Montag, 25. März 2019
Nachtrag zu meinem „Familienroman“
Ich muss etwas gut machen.

Ja, meine Eltern waren Nazis, ja, sie waren Antisemiten.

Nun, mit dem zeitlichen Abstand, wird die Eindeutigkeit dieser Aussage zweideutig, zumindest was meine Mutter betrifft.

Sie erzählte: Ihr war es peinlich, dass sich mein Vater nach einem Gespräch mit einer Zufallsbekanntschaft, einem Juden, mit dem „deutschen Gruß“ verabschiedete. Ihm war gar nicht klar geworden, dass sein Gesprächspartner zur verfolgten Minderheit gehörte. Meiner Mutter schon.

Sie äußerte nachträglich Mitleid, als sie hörte, dass weibliche KZ-Häftlinge gezwungen wurden, ihre Kinder so vor der Brust zu halten, dass die mörderischen Schützen mit einem Schuss durch den Kopf des Säuglings auch das Herz der Mutter trafen.

Nach dem Krieg bettelten oft Frauen mit ihren Kindern, offensichtlich Zigeunerinnen, Roma oder Sinti, an den Haus- und Wohnungstüren. Von meiner Mutter bekamen sie (fast) immer etwas zu essen oder ein Geldstück, obwohl wir auch nicht reichlich hatten.

Meine Mutter war also nicht ganz schlecht, zumindest hatte sie ein Gewissen. Das Verschließen der Augen vor den Tatsachen, dass vor den Toren unserer Stadt ein KZ war, dass KZler nach Bombenangriffen die Straßen räumen mussten, dass Juden/Jüdinnen "abgeholt" wurden und das Mitleid mit JüdInnen und "Zigeunern" nach dem Krieg - wie geht das in einem Kopf und einem Herz zusammen?

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Ihr Name sei gelöscht!
Die NeuseeländerInnen machen es uns vor, wie man Integration praktiziert. Der tödliche Anschlag auf eine Moschee in Christchurch löste eine Welle von Mitleid und Sympathie aus. Zum Zeichen der Solidarität und Trauer trug die Premierministerin, Yacinda Ardern, ein Kopftuch, viele Frauen, sogar eine Polizistin, machten es Ihr nach.

Nun gab es einige naseweiße Besserwisser, die das als Anbiederung und Übergriff bzw. koloniale Geste diffamierten. Im Gegenteil: Es war ein Symbol für die Haltung der Neuseeländerinnen!

Ein anderes Zeichen hätte ich mir von europäischen Politikern und Medien ebenfalls gewünscht. Frau Ardern lehnte es auch ab, den Namen des Attentäters zu erwähnen. So könne vermieden werden, dass der Name des Mörders sich ins kollektive Gedächtnis einprägt. Das habe ich mir schon bei dem norwegischen Attentäter in Oslo und auf Utoya gewünscht. Die Juden haben dafür eine Formel: Sein Name sei gelöscht!

Rechtsextreme Terroristen sind geradezu darauf aus, dass ihre Namen und Untaten im Bewusstsein weltweit erhalten bleiben. Diesen Gefallen sollten wir ihnen keinesfalls tun!

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