Samstag, 20. Juli 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (12) Fünfzehnter Tag – Zurück nach Bamako
jf.bremen, 06:50h
Dies ist unser letzter Tag in Mali! Im Programm steht, dass wir noch freie Zeit in Bamako haben werden, was niemand glaubt, denn 690 km Busfahrt stehen uns bis Bamako bevor. eim Frühstück beobachtet G., dass mit Erlaubnis des „Obers“ die Kellner sich die übrig gebliebenen Baguettes in die Taschen stecken. Einer nimmt zwei Stücke und gibt eins später an einen Kollegen weiter, der gerade nicht anwesend war. Früh fährt ein Bus vor (ein anderer als auf der Hinfahrt), das Gepäck wird wieder auf dem Dach verstaut. Es geht los. Ca. 35 km weiter steigt plötzlich am linken hinteren Zwillingsrad Rauch auf. Der Busfahrer hält an, alles steigt aus, plötzlich sehe ich zwischen den Reifen Flammen züngeln und gebe sofort Alarm. Das ist ein Anlass für einige, schnell in den Bus zu springen und noch etwas zu „retten“, statt schleunigst in Deckung zu gehen. Der Feuerlöscher versagt, der Fahrer löscht das Feuer mit dem Inhalt eines Wasserkanisters. Offensichtlich ist die Bremse heiß gelaufen und das Reifengummi hat Feuer gefangen.
Zwangspause. Der Fahrer schraubt an dem Zwillingsreifen bzw. der Bremse herum, es wird hektisch telefoniert, nur Alberts Handy tut. Der Fahrer entlüftet alle Bremsen. Es taucht ein Mann auf einem Kleinkraftrad auf, ein Agent von Jacobs Gesellschaft, und verhandelt. Streit mit Jacob, der einen Ersatzbus bei einer anderen Gesellschaft bestellt hat. Es sollen 4x4-Wagen kommen, das geht aber wohl nicht so schnell. Irgendwann verschwindet der Mann mit dem Kleinkrad wieder. Inzwischen hat der Fahrer seine Arbeiten abgeschlossen, macht eine sehr kurze Bremsprobe und will die Fahrt fortsetzen. Aber Jacob ist die Sache nicht geheuer, er beschließt, auf den Ersatzbus zu warten. Das Gepäck wird vom Dach abgeladen.
Nach einiger Zeit kommt der Bus. Unsere Mitreisenden klauben ihr Gepäck zusammen und stürmen den Bus. Ich bin zunächst unschlüssig, will auch erst wissen, was nun angesagt ist. Da kommt der 4x4-Wagen mit unserem Fahrer, Amadou. „On se connais. – Oui, on se connais!“ - mit breitem Grinsen. Gemächlich beladen wir - G. und ich, Hebels, Helga und Albert - das Auto, steigen ein und fahren als erste los. Hebels sind dabei, weil sie abends noch eine Verabredung mit Felix’ malischem Kollegen haben. Die anderen stehen bedröppelt daneben. Es wiederholt sich die Situation von gestern Abend: die Vordrängler haben das Nachsehen.
Wir fahren nach dieser 2-stündigen Zwangspause durch bis Bamako, verzichten auf das Mittagessen, machen nur einen kurzen Halt in Amadous Heimatdorf, benutzen dort das – sehr afrikanische - Klo, kaufen etwas Wasser ein und bekommen von Amadous Schwester Tee angeboten.
Schon bei Dunkelheit kommen wir an, finden mit gemeinsamer Bemühung unser Hotel. Was mit dem Abendbrot ist, ist ungeklärt. Der telefonische Kontakt mit Jacob und dem Rest der Gruppe kommt nicht zu Stande. Hebels telefonieren, können aber kein Treffen mit dem Kollegen arrangieren. Amadou muss die Nacht noch zurück nach Sévaré. Also beschließen wir, gleich zum Flughafen zu fahren, damit er früher zurück fahren kann. Am Flughafen verabschieden wir uns herzlich von Amadou (mit Trinkgeld), treffen dann auch den Rest der Gruppe, die ½ Stunde nach uns abgefahren ist und inzwischen noch zu Abend gegessen hat. Jetzt hat uns das 21. Jh. wieder eingeholt. Wir essen im Flughafen noch was, steigen pünktlich ins Flugzeug und starten zurück nach Europa. Die Mehrzahl der Passagiere sind Schwarze, so dass wir die Illusion haben können, noch etwas in Afrika zu bleiben. Diese Illusion verfliegt endgültig in Paris Charles-De-Gaulle.
Zwangspause. Der Fahrer schraubt an dem Zwillingsreifen bzw. der Bremse herum, es wird hektisch telefoniert, nur Alberts Handy tut. Der Fahrer entlüftet alle Bremsen. Es taucht ein Mann auf einem Kleinkraftrad auf, ein Agent von Jacobs Gesellschaft, und verhandelt. Streit mit Jacob, der einen Ersatzbus bei einer anderen Gesellschaft bestellt hat. Es sollen 4x4-Wagen kommen, das geht aber wohl nicht so schnell. Irgendwann verschwindet der Mann mit dem Kleinkrad wieder. Inzwischen hat der Fahrer seine Arbeiten abgeschlossen, macht eine sehr kurze Bremsprobe und will die Fahrt fortsetzen. Aber Jacob ist die Sache nicht geheuer, er beschließt, auf den Ersatzbus zu warten. Das Gepäck wird vom Dach abgeladen.
Nach einiger Zeit kommt der Bus. Unsere Mitreisenden klauben ihr Gepäck zusammen und stürmen den Bus. Ich bin zunächst unschlüssig, will auch erst wissen, was nun angesagt ist. Da kommt der 4x4-Wagen mit unserem Fahrer, Amadou. „On se connais. – Oui, on se connais!“ - mit breitem Grinsen. Gemächlich beladen wir - G. und ich, Hebels, Helga und Albert - das Auto, steigen ein und fahren als erste los. Hebels sind dabei, weil sie abends noch eine Verabredung mit Felix’ malischem Kollegen haben. Die anderen stehen bedröppelt daneben. Es wiederholt sich die Situation von gestern Abend: die Vordrängler haben das Nachsehen.
Wir fahren nach dieser 2-stündigen Zwangspause durch bis Bamako, verzichten auf das Mittagessen, machen nur einen kurzen Halt in Amadous Heimatdorf, benutzen dort das – sehr afrikanische - Klo, kaufen etwas Wasser ein und bekommen von Amadous Schwester Tee angeboten.
Schon bei Dunkelheit kommen wir an, finden mit gemeinsamer Bemühung unser Hotel. Was mit dem Abendbrot ist, ist ungeklärt. Der telefonische Kontakt mit Jacob und dem Rest der Gruppe kommt nicht zu Stande. Hebels telefonieren, können aber kein Treffen mit dem Kollegen arrangieren. Amadou muss die Nacht noch zurück nach Sévaré. Also beschließen wir, gleich zum Flughafen zu fahren, damit er früher zurück fahren kann. Am Flughafen verabschieden wir uns herzlich von Amadou (mit Trinkgeld), treffen dann auch den Rest der Gruppe, die ½ Stunde nach uns abgefahren ist und inzwischen noch zu Abend gegessen hat. Jetzt hat uns das 21. Jh. wieder eingeholt. Wir essen im Flughafen noch was, steigen pünktlich ins Flugzeug und starten zurück nach Europa. Die Mehrzahl der Passagiere sind Schwarze, so dass wir die Illusion haben können, noch etwas in Afrika zu bleiben. Diese Illusion verfliegt endgültig in Paris Charles-De-Gaulle.
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Montag, 1. Juli 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (11) Vierzehnter Tag - Zu Fuß unterwegs
jf.bremen, 17:53h
Wie geplant stehen wir am anderen Morgen um sechs Uhr auf, bekommen sogar noch Frühstück und marschieren um 7 Uhr mit der aufgehenden Sonne los. Das ist nun wirklich ein Highlight: von Minute zu Minute ändert sich das Licht, die Temperatur ist angenehm zum Gehen. Wieder begegnen wir Frauen, die Wasser vom Brunnen in Kalebassen auf dem Kopf holen. An einem Brunnen sind ca. 10 – 15 Frauen versammelt und schöpfen gemeinsam. Kinder eilen barfuß mit ihrem Schulheft zur Schule. Vor den Hütten stampfen Frauen Getreide in großen Mörsern fürs Frühstück. An anderer Stelle stehen ca. 15 – 20 Frauen und dreschen gemeinsam im Kreis. Wenn’s nicht schrecklich mühsam wäre, könnte man paradiesische Zustände vermuten.
(Fortsetzung folgt)
Unterwegs sehen wir Dünen, die aussehen wie in der Wüste und auch solche Dimensionen haben. Silke meint, die wären bei ihrem früheren Aufenthalt (vor 5 – 10 Jahren) dort noch nicht gewesen, daran könne man das Vordringen der Wüste ablesen. Mag ja sein, wäre ein finsteres Zeichen für die Zukunft.
Weiter geht’s über Nombori nach Tireli, wo die anderen mit den Autos schon angekommen sind. Es geht die Fallaise hoch bis auf halbe Höhe zu einem Tanzplatz, wo uns ein traditioneller Masken-Tanz präsentiert wird. Nachdem ich etwas fotografiert habe, bekomme ich nichts mehr mit, weil eine Horde Kinder mich mit Beschlag belegt: sie streicheln meine Haut (fühlt sich anders an, echt oder Schminke?), ziepen mich an den Arm-Haaren, zwirbeln mir die Kopfhaare, bestaunen meine Uhr, drücken auf die Adern auf meinem Handrücken, kurz ich bin ein Objekt kindlicher Neugier. Schließlich spiele ich mit ihnen das alte Spiel „eine Hand deckt die andere“.
Wir fahren weiter nach Amani, wo die „heiligen Krokodile“ mit einem lebendigen Huhn – Kostenpunkt 1000 CFA – gefüttert werden. Das ist ein ziemlich grausames Spiel, das ich nicht fotografiere, andere gucken es sich nicht mal an. Das Verhältnis der Malier zu ihren Tieren ist schon besonders. Allein, wie sie die Viecher zum Markt transportieren, würde dem Tierschutzverein Protestnoten abnötigen. Umgekehrt würden Vegetarier und Veganer hier als Exoten wahrgenommen werden. - In einem anderen Dorf gibt es ebenfalls einen kleinen Tümpel mit einem Krokodil, das ich fotografiere.
Es gibt noch eine Wanderung von Ireli (dem Geburtsort von Jacob) nach Banani auf halber Höhe der Fallaise durch ein Dorf. Alles sehr malerisch, aber wenn man bedenkt, dass wir am Anfang des 21. Jh. leben, total anachronistisch, wobei unklar ist, was anachronistisch ist: unsere Zivilisation oder deren Lebensweise.
Hier gibt es eine Kontroverse. Etwas ab vom Weg trennt eine Frau die Spreu vom Getreide, indem sie beides aus einem Meter Höhe von einer Schale in die andere am Boden stehende gießt. Dabei treibt der Wind die Spelzen zur Seite. Ein schönes Bild gegen den hellen Hintergrund. Ich fotografiere nicht. Etwas später gibt’s einen Aufenthalt, hinter uns Tumult, Jacob rennt zurück. Flo, die schon vorher durch ihr indiskretes Fotografieren aufgefallen ist, hat fotografiert; die Frau ist wütend geworden, und Männer haben sich eingeschaltet. Flo hat versucht, die Frau durch 200 CFA (~ 30 Cent) zu besänftigen. Hinterher behauptet sie, sie habe die Frau gefragt, ihr die 200 CFA angeboten und die sei einverstanden gewesen. G. sagt, sie habe ihr das Geld erst später angeboten. Ich schimpfe wegen der Indiskretion und der Verzögerung („Es gibt Tabus in jeder Gesellschaft. - Dafür stehe ich 10 Minuten in der Sonne.“). Das bringt sie in Rechtfertigungsnot. In der anschließenden Diskussion mache ich meinen Standpunkt klar, dass man nicht alles fotografieren darf. G. wirft mir hinterher vor, zu freundlich gewesen zu sein. Mag sein, aber meine Meinung habe ich deutlich gesagt. – Es ist trotzdem eine schöne Wanderung auf halber Höhe mit dem Blick auf die unten liegenden Dörfer und die Plaine. In Banani endet unsere Wanderung und wir steigen wieder in die Autos. Alles in allem war das bisher ein wunderbarer Tag und ich bin, was das Wandern angeht, auf meine Kosten gekommen. Das sage ich auch Silke.
Im Auto geht’s durch unwegsames, steiniges Gelände die Fallaise hoch auf das Plateau, und wir besuchen das Dorf Sanga, in dem die Eltern von Jacob leben. Nach dem Mittagessen besuchen wir seinen Vater, der uns freundlich empfängt. Vor allem Felix und der Vater tauschen Komplimente aus, wobei Felix entsprechend alter Gepflogenheit den Vater nicht direkt anspricht, sondern Jacob als Mittler. Aber der Vater versteht natürlich auch Französisch und antwortet direkt.
Dann gibt’s einen Rundgang durch’s Dorf. Bemerkenswert: ein Haus ist der Sitz des Hogon, des animistischen Priesters, der dort die Fetische bewacht und hütet. Es ist verboten, die Umgebungsmauer zu berühren, aber fotografieren dürfen wir. Er steht vor seinem Haus, ganz seiner Würde bewusst, regungslos und stumm.
Hier begegnen uns wieder aufdringliche Händler. Beim Einstieg ins Auto sehen sie meine Wanderschuhe im Fußraum – ich habe Sandalen an – und wollen sie haben. Nur durch meinen energischen Protest behalte ich die Schuhe. Wahrscheinlich denken sie: „Welch ein Geizkragen, hat zwei Paar Schuhe und gibt kein Paar ab.“ Zumal die Schuhe schon ziemlich ramponiert und dreckig sind. Ich bin zu überrascht, um mich zu entscheiden, die Schuhe gleich wegzugeben; das tue ich dann später erst.
Dann geht es über das Plateau weiter Richtung Sévaré. Unterwegs kommen wir an einem aufgestauten Fluss vorbei, aus dem das umliegende Land bewässert wird. Menschen schöpfen in Kalebassen Wasser, tragen es auf dem Kopf auf das Feld, entleeren das Gefäß und holen neues Wasser aus dem Fluss. Das gartenähnliche Anbaugebiet ist knallgrün, trotz Trockenzeit. Was könnte man aus dem Land machen mit geringem Aufwand, eine Pumpe und ein Schlauch würden genügen. Aber natürlich fehlt es an Energie (Gas, Strom, Benzin) und Investitionsgeld.
In Sévaré kommen wir wieder in unserem alten Hotel unter. An der Rezeption gibt es eine bemerkenswerte Situation. Die „Spezis“ kümmern sich nicht um ihr Gepäck, sondern stürzen sofort an den Tresen, um als erste die „besten“ Zimmer zu erwischen. Es entsteht ein kleines Durcheinander. Gisela will unbedingt ihr „altes Zimmer 20“ haben. Wir schleppen unser Gepäck ins Foyer, stehen in der dritten Reihe und warten. Auf einmal reicht uns Silke einen Zimmerschlüssel und wir ziehen als erste mit Gepäckträger ab auf unser Zimmer. Eine ähnliche Situation ergibt sich am nächsten Tag. Moral: Eile mit Weile oder: die Letzten werden die Ersten sein (säkularisiert).
Beim Kofferpacken beschließe ich nun doch, meine alten Wanderschuhe hier zu lassen. Ich stelle sie vorm Hotel etwas seitlich auf eine Mauer. Das hat schon mal in Eilat funktioniert, da waren sie nach zehn Minuten weg. Hier stehen sie noch am nächsten Morgen am selben Platz. Vielleicht denken die Leute, es habe sie jemand vergessen, und trauen sich nicht sie mitzunehmen. G. mutmaßt, jemand könnte sie am Ende noch aufs Fundamt bringen.
(Fortsetzung folgt)
(Fortsetzung folgt)
Unterwegs sehen wir Dünen, die aussehen wie in der Wüste und auch solche Dimensionen haben. Silke meint, die wären bei ihrem früheren Aufenthalt (vor 5 – 10 Jahren) dort noch nicht gewesen, daran könne man das Vordringen der Wüste ablesen. Mag ja sein, wäre ein finsteres Zeichen für die Zukunft.
Weiter geht’s über Nombori nach Tireli, wo die anderen mit den Autos schon angekommen sind. Es geht die Fallaise hoch bis auf halbe Höhe zu einem Tanzplatz, wo uns ein traditioneller Masken-Tanz präsentiert wird. Nachdem ich etwas fotografiert habe, bekomme ich nichts mehr mit, weil eine Horde Kinder mich mit Beschlag belegt: sie streicheln meine Haut (fühlt sich anders an, echt oder Schminke?), ziepen mich an den Arm-Haaren, zwirbeln mir die Kopfhaare, bestaunen meine Uhr, drücken auf die Adern auf meinem Handrücken, kurz ich bin ein Objekt kindlicher Neugier. Schließlich spiele ich mit ihnen das alte Spiel „eine Hand deckt die andere“.
Wir fahren weiter nach Amani, wo die „heiligen Krokodile“ mit einem lebendigen Huhn – Kostenpunkt 1000 CFA – gefüttert werden. Das ist ein ziemlich grausames Spiel, das ich nicht fotografiere, andere gucken es sich nicht mal an. Das Verhältnis der Malier zu ihren Tieren ist schon besonders. Allein, wie sie die Viecher zum Markt transportieren, würde dem Tierschutzverein Protestnoten abnötigen. Umgekehrt würden Vegetarier und Veganer hier als Exoten wahrgenommen werden. - In einem anderen Dorf gibt es ebenfalls einen kleinen Tümpel mit einem Krokodil, das ich fotografiere.
Es gibt noch eine Wanderung von Ireli (dem Geburtsort von Jacob) nach Banani auf halber Höhe der Fallaise durch ein Dorf. Alles sehr malerisch, aber wenn man bedenkt, dass wir am Anfang des 21. Jh. leben, total anachronistisch, wobei unklar ist, was anachronistisch ist: unsere Zivilisation oder deren Lebensweise.
Hier gibt es eine Kontroverse. Etwas ab vom Weg trennt eine Frau die Spreu vom Getreide, indem sie beides aus einem Meter Höhe von einer Schale in die andere am Boden stehende gießt. Dabei treibt der Wind die Spelzen zur Seite. Ein schönes Bild gegen den hellen Hintergrund. Ich fotografiere nicht. Etwas später gibt’s einen Aufenthalt, hinter uns Tumult, Jacob rennt zurück. Flo, die schon vorher durch ihr indiskretes Fotografieren aufgefallen ist, hat fotografiert; die Frau ist wütend geworden, und Männer haben sich eingeschaltet. Flo hat versucht, die Frau durch 200 CFA (~ 30 Cent) zu besänftigen. Hinterher behauptet sie, sie habe die Frau gefragt, ihr die 200 CFA angeboten und die sei einverstanden gewesen. G. sagt, sie habe ihr das Geld erst später angeboten. Ich schimpfe wegen der Indiskretion und der Verzögerung („Es gibt Tabus in jeder Gesellschaft. - Dafür stehe ich 10 Minuten in der Sonne.“). Das bringt sie in Rechtfertigungsnot. In der anschließenden Diskussion mache ich meinen Standpunkt klar, dass man nicht alles fotografieren darf. G. wirft mir hinterher vor, zu freundlich gewesen zu sein. Mag sein, aber meine Meinung habe ich deutlich gesagt. – Es ist trotzdem eine schöne Wanderung auf halber Höhe mit dem Blick auf die unten liegenden Dörfer und die Plaine. In Banani endet unsere Wanderung und wir steigen wieder in die Autos. Alles in allem war das bisher ein wunderbarer Tag und ich bin, was das Wandern angeht, auf meine Kosten gekommen. Das sage ich auch Silke.
Im Auto geht’s durch unwegsames, steiniges Gelände die Fallaise hoch auf das Plateau, und wir besuchen das Dorf Sanga, in dem die Eltern von Jacob leben. Nach dem Mittagessen besuchen wir seinen Vater, der uns freundlich empfängt. Vor allem Felix und der Vater tauschen Komplimente aus, wobei Felix entsprechend alter Gepflogenheit den Vater nicht direkt anspricht, sondern Jacob als Mittler. Aber der Vater versteht natürlich auch Französisch und antwortet direkt.
Dann gibt’s einen Rundgang durch’s Dorf. Bemerkenswert: ein Haus ist der Sitz des Hogon, des animistischen Priesters, der dort die Fetische bewacht und hütet. Es ist verboten, die Umgebungsmauer zu berühren, aber fotografieren dürfen wir. Er steht vor seinem Haus, ganz seiner Würde bewusst, regungslos und stumm.
Hier begegnen uns wieder aufdringliche Händler. Beim Einstieg ins Auto sehen sie meine Wanderschuhe im Fußraum – ich habe Sandalen an – und wollen sie haben. Nur durch meinen energischen Protest behalte ich die Schuhe. Wahrscheinlich denken sie: „Welch ein Geizkragen, hat zwei Paar Schuhe und gibt kein Paar ab.“ Zumal die Schuhe schon ziemlich ramponiert und dreckig sind. Ich bin zu überrascht, um mich zu entscheiden, die Schuhe gleich wegzugeben; das tue ich dann später erst.
Dann geht es über das Plateau weiter Richtung Sévaré. Unterwegs kommen wir an einem aufgestauten Fluss vorbei, aus dem das umliegende Land bewässert wird. Menschen schöpfen in Kalebassen Wasser, tragen es auf dem Kopf auf das Feld, entleeren das Gefäß und holen neues Wasser aus dem Fluss. Das gartenähnliche Anbaugebiet ist knallgrün, trotz Trockenzeit. Was könnte man aus dem Land machen mit geringem Aufwand, eine Pumpe und ein Schlauch würden genügen. Aber natürlich fehlt es an Energie (Gas, Strom, Benzin) und Investitionsgeld.
In Sévaré kommen wir wieder in unserem alten Hotel unter. An der Rezeption gibt es eine bemerkenswerte Situation. Die „Spezis“ kümmern sich nicht um ihr Gepäck, sondern stürzen sofort an den Tresen, um als erste die „besten“ Zimmer zu erwischen. Es entsteht ein kleines Durcheinander. Gisela will unbedingt ihr „altes Zimmer 20“ haben. Wir schleppen unser Gepäck ins Foyer, stehen in der dritten Reihe und warten. Auf einmal reicht uns Silke einen Zimmerschlüssel und wir ziehen als erste mit Gepäckträger ab auf unser Zimmer. Eine ähnliche Situation ergibt sich am nächsten Tag. Moral: Eile mit Weile oder: die Letzten werden die Ersten sein (säkularisiert).
Beim Kofferpacken beschließe ich nun doch, meine alten Wanderschuhe hier zu lassen. Ich stelle sie vorm Hotel etwas seitlich auf eine Mauer. Das hat schon mal in Eilat funktioniert, da waren sie nach zehn Minuten weg. Hier stehen sie noch am nächsten Morgen am selben Platz. Vielleicht denken die Leute, es habe sie jemand vergessen, und trauen sich nicht sie mitzunehmen. G. mutmaßt, jemand könnte sie am Ende noch aufs Fundamt bringen.
(Fortsetzung folgt)
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Sonntag, 30. Juni 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (10) Dreizehnter Tag - Wanderung im Dogonland
jf.bremen, 11:57h
Der Tag beginnt mit dem Besuch des Dorfes Djiguibombo und einem Rundgang in Begleitung eines Führers aus dem Dorf, der auch bis zum nächsten Dorf bei uns bleibt. Alte Männer lungern liegend an den Straßenkreuzungen und grüßen freundlich. Ein Palaver-Haus, in dem u.a. Streitigkeiten verhandelt werden, ist so niedrig, dass jemand, der in der Erregung aufspringt, sich den Kopf an der Decke stößt; das bewirkt Mäßigung.
Nach dem Rundgang beginnen wir die Wanderung über flaches felsiges Gelände auf dem Plateau Dogon, das leicht abfällt, zum Rand der Fallaise. Von dort ein herrlicher Ausblick auf die Plaine, die unter uns im leichten Dunst des Lehmstaubs liegt. Es beginnt der Abstieg, der nicht ganz einfach, weil steil ist, voller Geröll, zwischen dicken Felsen, aber ein herrlicher Weg immer wieder mit schönem Ausblick. Auch unsere „Fußkranken“ bewältigen ihn gut mit Hilfe unseres Führers. G. und ich sind in unserem Element und ganz vorn mit Olli.
Frauen mit Kopflasten – Holz oder anderes – und Japan-Latschen überholen uns leichtfüßig und trittsicher. Olli versucht eine Zeit lang, Schritt zu halten, testet das Gewicht und ist beeindruckt. Atemlos kehrt er nach einiger Zeit zurück. Kinder kommen uns entgegen und wollen fotografiert werden. Ich tue ihnen den Gefallen und sie sind enttäuscht, dass sie das Ergebnis nicht gleich auf dem Display bewundern können. Die kommen direkt aus dem Mittelalter ohne Umweg über die analoge Vergangenheit in die digitale Gegenwart. Ich bitte den einheimischen Wanderführer, ihnen das zu erklären. Marie-Therese fotografiert sie dann noch mal digital, sie sind zufrieden, und ich bin der Depp.
Unten kommen wir ins Dorf Kani, wo wir erstmals die typischen quadratischen Hirsespeicher sehen. Das Dorf ist pulvertrocken und staubig, die Häuser liegen weit auseinander, dazwischen Baobab- und andere Bäume. Wir essen zu Mittag auf der Dachterrasse eines Hauses. Dort gibt es auch Liegen für die Mittagsruhe. Ich streune herum und fotografiere etwas.
Später wandern wir – Gerhild, ich und einige andere - in der Ebene weiter entlang der Fallaise. Die anderen fahren im Auto bis Endé, wo wir sie wieder treffen sollen. Ein angenehmer Weg, der aber wegen des tiefen Staubs etwas beschwerlich ist. Auch die Mittagshitze – wir sind um ½ 3 Uhr losgelaufen – ist heftig. Das Land ist bewirtschaftet, lockerer Baumbestand, es sieht nach Getreideanbau aus. Die Landarbeit wird mit kurzstieligen Hacken oder dem Ochsenpflug geleistet. Ich habe bisher – und das bleibt bis zum Ende der Reise so – noch keine einzige Landmaschine oder einen Trecker gesehen. Technische Geräte: Kleinkrafträder, Fahrräder, Autos, Nähmaschinen, Fernseher – that’s it. Frauen mit Kopflasten, meistens in kleinen Gruppen begegnen uns unterwegs, grüßen freundlich „Ca va?, teilweise mit Handschlag, auch wieder zutrauliche Kinder, die uns an der Hand eine Weile begleiten.
Schon bei Dunkelheit kommen wir in Endé an: Lehmhütten mit vielen Kindern, viel Unrat auf den Wegen, Hühner, die darin `rumpicken, und unsere Fahrzeuge. Durch eine Außenmauer gehen wir in die Dogon-Herberge, die sich deutlich von der Umgebung absetzt und wo die anderen bereits bestens für sich gesorgt haben, so dass für einige von uns Wanderern kein Zimmer mehr frei ist. G. und ich (und Hebels) bekommen aber noch Zimmer und entscheiden uns gegen die Dachterrasse. Die anderen sind ganz zufrieden mit dem luftigen Platz auf der Dachterrasse inklusive Mückennetz. Abendbrot an langer Tafel im Innenhof.
(Fortsetzung folgt)
Nach dem Rundgang beginnen wir die Wanderung über flaches felsiges Gelände auf dem Plateau Dogon, das leicht abfällt, zum Rand der Fallaise. Von dort ein herrlicher Ausblick auf die Plaine, die unter uns im leichten Dunst des Lehmstaubs liegt. Es beginnt der Abstieg, der nicht ganz einfach, weil steil ist, voller Geröll, zwischen dicken Felsen, aber ein herrlicher Weg immer wieder mit schönem Ausblick. Auch unsere „Fußkranken“ bewältigen ihn gut mit Hilfe unseres Führers. G. und ich sind in unserem Element und ganz vorn mit Olli.
Frauen mit Kopflasten – Holz oder anderes – und Japan-Latschen überholen uns leichtfüßig und trittsicher. Olli versucht eine Zeit lang, Schritt zu halten, testet das Gewicht und ist beeindruckt. Atemlos kehrt er nach einiger Zeit zurück. Kinder kommen uns entgegen und wollen fotografiert werden. Ich tue ihnen den Gefallen und sie sind enttäuscht, dass sie das Ergebnis nicht gleich auf dem Display bewundern können. Die kommen direkt aus dem Mittelalter ohne Umweg über die analoge Vergangenheit in die digitale Gegenwart. Ich bitte den einheimischen Wanderführer, ihnen das zu erklären. Marie-Therese fotografiert sie dann noch mal digital, sie sind zufrieden, und ich bin der Depp.
Unten kommen wir ins Dorf Kani, wo wir erstmals die typischen quadratischen Hirsespeicher sehen. Das Dorf ist pulvertrocken und staubig, die Häuser liegen weit auseinander, dazwischen Baobab- und andere Bäume. Wir essen zu Mittag auf der Dachterrasse eines Hauses. Dort gibt es auch Liegen für die Mittagsruhe. Ich streune herum und fotografiere etwas.
Später wandern wir – Gerhild, ich und einige andere - in der Ebene weiter entlang der Fallaise. Die anderen fahren im Auto bis Endé, wo wir sie wieder treffen sollen. Ein angenehmer Weg, der aber wegen des tiefen Staubs etwas beschwerlich ist. Auch die Mittagshitze – wir sind um ½ 3 Uhr losgelaufen – ist heftig. Das Land ist bewirtschaftet, lockerer Baumbestand, es sieht nach Getreideanbau aus. Die Landarbeit wird mit kurzstieligen Hacken oder dem Ochsenpflug geleistet. Ich habe bisher – und das bleibt bis zum Ende der Reise so – noch keine einzige Landmaschine oder einen Trecker gesehen. Technische Geräte: Kleinkrafträder, Fahrräder, Autos, Nähmaschinen, Fernseher – that’s it. Frauen mit Kopflasten, meistens in kleinen Gruppen begegnen uns unterwegs, grüßen freundlich „Ca va?, teilweise mit Handschlag, auch wieder zutrauliche Kinder, die uns an der Hand eine Weile begleiten.
Schon bei Dunkelheit kommen wir in Endé an: Lehmhütten mit vielen Kindern, viel Unrat auf den Wegen, Hühner, die darin `rumpicken, und unsere Fahrzeuge. Durch eine Außenmauer gehen wir in die Dogon-Herberge, die sich deutlich von der Umgebung absetzt und wo die anderen bereits bestens für sich gesorgt haben, so dass für einige von uns Wanderern kein Zimmer mehr frei ist. G. und ich (und Hebels) bekommen aber noch Zimmer und entscheiden uns gegen die Dachterrasse. Die anderen sind ganz zufrieden mit dem luftigen Platz auf der Dachterrasse inklusive Mückennetz. Abendbrot an langer Tafel im Innenhof.
(Fortsetzung folgt)
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Samstag, 29. Juni 2024
Mopti
jf.bremen, 15:55h
hat ca. 114.000 Einwohner, die Regionalhauptstadt Mopti liegt am Zusammenfluss des Bani mit dem Niger auf drei Inseln. Sie wird daher gerne „Venedig Malis“ genannt. Im 19. Jahrhundert gegründet ist die Stadt heute der wichtigste Hafen des Landes für Waren aller Art. Fähren verbinden Mopti mit Timbuktu, Gao, Koulikoro und Djenné.Die Altstadt ist mit ihren Märkten und der Moschee ein beliebtes Touristenziel. Sie wurde von 1933 bis 1935 auf dem Areal einer früheren Moschee gebaut und von 2004 bis 2006 restauriert.
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Animismus und Naturreligion
jf.bremen, 15:54h
Im Animismus besteht der Kosmos in einer materiellen und einer spirituellen Form, die sich im Wesen nicht unterscheiden. Jede Erscheinung wird zugleich als materiell und spirituell wahrgenommen. Die spirituelle Welt erscheint als ideal, die materielle als unvollkommen. Da die Ahnen direkt helfend oder strafend in die Gemeinschaft eingreifen, sind Ahnenverehrung und Gräberkult zentral. Geister und Dämonen, gute und böse Wesen können durch Riten gelockt und vertrieben werde. Aus der Geisterwelt lassen sich u.a. Krankheit, Missernten, Hungersnöte erklären. Sie können durch Bruch von Gesetzen und Verärgerung der Ahnen oder Geister verursacht sein. Die Trennung von der Heimat bedeutet zugleich die Trennung von den Ahnen und Geistern und deren Schutz. Diese Tatsache ist sehr einschneidend für Migranten. Häufig wird das Scheitern von Emigranten damit in Zusammenhang gebracht. In Mali hängen zwischen 8 und 18 % dem Animismus an, u.a. im Dogonland.
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Dogonland
jf.bremen, 15:52h
Die Dogon stammen ursprünglich aus Burkina Faso, sind vor einigen Jahrhunderten ins heutige Mali eingewandert und haben die vorher dort lebenden Tellem von den Steilhängen der Hombori-Berge, der Fallaise, vertrieben. Die traditionelle Bebauung der Fallaise mit Wohnhäusern und Speichern erinnert daran. Heute leben die ca. 350.000 Dogon überwiegend in der östlichen Ebene sowie auf der westlichen Hochebene. Sie haben verschiedene eigene Sprachen und eine reichhaltige Kultur an Masken, Figuren und Statuen. Der Animismus ist nach wie vor weit verbreitet, der u.a. Beschneidungsriten vorschreibt. Der Songo-Felsen ist dafür ritueller Ort. Die Hauptstadt ist Bandiagara mit 25.500 Einwohnern.
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Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (9) Zwölfter Tag - Mopti
jf.bremen, 15:41h
Jetzt kommen erstmals wehmütige Gedanken auf, dass die Reise sich ihrem Ende nähert. Die Zeit verging so schnell, aber wir haben auch noch Tage vor uns, auf die wir gespannt sind.
Zunächst fahren wir nach Mopti, überqueren wieder den Bani-Arm, der die künstlich von den Franzosen 1893 aufgeschüttete Insel vom Festland trennt. Die Stadt ist auch ein Ameisenhaufen, zumal Markttag ist. Entlang der großen Straßen kauern Händler und bieten alles Mögliche, auch wieder Souvenirs an. Im Wasser schwappt eine Menge undefinierbaren Mülls, darunter ca. 20 qm Japan-Latschen.
Dann kommen wir zu der riesigen Markthalle, in den umgebenden Straßen setzt sich der Markt fort. In der Markthalle summt es wie im Bienenkorb, aber kein lautes Wort, kein Geschimpfe oder Gebrüll. Es gibt einfach ALLES. Allerdings würde ich mich hüten, hier Lebensmittel zu kaufen, wenn sie nicht hinterher gekocht werden. Auch viel „Nippes“ gibt es zu bewundern. Einige kaufen auch tatsächlich Souvenirs und Geschenke. Ich fotografiere einiges, kann wohl auch gut werden. Hier gibt es auch das einzige moderne Beton-Wohnhaus mit vier Etagen, das ich außerhalb Bamako gesehen habe.
Dann die große Moschee, wieder ein eindruckvoller Lehmbau, den wir auch von einer Dachterrasse aus bewundern dürfen (dazu passieren wir wieder den Innenhof eines Wohnhauses, wo Frauen die Hausarbeit erledigen und ein Geldgeschenk von Jacob kassieren).
Eine kleine Sensation ist wieder der „Hafen“ mit einem irrwitzigen Gedrängel von Händlern, Lastenträgern, Touristen, Bettlern, Souvenirverkäufern und wer weiß wem noch. Man kommt kaum durch. Übrigens scheint meine Vorsicht gegenüber Kleinkriminellen überflüssig zu sein. Ich erlebe kein einziges Mal, dass etwas passiert, und Felix meint, dass die Kriminalität annähernd null Prozent beträgt. Einmal spricht mich ein Mann auf meine Kamera an, will sie kaufen. Er sei Berufsfotograf („mariages“) und meine Kamera sei sehr gut. Ich sage ihm, dass ich die Kamera wie mein Auge hüte und bedaure, sie ihm nicht überlassen zu können.
Die Bootswerft ist wie aus einer anderen Welt. Wir sehen einen Nagelschmied, der mit einer Zange ca. 10 cm lange rot glühende Stahlstifte aus einem Holzkohlenfeuer fischt und mit einem Hammer in Form bringt. Hinter ihm hockt ein ca. achtjähriger Junge, der an einer Kurbel das Rad eines Fahrrades dreht. Über die Felge läuft ein Transmissionsriemen, der einen Blasebalg für das Feuer antreibt. Hier ist das Mittelalter noch voll zu Gange. Tausend kleine Beobachtungen am Rande, die ich nicht alle festhalten kann. Aber eins: eine Weile begleitet uns ein Krüppel; er bewegt sich halb sitzend auf Händen, Knien und Füßen und bettelt. Schließlich kann ich es nicht mehr ansehen und gebe ihm ein Geldgeschenk – wenn ich ehrlich bin auch, weil ich ihn loswerden will (was auch gelingt, denn er widmet danach seine Aufmerksamkeit anderen).
Nach dem Mittagessen auf einer Dachterrasse mit Blick auf den Hafen (ich sitze natürlich mal wieder mit dem Rücken zur Aussicht, weil ich mich nicht vordrängele) fahren wir über Sévaré auf befestigter Straße über das Plateau Dogon Richtung Bandiagara. Kurz vor der Stadt fahren wir links ab in das Dorf Songo, das wir besichtigen. Nur Lehmbauten mit sehr engen Gassen. In einem Hof sitzen Frauen und spinnen Baumwolle wie bei Grimms Märchen mit Spindel und Hand, der Faden wird mit den Füßen gehalten. Gegen ein Bakschisch von 1000 CFA darf die ganze Gruppe fotografieren.
Wir steigen einen Hang hoch. Bislang wurden wir von einer Kinderschar begleitet. An einem bestimmten Punkt bleiben sie zurück, wir betreten jetzt einen Tabuplatz, der von Nichtbeschnittenen normalerweise nicht betreten werden darf. Auf einem kleinen Plateau sind ziemlich plumpe, farbige Felsmalereien zu sehen. Sie gehören zu dem Platz, an dem alle drei Jahre die Beschneidungszeremonie der 10 – 12-jährigen Jungen mit allerhand Voodoo stattfindet. Zu diesem Anlass werden die Felsbilder auch jeweils erneuert, daher sind sie wohl im Laufe der Jahrhunderte etwas plumper geworden.
Es wird uns ausführlich erklärt, ich denke nur an dieses blutige, barbarische Ritual. Interessant ist, dass wir bei Jungen von Beschneidung, bei Mädchen aber von Genitalverstümmelung reden. In der Gruppe entsteht auf meine kritische Bemerkung eine Diskussion über Sinn und Unsinn. Ich habe gelesen – und kann das nach eigener Beobachtung nachvollziehen -, dass in der Vorhaut viele Nerven enden, dass durch die Beschneidung also die Sensibilität reduziert wird. Zwei unserer Mediziner (Albert und Marie-Therese) finden nichts dabei, wenn die Bedingungen hygienisch einwandfrei sind – was unter diesen Umständen ausgeschlossen ist. Felix weiß aus seiner Erfahrung, dass dabei u.a. immer schwere Tetanusinfektionen entstehen und Tote zu beklagen sind. Übrigens habe ich im Reiseführer (Bradt, S. 182 f.) gelesen, dass – jedenfalls in Mali – die Beschneidung vorislamische, animistische Ursprünge hat. Unklarheit herrscht über die Genitalverstümmelung bei Mädchen. Jacob erklärt, diese werde in den Familien durchgeführt. Felix meint, sie sei verboten und werde wohl deswegen nicht öffentlich praktiziert.
Auf dem Weg zurück ins Dorf werden wir von den Kindern mit einem Lied empfangen, in dem sie um Geschenke bitten. Wir sehen u.a. die Schule: ein winziger, nach einer Seite offener Raum (ca. 4 x 5 m) mit ca. zehn zweisitzigen „Pulten“, die aus zusammengebundenen Bambusstöcken bestehen. Vorn eine Tafel mit lateinischen Buchstaben, aber es muss wohl Bambara sein, denn es ist für uns nicht zu lesen. Der Lehrer erklärt, dass sie die Schule erweitern wollen, und bittet um eine Spende. Ich stecke meinen größten Schein (10.000 CFA) in die schuhkartongroße Kiste. Da müssen wir wohl von hier aus noch was nachlegen.
Weiterfahrt nach Bandiagara. Das Hotel, von einem Malier mit Hotelerfahrung in der Schweiz, hat einen hübschen Innenhof, wo wir auch zu Abend essen. Dort treffen wir unseren Feind, den Macho von Kavaré wieder; Flo setzt sich so, dass sie ihn nicht sieht. Auf einer überdachten Dachterrasse mit Blick auf die Stadt trinken wir 51.
Vor dem Abendbrot gehen wir mit Jacob und einigen anderen durch die Stadt, besichtigen das Haus der Tall aus dem 19. Jh., Dogon-Architektur mit sudanesischen Elementen. Viel eindrucksvoller finde ich die gegenüberliegende Moschee: ein flacher Raum mit riesigem Grundriss, dicht an dicht hölzerne Stützpfeiler und ganz düster.
Auf unserem Weg durch die Gassen begegnen wir: einer Sau mit drei Ferkeln (das erste Mal, dass wir Schweine in Mali sehen), Kindern, die mit mir mit einem total laschen Fußball spielen, Gruppen von Männern, die auf winzigen Fernsehern die afrikanische Fußballmeisterschaft verfolgen, Kindern, die „Tobab“ (Weißer) hinter uns herrufen und lachen, als ich „Farafi“ (Schwarzer) antworte. Das ist ein genussvolles, entspanntes Bummeln im Dämmerlicht (weswegen ich auch nicht mehr viel fotografieren kann), ausnahmsweise ohne die aufdringlichen Souvenirhändler.
Nach dem Abendbrot dafür Stress. Silke verhandelt lange mit Jacob und stellt in der „Vollversammlung“ die Planung für die nächsten Tage vor; diese läuft darauf hinaus, dass die Wanderungen auf ein Minimum reduziert werden sollen. Ich bin stinksauer. Es hatte vorher schon diverse Bemerkungen aus der Gruppe gegeben, dass die Wanderungen unerwünscht seien: Thrombose, Meniskus, zu große Hitze und überhaupt „wozu wandern, wir fahren lieber“. Ich habe den Verdacht, dass die Programmänderung darauf zurückzuführen ist. Da die angekündigten Wanderungen ein wesentlicher Grund für meine Teilnahme an der Reise waren, protestiere ich energisch. – Silke hält dagegen, dass die Planung unrealistisch sei, weil für die 20-km-Wanderung keine Zeit angesichts der übrigen Programmpunkte sei.
Als einige von uns auf ein Bier auf die Dachterrasse steigen, kommt Silke hinter mir her und macht einen Kompromissvorschlag: übermorgen sollen die, die gerne wandern, sehr früh aufstehen und vor der Abfahrt der übrigen Gruppe einen Teil des Wegs wandern. Abends ist dann eine zweite Wanderung vorgesehen, so dass zwar keine 20 km dabei herauskommen, aber immerhin. Ich stimme zu.
(Fortsetzung folgt)
Zunächst fahren wir nach Mopti, überqueren wieder den Bani-Arm, der die künstlich von den Franzosen 1893 aufgeschüttete Insel vom Festland trennt. Die Stadt ist auch ein Ameisenhaufen, zumal Markttag ist. Entlang der großen Straßen kauern Händler und bieten alles Mögliche, auch wieder Souvenirs an. Im Wasser schwappt eine Menge undefinierbaren Mülls, darunter ca. 20 qm Japan-Latschen.
Dann kommen wir zu der riesigen Markthalle, in den umgebenden Straßen setzt sich der Markt fort. In der Markthalle summt es wie im Bienenkorb, aber kein lautes Wort, kein Geschimpfe oder Gebrüll. Es gibt einfach ALLES. Allerdings würde ich mich hüten, hier Lebensmittel zu kaufen, wenn sie nicht hinterher gekocht werden. Auch viel „Nippes“ gibt es zu bewundern. Einige kaufen auch tatsächlich Souvenirs und Geschenke. Ich fotografiere einiges, kann wohl auch gut werden. Hier gibt es auch das einzige moderne Beton-Wohnhaus mit vier Etagen, das ich außerhalb Bamako gesehen habe.
Dann die große Moschee, wieder ein eindruckvoller Lehmbau, den wir auch von einer Dachterrasse aus bewundern dürfen (dazu passieren wir wieder den Innenhof eines Wohnhauses, wo Frauen die Hausarbeit erledigen und ein Geldgeschenk von Jacob kassieren).
Eine kleine Sensation ist wieder der „Hafen“ mit einem irrwitzigen Gedrängel von Händlern, Lastenträgern, Touristen, Bettlern, Souvenirverkäufern und wer weiß wem noch. Man kommt kaum durch. Übrigens scheint meine Vorsicht gegenüber Kleinkriminellen überflüssig zu sein. Ich erlebe kein einziges Mal, dass etwas passiert, und Felix meint, dass die Kriminalität annähernd null Prozent beträgt. Einmal spricht mich ein Mann auf meine Kamera an, will sie kaufen. Er sei Berufsfotograf („mariages“) und meine Kamera sei sehr gut. Ich sage ihm, dass ich die Kamera wie mein Auge hüte und bedaure, sie ihm nicht überlassen zu können.
Die Bootswerft ist wie aus einer anderen Welt. Wir sehen einen Nagelschmied, der mit einer Zange ca. 10 cm lange rot glühende Stahlstifte aus einem Holzkohlenfeuer fischt und mit einem Hammer in Form bringt. Hinter ihm hockt ein ca. achtjähriger Junge, der an einer Kurbel das Rad eines Fahrrades dreht. Über die Felge läuft ein Transmissionsriemen, der einen Blasebalg für das Feuer antreibt. Hier ist das Mittelalter noch voll zu Gange. Tausend kleine Beobachtungen am Rande, die ich nicht alle festhalten kann. Aber eins: eine Weile begleitet uns ein Krüppel; er bewegt sich halb sitzend auf Händen, Knien und Füßen und bettelt. Schließlich kann ich es nicht mehr ansehen und gebe ihm ein Geldgeschenk – wenn ich ehrlich bin auch, weil ich ihn loswerden will (was auch gelingt, denn er widmet danach seine Aufmerksamkeit anderen).
Nach dem Mittagessen auf einer Dachterrasse mit Blick auf den Hafen (ich sitze natürlich mal wieder mit dem Rücken zur Aussicht, weil ich mich nicht vordrängele) fahren wir über Sévaré auf befestigter Straße über das Plateau Dogon Richtung Bandiagara. Kurz vor der Stadt fahren wir links ab in das Dorf Songo, das wir besichtigen. Nur Lehmbauten mit sehr engen Gassen. In einem Hof sitzen Frauen und spinnen Baumwolle wie bei Grimms Märchen mit Spindel und Hand, der Faden wird mit den Füßen gehalten. Gegen ein Bakschisch von 1000 CFA darf die ganze Gruppe fotografieren.
Wir steigen einen Hang hoch. Bislang wurden wir von einer Kinderschar begleitet. An einem bestimmten Punkt bleiben sie zurück, wir betreten jetzt einen Tabuplatz, der von Nichtbeschnittenen normalerweise nicht betreten werden darf. Auf einem kleinen Plateau sind ziemlich plumpe, farbige Felsmalereien zu sehen. Sie gehören zu dem Platz, an dem alle drei Jahre die Beschneidungszeremonie der 10 – 12-jährigen Jungen mit allerhand Voodoo stattfindet. Zu diesem Anlass werden die Felsbilder auch jeweils erneuert, daher sind sie wohl im Laufe der Jahrhunderte etwas plumper geworden.
Es wird uns ausführlich erklärt, ich denke nur an dieses blutige, barbarische Ritual. Interessant ist, dass wir bei Jungen von Beschneidung, bei Mädchen aber von Genitalverstümmelung reden. In der Gruppe entsteht auf meine kritische Bemerkung eine Diskussion über Sinn und Unsinn. Ich habe gelesen – und kann das nach eigener Beobachtung nachvollziehen -, dass in der Vorhaut viele Nerven enden, dass durch die Beschneidung also die Sensibilität reduziert wird. Zwei unserer Mediziner (Albert und Marie-Therese) finden nichts dabei, wenn die Bedingungen hygienisch einwandfrei sind – was unter diesen Umständen ausgeschlossen ist. Felix weiß aus seiner Erfahrung, dass dabei u.a. immer schwere Tetanusinfektionen entstehen und Tote zu beklagen sind. Übrigens habe ich im Reiseführer (Bradt, S. 182 f.) gelesen, dass – jedenfalls in Mali – die Beschneidung vorislamische, animistische Ursprünge hat. Unklarheit herrscht über die Genitalverstümmelung bei Mädchen. Jacob erklärt, diese werde in den Familien durchgeführt. Felix meint, sie sei verboten und werde wohl deswegen nicht öffentlich praktiziert.
Auf dem Weg zurück ins Dorf werden wir von den Kindern mit einem Lied empfangen, in dem sie um Geschenke bitten. Wir sehen u.a. die Schule: ein winziger, nach einer Seite offener Raum (ca. 4 x 5 m) mit ca. zehn zweisitzigen „Pulten“, die aus zusammengebundenen Bambusstöcken bestehen. Vorn eine Tafel mit lateinischen Buchstaben, aber es muss wohl Bambara sein, denn es ist für uns nicht zu lesen. Der Lehrer erklärt, dass sie die Schule erweitern wollen, und bittet um eine Spende. Ich stecke meinen größten Schein (10.000 CFA) in die schuhkartongroße Kiste. Da müssen wir wohl von hier aus noch was nachlegen.
Weiterfahrt nach Bandiagara. Das Hotel, von einem Malier mit Hotelerfahrung in der Schweiz, hat einen hübschen Innenhof, wo wir auch zu Abend essen. Dort treffen wir unseren Feind, den Macho von Kavaré wieder; Flo setzt sich so, dass sie ihn nicht sieht. Auf einer überdachten Dachterrasse mit Blick auf die Stadt trinken wir 51.
Vor dem Abendbrot gehen wir mit Jacob und einigen anderen durch die Stadt, besichtigen das Haus der Tall aus dem 19. Jh., Dogon-Architektur mit sudanesischen Elementen. Viel eindrucksvoller finde ich die gegenüberliegende Moschee: ein flacher Raum mit riesigem Grundriss, dicht an dicht hölzerne Stützpfeiler und ganz düster.
Auf unserem Weg durch die Gassen begegnen wir: einer Sau mit drei Ferkeln (das erste Mal, dass wir Schweine in Mali sehen), Kindern, die mit mir mit einem total laschen Fußball spielen, Gruppen von Männern, die auf winzigen Fernsehern die afrikanische Fußballmeisterschaft verfolgen, Kindern, die „Tobab“ (Weißer) hinter uns herrufen und lachen, als ich „Farafi“ (Schwarzer) antworte. Das ist ein genussvolles, entspanntes Bummeln im Dämmerlicht (weswegen ich auch nicht mehr viel fotografieren kann), ausnahmsweise ohne die aufdringlichen Souvenirhändler.
Nach dem Abendbrot dafür Stress. Silke verhandelt lange mit Jacob und stellt in der „Vollversammlung“ die Planung für die nächsten Tage vor; diese läuft darauf hinaus, dass die Wanderungen auf ein Minimum reduziert werden sollen. Ich bin stinksauer. Es hatte vorher schon diverse Bemerkungen aus der Gruppe gegeben, dass die Wanderungen unerwünscht seien: Thrombose, Meniskus, zu große Hitze und überhaupt „wozu wandern, wir fahren lieber“. Ich habe den Verdacht, dass die Programmänderung darauf zurückzuführen ist. Da die angekündigten Wanderungen ein wesentlicher Grund für meine Teilnahme an der Reise waren, protestiere ich energisch. – Silke hält dagegen, dass die Planung unrealistisch sei, weil für die 20-km-Wanderung keine Zeit angesichts der übrigen Programmpunkte sei.
Als einige von uns auf ein Bier auf die Dachterrasse steigen, kommt Silke hinter mir her und macht einen Kompromissvorschlag: übermorgen sollen die, die gerne wandern, sehr früh aufstehen und vor der Abfahrt der übrigen Gruppe einen Teil des Wegs wandern. Abends ist dann eine zweite Wanderung vorgesehen, so dass zwar keine 20 km dabei herauskommen, aber immerhin. Ich stimme zu.
(Fortsetzung folgt)
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Freitag, 28. Juni 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (8) Elfter Tag - Kavaré
jf.bremen, 16:50h
Wir fahren früh wieder über die Asphaltstraße – die letzte für einige Zeit – bis Kavaré, wo wir mit einer Fähre den Niger überqueren müssen. Doch das dauert. Am Ufer liegt ein LKW fest, tief im Sand festgefahren. Mitten im Wasser liegt unweit des Ufers die Fähre, dick beladen mit Fahrzeugen, Tieren und einem „Rotel“. Es spricht sich rum: Maschinenschaden. Eine zweite Fähre liegt offensichtlich auch am Ufer fest. Schließlich geht eine Pinasse mit Außenborder längsseits und schleppt die Fähre an Land. Fahrzeuge fahren über die Uferböschung. Das Rotel schleppt den LKW aus dem Sand die Böschung hoch auf sicheres Terrain. Es soll eine dritte Fähre geben, die ist aber unterwegs. Also warten wir.
Direkt am Fähranleger befinden sich Wohnhütten, kleine Verkaufsstände, Werkstätten: ein buntes Treiben, aber wieder äußerst primitiv. Es gibt auch fliegende Händler mit Getränken, Obst, Erdnüssen, auch Souvenirs, sie sind aber etwas dezenter, denn hier setzen nicht nur Touristen über, sondern Hirten mit ihren Schafen, Frauen auf dem Weg vom oder zum Markt, Händler…. Wir treiben uns rum, fotografieren, wenn möglich, kleine Einkäufe (Erdnüsse), G. schart schließlich eine Gruppe Kinder um sich, es sieht so aus, als mache sie Schule. Ein Krüppel kommt schließlich auch dazu, also Integrationsunterricht. Felix und ich beobachten die Szene etwas amüsiert. G. erzählt hinterher, dass sie den Kindern u.a. geraten hat, zur Schule zu gehen, das sei wichtig. Die Frage nach cadeaux kontert sie, indem sie den Kindern verspricht, etwas für ihre Schule zu spenden. Wie wir das wohl hinkriegen.
Schließlich kommt die dritte, sehr kleine Fähre, die mit fünf Autos plus Fußgängern und Tieren sehr voll ist. Beim Warten steht irgendwann „Flo“ neben mir und teilt besorgt mit, dass ein „fremdes Auto“ sich zwischen unsere Fahrzeuge gemogelt hat. Der mutmaßliche oder tatsächliche Eigentümer (oder so) war mir schon vorher aufgefallen: weißer Macho mit dickem Bauch mit bildhübscher junger afrikanischer Frau im schicken afro-europäischen Outfit. Ich flachse: „Wir können es ja blockieren, Kette bilden.“
Als es dann schließlich losgeht, sehe ich, dass Flo tatsächlich vor dem Auto steht mit verschränkten Armen und keine Anstalten macht, Platz zu machen. Ich beobachte, dass der Eigentümer (oder was der ist) erst mit ihr redet, sie dann mit Gewalt von dem Auto wegzieht und seinem Fahrer Zeichen gibt loszufahren. Floh hält ihm ihr Fäustchen unter die Nase, aber da prescht der Fahrer schon los und ist als erster auf der Fähre, und der andere Mann lässt von Flo ab. Das eigentliche Problem war, dass unsere Fahrer nicht auf dem Qui-vive waren, sonst hätten sie die Initiative ergriffen und wären früher losgefahren. Am Ende passen aber doch neben dem „feindlichen“ auch alle unsere Autos auf die Fähre inklusive Markt(?)-Frauen, Männer mit Tieren etc.
Die Fahrt auf der Fähre dauert länger als erwartet. Der „Fähranleger“ ist an einem Nebenarm des Niger, auf dem wir erst einige Zeit fahren mit Blick auf Dörfer und Fischer; dann queren wir den Niger nicht direkt, sondern fahren eine ganze Strecke flussab. Auf der anderen Seite ist der Fähranleger ähnlich, einfach ein etwas planierter Abhang zum Wasser, oben ein paar Hütten und der Beginn einer Piste. Dies ist die einzige „Straßen“-Verbindung von und nach Timbuktu.
Jetzt wird deutlich, dass Timbuktu tatsächlich nur auf dem Wasserweg per Pinasse oder Piroge – während der Regenzeit auch mit größeren Schiffen – oder auf dem Landweg über eine völlig zerfahrene Piste erreichbar ist. Auf unserer Fahrt – zunächst ostwärts parallel zum Niger, später südwärts - begegnen wir keinem LKW (der würde es auch schwer haben), dafür mehreren Eselkarawanen mit je ca. fünfzig Tieren, bepackt mit Säcken (vermutlich Getreide). Amadou erklärt, dass sie auf dem Rückweg Salz aus der Wüste transportieren und dass es auch Kamelkarawanen gibt (die wir aber nicht sehen).
Von dem – im Winter ausgetrockneten – Do-See sehen wir keine Andeutung. In Douentza – nach 250 km Fahrt, - größtenteils auf „Wellblech“-Piste oder in lockerem Sand – erreichen wir erstmalig wieder die asphaltierte Straße N 16 und fahren auf ihr bis Sévaré. Dort sind wir wieder im gleichen Hotel wie früher schon.
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GESCHICHTE
Das heutige Mali war im Lauf der Geschichte wechselvollen Einflüssen ausgesetzt. Als Land inmitten des Kontinents wechselten Völker, Reiche und Herrscher sich immer wieder ab. Das Mali-Reich hatte seine größte Ausdehnung Ende des 14. Jahrhunderts und umfasste u.a. auch Ghana. Herrscher waren die Bambara-Könige aus der Gegend von Sékoro/Ségou. Ihr sagenhafter, auf Gold beruhender Reichtum und ihre hohe soziale Organisationsform waren Garant für Einfluss und Macht. Nach dieser Epoche kam das Land unter islamischen Einfluss mit einer prunkvollen Architektur und hoch entwickelter Kunst. Die Malier handelten mit Gold, Salz und Sklaven. Seit 1870 wurde das Land von Frankreich erobert. 1904 wurde es als Französch-Sudan Teil Französisch-Westafrikas. Dem Kolonialismus widersetzten sich die Tuareg, bis sie 1916 „befriedet“, d.h. militärisch unterworfen wurden. 1960 wurde Mali unabhängig und eine Präsidialdemokratie nach französischem Vorbild. 1990 -96 revoltierten die Tuareg erneut, ließen sich dann auf einen Friedensschluss ein, der ihnen versprach, am Uran-Abbau in der Sahara beteiligt zu werden. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt, daher kam es 2012 zu einem Aufstand und der Ausrufung des unabhängigen Staats Azaouad. Eine Offiziers-Junta putschte und löste die gewählte Regierung ab Diese Situation nutzten islamistische Fundamentalisten und usurpierten Azaouad. 2013 intervenierten französische Streitkräfte und vertrieben die Islamisten in die Sahara. Eine Übergangsregierung wurde eingesetzt. Der Konflikt ist bisher nicht beendet.
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(Fortsetzung folgt)
Direkt am Fähranleger befinden sich Wohnhütten, kleine Verkaufsstände, Werkstätten: ein buntes Treiben, aber wieder äußerst primitiv. Es gibt auch fliegende Händler mit Getränken, Obst, Erdnüssen, auch Souvenirs, sie sind aber etwas dezenter, denn hier setzen nicht nur Touristen über, sondern Hirten mit ihren Schafen, Frauen auf dem Weg vom oder zum Markt, Händler…. Wir treiben uns rum, fotografieren, wenn möglich, kleine Einkäufe (Erdnüsse), G. schart schließlich eine Gruppe Kinder um sich, es sieht so aus, als mache sie Schule. Ein Krüppel kommt schließlich auch dazu, also Integrationsunterricht. Felix und ich beobachten die Szene etwas amüsiert. G. erzählt hinterher, dass sie den Kindern u.a. geraten hat, zur Schule zu gehen, das sei wichtig. Die Frage nach cadeaux kontert sie, indem sie den Kindern verspricht, etwas für ihre Schule zu spenden. Wie wir das wohl hinkriegen.
Schließlich kommt die dritte, sehr kleine Fähre, die mit fünf Autos plus Fußgängern und Tieren sehr voll ist. Beim Warten steht irgendwann „Flo“ neben mir und teilt besorgt mit, dass ein „fremdes Auto“ sich zwischen unsere Fahrzeuge gemogelt hat. Der mutmaßliche oder tatsächliche Eigentümer (oder so) war mir schon vorher aufgefallen: weißer Macho mit dickem Bauch mit bildhübscher junger afrikanischer Frau im schicken afro-europäischen Outfit. Ich flachse: „Wir können es ja blockieren, Kette bilden.“
Als es dann schließlich losgeht, sehe ich, dass Flo tatsächlich vor dem Auto steht mit verschränkten Armen und keine Anstalten macht, Platz zu machen. Ich beobachte, dass der Eigentümer (oder was der ist) erst mit ihr redet, sie dann mit Gewalt von dem Auto wegzieht und seinem Fahrer Zeichen gibt loszufahren. Floh hält ihm ihr Fäustchen unter die Nase, aber da prescht der Fahrer schon los und ist als erster auf der Fähre, und der andere Mann lässt von Flo ab. Das eigentliche Problem war, dass unsere Fahrer nicht auf dem Qui-vive waren, sonst hätten sie die Initiative ergriffen und wären früher losgefahren. Am Ende passen aber doch neben dem „feindlichen“ auch alle unsere Autos auf die Fähre inklusive Markt(?)-Frauen, Männer mit Tieren etc.
Die Fahrt auf der Fähre dauert länger als erwartet. Der „Fähranleger“ ist an einem Nebenarm des Niger, auf dem wir erst einige Zeit fahren mit Blick auf Dörfer und Fischer; dann queren wir den Niger nicht direkt, sondern fahren eine ganze Strecke flussab. Auf der anderen Seite ist der Fähranleger ähnlich, einfach ein etwas planierter Abhang zum Wasser, oben ein paar Hütten und der Beginn einer Piste. Dies ist die einzige „Straßen“-Verbindung von und nach Timbuktu.
Jetzt wird deutlich, dass Timbuktu tatsächlich nur auf dem Wasserweg per Pinasse oder Piroge – während der Regenzeit auch mit größeren Schiffen – oder auf dem Landweg über eine völlig zerfahrene Piste erreichbar ist. Auf unserer Fahrt – zunächst ostwärts parallel zum Niger, später südwärts - begegnen wir keinem LKW (der würde es auch schwer haben), dafür mehreren Eselkarawanen mit je ca. fünfzig Tieren, bepackt mit Säcken (vermutlich Getreide). Amadou erklärt, dass sie auf dem Rückweg Salz aus der Wüste transportieren und dass es auch Kamelkarawanen gibt (die wir aber nicht sehen).
Von dem – im Winter ausgetrockneten – Do-See sehen wir keine Andeutung. In Douentza – nach 250 km Fahrt, - größtenteils auf „Wellblech“-Piste oder in lockerem Sand – erreichen wir erstmalig wieder die asphaltierte Straße N 16 und fahren auf ihr bis Sévaré. Dort sind wir wieder im gleichen Hotel wie früher schon.
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GESCHICHTE
Das heutige Mali war im Lauf der Geschichte wechselvollen Einflüssen ausgesetzt. Als Land inmitten des Kontinents wechselten Völker, Reiche und Herrscher sich immer wieder ab. Das Mali-Reich hatte seine größte Ausdehnung Ende des 14. Jahrhunderts und umfasste u.a. auch Ghana. Herrscher waren die Bambara-Könige aus der Gegend von Sékoro/Ségou. Ihr sagenhafter, auf Gold beruhender Reichtum und ihre hohe soziale Organisationsform waren Garant für Einfluss und Macht. Nach dieser Epoche kam das Land unter islamischen Einfluss mit einer prunkvollen Architektur und hoch entwickelter Kunst. Die Malier handelten mit Gold, Salz und Sklaven. Seit 1870 wurde das Land von Frankreich erobert. 1904 wurde es als Französch-Sudan Teil Französisch-Westafrikas. Dem Kolonialismus widersetzten sich die Tuareg, bis sie 1916 „befriedet“, d.h. militärisch unterworfen wurden. 1960 wurde Mali unabhängig und eine Präsidialdemokratie nach französischem Vorbild. 1990 -96 revoltierten die Tuareg erneut, ließen sich dann auf einen Friedensschluss ein, der ihnen versprach, am Uran-Abbau in der Sahara beteiligt zu werden. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt, daher kam es 2012 zu einem Aufstand und der Ausrufung des unabhängigen Staats Azaouad. Eine Offiziers-Junta putschte und löste die gewählte Regierung ab Diese Situation nutzten islamistische Fundamentalisten und usurpierten Azaouad. 2013 intervenierten französische Streitkräfte und vertrieben die Islamisten in die Sahara. Eine Übergangsregierung wurde eingesetzt. Der Konflikt ist bisher nicht beendet.
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(Fortsetzung folgt)
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Montag, 24. Juni 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (7) Zehnter Tag - Timbuktu
jf.bremen, 10:24h
Zehnter Tag - Timbuktu
Nach dem Frühstück Stadtführung mit einem jungen Studenten im Tuareg-look (später treffen wir ihn wieder in Jeans und Sweatshirt). Die Stadt ist ziemlich leer (Freitag), die Djingareiber Moschee, die man sonst besichtigen kann, ist wegen Bauarbeiten geschlossen. Er zeigt uns aber alle drei Moscheen von außen, erklärt uns die Bürgerhäuser und die Bedeutung der Türen und Türklopfer, führt uns zu den tatsächlichen oder angenommenen Wohnhäusern der drei großen Afrikareisenden René Caillié, Heinrich Barth und Gordon Laing. Einen kurzen Stopp gibt’s im Heinrich-Barth-Haus, einem kleinen Museum, wo wir uns einen Eintrag in den Pass holen (ich bin auch in Timbuktu gewesen). Das große Museum über das Leben der Tuareg und mit alten Exponaten ist interessant. Sensationell ist aber der Besuch im Institut de Hautes Études et des Recherches Islamique Ahmed Baba mit seinen 20.000 – 30.000 Quellen aus acht Jahrhunderten.
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DAS INSTITUT DES HAUTES ÉTUDES ET DES RECHERCHES ISLAMIQUE ACHMED BABA
ist ein Zentrum zur Sichtung, Konservierung und Erforschung von 20 – 30.000 seltenen und wertvollen Büchern und Manuskripten. Sie umfassen die Gebiete der Islamwissenschaft, Geschichte, Anthroposoziologie, Literatur und Medizin und stellen einen einmaligen Schatz dar. Umso bedauerlicher ist es, dass die islamistischen Milizen 2012 einen Teil der Dokumente als „unislamisch“ zu vernichten drohten. Zum Glück haben Einwohner Timbuktus das Schlimmste verhüten können, indem sie viele Bücher und Manuskripte versteckten und in den Süden retteten.
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Wir haben Zugang zur Restauratoren-Werkstatt und zur Bibliothek und können die Dokumente direkt angucken. Symbolisch gesprochen: mir klopft das Herz bis zum Hals. Hätte man mir vor vierzig Jahren gesagt, dass ich mal Erregungszustände vor einem alten Dokument bekommen würde, hätte ich mir an die Stirn getippt. Alter schützt vor Leidenschaft nicht. - Eine fotografiert mit Blitz und ist wohl ziemlich indigniert, als ich sie darauf hinweise, dass das schädlich und streng verpönt ist.
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DAS MONUMENT DE LA PAIX
befindet sich am Rande von Timbuktu. Nach dem Tuareg-Aufstand 1990 – 96 wurde es als Monument errichtet. Es sollte den Friedensvertrag zwischen der Regierung und den Tuareg symbolisieren. In das Monument wurden als Zeichen des Friedens entschärfte Waffen eingemauert. Da die Versprechungen der Regierung, die Tuareg am Reichtum der Wüste – der Uranausbeute zu beteiligen -, nicht eingehalten wurden, erhoben sich die Tuareg 2012 erneut und riefen einen eigenen Staat Azaouad aus. Ihre Revolte wurde jedoch von fundamentalistischen Islamisten usurpiert.
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Bei einem Bummel über den Handwerkerhof erstehen G. und ich einen „silbernen Armreif“. Es wird nach allen Regeln der Kunst gehandelt, allerdings macht der Mann schließlich wohl doch ein gutes Geschäfte, ich bin etwas aus der Übung. Aber der Armreif ist schlicht und doch simpel. Der Händler begrüßt uns herzlich als Deutsche, er hat einen deutschen Freund und zieht zum Beweis aus einem Stapel Visitenkarten eines Mitarbeiters des Bremer Überseemuseums heraus. Ich gebe ihm meine Karte, da kann er zukünftig auch mit mir angeben. G. gabelt einen kleinen Freund auf, der uns hartnäckig begleitet und ankündigt, er würde nachmittags bei dem Kamelritt auch dabei sein.
Unterwegs spricht uns eine Frau an und will fotografiert werden. Ich tue’s und gebe ihr 500 CFA. Sie ist zufrieden und zieht ab. Da stellen mich zwei oder drei junge Männer zur Rede und beschimpfen mich wegen des Fotos. Ich versuche, es zu erklären, aber sie beharren auf ihrer Meinung. Eine gezielte Provokation, das Ganze eine Inszenierung? Ich trolle mich schließlich und lasse sie stehen. Zuhause kommen uns beim Ansehen des Dias Zweifel, ob die fotografierte Person wirklich eine Frau ist!
Nachmittags, während die anderen individuell shoppen, gehen G. und ich zum Place de l’Independance und bewundern die Statue zu Ehren von Al-Farouk. Ob wir die marokkanische Kasbah gefunden haben, ist nicht ganz sicher. - Wir lassen uns auf der Dachterrasse des Hotels einen Tee servieren und genießen die Aussicht über den Stadtrand, den Friedhof und die anschließenden Dünen, die die Wüste ankündigen.
Am frühen Abend gibt’s für alle einen Kamelritt. Ich kann mich immer noch nicht dafür begeistern. Die Freude wird zusätzlich dadurch getrübt, dass wir in einem Tuareg-Lager landen und uns –mal wieder – der Zudringlichkeit von Händlern erwehren müssen. Immerhin kaufen andere etwas, so dass wir etwas entlastet sind. Für den Rückweg nehmen wir das Angebot an, im 4x4 zu fahren. Der kleine Junge vom Vormittag will hinten auf der Stoßstange mitfahren, der Fahrer rast im Zick-Zack über die Piste, der kleine fängt an zu heulen, schließlich stoppt der Fahrer und der Junge springt ab, aber ein Erwachsener fährt bis in die Stadt mit.
Bei den Mahlzeiten hat sich jetzt eine merkwürdige Sitzordnung herausgestellt. Bisher präsidierte der Prof. am einen Ende, der Doktor am anderen und dazwischen bunte Reihe. Jetzt sitzen am einen Ende das „Frauenbataillon“ und am anderen Hebels, wir, Silke, Helga; der Prof. schön in der Mitte, damit er zu keiner Fraktion den Anschluss verpasst, aber mit deutlicher Tendenz zu den Frauen. Albert, eigentlich eher zu uns tendierend, sitzt bei den Frauen, weil er sich mit Karin angefreundet hat. Einmal sitzen wir schon, und das andere Tischende ist noch frei, da kommt Beate, setzt sich neben mich; die anderen tröpfeln ein, da setzt sie sich zur anderen Seite und erklärt, neben mir wolle sie nicht sitzen. Auch gut.
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TIMBUKTU und KAVARÉ
Die Oasenstadt Timbuktu mit ca. 55.000 Einwohnern liegt am Südrand der Sahara. Einzige Landverbindungen nach Süden und in die Wüste sind Pisten, die nur mit geländegängigen Fahrzeugen zu bewältigen sind. Wie eh und je erfolgt ein Großteil des Warentransports mit Kamel- und Eselskarawanen. Die Asphaltstraße nach Süden endet in Kavaré am Niger. Der Fluss ist die eine Lebensader für den Transport von Personen und Waren auf Schiff nach Osten und Süden. In der Regenzeit können die großen Niger-Dampfer fahren, in der Trockenzeit nur Pinassen und Pirogen. Da Timbuktu traditionell Umschlagsplatz für den Goldhandel nach Nordafrika war, verbreitete sich das Gerücht, dort seien die Dächer mit Gold gedeckt. Die ersten europäischen Afrika-Forscher, Alexander Gordon Laing, René Caillié und Heinrich Barth, waren daher beim Anblick der Stadt herbe enttäuscht. Caillié notierte: „… ein Durcheinander hässlicher Häuser aus Erde gebaut.“ Dennoch ist Timbuktu sehenswert wegen seiner drei großen Moscheen, seiner Mausoleen berühmter Männer – die leider von den Islamisten 2012 teilweise zerstört wurden – sowie des berühmten Instituts für islamische Studien und Forschungen „Ahmed Baba“. Die Djingareiber-Moschee ist sogar zu besichtigen „Ahmed Baba“ ist mit 20.000 – 30.000 Bänden eine der größten Sammlungen gelehrter Schriften aus Islamwissenschaft, Geschichte Anthroposoziologie, Literatur und Medizin im islamischen Raum. Eine andere Bibliothek befindet sich am Nordrand der Sahara in der Zawia Tamegroute (Marokko) mit 4.185 Bänden aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit mit der. Gründung und Geschichte der Stadt liegen weitgehend im Ungewissen. Wegen seiner besonderen Lage war sie in der wechselvollen Geschichte der Region häufig umstritten und umkämpft.
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Nach dem Frühstück Stadtführung mit einem jungen Studenten im Tuareg-look (später treffen wir ihn wieder in Jeans und Sweatshirt). Die Stadt ist ziemlich leer (Freitag), die Djingareiber Moschee, die man sonst besichtigen kann, ist wegen Bauarbeiten geschlossen. Er zeigt uns aber alle drei Moscheen von außen, erklärt uns die Bürgerhäuser und die Bedeutung der Türen und Türklopfer, führt uns zu den tatsächlichen oder angenommenen Wohnhäusern der drei großen Afrikareisenden René Caillié, Heinrich Barth und Gordon Laing. Einen kurzen Stopp gibt’s im Heinrich-Barth-Haus, einem kleinen Museum, wo wir uns einen Eintrag in den Pass holen (ich bin auch in Timbuktu gewesen). Das große Museum über das Leben der Tuareg und mit alten Exponaten ist interessant. Sensationell ist aber der Besuch im Institut de Hautes Études et des Recherches Islamique Ahmed Baba mit seinen 20.000 – 30.000 Quellen aus acht Jahrhunderten.
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DAS INSTITUT DES HAUTES ÉTUDES ET DES RECHERCHES ISLAMIQUE ACHMED BABA
ist ein Zentrum zur Sichtung, Konservierung und Erforschung von 20 – 30.000 seltenen und wertvollen Büchern und Manuskripten. Sie umfassen die Gebiete der Islamwissenschaft, Geschichte, Anthroposoziologie, Literatur und Medizin und stellen einen einmaligen Schatz dar. Umso bedauerlicher ist es, dass die islamistischen Milizen 2012 einen Teil der Dokumente als „unislamisch“ zu vernichten drohten. Zum Glück haben Einwohner Timbuktus das Schlimmste verhüten können, indem sie viele Bücher und Manuskripte versteckten und in den Süden retteten.
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Wir haben Zugang zur Restauratoren-Werkstatt und zur Bibliothek und können die Dokumente direkt angucken. Symbolisch gesprochen: mir klopft das Herz bis zum Hals. Hätte man mir vor vierzig Jahren gesagt, dass ich mal Erregungszustände vor einem alten Dokument bekommen würde, hätte ich mir an die Stirn getippt. Alter schützt vor Leidenschaft nicht. - Eine fotografiert mit Blitz und ist wohl ziemlich indigniert, als ich sie darauf hinweise, dass das schädlich und streng verpönt ist.
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DAS MONUMENT DE LA PAIX
befindet sich am Rande von Timbuktu. Nach dem Tuareg-Aufstand 1990 – 96 wurde es als Monument errichtet. Es sollte den Friedensvertrag zwischen der Regierung und den Tuareg symbolisieren. In das Monument wurden als Zeichen des Friedens entschärfte Waffen eingemauert. Da die Versprechungen der Regierung, die Tuareg am Reichtum der Wüste – der Uranausbeute zu beteiligen -, nicht eingehalten wurden, erhoben sich die Tuareg 2012 erneut und riefen einen eigenen Staat Azaouad aus. Ihre Revolte wurde jedoch von fundamentalistischen Islamisten usurpiert.
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Bei einem Bummel über den Handwerkerhof erstehen G. und ich einen „silbernen Armreif“. Es wird nach allen Regeln der Kunst gehandelt, allerdings macht der Mann schließlich wohl doch ein gutes Geschäfte, ich bin etwas aus der Übung. Aber der Armreif ist schlicht und doch simpel. Der Händler begrüßt uns herzlich als Deutsche, er hat einen deutschen Freund und zieht zum Beweis aus einem Stapel Visitenkarten eines Mitarbeiters des Bremer Überseemuseums heraus. Ich gebe ihm meine Karte, da kann er zukünftig auch mit mir angeben. G. gabelt einen kleinen Freund auf, der uns hartnäckig begleitet und ankündigt, er würde nachmittags bei dem Kamelritt auch dabei sein.
Unterwegs spricht uns eine Frau an und will fotografiert werden. Ich tue’s und gebe ihr 500 CFA. Sie ist zufrieden und zieht ab. Da stellen mich zwei oder drei junge Männer zur Rede und beschimpfen mich wegen des Fotos. Ich versuche, es zu erklären, aber sie beharren auf ihrer Meinung. Eine gezielte Provokation, das Ganze eine Inszenierung? Ich trolle mich schließlich und lasse sie stehen. Zuhause kommen uns beim Ansehen des Dias Zweifel, ob die fotografierte Person wirklich eine Frau ist!
Nachmittags, während die anderen individuell shoppen, gehen G. und ich zum Place de l’Independance und bewundern die Statue zu Ehren von Al-Farouk. Ob wir die marokkanische Kasbah gefunden haben, ist nicht ganz sicher. - Wir lassen uns auf der Dachterrasse des Hotels einen Tee servieren und genießen die Aussicht über den Stadtrand, den Friedhof und die anschließenden Dünen, die die Wüste ankündigen.
Am frühen Abend gibt’s für alle einen Kamelritt. Ich kann mich immer noch nicht dafür begeistern. Die Freude wird zusätzlich dadurch getrübt, dass wir in einem Tuareg-Lager landen und uns –mal wieder – der Zudringlichkeit von Händlern erwehren müssen. Immerhin kaufen andere etwas, so dass wir etwas entlastet sind. Für den Rückweg nehmen wir das Angebot an, im 4x4 zu fahren. Der kleine Junge vom Vormittag will hinten auf der Stoßstange mitfahren, der Fahrer rast im Zick-Zack über die Piste, der kleine fängt an zu heulen, schließlich stoppt der Fahrer und der Junge springt ab, aber ein Erwachsener fährt bis in die Stadt mit.
Bei den Mahlzeiten hat sich jetzt eine merkwürdige Sitzordnung herausgestellt. Bisher präsidierte der Prof. am einen Ende, der Doktor am anderen und dazwischen bunte Reihe. Jetzt sitzen am einen Ende das „Frauenbataillon“ und am anderen Hebels, wir, Silke, Helga; der Prof. schön in der Mitte, damit er zu keiner Fraktion den Anschluss verpasst, aber mit deutlicher Tendenz zu den Frauen. Albert, eigentlich eher zu uns tendierend, sitzt bei den Frauen, weil er sich mit Karin angefreundet hat. Einmal sitzen wir schon, und das andere Tischende ist noch frei, da kommt Beate, setzt sich neben mich; die anderen tröpfeln ein, da setzt sie sich zur anderen Seite und erklärt, neben mir wolle sie nicht sitzen. Auch gut.
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TIMBUKTU und KAVARÉ
Die Oasenstadt Timbuktu mit ca. 55.000 Einwohnern liegt am Südrand der Sahara. Einzige Landverbindungen nach Süden und in die Wüste sind Pisten, die nur mit geländegängigen Fahrzeugen zu bewältigen sind. Wie eh und je erfolgt ein Großteil des Warentransports mit Kamel- und Eselskarawanen. Die Asphaltstraße nach Süden endet in Kavaré am Niger. Der Fluss ist die eine Lebensader für den Transport von Personen und Waren auf Schiff nach Osten und Süden. In der Regenzeit können die großen Niger-Dampfer fahren, in der Trockenzeit nur Pinassen und Pirogen. Da Timbuktu traditionell Umschlagsplatz für den Goldhandel nach Nordafrika war, verbreitete sich das Gerücht, dort seien die Dächer mit Gold gedeckt. Die ersten europäischen Afrika-Forscher, Alexander Gordon Laing, René Caillié und Heinrich Barth, waren daher beim Anblick der Stadt herbe enttäuscht. Caillié notierte: „… ein Durcheinander hässlicher Häuser aus Erde gebaut.“ Dennoch ist Timbuktu sehenswert wegen seiner drei großen Moscheen, seiner Mausoleen berühmter Männer – die leider von den Islamisten 2012 teilweise zerstört wurden – sowie des berühmten Instituts für islamische Studien und Forschungen „Ahmed Baba“. Die Djingareiber-Moschee ist sogar zu besichtigen „Ahmed Baba“ ist mit 20.000 – 30.000 Bänden eine der größten Sammlungen gelehrter Schriften aus Islamwissenschaft, Geschichte Anthroposoziologie, Literatur und Medizin im islamischen Raum. Eine andere Bibliothek befindet sich am Nordrand der Sahara in der Zawia Tamegroute (Marokko) mit 4.185 Bänden aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit mit der. Gründung und Geschichte der Stadt liegen weitgehend im Ungewissen. Wegen seiner besonderen Lage war sie in der wechselvollen Geschichte der Region häufig umstritten und umkämpft.
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Sonntag, 23. Juni 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (6) Achter und neunter Tag - Niger - Niafunké - Timbuktu
jf.bremen, 12:17h
Achter Tag - Niger
Bereits vor Sonnenaufgang Abbruch der Zelte und Weiterfahrt. Frühstück bei Sonnenaufgang(!) wieder an Bord. Erneuter Zwischenstopp in einem kleinen Dorf. Es ergeben sich gute Gespräche mit Helga, die sich schon in Segou an uns angeschlossen hat. Sie ist musikinteressiert und singt in einem Chor. Da sie G.s Kompetenz für malische Musik erkennt, geht sie mit uns aufs Festival und fragt Gerhild aus.
Abends zelten wir diesmal auf einer Sandbank, Abendbrot an Bord und das versprochene Lagerfeuer. Die Besatzung breitet eine Plane zum Sitzen/Liegen aus. Die Reisegefährten halten es aber nicht lange aus, „weil Stühle fehlen“. G. und ich bleiben schließlich allein mit zwei/drei aus der Besatzung, die aber für sich bleiben. Wieder Sternenhimmel, wie wir ihn sonst nicht kennen! Schließlich verkriechen wir uns im Zelt und die Einheimischen wickeln sich in die Plane ein; das Lagerfeuer glimmt noch am nächsten Morgen und die Glut wird fürs Kaffeekochen an Bord gebracht.
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PIROGEN und PINASSEN
Die Piroge ist ein einfacher aus einem Einbaum entwickelter Schiffstyp, dessen Seitenwände durch aufgesetzte Planken erhöht wurden. Sie wird gepaddelt oder gestakt. Heutzutage sind sie oft mit einem Außenbordmotor ausgerüstet. In Westafrika dienen Pirogen traditionell der Fischerei. Die bis zu 20 Meter langen Holzboote haben einen bananenförmig geschwungenen massiven Kiel. Bug und Heck ragen zwei Meter weit über den Kiel. Häufig sind sie bunt bemalt. Als Landungsplätze dienen vorzugsweise Sandstrände, wo die Boote aus dem Wasser gezogen werden. Die Piroge ist der kleinere der beiden Bootstypen.
Pinassen sind verschiedener Größe und Bauart, manchmal mit einem Dach oder einer Art Kajüte versehen, meist bunt bemalt. Sie dienen vornehmlich dem Güter- und Personentransport sowie als Fischereifahrzeuge. Oft werden sie von starken Motoren oder auch von – aus Reissäcken genähten - Segeln angetrieben. Während der Trockenzeit sind sie wegen ihres geringen Tiefgangs neben den Pirogen die einzigen Verkehrsmittel auf dem Niger. Bepackt mit Säcken, Kalebassen, Gepäck und Passagieren gleiten sie majestätisch durch die Wellen. Pinassen und Pirogen sind auch die Reisegefährte der Flussnomaden, der Bozo.
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Neunter Tag - Niafounké
Wie am Vortag, Halt in Niafounké (der Ort, wo Ali Farka Touré lebte und Bürgermeister war), G. und ich bleiben an Bord: es wird uns zu viel. Diesmal kommen die Kinder ans Boot, kloppen sich um unsere Plastikflaschen, sind auch zudringlich, werden aber von einem Besatzungsmitglied immer wieder verscheucht. Im Dunkeln erreichen wir Kavaré, wo die Jeeps bereit stehen. Gerhild hat Helga inzwischen als Reisegefährtin für die Geländewagen-Fahrt geheuert. Weil sie übrig bleibt, kommt auch Beate mit ins Auto. An den Folgetagen hat sie sich aber anders organisiert und wir haben Silke im Auto, was ja ganz nett ist. Sie fragt unseren Fahrer Amadou nach diesem und jenem und übersetzt es uns hinten auf dem Rücksitz.
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Transfer nach Timbuktu ins Hotel auf asphaltierter Straße. Kurz hinter Kavaré eine Straßensperre und hier bekommen wir es zum ersten Mal live mit, dass der Polizist bestochen werden will. Unser Fahrer hat nicht genug Kleingeld, erbittet von uns 1.000 CFA. Das scheint nicht zu reichen, denn der Polizist kontrolliert alles Mögliche – Steuer-/Versicherungs-Etikett an der Windschutzscheibe, irgendwelche Papiere – und es gibt ein langes Palaver, von dem wir nichts mitkriegen. Das ganze dauert endlos, bis wir schließlich losfahren können.
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ETHNIEN
Das Yoshua-Projekt zählt für Mali 62 verschiedene Ethnien auf, von denen ca. 30 eigene Sprachen sprechen. Die größte Gruppe sind die Bambara mit 30 % der malischen Bevölkerung. Andere sind die Dogon, die Peul und die Malinké, die Songhay und die Sénoufo. Die Tuarag sind mit ca. 500.000 Menschen, das sind ca. 4,5% der Landesbevölkerung, eine eher kleine, aber in Europa bekannte Ethnie. Die einzelnen Völker gehen traditionell unterschiedlichen Erwerbszweigen nach: die nomadischen Peul sind Viehhirten, die Bozo sind Fischernomaden. Zwischen den Ethnien bestehen wegen unterschiedlicher Interessen Rivalitäten, so z.B. zwischen nomadischen Viehzüchtern und sesshaften Bauern. Die Tuareg – nicht nur in Mali lebend – sind vor allem im Transsahara-Handel tätig.
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(Fortsetzung folgt)
Bereits vor Sonnenaufgang Abbruch der Zelte und Weiterfahrt. Frühstück bei Sonnenaufgang(!) wieder an Bord. Erneuter Zwischenstopp in einem kleinen Dorf. Es ergeben sich gute Gespräche mit Helga, die sich schon in Segou an uns angeschlossen hat. Sie ist musikinteressiert und singt in einem Chor. Da sie G.s Kompetenz für malische Musik erkennt, geht sie mit uns aufs Festival und fragt Gerhild aus.
Abends zelten wir diesmal auf einer Sandbank, Abendbrot an Bord und das versprochene Lagerfeuer. Die Besatzung breitet eine Plane zum Sitzen/Liegen aus. Die Reisegefährten halten es aber nicht lange aus, „weil Stühle fehlen“. G. und ich bleiben schließlich allein mit zwei/drei aus der Besatzung, die aber für sich bleiben. Wieder Sternenhimmel, wie wir ihn sonst nicht kennen! Schließlich verkriechen wir uns im Zelt und die Einheimischen wickeln sich in die Plane ein; das Lagerfeuer glimmt noch am nächsten Morgen und die Glut wird fürs Kaffeekochen an Bord gebracht.
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PIROGEN und PINASSEN
Die Piroge ist ein einfacher aus einem Einbaum entwickelter Schiffstyp, dessen Seitenwände durch aufgesetzte Planken erhöht wurden. Sie wird gepaddelt oder gestakt. Heutzutage sind sie oft mit einem Außenbordmotor ausgerüstet. In Westafrika dienen Pirogen traditionell der Fischerei. Die bis zu 20 Meter langen Holzboote haben einen bananenförmig geschwungenen massiven Kiel. Bug und Heck ragen zwei Meter weit über den Kiel. Häufig sind sie bunt bemalt. Als Landungsplätze dienen vorzugsweise Sandstrände, wo die Boote aus dem Wasser gezogen werden. Die Piroge ist der kleinere der beiden Bootstypen.
Pinassen sind verschiedener Größe und Bauart, manchmal mit einem Dach oder einer Art Kajüte versehen, meist bunt bemalt. Sie dienen vornehmlich dem Güter- und Personentransport sowie als Fischereifahrzeuge. Oft werden sie von starken Motoren oder auch von – aus Reissäcken genähten - Segeln angetrieben. Während der Trockenzeit sind sie wegen ihres geringen Tiefgangs neben den Pirogen die einzigen Verkehrsmittel auf dem Niger. Bepackt mit Säcken, Kalebassen, Gepäck und Passagieren gleiten sie majestätisch durch die Wellen. Pinassen und Pirogen sind auch die Reisegefährte der Flussnomaden, der Bozo.
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Neunter Tag - Niafounké
Wie am Vortag, Halt in Niafounké (der Ort, wo Ali Farka Touré lebte und Bürgermeister war), G. und ich bleiben an Bord: es wird uns zu viel. Diesmal kommen die Kinder ans Boot, kloppen sich um unsere Plastikflaschen, sind auch zudringlich, werden aber von einem Besatzungsmitglied immer wieder verscheucht. Im Dunkeln erreichen wir Kavaré, wo die Jeeps bereit stehen. Gerhild hat Helga inzwischen als Reisegefährtin für die Geländewagen-Fahrt geheuert. Weil sie übrig bleibt, kommt auch Beate mit ins Auto. An den Folgetagen hat sie sich aber anders organisiert und wir haben Silke im Auto, was ja ganz nett ist. Sie fragt unseren Fahrer Amadou nach diesem und jenem und übersetzt es uns hinten auf dem Rücksitz.
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Transfer nach Timbuktu ins Hotel auf asphaltierter Straße. Kurz hinter Kavaré eine Straßensperre und hier bekommen wir es zum ersten Mal live mit, dass der Polizist bestochen werden will. Unser Fahrer hat nicht genug Kleingeld, erbittet von uns 1.000 CFA. Das scheint nicht zu reichen, denn der Polizist kontrolliert alles Mögliche – Steuer-/Versicherungs-Etikett an der Windschutzscheibe, irgendwelche Papiere – und es gibt ein langes Palaver, von dem wir nichts mitkriegen. Das ganze dauert endlos, bis wir schließlich losfahren können.
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ETHNIEN
Das Yoshua-Projekt zählt für Mali 62 verschiedene Ethnien auf, von denen ca. 30 eigene Sprachen sprechen. Die größte Gruppe sind die Bambara mit 30 % der malischen Bevölkerung. Andere sind die Dogon, die Peul und die Malinké, die Songhay und die Sénoufo. Die Tuarag sind mit ca. 500.000 Menschen, das sind ca. 4,5% der Landesbevölkerung, eine eher kleine, aber in Europa bekannte Ethnie. Die einzelnen Völker gehen traditionell unterschiedlichen Erwerbszweigen nach: die nomadischen Peul sind Viehhirten, die Bozo sind Fischernomaden. Zwischen den Ethnien bestehen wegen unterschiedlicher Interessen Rivalitäten, so z.B. zwischen nomadischen Viehzüchtern und sesshaften Bauern. Die Tuareg – nicht nur in Mali lebend – sind vor allem im Transsahara-Handel tätig.
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(Fortsetzung folgt)
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