Mittwoch, 10. Mai 2023
Bayrische Hochschulpolitik vordemokratisch
Allgemeine Studenten-Ausschüsse (ASTA) und Studentenparlamente (verfasste Studentenschaft) sind Erfindungen der frühen Bundesrepublik. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereich sollten demokratische Strukturen in den Universitäten eingebaut werden. Anfangs beschränkte sich die Tätigkeit der Studentenparlamente und ASTEn auf die Wahrnehmung sozialer Interessen der Studierenden.

In den 60er Jahren wurden die Studies politischer, ein Höhepunkt wurde 1968 erreicht. Die universitären Gremien, in denen Studierende Einfluss hatten, wurden aktiver, also auch die ASTEn und Parlamente. Daneben bekamen basisdemokratische Formen zunehmend Einfluss – Vollversammlungen aller Studies von einzelnen Instituten, Fakultäten und ganzer Universitäten. Die universitären Strukturen wurden ausgebaut, z.B. durch angemessene Beteiligung aller – Studierende, sog. Mittelbau, ProfessorInnen. Das passierte mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen an allen Universitäten der Republik.

Kontrovers wurde die Frage diskutiert, ob die ASTEn sich nur mit studentischen bzw. universitären Fragen befassen durften, oder darüber hinaus auch mit allgemein-politischen Themen. Die Trennschärfe dazwischen ist nicht immer groß. Ist die Stellungnahme eines ASTA zum Haushalt eines Bundeslandes allgemein oder universitär? Immerhin war darin auch der Posten „Hochschulen“ enthalten. Der ging natürlich die Studieren existenziell an, war aber zugleich eine allgemein-politische Frage.

Das Land Bayern löste das Problem pragmatisch. 1974 wurde auf Initiative des Kultusministers Hans Maier die verfasste Studierendenschaft qua Landesgesetz verboten, man wolle „den linken Sumpf an den Unis trockenlegen“.
Will nur spielen:..

Das scheint bis heute zu gelten und – was schlimmer ist – zu funktionieren. Eine studentische Initiative der Münchner Uni – „Referat gegen Faschismus“ – plante eine Veranstaltung zur sozialen Lage der Studierenden. Sie bekam keinen Raum zur Verfügung. Eine spontane Hörsaalbesetzung Besetzung wurde durch die Androhung eines Polizeiansatzes rigoros verhindert.

Bayern steht also treu in der Tradition von vor 1949, bevor die verfasste Studentenschaft angedacht und realisiert wurde. Man kann gespannt sein wie – wenn überhaupt – der Konflikt weitergeht.

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Nanu: Polizist vor Gericht?
In Göttingen steht ein Polizist vor Gericht, angeklagt wegen Körperverletzung. Er hat laut Staatsanwaltschaft unverhältnismäßige Gewalt bei einer Kontrolle (!) eines jungen Mannes angewandt. Der Vorgang ist durch ein im Internet verbreitetes Video sowie Bodycam-Aufnahmen dokumentiert. Über den Prozess vor dem Amtsgericht wird überregional von dpa berichtet.

Nun fragt sich der kritische Zeitungsleser, wieso ein lokaler Prozess eine derartige Öffentlichkeit erfährt. Die Antwort: Die Polizei und unangemessenes polizeiliches Handeln stehen aktuell im Fokus der Öffentlichkeit. Die Kritik lautet u.a., dass die Taten von Polizisten selten oder nie zur Anklage kommen. Aussagen der Betroffenen werden unterbewertet, die der beteiligten Polizisten überbewertet, die ihre „KollegInnen“ regelmäßig entlasten (Chorgeist).
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Dem soll wohl jetzt gegengesteuert werden, indem ein fast schon banal zu nennender Fall breit publiziert wird.

Die statistischen Fakten sprechen eine deutliche Sprache. Anzeigen gegen Polizisten nehmen zu: 2020 gab es 4.565 Anzeigen, 2022 waren es schon 5.252, im Durchschnitt der letzten Jahre waren es 4.400, wie gesagt mit steigender Tendenz. Was die Statistik nicht verrät („dazu gibt es keine Zahlen“): Fast alle Anzeigen kommen gar nicht erst zur Anklage, noch weniger führen zu Verurteilungen. „Dabei kam es am Ende (…) selten zu einem Strafverfahren oder (…) zu einer Verurteilung“. (statista.com).

Da macht es sich natürlich gut, EINEN von tausenden Fälle zu präsentieren. Der Ausgang des Göttinger Verfahrens ist offen, ob es zu einer Verurteilung kommt, ebenso.

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Dienstag, 9. Mai 2023
Millionär trotz oder wegen Corona
Die Zahl der Millionäre steigt seit Jahren, bzw. seit Jahrzehnten kontinuierlich an, umgekehrt nimmt die Armut weiter zu.

Allein im Jahr 2019 gab es im Vergleich zum Vorjahr 1.200 Einkommensmillionäre oder 4,6% mehr davon. Wohlgemerkt das war vor der Pandemie. Neuere Zahlen deuten darauf hin, dass es in der Pandemie eine überdurchschnittliche Zunahme gab. Man spricht in Analogie zu Kriegsgewinnern von Coronagewinnern.

Die absoluten Zahlen für das Jahr: Es gibt in Deutschland 27.000 steuerlich erfasste Einkommensmillionäre. D.H., dass diese Menschen jährlich eine Million und mehr Euro einnehmen. Die Formulierung „Steuerlich erfasst“ lässt die Vermutung zu, dass es darüber hinaus Millionäre gibt, die von der Steuer nicht erfasst werden, also Steuern hinterziehen.

Nur mal so ein Beispiel: Susanne Klatten, geb. Quandt, verfügt über ein Vermögen von 30 Milliarden US-Dollar (laut Forbes). Das ist ungefähr so viel, wie der Staatshaushalt von Ecuador beträgt. So viel Geld kann niemand mit eigener Arbeit verdienen.. Wert 31. Mrd. €

Es resultiert aus der Arbeit von tausenden ArbeiterInnen (u.a. bei BMW), die den Mehrwert schaffen, der von der Familie privat angeeignet wird. Und sie ist nur EINE aus der Familie Quandt, deren Mitglieder sämtlich über ähnlich hohe Vermögen verfügen.

Wie nicht anders zu vermuten konzentrieren sich Einkommensmillionäre in den Großstädten, allen voran Hamburg mit 12 Millionären pro 10.000 Einwohnern. In ganz Bayern sind es 9 auf 10.000, selbst im „armen“ Bremen sind es noch 6 pro 10.000 (in absoluten Zahlen: 193). Gleichzeitig führt die Hansestadt in der Statistik der ärmsten Länder. Hier ist also die Spanne zwischen extrem reich und extrem arm am größten.

Wird Zeit, etwas wirklich Wirksames dagegen zu unternehmen. Wie wär’s mit einer Reichensteuer oder Vermögenssteuer, höherer Erbschaftssteuer, nur um mit Umverteilung zu beginnen. Und raune jetzt niemand wieder von einer „Neiddebatte“! Es geht nicht darum, einzelne Menschen zu enteignen, um deren Vermögen einzelnen Armen zukommen zu lassen. Es geht darum, den gesellschaftlich produzierten Reichtum der Gesellschaft wieder zuzuführen, die ihn erwirtschaftet hat. Denn Reichtum entsteht, indem Mehrwert gesellschaftlich produziert, aber privat angeeignet wird.

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Montag, 8. Mai 2023
Söder, Fürst von Bayern
Fürst Markus Söder ließ sich am Wochenende von seinem CSU-Parteivolk auf den Schild heben. Er stellte sich zur Wiederwahl als Parteivorsitzender. Wer bisher noch an demokratische Verhältnisse im Freistaat glaubte, musste sich jetzt eines Besseren belehren lassen.

In der Demokratie werden Wahlen geheim sowie nach allen anderen Regeln gewählt. Fürst Söder wollte es anderes. Die Wahl erfolgte offen, sogar bei Beteiligung der Öffentlichkeit in Form des Fernsehens. Die Delegierten musste ihre blaue Stimmkarte zur Zustimmung heben. So konnte genau kontrolliert werden, ob jemand sich etwa enthielt oder gar gegen Söder stimmte. Das Ergebnis spricht Bände: 100 (in Worten einhundert) Prozent Zustimmung für den Fürsten!

Das übertrifft noch die Wahlergebnisse in der früheren DDR, wo die Wahlen meist mit unwahrscheinlichen 98% für die SED ausgingen.

Dass die Bayern sich nicht schämen, selbst die zweite Diktatur in Deutschland noch in den Schatten zu stellen. Wer versteht denn die Bayern, zumal wenn der Dialekt noch dazukommt.

Sollte Söder auf die Idee kommen, je als Bundeskanzler zu kandidieren, müssen wir uns auf allerhand gefasst machen!

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Freitag, 21. April 2023
Kreml dreht wieder am Rad: Rechts-Links-Querfront geplant
Lenin prägte den Begriff „nützliche Idioten“, damit waren sog. „fortschrittliche Menschen“, vor allem Intellektuelle, gemeint, die für die Ziele und Aktionen der KPdSU eingespannt wurden.

Putin folgt auch in dieser Hinsicht dem großen Vorbild aus der Sowjet-Zeit. Jetzt fand die Washington Post interne Dokumente, aus denen hervorgeht, dass der Kreml seit Monaten an der Unterstützung der neuen deutschen „Friedensbewegung“ arbeitet.

Dadurch erhoffe man sich eine Abschwächung der europäischen Unterstützung für die von Russland überfallene Ukraine. Ziel sei - so die Zeitung – die Konstruktion einer Querfront aus AfD-Anhängern und Anhängern der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Die Dokumente sollen detailliert schildern, dass hochrangige Beamte aus dem Kreml und politische Strategen die Bemühungen in Deutschland planen.

Erwartungsgemäß wird alles von Wagenknecht und der AfD dementiert. Mag sein, dass sie nichts von den Vorgängen wissen. Woher sollten sie denn auch? Der Kreml wird sie nicht in seine Pläne eingeweiht haben. Das würde nur für die Diskretion der Russen sprechen und – ehrlich gesagt – ganz absurd scheint die Sache nicht zu sein. Erinnert sei nur an die US-Wahl 2016, aus der Trump als Sieger hervorging. Da hatten die Russen auch erheblich am Rad gedreht.

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Hase und Igel beim Konsum
Wir alle kennen das: Der Scherkopf vom Trockenrasierer ist beschädigt. Ersatz gibt es nicht, also muss ein neuer Rasierer her. Für den Nassrasierer gibt es keine Klingen mehr. Die Fernbedienung des CD-Players gibt seinen Geist auf. Mit großen Mühen wird übers Internet ein Ersatz besorgt, der aber nicht alles kann, was sein Vorgänger konnte. Die Spezialbatterie eines Elektro-Kleingeräts haucht ihren Geist aus. Ersatzbatterie? Gibt’s nicht. Das Gerät ist dadurch nutzlos.

Jetzt will die EU-Kommission Abhilfe schaffen: Ein Gesetz soll dem Verbraucher ein „Recht auf Reparatur“ verschaffen.

Aktuell gibt es – und darauf bezieht sich die Kommission u.a. – Lampen mit eingebauten LEG-Leuchten – Schreibtisch- oder Nachttisch-Lampen, Stehlampen fürs Wohnzimmer. Wenn die LED-Leuchte kaputt geht, ist die Lampe wertlos. Z.B. bei Fahrrädern: die neuen Scheinwerfer und Rückstrahler halten 10.000 km. Dann ist ein kompletter, neuer Satz fällig.

Eigentlich gab es das immer: Automotoren waren so auf Verschleiß gebaut, dass sie nach einer bestimmten Laufzeit den Geist aufgaben, meist bei 100.000 km, z.B. beim VW-Käfer. Karosserien hatten Schwingungsbäuche, an denen sie durchrosteten. Dagegen wurde gesetzlich vorgegangen. Dann wurden Saison für Saison neue Modell auf den Markt geworfen, die immer kompliziertere Aggregate hatten, von denen jedes Teil einzeln kaputt ging. Was früher repariert wurde, wird heute einfach und teuer ausgetauscht. Der alte KFZ-Mechaniker ist heute Teilewechsler.

Worum geht es im Grunde? Der Konsum soll im Namen des Profits angekurbelt werden. Marx hat das schon beschrieben. Weil die Profitrate tendenziell sinkt, müssen immer neue Waren auf den Markt, ob die Verbraucher sie brauchen oder nicht. Dass sie sie brauchen, wird ihnen durch Marketing- und Werbe-Kampagnen suggeriert.

Verbraucherschützer und Gesetzgeber hecheln immer wieder dem „technischen Fortschritt“ hinterher, ohne ihn je einholen zu können.

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Sonntag, 16. April 2023
Mit Söder zurück ins letzte Jahrhundert
Der 15. April 2023 war der Tag, auf den wir, die Anti-AKW-Bewegung, ein halbes Jahrhundert hingearbeitet haben. Die letzten drei AKWs der Bundesrepublik wurden gestern vom Netz genommen.

Es ist zugleich der Tag, an dem der bayrische Ministerpräsident erklärte, dass die Politik sich die Option offen lassen müsse, wieder in die Atomwirtschaft einzusteigen. Söder, der starrköpfige Wendehals, hatte sich noch vor einigen Jahren als deren Gegner geoutet. Zugleich hat er sich bisher erfolgreich gewehrt, in Bayern Windräder, sogar die Verlegung von Kabeln von Nord nach Süd zuzulassen, die den günstigen Windstrom aus Schleswig Holstein nach Bayern befördern. Vehement weist er den Gedanken zurück, in Bayern ein Atomendlager anzulegen.

Und zur Erinnerung: Atomstrom machte zuletzt ca. 6% der Gesamtproduktion aus. Das ist der ungefähre Stimmenanteil der FDP bei letzten Umfragen, der Partei, die ebenfalls bis zuletzt für den Weiterbetrieb der AKWs stritt. Die Lücke beim Strom lässt sich schnell durch Erneuerbare schließen. Das dürfte der FDP nicht so leicht gelingen.

Söder will zurück ins letzte Jahrhundert. Gegen die Meinung großer Teile der Wirtschaft und der Wissenschaft. Der frühere Chef der RWE vertrat schon 2020: „Warum soll man Milliarden Euro in eine Technologie investieren, bei der die Kilowattstunde Strom mindestens 10 Cent kostet, wenn es mit Windkraft schon für 4 Cent geht? Das leuchtet mir nicht ein.“

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Atom-Strom gegen erneuerbaren
Die Tage und Wochen vor dem 15.4., dem Tag des Abgesangs auf die Atomenergie, kochten über von Kontroversen zwischen Gegnern und Befürwortern des Irrwegs. Ein Vorwurf an die Atom-Kraft-Gegner lautete, sie hätten die Erneuerbaren vernachlässigt. Das ist schlicht Quatsch. Zwei Beispiele mögen das illustrieren.

1977, im Jahr der ersten großen Demo gegen das AKW Brokdorf, installierten zwei Wissenschaftler der Bremer Uni auf dem Dach des GW 2 einen Rotor, den Prototyp einer Windkraftanlage. Damit sollte demonstriert werden und wurde bewiesen, dass Wind Strom produzieren kann. In Norddeutschland keine Sensation, denn die Müller mahlten seit Jahrhunderten das Mehl mit Windmühlen. Die ersten Elektriker waren daher auch ehemalige Müller.

Im gleichen Jahr 1977 fand das erste Anti-AKW-Lager bei Gorleben statt. Die Pfadfinder, Initiatoren des Lagers, präsentierten im Juli auf dem Gatower Markt eine Anlage, mit der aus Schweinemist Gas gewonnen und Wasser erhitzt wurde. Nachweislich hat anschließend ein Bauer so eine Anlage auf seinem Hof installiert. Dass daraus die überdimensionierten Biogas-Anlagen entstanden, mit Raps und anderen Getreiden befeuert, war nicht die Absicht. Ausdrücklich sollte nur Mist verwendet werden.

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Samstag, 15. April 2023
Schwestern im Geist und im Geld
Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht sind Schwestern im Geist. Unlängst machten sie sich für Friedensverhandlungen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stark und versammelten einige tausend DemonstrantInnen vor dem Brandenburger Tor zur Verkündung ihrer Botschaft. Leider konnten sie nicht sagen, wer mit wem zu welchen Bedingungen, wo und mit welchem Ergebnis verhandeln sollten. Großzügig liberal ließen sie zu, dass sich allerlei obskure Kräfte – wie QuerdenkerInnen und Rechtsextreme – ihren Forderungen anschlossen. (s. miniaturen 13.02.23 „Keine Angst vor Putins Hund“)

Die Schwestern im Geist sind zugleich Schwestern im Geld und treffen sich imaginär in der Schweiz. Schwarzer verdiente mit „Emma“, Büchern und Vorträgen einst so viel Geld, dass sie eine Viertelmillion € an der deutschen Steuer vorbei in der Schweiz (!) verstecken konnte. (s. miniaturen 03.12.22 „Alice Schwarzer wird 80“)

Wagenknecht verdiente allein mit ihrer Abrechnung mit der Linken und ihrer Partei, dem Buch „Die Selbstgerechten“, bis einschließlich 2021 eine dreiviertel Million €; aktuelle Zahlen liegen nicht vor, aber Millionärin dürfte sie sein. Dazu hielt sie hochdotierte Vorträge vor wirtschaftsliberalen Schweizer Geldgebern. Nicht schlecht für eine „linke“ Politikerin, die gerne das soziale Elend der unteren Schichten beklagt und sich wortreich vom modernen „Life-Style“ distanziert. Am Ende der DDR trug sie noch Rüschenblusen, jetzt kleidet sie sich in eleganten Kostümen. Das unterscheidet sie von Schwarzer, die wallende Roben bevorzugt.

Wagenknecht ist übrigens wohl die einzige Linken-Bundestagsabgeordnete, die neben ihrer Diät so viel Geld verdient. Nur 18% ihrer FraktionskollegInnen haben überhaupt Nebeneinkünfte. Genau wie die Grünen (20%). Richtig Kohle machen die FDP-Abgeordneten mit 40%, knapp gefolgt von CDU/CSU mit 39%. Mit Abstand dahinter die SPD – 31% .

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Dienstag, 11. April 2023
Frieden schaffen – aber wie?
Wir standen mitten im kalten Krieg, die Kuba-Krise war gerade überstanden, als ich biografisch vor der Entscheidung stand: Bundeswehr oder Kriegsdienstverweigerung. Damals galt die Alternative: Die Bundeswehr sollte einen Krieg durch Abschreckung, die Ostermarschieren wollten ihn durch Verweigerung verhindern. Ich entschied mich für Abschreckung, verpflichtete mich als Zeitsoldat und verließ die Armee als Reserveoffizier. Und die Abschreckung schien auch zu funktionieren.

Jahre später, 1990, gab es die Sowjetunion nicht mehr, der kalte Krieg schien beendet, als ein neuer Feind entdeckt wurde: Radikalislamische Kräfte im Nahen Osten. Während der Auseinandersetzung zwischen Iran und Irak setzte Deutschland erstmalig Soldaten im Ausland ein. Raketenstellungen wurde in der Türkei an der iranischen Grenze stationiert. Das war für mich die rote Linie. Ich verweigerte den Kriegsdienst nachträglich mit einer explizit politischen Begründung. Ich bin seitdem staatlich anerkannter Kriegsdienstverweigerer, ohne Pazifist zu sein.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion konsolidierte sich in Russland ein zunehmend autokratisches Regime mit expansiven Tendenzen. Russland griff Georgien an und stützte den lokalen Diktator (2008). Als nächstes annektierte es die ukrainische Krim und über Marionetten-Politiker Teile der Ukraine im Südosten (2014). Anfang 2022 intervenierte Russland in Kaschstan, um das dortige autokratische Regime gegen eine Rebellion zu stabilisieren. (s. („Feuer frei in Kasachstan“, miniaturen 08.01.2022) Der bisherige Höhepunkt war der Angriff auf die Ukraine von drei Seiten. Die militärische Operation verriet, was Russland plante – die rasche Eroberung der ganzen Ukraine. Westliche Länder – u.a. Deutschland - unterstützten die Ukraine politisch, durch Waffenlieferungen und humanitäre Hilfe.

Der Angriff mobilisierte in Deutschland die alte und mehrere neue Friedenbewegungen. Bei allen Konflikten zwischen den verschiedenen Parteien und Bewegung sind sich alle über eins einig: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine und Friedensverhandlungen. Eigentlich wiederholt sich die Situation der 1960er Jahre. Die einen wollen Frieden schaffen mit Waffen, die Anderen durch Verhandlungen.

Es wäre schön, wenn Verhandlungen den Krieg beendeten. Leider spricht nichts dafür, dass das gelingt. Es ist ja nicht so, dass die westlichen Länder es nicht versucht hätten. Der Bundeskanzler und der französische Präsident haben von Anfang an das Gespräch mit Putin gesucht und lange Telefonate geführt. Nato-Länder bemühen sich, andere Länder zu bewegen, Russland zu überzeugen. Das ist das, was in den Medien kommuniziert wird. Wie blind die selbsternannten Friedensengel offene Türen einrennen, lässt daran ablesen, dass genau zum Zeitpunkt ihrer Demonstrationen die EU-Kommissionspräsidentin und der französische Präsident die chinesische Regierung überzeugen wollen, sich als Vermittler mit Russland einzubringen. Ergebnis: Fehlanzeige. China blockt.

Ganz sicher laufen auch viele inoffizielle Kontakte. Kleine Schritte – Gefangenen-Austausch, Getreidetransport – waren erfolgreich. In der Sache selbst bewegt sich Russland aber bisher keinen Millimeter. Der russische Präsident und seine Vasallen verweigern das Gespräch oder lügen, brechen Verabredungen, bleiben einfach unbeweglich. Das sind Erfahrungen, die man nachlesen und –hören kann, keine Hirngespinste. Mir ist schleierhaft, wer nach den Vorstellungen der Friedensbewegten mit wem und worüber verhandeln soll. Wie ein Mantra tragen sie auf ihren Demonstrationen ihre Forderung vor sich her, ohne auf genau diese entscheidende Frage zu antworten.

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Sonntag, 9. April 2023
Klimawandel stellt Klassiker auf den Kopf
„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…“

J. W. v. Goethe: Faust, 1. Teil

Im Norden führen weder Ströme noch Bäche gegenwärtig Eis. Aber es ist noch nicht lange her, dass das der Fall war: Bummelige 30 Jahre. So schnell ging das mit dem Klimawandel.

Ostern 2023

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Samstag, 8. April 2023
Was tun Panzer in den Alpen?
Die Schweiz tut sich viel zugute für ihre Neutralität. Diese verhinderte nicht, mit den Nazis vor dem und während des 2. Weltkriegs vor allem in Sachen geraubte Kunst zu paktieren.

Jetzt stand sie erneut vor einem „Dilemma“: Das Land verfügt über 96 stillgelegte Leopard-2-Panzer, von denen sie 25 an die Rheinmetall verkaufen konnte. Die Firma sollte die Geräte an ein Nato-Land weitergeben, das diese – oder im Austausch andre – der Ukraine zur Verfügung stellen wollte. Die Cleverles in Bern, fanden einen Weg aus dem Dilemma.

Der ganze Vorgang wirft für mich Fragen auf. In der Alpenrepublik sind z.Zt. 134 Leos im Einsatz, 96 sind vorübergehend stillgelegt. Da stellt sich die Frage: Was macht das Land der tausend Berge und Gipfel mit einer derartigen Panzertruppe? Panzer sind Waffen, die sich eigentlich nur für relativ flaches Gelände eignen. Zudem sind sie eine klassische Angriffswaffen. Bisher hörte man eher, dass das Schweizer Heer eine Defensiv-Armee ist. Panzer sind also sowohl aus geografischen wie militärischen Gründen das falsche Gerät.

Das Rätsel löst sich auf, wenn man weiß, dass die Schweiz außerdem einer der größten Panzer-Produzenten der Welt ist. Da muss man schon auch etwas, also sozusagen einen Show-Room vorweisen können.

Sind sie also wirklich Cleverles.

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Donnerstag, 6. April 2023
Sex und Schmiergeld – nicht strafbar, aber Betrug
Es war einmal – nein es ist kein Märchen -, da hat eine Praktikantin einen US-Präsidenten oral befriedigt. Die Praktikantin plauderte in den Medien über die Affäre und löste einen Skandal mit anschließendem Amtsenthebungsverfahren aus. Der Präsident leugnete zunächst: Er habe keine sexuelle Beziehung zu ihr gehabt. Insider beckmesserten, Oralsex werde in den USA nicht als Sex gewertet. Im Amtsenthebungsverfahren gab er dann alles zu. Gegen die Zahlung einer erheblichen Summe wurde das Verfahren eingestellt.

Gegenwärtig haben wir es mit einem Ex-Präsidenten zu tun, der nach Aussage eines Porno-Stars mit diesem Sex gehabt habe, und der Präsident habe ihr ein Schweigegeld von 130.000 $ gezahlt. Der Typ leugnet den Sex, gibt aber die Zahlung zu. Er müsste nun erklären, warum er eine solche Summe für nix bezahlt. Nebenbei wurde bekannt, dass er einem Model 150.000 § und einem Sicherheitsmann 30.000 $ gezahlt hat, der die Existenz eines unehelichen Kindes öffentlich machen wollte.

Das alles ist sehr unappetitlich, aber in den USA nicht strafbar. Nur dass der Ex-Präsident die 130.000 $ als Wahlkampfkosten verbucht hat, ist als Betrug zu werten ist. Und nun steht Trump in New York vor Gericht und gibt sich als Opfer einer Intrige aus. Pfui Deubel!

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