausschlafen. Packen, noch bisschen gammeln und klönen. Mashia und ein anderer Gast outen sich als „deutsch-stämmig“. Der Gast weiß etwas von Otterndorf. Ich erzähle vom Auswandererhaus in Bremerhaven und von der Geschichte meiner Familie mit Amerika. Meine Eltern lebten 1929 – 31 in Kanada und den USA, wo mein Vater Erdöl suchte. Zur Erheiterung trägt folgende Geschichte bei.

Meine Schwester wurde 1931 in Denver/Colorado (USA) geboren. In USA gab es derzeit keine staatlichen Geburtsurkunden, sondern nur eine inoffizielle des Krankenhauses. Ein halbes Jahr später kehrten meine Eltern mit ihr nach Deutschland zurück. Um ein deutsches Dokument zu haben, besorgte sich mein Vater beim amerikanischen Konsulat ein in Deutschland gültiges Dokument. Er legte es auf den Rücksitz des Cabriolets. Wie zu erwarten flog das Papier im Fahrtwind davon.

Bis zu ihrem 18. Lebensjahr besaß meine Schwester formal die deutsche und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Dann hätte sie optieren müssen, um die amerikanische zu behalten, tat sie aber nicht. Anfang der 50er Jahre wollte sie erstmalig ins Ausland reisen. Dazu brauchte man damals noch einen Pass. Die deutsche Passbehörde verlangte eine Geburtsurkunde, die sie nicht hatte. Der Passbeamte bezweifelte zunächst sogar ihre Existenz. Irgendwie kam sie dann aber doch an einen Pass. An der Grenze wollte ein Zöllner wissen, wo denn Denver liege. Geistesgegenwärtig, um weitere Komplikationen zu vermeiden, antwortete der Begleiter meiner Schwester: „Ein kleines Dorf in Pommern.“ Das schien plausibel und war auch nicht so einfach zu überprüfen. Sie konnte ungeschoren weiterreisen.

Um ½ 12 Uhr kommt das Taxi, das uns zum Busbahnhof bringt. Es geht alles seinen Gang. Pünktlich fährt der Bus ab. Später kommt dafür der nächste Schock: jemand hat meine Sachen in der Gepäckablage dicht hinter unserem Sitz durchwühlt, nichts Interessantes gefunden, außer meiner Jacke – die hat er mitgehen lassen. Meine Dummheit: die Sachen oben abzulegen und sie dann aus den Augen zu lassen.

Pünktlich in Quito finden wir den Bus zum Flughafen, der uns aber nicht dort absetzt, wo Ane uns abholen soll. Wir finden nach einigem Hin und Her ein Taxi und kommen an. Rainer ist auf Klassenfahrt, wir essen mit Christiane zu Abend und erzählen.

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Sonntag, 24. Januar 2021
Ecuador: Tourismus
Wie hoch der Anteil des Tourismus an der Wirtschaft bzw. dem Dienstleistungsgewerbe des Landes ist, ließ sich nicht zweifelsfrei recherchieren. Es kommen ca. 200.000 Touristen jährlich nach Ecuador, vorwiegend aus Europa, Nord- und Süd-Amerika, Australien, Asien. Die halbstaatlichen Touristenbüros, Cameras de Turismo, bemühen sich um angemessene Qualität und Preise im Fremdenverkehr. Besonders im Amazonas-Gebiet bemüht man sich um nachhaltigen Tourismus und um ein ökologisches Verständnis für Natur und Umwelt. Dies ist die ausgewiesene Philosophie der Reisegesellschaft „Manatee Amazon Explorer“, die unsere Schiffsreise betreibt.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (14)
Vierzehnter Tag: Beim Frühstück frage ich Mashia, die US-amerikanische Hotelbesitzerin, ob es sinnvoll ist, bei dem Reisebüro einen Teil des Geldes für den Chimborazo-Ausflug zurückzufordern. Sie springt sofort an und geht mit mir dorthin. Der Agent stellt sich erstmal stur und schiebt alles auf den Fahrer und die Guia. Mashia droht damit, die Camera de Tourismo einzuschalten. Da lenkt er ein. Er sagt zu, mit den beiden in einer halben Stunde ins Hotel zu kommen. Kommt aber nicht. Wir wollen noch wandern. Mashia hat die Angelegenheit zu ihrer gemacht und verspricht, sich weiter zu kümmern. „I, me myself!“ Erklärt sie resolut.

Also marschieren wir los. Auf einem sehr steilen Pfad gehen wir aufwärts zum Bellavista, wobei wir reichlich Schweiß vergießen. Oben, beim nachts erleuchteten Kreuz, bietet sich ein weiter Blick auf die umliegenden Berge und die Stadt. Die bedeckt das ganze Tal und ist nicht besonders schön. Dafür lüftet der noch aktive Tungurahua vorübergehend den Wolkenschleier. Rauch oder gar Feuer entdecken wir aber nicht.

Wir laufen wieder etwas hinunter, biegen dann aber links ab auf einen noch steileren Pfad, der uns nach oben zum Café de Cielo führt. Das Café entpuppt sich als Hotelanlage mit Thermalbad. Vier Amis bewundern uns, weil wir zu Fuß ganz von unten gekommen und nicht gefahren sind. Jetzt geht’s in engen Serpentinen abwärts. Unterwegs üppige Vegetation. Dazwischen stehen, etwas traurig, einige Pferde und ein Esel. Auf dem Weg entdecken wir auch Hufspuren: man kann dort auch hinaufreiten. Nach gut drei Stunden kommen wir wieder im Hotel an, ziemlich kaputt und total durchgeschwitzt. Duschen und ausruhen.

Mashia war inzwischen „busy“ und hat eine Anzeige bei der Camera de Tourismo gemacht, weil von der Agentur niemand aufgetaucht ist. Später erscheinen der Fahrer, die Guia und eine weitere Frau, die sich als die eigentliche Chefin erweist. Mashia verhandelt auf Spanisch mit den dreien. Die Chefin lenkt ein, ja, wir hätten Recht, die Guia könne kein Englisch, was Mashia beweist, indem sie mit ihr Englisch spricht. Die Chefin bestellt uns für 7 Uhr ins Büro, das Geld abzuholen. Eine Summe nennt sie nicht, der Camera wurde der Betrag von 50 $ genannt

Wir gehen in die Stadt. Gerhild kauft noch Postkarten und einen Holz-Tukan als Geschenk.
Die Geldautomaten geben nichts her, keine Ahnung warum. Nach etwas Bummeln finden wir uns bei der Agentur ein, wo wir unseren ursprünglichen Agenten treffen. Mithilfe eines Übersetzers fordern wir 50 $, er bietet 30 $, das sei das Honorar für die Guia. Ich erkläre, dass der Preis von 100 $ für den Ausflug viel zu hoch gewesen sei, dass das Mittagessen auch nicht so gut gewesen sei, biete als Kompromiss 40 $ an und drohe ggf. mit einer Info an die Camera.

Es stellt sich heraus, dass er gar nicht genug Geld dabei hat. Er borgt sich von seinem Kollegen 20 $, pult aus seiner Bauchtasche 10 $ heraus und drückt das Geld Gerhild in die Hand. Er verschwindet, um die restlichen 10 $ zu besorgen, und sagt zu, in 20 Minuten zurück zu sein. Nach 35 Minuten – es ist jetzt ¼ vor acht – sage ich dem Kollegen, sein Boss könne uns im Hotel finden. Wenn nicht: Camera de Tourismo!

Gerhild hat resigniert, ich warte erst mal ab. Zurück im Hotel essen und trinken wir etwas. Plötzlich steht unser Mann vorm Fenster, grinst und hat 10 $ in der Hand. Gerhild ist baff. Ich gehe hinaus, er gibt mir den Schein, reicht mir die Hand, lächelt freundlich. Ohne Groll verabschieden wir uns. Das verstehe mal einer! Wir beschließen, das Geld in die Tip-Box zu tun. Wir beenden unser Essen. Ich gebe Mashia Bescheid. Inzwischen hat sich die Angelegenheit beim Personal und einigen Gästen herumgesprochen: zustimmendes Kopfnicken ringsum.

Dann gehen wir ins Bett. Welch ein Tag! Ereignisreich, aber auf einige Ereignisse hätten wir auch gerne verzichtet. Hoffentlich hat das Ganze dazu geführt, dass dieser und alle anderen Agenten fairere Preise und bessere Leistungen bieten. Das war auch Mashias Anliegen, weswegen sie sich so engagiert hat. Sie hätte ja auch sagen können: „Geht mich nichts an.“ – Und ab ins Bett.

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Samstag, 23. Januar 2021
Ecuador: Höhenkrankheit
Die Höhenkrankheit ist bei Bergsteigern und Wanderern gefürchtet. Sie macht sich durch Schwindel, Brechreiz, Müdigkeit und Atembeschwerden bemerkbar. Besonders Menschen mit Atem-, Herz/Kreislauf- oder Nieren-Erkrankungen sind gefährdet. Wer die gebotenen Vorsichtmaßnahmen – Pausen, Trinken und ggf. Umkehren – nicht berücksichtigt, begibt sich in Lebensgefahr. Im Extremfall kann durch Sauerstoffzufuhr oder Medikamente geholfen werden. Die Einheimischen lutschen Coca-Bonbons oder Kauen Kokablätter, seit Jahrhunderten und wohl auch mit Erfolg.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (13)
Dreizehnter Tag: Der Wagen für die Fahrt zum Chimborazo ist pünktlich. Das ist erstmal die letzte gute Nachricht. Das Auto ist ziemlich klapprig, die Sicherheitsgurte funktionieren nicht. Und der englisch-sprachige Reiseführer entpuppt sich als Frau, die kaum zehn englische Worte beherrscht. Mein bisschen Spanisch ist besser als ihr Englisch. Später stellt sich heraus, dass sie zudem keine Ahnung hat. Ihre landeskundlichen Informationen bestehen darin, dass sie auf eine Zementfabrik links hinweist, die wir auch schon gesehen haben, und auf ein Maisfeld rechts, das nicht zu übersehen ist. Dann werden wir in eine öde Markthalle geführt, wo es keinen Kaffee gibt, den wir auch gar nicht haben wollen. Ein kleiner Markt mit Wollsachen begeistert uns wenig. Später in Riobamba muss der Fahrer zehnmal fragen, bis er die richtige Straße findet. Immerhin fährt er ruhig und sicher. So!

Die Fahrt geht über Ambato auf der Panamericana nach Riobamba und hinauf zum über 6.000 m hohen Chimborazo. Der Vulkan hüllt sich erstmal in Wolken. Später liegt zunehmend pappiger Schnee. Plötzlich reißt der Wolkennebel auf und der Gipfel zeigt sich sonnenbestrahlt in seiner ganzen Majestät! Wir springen aus dem Auto, ich fotografiere, wir machen eine kleine Schneeballschlacht. Der Fahrer ist fast außer sich vor kindlicher Freude. Die sog. Fremdenführerin ist schon höhenkrank und leidet still.

Dann ziehen sich die Wolken wieder zu. Weiter geht’s auf der holprigen Piste bis zur Einfahrt zum Naturschutzgebiet auf ca. 3.000 m. Hier spüre ich einen leichten Schwindel, der sich aber wieder legt. Wir werden registriert, geben einen Kaffee aus und fahren bis zur Schutzhütte. Die Guia verzieht sich frierend. Gerhild und ich gehen weiter nach oben, bis Gerhild zu schwindlig wird und umkehrt. Ich gehe weiter, kehre aber ca. 100 m unter der 2. Schutzhütte auf 5.000 m um, weil Gerhild sich vielleicht sorgt und wartet.

Unten treffe ich ein junges Paar. Weiter oben hatte sie schon schnaufend am Wegesrand gesessen und er hatte mir einen Caramelo, ein Karamell-Bonbon geschenkt. Wir kommen ins Gespräch. Er ist bereits um die halbe Welt gereist, war ein Jahr in USA, auch schon in Europa. Diese Jugend!

Etwas über der Schutzhütte sind ein Denkmal und mehrere kleinere Gedenksteine für die Opfer des Berges, die an Herzschlag und Atemnot gestorben sind. Gut dass ich es überlebt habe. Bin aber auch sehr bedächtig gestiegen, immer wieder stehen geblieben, bis Pulsfrequenz und Atmung wieder normal gingen.

Wir fahren abwärts durch treibenden Nebel, mal dichter, mal lichter. Einmal sehen wir eine kleine Herde Vicuñas neben dem Weg. Weiter unten gibt’s eine spektakuläre Schlucht, interessante Aufschlüsse, Ackerbau zu besichtigen. Der Fahrer hat inzwischen die Rolle der Guia übernommen, die Frau hat resigniert.

In Riobamba ist Jahrmarkt. Wir werden animiert, in einem albernen Boot auf einem künstlichen See zu fahren. Abgelehnt! Jetzt werden wir langsam sauer und dringen darauf, das vereinbarte Lunch zu bekommen. Der Fahrer hat keine Ahnung, dass ein Lunch verabredet war, merkt wohl langsam, dass es brenzlig wird. Er lotst uns zu einer Garküche, wo wir ein „Arroz“ mit trockenem Reis, Pommes, etwas Gemüse, das wir nicht kennen, und einem Stück Huhn serviert bekommen. Als Getränk gibt es eisgekühlte Kokosmilch – sehr lecker! Ein ziemlich unansehnlicher Hund mit traurig-schönen Augen lauert neben dem Tisch auf die Knochen, die er auch bekommt.



Über eine Nebenstraße fahren wir durch eine wunderschöne Landschaft in einem Tal. Rechts zunächst der Altar mit 5.319 m Höhe, dann der Tungurahua mit 5.023 m, meist in Wolken, hin und wieder zeigen sie auch ihre Gipfel. Die Straße ist weitgehend nagelneu in prima Zustand und auf der Karte von 2014 nicht zu finden.

Gegen 17 Uhr sind wir wieder im Hotel. Wir verabschieden uns kurz und kühl und überlegen, ob wir morgen einen Teil des Geldes vom Agenten zurück verlangen sollen.

Um 18 Uhr gehen wir ins Thermalbad. Es ist proppenvoll, so dass ich bald wieder `rausgehe. Ich habe meine Badewanne lieber für mich alleine, ist sowieso nicht mein Ding. Gerhild bleibt etwas länger, sie findet es gut. Freut mich!

Abendbrot im Hotel, das jetzt fast ganz in deutscher Hand zu sein scheint. Eine Gruppe von ca. acht Personen und außer uns noch zwei Paare. Wir gehen früh ins Bett.

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Freitag, 22. Januar 2021
Ecuador: Christianisierung und Kolonisation
Christianisierung und Kolonisation Ecuadors gingen seit Anfang des 16. Jh. Hand in Hand. Bereits die ersten „Entdecker“ nahmen die Besatzung eines Bootes von Indígenas gefangen, zwangen sie, ihnen als Sprachmittler u.a. bei der „Mission“ zu dienen. Schon 1534 wurde die erste Kirche geweiht, zehn Jahre danach das Bistum Quito gegründet. Seit 1863 ist der Katholizismus Staatsreligion. 1904 wurde die Kirche dem Staat unterstellt. Ca. 90% - die Zahlen schwanken je nach Quelle, teilweise innerhalb einer Quelle – der Ecuadorianer sind katholisch. Protestanten sind eine Minderheit. Eine Besonderheit ist die Geschichte der Jesuiten, die 1540 päpstlich als Orden anerkannt wurden und sehr früh an der Christianisierung und Kolonialisierung Ecuadors beteiligt waren. Sie kümmerten sich neben der Missionierung um Bildung in Schulen und Universitäten um Wirtschaft und Agrikultur. Die Kolonialbürokratie war primär gewinnorientiert ohne den „Sozialklimbim“ und sanktionierte den Orden 1767 durch einen Befehl des spanischen Königs. Die Jesuiten wurden enteignet, ausgewiesen bzw. verbannt. Neben dem Christentum, teils zugleich, gibt es ungezählte Anhänger von einer Naturreligion, überwiegend oder ausschließlich unter den Indígenas vorwiegend im Amazonasbecken. Die kulturelle Zusammengehörigkeit der Quechua basiert auf der Sprache und der gemeinsamen Weltanschauung. Diese besteht aus einem harmonischen Welt-Verständnis, der Harmonie zwischen Universum, Erde und Mensch sowie zwischen Erde und Himmel, hoch und tief, kalt und warm. So Volker Feser in dem Reiseführer „Ecuador“.

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Ecuador: Indígenas
Die Ureinwohner Südamerikas werden Indígenas genannt. Sie sind indianischen Ursprungs, mögen den Begriff Indios aber gar nicht. Im Gebiet des Rio Napo besteht die größte Bevölkerungsgruppe aus Quechua, deren Sprache in dieser Region auch die lingua franca, die Umgangssprache, ist. Daneben gibt es aber eine große Zahl kleinerer Ethnien mit eigenen Sprachen, teilweise eigener Kultur und Vergangenheit. Neben den nur 10% Weißen, d.h. ehemals Europäern, gibt es eine Minderheit von 5% Afroecuadorianern und anderen farbigen Menschen. Seit der Kolonialisierung im 16. Jahrhundert bilden die Weißen die kulturelle und wirtschaftliche Oberschicht. Nur sehr langsam bekommen die Indígenas vor allem durch verbesserte Bildungschancen größeren Einfluss. Aber weiterhin sind die USA kulturell und wirtschaftlich relativ dominant.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (12)
Zwölfter Tag: Vorläufig letzter Tag mit Christiane und Rainer. Sie helfen uns erst noch mal im Reisebüro: Kaskaden-Tour heute, Ausflug zum Chimborazo, Rückfahrt nach Quito. Dann verabschieden wir uns bis Dienstag.

Gerhild und ich beginnen die Kaskaden-Tour auf einem offenen Lastwagen, einem „Chiva“: es ist eigentlich eine Verkaufstour für diverse Aktivitäten am Rio Pastaza: eine Gondelfahrt, Canopy genannt, über die Schlucht in ziemlichem Tempo für 1,50 $, wo man an einem Drahtseil quasi fliegend die Schlucht quert; haben wir nur zugeguckt. Und schließlich die imposante Cascada Pailón del Diablo (1,50 $ lohnt sich wirklich!). Am Kraftwerk fahren wir vorbei, aber es sind nach dem Starkregen – von gestern Abend bis heute Mittag – zwei Tore geöffnet, aus denen Wassermassen schießen. Ein Teil des Wassers läuft durch ein dickes Rohr über eine Turbine.

Der Fahrer des halboffenen Chiva nagelt mit hoher Geschwindigkeit durch die Landschaft, liefert sich mit anderen Bussen Rennen und überholt waghalsig. Man muss schon sehr aufpassen, wenn man trotzdem was von der beeindruckenden Landschaft sehen will. Hinter dem Fahrerhaus laufen auf einem Monitor Musik-Videos, überwiegend Rap-Verschnitt mit ewig gleichem Beat und einfallsloser Melodik. Die Bilder offen sexistisch, aber in rasenden Bewegungen, Einstellungen und Schnitten, die permanent im Stadium der Vorlust verharren. Meine Bitte, den Krach leiser zu machen, blieb wenig erfolgreich. Wir haben uns die Rosinen aus der Veranstaltung gepickt und sie genossen.

Danach gehen wir in die dominikanische Basilika, wo gerade eine Messe stattfindet. Auch mal interessant, wenn auch unspektakulär. Die Kirche ist mehr als halbvoll, es gibt ein ständiges Kommen und Gehen. Wir sind wohl die einzigen „Gringos“. Kinder spielen zwischen den Bänken. Familien kaufen Kerzen, um sie später anzuzünden.



Die ganze Chor-Rückwand wird von einem großen Altarbild eingenommen. Viele Mariendarstellungen, aber kein Kruzifix. Auch die Heilwunder-Quelle des Ortes heißt nach Maria „Bano de la virgen“. Ich habe gelesen, dass der gekreuzigte Jesus keine Identifikationsfigur in der Mission war, weil er als Loser empfunden wurde.

Durch Johann Gottfried Seume habe ich erfahren, wie wichtig Bildung für erfolgreiches Reise ist. Er beherrschte bereits mit neunundzwanzig Jahren mindestens sieben alte und moderne Sprachen, kannte sich bestens in der antiken Mythologie, der Geschichte und im Militärwesen aus, verfolgte und kommentierte das aktuelle Geschehen kenntnisreich und intelligent. Sein „Spaziergang nach Syrakus“ von 1802 war eine Bildungsreise: was er bereits wusste, wurde anschaulich, was er nicht wusste, erfuhr er neu. So muss man reisen: gut vorbereitet, umfassend gebildet, mit offenen Sinnen und neugierig auf Unbekanntes!

An den Wänden großformatige Gemälde mit Vulkan-Ausbrüchen, Bränden, Überschwemmungen, aber auch idyllische Landschaftsbilder und eine Darstellung des „Canopy“. Die gerade Holzdecke ist verziert. Insgesamt macht die Kirche einen harmonischen Eindruck.



Ein Kaffee und ein Stück Kuchen im dänischen Café stärken uns. Einen guten Kaffee zu bekommen, ist in Ecuador nicht einfach. Die Ecuadorianer trinken traditionell keinen Kaffee: sie glauben, dass man davon inwendig schwarz wird. Für ein Land erstaunlich, das immerhin, wenn auch in bescheidenem Umfang, Kaffee exportiert.

Zurück im Hotel bereiten wir den morgigen Ausflug vor, und ich schreibe. Dann `runter zum Abendessen.

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Donnerstag, 21. Januar 2021
Ecuador: Cimborazzo
Der inaktive Vulkan Chimborazo, ist mit 6.263 m Höhe über dem Meeresspiegel der höchste Berg in Ecuador. Sein Gipfel ist einer der vom Erdmittelpunkt am weitesten entfernten Punkte der Erdoberfläche. Bereits Ende 16., Anfang 17. Jh. werden schwere Erdbeben und Vulkanausbrüche z.B. beim Cotopxi und beim Pichincha dokumentiert. Die Stadt Latagunga wurde in 50 Jahren 3x zerstört. Etwa 30 Vulkane in Ecuador sind aktiv. Die Ursache: die submaritime Nazca-Platte unter dem Pazifik schiebt sich mit einer Geschwindigkeit von 9 cm/Jahr in östlicher Richtung unter die leichtere südamerikanische Kontinentalplatte, die sich mit 5 cm im Jahr westwärts schiebt. Ähnliches passiert rund um den Pazifik: der sog „Feuergürtel des Erde“ entlang den beiden Amerikas, den Aleuten, der Kamtschatka-Halbinsel, Japan und Ozeanien. Bereits vor 650 Mio. Jahren geschah das Absinken der Nazca-Platte, „erst“ seit 65 Mio. Jahren falten sich die beiden Kordilleren in Südamerika ebenso wie die Rocky Mountains in Nordamerika auf. Während der höchste Berg in den „Rockies“, der Mount Elbert in Colorado, „nur“ 4.401 m hoch ist, steht in Südamerika ein 5- neben dem anderen 6-Tausender. Hier ist der höchste Berg der 6.961 m hohe Aconcagua in Argentinien. Die Verschiebungen der Platten besonders die sog. Subduktion, also das Unterschieben der maritimen Platte unter die kontinentale, verursacht Brüche, Deformationen, Kollisionen, die sich wiederum an der Erdoberfläche als Erdbeben bemerkbar machen. Gehen die Brüche besonders tief, drängt Magma, also das flüssige Erdinnere, unter großem Druck nach oben, durchbricht die Erdkruste und kommt als Vulkan ins Freie. Dabei werden große Mengen von sehr heißem, glühendem Magma, Gas, Hitze, Gestein, Asche in große Höhen geschleudert. In unmittelbarer Nähe des Austrittslochs entsteht ein kegelförmiger Berg mit einem Krater in der Mitte. Bei den aktiven Vulkanen wie dem Tungurahua entweicht ständig Gas, Dampf, Erde. Das Leben in unmittelbarer Nähe wie in Baños ist daher nicht ungefährlich.

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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (11)
Elfter Tag: Wieder ist um 6 Uhr Wecken, Frühstück, 7.15 Uhr fährt die Motor-Pinasse los und bringt uns bis Coca, wo wir in unser Auto umsteigen und zügig bis fast ganz nach Baños durchfahren. Von 200 m Höhe „klettern“ wir dabei auf 1.800 m. Einmal machen wir kurz Rast und essen eine Suppe. Ein zweiter Halt in Archidona, wo wir einmal um die Plaza bummeln und einen kurzen Blick aufs Gelände der katholischen Schule werfen.



In Puyo besuchen
wir einen Laden, wo es Balsa-Holz-Artikel gibt. Die Figuren sind kunterbunt bemalt, von Balsa also nichts zu sehen. Viel religiöser und folkloristischer Kitsch. Alles Sachen, die niemand braucht. Kunden sind beinahe ausschließlich ausländische Touristen. Zu allem Überfluss fällt mir ein Brillenglas aus dem Rahmen und zerschellt!

In Baños kommen wir im Hotel „Posada del Arte“ unter, wo Rainer Zimmer für uns reserviert hat. Leider bekommen wir kein Essen, beschließen also, in eine Pizzeria zu gehen. Während des Essens wird auf der Plaza ein Feuerwerk abgebrannt. Am Nachmittag hatte es schon mehrfach gerumst. Erst dachten wir an Schüsse, dann an kleine Eruptionen des Tungurahua, des über 5.000 m hohen Vulkans direkte über Baños. Nach dem Essen schlendern wir noch über die Plaza, wo eine Bühne mit einer Band aufgebaut ist. Rechts am Bühnenrand steht eine Heiligenfigur, wohl Maria. Die Kirche ist hell erleuchtet und offen. Vor der Bühne stehen vorwiegend ältere Leute, teilweise traditionell gekleidet. Einige tanzen locker im Rhythmus. Ist vielleicht die Kirchweih. Auffällig die Verbindung von weltlichen und klerikalen Elementen. Wir trinken noch einen Absacker im Hotel und gehen ins Bett.



In Baños fallen an den Straßenecken Schilder auf mit Hinweisen auf Schutzräume bei einem Vulkanausbruch. Der Ort liegt in 1.800 m Höhe auf einem tischebenen Talvorsprung zwischen hoch aufragenden Bergrücken. Von der Panamericana bei Ambato – 2.570 m hoch über die östliche Kordillere kommend - erreicht man den Ort durch ein Tal, das sich hinter Baños nach Osten abfallend fortsetzt. Der direkt neben dem Ort steil aufragende Vulkan Tungurahua ist aktiv. Bei gutem Wetter kann man von einem bestimmten Ort nördlich der Stadt seinen rauchenden Krater sehen. Die Gefahr des Ausbruchs ist allgegenwärtig. Daher die Hinweisschilder. An jedem Punkt des Ortes kann man ablesen, wo und wie weit der nächste Schutzraum ist. Mich erinnerte das an die Mauerzeichen „Luftschutzraum – LSR“ nach dem 2. Weltkrieg. Die ständige Bedrohung hat schon etwas Unheimliches.

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