Mittwoch, 3. April 2024
Bilder als Waffen
Seit fast exakt zwei Jahren wissen wir, dass russischen Soldaten extrem grausam mit ihren gefangenen Feinden umgehen. Nach der Rückeroberung von Butscha durch die ukrainische Armee kursieren die Bilder von gefesselt erschossenen, totgeprügelten, vergewaltigten Menschen. Diese Bilder entstanden nach der Rückeroberung der Stadt.

Jetzt sehen wir, dass russische „Sicherheitskräfte“ coram publico – in aller Öffentlichkeit – Beweise ihrer Grausamkeit präsentieren. Die ersten vier wegen des Attentats auf die Konzerthalle bei Moskau Festgenommenen wurden öffentliche vorgeführt. Sie wiesen deutliche Spuren von Misshandlungen bzw. Folter auf: Schwere Blutergüsse, Platzwunden zugequollene Augen. Die Bilder sollten vor allem der russischen Öffentlichkeit zeigen: Seht an, so geht es allen, die sich gegen Putin und seinen Apparat auflehnen. Ein anderes Zeichen war der Leichnam des Oppositionellen Navalny.

Der gleichen Logik folgt die Hamas im Gasakrieg. Die Bilder von Leichen, Verstümmelten, Vergewaltigten, Hungernden gehen um die Welt. Die Hamas zeigt, was es bedeutet, gegen sie vorzugehen. Sie sollen die Grausamkeit der israelischen Armee beweisen. Sie sollen vergessen machen, dass die Hamas mit ihrem Überfall vom 7. Oktober derlei provoziert hat.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 7. März 2024
Ikonen des Widerstands
Als ich vor etlicher Zeit erstmalig das Bild von der Verhaftung einer jungen farbigen Frau durch weiße Polizisten in Baton Rouge sah, fiel mein – männlicher – Blick zunächst auf die optisch dominante Frau, u.a. weil sie optisch isoliert war, vor allem aber, weil sie für mich der interessanteste Bildteil war.



Die Autorin eines Artikels der taz (taz vom 14.7.2016, S. 13) „Ikonen des Widerstands“ behauptete dagegen, das Bild werde – quasi wie ein Text – von links nach rechts gelesen. Ich vermute dagegen, dass ihr – weibliches - größtes Interesse den Polizisten galt.

Die weit verbreitete Meinung, Bilder würden wie Texte gelesen, ist längst überholt. Bereits Andreas Feininger berichtet in „Kompositionskurs der Fotografie“ (1974) von Untersuchungen mit Augenkameras, die die Augenbewegungen beim Betrachten eines Bildes aufzeichnen. Danach nehmen die meisten, wenn nicht alle Betrachter zunächst den Bildteil des größten Interesses in den Blick. Erst dann betrachten sie die Einzelheiten des Bildes genauer und zwar keineswegs planvoll, sondern auf der Bildfläche vagabundierend. Ernst Weber („Sehen, Gestalten und Fotografieren“ 1990) bestätigt das: „Ecken und Winkel (bilden) die markantesten Signale für das Erkennen und (…) für die Speicherung im Gehirn.“ Der Sehweg verläuft nach einem Schema, das von Person zu Person und von Vorlage zu Vorlage variiert.

Die Versuche von Röll/Wolf „Bildgestaltung“ (1993) sind deswegen nicht beweiskräftig, weil sie den Probanden nicht Bilder, sondern Zahlenreihen vorlegten, die tatsächlich wie Texte gelesen werden: von links oben nach rechts unten.

Derlei Erkenntnisse von anerkannten Koryphäen sollten nicht einfach unterschlagen werden. Näheres siehe http://www.kunst-fotografie.com/#bildgestaltung.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Montag, 22. Januar 2024
Hunderttausende gegen rechts
…„ein äußerst ermutigendes Zeichen“ urteilte ein weichgespülter Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender, bei Caren Miosga gestern Abend über die zahlreichen Demos. Die Interviewerin war skeptisch, es seien prominente CDU-Politiker jedenfalls nicht in der ersten Reihe mitgegangen. Merz konterte schnell, so schnell, dass man jetzt sicher wusste: Er hatte die Frage erwarte. Er zählte zwei (!) Landesfürsten, Markus Söder (Bayern) (was nicht stimmt!) und Hendrik Wüst (NRW), auf.

In Bremen jedenfalls blieb die CDU unsichtbar, im Gegensatz zu SPD, Linke und Grüne.

Interessant war Merz‘ Mienenspiel: Locker und entspannt, lächelnd, wie man ihn sonst nicht kannte, wechselte er, als er von der Journalistin im Kreis massiv angegangen wurde, zur gewohnten Maske mit runtergezogenen Mundwinkeln und konnte die Attacke nicht mal parieren.

„ein äußerst ermutigendes Zeichen“ wiederholte Merz noch zweimal. Zur Vorbereitung und Durchführung der seit Jahren größten Demos haben die Konservativen aber wohl wenig beigetragen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 8. Dezember 2023
"HEINO" - Urteil eines Fachmanns
Vielen Dank für den Hinweis auf Ihr Büchlein. Ich hab es mir gleich besorgt und mit Vergnügen gelesen. Hut ab: Ihr Geisteskind ist, inhaltlich und stilistisch, aber auch in seiner äußeren Gestalt, nicht übel geraten. Der Clou war für mich natürlich, Sie selbst darin zu entdecken.
Dr. Michael Davidis, Marbach/Neckar

Zur Erinnerung:
Jürgen Fiege: HEINO – Geschichten aus dem Kieler Vorstadtkosmos, Bremen 2023 (Ed. Weserhaus im Schünemann-Verlag), 144 Seiten, ISBN 978-3-910329-03-4, 12,90 € im Buchhandel, oder über juergen.fiege@nord-com.net (Versand zzgl. 1,60 €)

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 17. November 2023
Gendern um jeden Preis
An die Rechtschreib- und Grammatik-Fehler in der taz hat man sich ja schon fast gewöhnt, leider: Da heißt es schon mal „am Ende diesen Jahres“, und das ist kein Einzelfall. Richtig müsste es natürlich „dieses Jahres“ heißen. Es heißt ja auch „der Ball dieses Kindes“.

Und jetzt das Gendern: Die neue hessische Landesregierung will in offiziellen Schreiben das Gendern in jeder Form verbieten. Die taz will das Gegenteil wohl auf die Spitze treiben. In einer Art infantilem Zorn wird am 17.11. auf Seite 13 von „Mitglieder:innen der Fraktion“ geschrieben. Hallo: es heißt DAS Mitglied, ist also ein Neutrum, das nicht gegendert werden kann. Oder soll es zukünftig auch „der Ball der Kinder:innen“ heißen. Da sei neben dem Duden der gesunde Versand vor!

Gibt es in den Redaktionen niemanden, der/die die eigenen oder fremden Texte vor dem Druck noch mal kritisch liest? Und haben die Rechner der taz keine Rechtschreibprogramme? Sowas war schon im letzten Jahrhundert Standard.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 17. Oktober 2023
„Heino“ – das neue Buch von Jürgen Fiege ist erschienen
Der Krieg ist vorbei und das Wirtschaftswunder beginnt: Die 50er Jahre sind in Westdeutschland eine spannende Zeit voller Möglichkeiten – auch für Heino.

Heino – Buckel, verkürztes Bein, verkürzter Verstand – lebt in einem nördlichen Stadtteil der Hafenstadt Kiel, kommt von ganz unten. Er erfährt Ablehnung und Spott, aber gute Menschen helfen ihm, den Alltag zu bewältigen, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Er kommt nicht ganz nach oben, aber so weit, wie seine Möglichkeiten reichen. Mit Hilfe wohlwollender Menschen gelingt es ihm, seinen Platz im Vorstadtkosmos zu finden.

Die Erzählung beschreibt eine Jugend in der jungen deutschen Bundesrepublik. Heinos Zukunft wird so gut sein, wie sich die Gesellschaft entwickelt.

Die ERZÄHLUNG – Heimatroman, Gesellschaftsroman und Schelmenroman zugleich - ist der erste fiktive Text des Autors. Eine konsequente Ergänzung zu „Sprottenkiste“ vom selben Autor.

INHALT: Beim Holzwurm - Im Salon Figaro - Im Vorstand - Das „Tivoli“ - Flüchtlingslager Ackerstraße - Im Hutsalon Hildesia - Beim Schmied - Bei Drahtesel-Kral - Noch mal Vorstand - Schütz-Werke – Personen – Glossar

LESEPROBE:
„Das Brett machte einfach, was es wollte. Mal hing es vorne runter und drohte, auf den Boden zu kippen, mal, wenn er es anders anfasste, hing es hinten runter und schleifte ihm hinterher. Den Griff musste er vorsichtig wechseln, sonst konnte er sich einen Splitter in den Finger reißen. Meistens brach der Splitter dabei ab, die Spitze blieb in der Haut stecken, und entzündete sich. Er hatte vom Tragen inzwischen Schwielen an den Händen, aber es gab noch einige empfindliche Stellen. Das mit den Splittern passierte vor allem am Anfang, als der Tischler ihn aufgenommen hatte.
Der Lange ging wie immer einige Schritte voraus und sah sich immer mal wieder um. Wenn er sah, dass der Kurze das Brett immer noch nicht gebändigt hatte, runzelte er missmutig die Stirn. So früh am Morgen war er noch nicht besonders auf Rücksicht eingestellt.“

Jürgen Fiege: HEINO – Geschichten aus dem Kieler Vorstadtkosmos, Bremen 2023 (Ed. Weserhaus im Schünemann-Verlag), 144 Seiten, ISBN 978-3-910329-03-4, 12,90 € im Buchhandel, oder über juergen.fiege@nord-com.net (Versand zzgl. 1,60 €)

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 8. September 2023
Plagiate?
Gelegentlich poppt der Verdacht hoch, dieser oder jene AutorIn habe in fremden Revieren gewildert und sich mit fremden Federn geschmückt. Das gilt als unehrenhaft, kann u.U. sogar juristisch geahndet werden. Das „geistige Eigentum“ ist aber ein nicht nur ideeller Anspruch auf Originalität, sondern hat auch einen materiellen Wert. Das aber erst seit dem 18. Jahrhundert, als das Bürgertum seine materielle Macht als Grundlage des Erwerbs entdeckte.

Frühere Jahrhunderte waren da weniger zimperlich. Wer hätte Goethe eines Plagiats bezichtigt, weil er den alten Faust-Stoff für sein opus magnum aufgriff? Thomas Morus‘ „Utopia“ fand viele Nachahmen, die den Stoff jeweils zeitgemäß variierten.

Wer will Brecht denunzieren, weil er die Bettler-Oper des John Gay von 1728 als Vorlage für sein Stück benutzte, in dem er das Verbrechen als typischen Ausdruck der kapitalistischen Wirtschaftsweise entlarvte.

Vor Jahren tingelte ein Münchner mit einem Vortrag durch die Lande, in dem er Arno Schmidt einer Reihe von Plagiaten bezichtigte. Hatte Schmidt doch ganz offen die Literatur durchforstet und genutzt, um bestimmte Motive in der ihm eigenen Sprachakrobatik auf seine Gegenwart zu übertragen. Leider war das Bremer Publikum nicht belesen genug, um dem Scharlatan Paroli zu bieten.

Jüngst fielen mir zwei Beispiele auf – ein Film und ein Roman –, in denen fast „wörtliche“ - Zitate aus anderen Werken auftauchten. 1968 schuf Sergio Leone seinen großartigen Film „Spiel mir das Lied vom Tod“. Darin gibt es eine Sequenz, in der ein Wäschereibesitzer dem Banditen Frank etwas verraten will. Frank glaubt ihm nicht, weil der Denunziant außer den Hosenträgern einen Gürtel trägt, und erschießt ihn. Wie kann er jemandem vertrauen, der nicht mal seinen Hosenträgern traut? Genau dieses Motiv fand ich jüngst in Susann Abels wunderbarem Roman „Stay Away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe“. Plagiat? Nein nun wirkliche nicht, sondern eine schöne Idee, das Zitat in ihrem Text zu verwenden.

1966 drehte Michelangelo Antonioni „Blow up“ – eine geradezu philosophische Auseinandersetzung über das Verhältnis von Schein und Wahrheit. Der Film endet mit einem imaginären Tennisspiel, bei dem man den Ball nicht sieht, nur hört. Die Flugbahn des Balls ist nur „sichtbar“, weil die Zuschauer auf der Tribüne mit ihren Blicken und ihren Köpfen dem unsichtbaren Ball hin und her folgen.

Genau dieses Motiv fand ich jüngst in Alfred Hitchcocks „Der Fremde im Zug“ von 1951. Ein Unterschied: das reale Spiel wird gegen die Ansicht der Zuschauertribüne mit den bewegten Köpfen in einer Parallelmontage gegenübergestellt. Diese kontrastiert mit einer dritten Ebene, in der der „Böse“ verzweifelt versucht, ein Beweisstück zu retten, mit dem er seinem Gegner eine Falle stellen will.

Plagiat? Mitnichten! In beiden Filmen wird das Motiv genial genutzt, um Spannung im einen und das Gegenteil im anderen zu erzeugen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 7. September 2023
Ein konsequenter Zyniker
Harald Schmidt? Harald Schmidt? Da war doch was? Aber was?

Harald Schmidt macht mal wieder von sich reden. Und gleich doppelt. Er posiert mit rechtsextremen Prominenten für ein Foto. Und seine alten TV-Sendung werden darauf überprüft, wie „angemessen“ heute noch sie sind.

Schmidt wurde in den 90ern mit seiner Late-Night-Show „Schmidteinander“ Kult. Nach umtriebigen Aktivitäten an Theater und Kabarett amüsierte er ein mäßig intellektuelles Publikum im Fernsehen mit Späßen, die meist auf Kosten seines Sparringspartners Herbert Feuersein, oft genug auch auf die anderer Zeitgenossen, gingen.

Seine Witze zielten meist und gerne unter die Gürtellinie auf die Genetal- und Analzone. Vor homophoben Seitenhieben auf Kollegen und andere Zeitgenossen und Polenwitzen scheute er sich nicht. Vor allem quollen seine Späße von Zynismus über, so sehr, dass Herbert Feuerstein ihm den Rücken kehrte. Als Ersatz suchte er sich den mäßig begabten Partner Oliver Pocher, bevor die Sendung eingestellt wurde. Der Zynismus als Leitmotiv hatte sich totgelaufen.

Wo und wann immer ein Auftritt Quote versprach, war er dabei: So moderierte er nach dem Attentat auf Oskar Lafontaine eine Veranstaltung der SPD mit prominenten Politikern.

Wenn Zynismus und Provokation Hauptthemen sind, verwundert es nicht, dass sich Schmidt neuerdings in rechtextremen Zirkeln bewegt. Gerade posierte er mit dem rechtsextremen Autor Matthias Matussek und Hans-Georg Massen für ein Foto auf dem Sommerfest der „Weltwoche“. Matussek feierte Schmidt als „sein Ideol“.

Die Schweizer „Weltwoche“ steht der nationalkonservativen Schweizerischen Volkszeitung (SVZ) nahe, die wiederum u. a. heftig gegen Immigranten und Geflüchtete polemisiert.

Macht nix, denkt Schmidt mit seinem süffisanten Grinsen, Hauptsache, ich bleibe im Gespräch. Was ihm mal wieder glänzend gelungen ist. Auf Kosten der politischen und intellektuellen Aufrichtigkeit.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 26. August 2023
Hundekot-Attacke als "Fehler"
In meinem Beitrag vom 17. Februar zu der Hundekot-Attacke des Tanz-Choreografen Goecke gegen die Kritikerin Wiebke Hüster habe ich den Fall kommentiert. Unter anderem frage ich: Ob die Tänzerinnen, die seinetwegen an die Staatsoper gekommen sind, das gutheißen können? Inzwischen wissen wir es: Sie nehmen den Choreografen in Schutz als einen „der Größten unserer Zeit“. Unter seinem Verlust leide die gesamte zeitgenössische Tanzszene. „Wegen eines einzigen Fehlers.“ Das nenne ich Weichspülen. Hundekot ins Gesicht einer Kritikerin ist kein Fehler, sondern eine bodenlose Sauerei, in jeder Hinsicht.

Auch in anderen Medien geistert die Debatte, u.a. in einem Interview, das die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) mit Goecke führte. Die einleitende Frage lautet: „Wie geht es Ihnen?“ Diese Frage wäre an Wiebke Hüster, das Opfer, zu richten. Stattdessen wird der Täter zum Opfer stilisiert. Er wird nach seinen Finanzen befragt, seine berufliche Zukunft, was er am Abend der Tat gemacht habe. Geradezu weinerlich äußert Goecke sich: er habe an einem Burn-Out gelitten, es sei gerade alles zu viel gewesen, die Kritikerin sei nur zufällig sein Opfer geworden. Was passiert sei, sei tragisch und zu bereuen. Also ein klassische Tragödie, in der das Schicksal mit den Menschen spielt.

Ich habe schon im Februar vermutet, dass der Mann reif für die Klapse sei. Nun sprechen die Tatsachen erneut für diese These.

Die Art, in der die HAZ das Interview führt und dass sie den Täter statt des Opfers zu Wort kommen lässt, ist ein eklatantes Beispiel für ganz schlechten Journalismus!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 7. August 2023
„Kulturelle Aneignung“ – niemand merkt‘s
Die Spekulationen über „kulturelle Aneignung“ wabern nach wie vor nicht nur im Internet. Unter der Überschrift „Selbstzensur in finsteren Zeiten“ (miniaturen 24.08.2022) habe ich dazu schon geschrieben. Jetzt ist mir ein alter Aufsatz von 1984 wieder in die Hände gekommen, der das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit schön auf den Punkt bringt.

Ich fahre mit einer Gruppe Berliner Hauptschüler im VW-Bus über eine Landstraße; Geschwindigkeit ca. 100 km/h. Ein Schüler stellt Vergleiche an zwischen der Geschwindigkeit auf Berliner Straßen und Landstraßen in Westdeutschland: „Stark, ey, 100 Sachen!“ Dann kommt ein Vergleich mit amerikanischen Autobahnen. A behauptet, es gäbe dort eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 Meilen. Er weiß das von seinem Vater, der schon mal dort war. B widerspricht: Es gibt keine Beschränkung, alle rasen dort wie wahnsinnig. Das geht eine Zeit hin und her, die Behauptungen, werden mit immer neuen Worten und Formulierung wiederholt. Schließlich trumpft B auf: „Auf dem Highway ist die Hölle los!“ Jetzt greift C ein, der die ganze Zeit stumm zugehört hat: „Mann, det is `n Film!“

Beide, A und B, hatten Recht: Jeder hatte SEINE Wahrheit, nur A hat sie aus der – zugegeben durch seinen Vater vermittelten - Realität gewonnen und B aus der Imagination des Films. C klärt den Widerspruch schließlich auf, indem er Wirklichkeit und imaginierte Wirklichkeit trennt.

Und noch etwas: Hat eigentlich jemand schon mal darüber nachgedacht, dass Tattoos – von Medienschaffenden besonders geschätzt – eine exzessive Form kultureller Aneignung sind? Sie stammen, der Name sagt’s schon, aus exotischen Weltgegenden, jedenfalls nicht aus Europa. Sie werden buchstäblich in die Haut injiziert. Eine vollkommenere Aneignung ist kaum noch möglich. Und niemand merkt’s!

... link (0 Kommentare)   ... comment