Freitag, 21. April 2023
Hase und Igel beim Konsum
Wir alle kennen das: Der Scherkopf vom Trockenrasierer ist beschädigt. Ersatz gibt es nicht, also muss ein neuer Rasierer her. Für den Nassrasierer gibt es keine Klingen mehr. Die Fernbedienung des CD-Players gibt seinen Geist auf. Mit großen Mühen wird übers Internet ein Ersatz besorgt, der aber nicht alles kann, was sein Vorgänger konnte. Die Spezialbatterie eines Elektro-Kleingeräts haucht ihren Geist aus. Ersatzbatterie? Gibt’s nicht. Das Gerät ist dadurch nutzlos.

Jetzt will die EU-Kommission Abhilfe schaffen: Ein Gesetz soll dem Verbraucher ein „Recht auf Reparatur“ verschaffen.

Aktuell gibt es – und darauf bezieht sich die Kommission u.a. – Lampen mit eingebauten LEG-Leuchten – Schreibtisch- oder Nachttisch-Lampen, Stehlampen fürs Wohnzimmer. Wenn die LED-Leuchte kaputt geht, ist die Lampe wertlos. Z.B. bei Fahrrädern: die neuen Scheinwerfer und Rückstrahler halten 10.000 km. Dann ist ein kompletter, neuer Satz fällig.

Eigentlich gab es das immer: Automotoren waren so auf Verschleiß gebaut, dass sie nach einer bestimmten Laufzeit den Geist aufgaben, meist bei 100.000 km, z.B. beim VW-Käfer. Karosserien hatten Schwingungsbäuche, an denen sie durchrosteten. Dagegen wurde gesetzlich vorgegangen. Dann wurden Saison für Saison neue Modell auf den Markt geworfen, die immer kompliziertere Aggregate hatten, von denen jedes Teil einzeln kaputt ging. Was früher repariert wurde, wird heute einfach und teuer ausgetauscht. Der alte KFZ-Mechaniker ist heute Teilewechsler.

Worum geht es im Grunde? Der Konsum soll im Namen des Profits angekurbelt werden. Marx hat das schon beschrieben. Weil die Profitrate tendenziell sinkt, müssen immer neue Waren auf den Markt, ob die Verbraucher sie brauchen oder nicht. Dass sie sie brauchen, wird ihnen durch Marketing- und Werbe-Kampagnen suggeriert.

Verbraucherschützer und Gesetzgeber hecheln immer wieder dem „technischen Fortschritt“ hinterher, ohne ihn je einholen zu können.

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