Freitag, 10. Juni 2022
Alles auf Anfang
Die "Freien deutschen Porschefahrer" (FDP) drehen mächtig am Rad - rückwärts. Während SPD und Grüne wacker versuchen, die verlorenen Jahre der Stagnation der Großen Koalition aufzuholen, klammert sich die FDP krampfhaft an das Alte.

Verbrenner-Motoren - Aber hallo, die wollen wir behalten, trotz Klimakrise. Und das E-Auto lässt die Republik hinter die anderen Länder zurückfallen? Das genaue Gegenteil ist der Fall. Die meisten Industrieländer fahren seit langem auf der E-Mobilitäts-Schiene.

Klimakrise und Ukraine-Krieg? Na, da müssen wir die alten Schrott-Reaktoren erhalten oder wieder reaktivieren, sagt die FDP. Selbst die Atom-Industrie will das nicht mehr: zurück ins 20. Jahrhundert? Zu teuer, zu aufwändig, technisch schwierig.

Freie Fahrt für freie Bürger? Die FDP versucht die ollen Kamellen unter den Parolen des ADAC aus den 1970er Jahren aufzuwärmen. Selbst der ADAC hat dazugelernt und ist für ein Tempolimit auf Autobahnen. Porschefahrer Lindner und BMW-Fahrer Scheuer wollen ihre schönen Stücke weiter voll ausfahren dürfen.

Alles Ladenhüter von vorgestern. Aber hallo: Wir leben im 21. Jahrhundert und sehen einer katastrophalen Erderwärmung mit Begleiterscheinungen wie höhere Meeresspiegel, globale Dürren, Massenwanderungen vom Süden in den Norden, entgegen.

Apropos Freiheit - was ist Freiheit? Freiheit ist ein Leben ohne politischen, militärischen, autoritären Zwang. Dazu gehört auch die Freiheit des Körpers, des Lebens von schädlichen Einflüssen, als da sind z. B: alle Arten von Umweltgiften, Lebensgefahr durch Raser, radioaktive Strahlung, gefährliche Technik.

Die Raser unter den Politikern rasen in unseren und ihren eigenen Untergang, blindlings, rücksichtslos, verantwortungslos.

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Donnerstag, 9. Juni 2022
Virtuelle Realität ist nicht gleich Realität
Das ist noch mal gut gegangen, hätte aber auch sehr bös enden können. Eine Wandergruppe von 99 SchülerInnen mit ihren LehrerInnen ist in den Alpen in Bergnot geraten. Der "Wanderweg" stellte sich als alpine Kletterroute heraus, die nur mit großer alpiner Erfahrung und Ausrüstung zu bewältigen gewesen wäre. Zudem war das Wetter widrig. Die Gruppe musste von Hubschraubern gerettet werden.

Die Lehrer hatten sich im Internet (!) beraten lassen, um die Route auszusuchen. Dort war sie als "Sonntagsspaziergang" gekennzeichnet worden. Kritischer Unterricht über das Internet scheint in der Schule nicht auf dem Lehrplan zu stehen. Wie konnten die Verantwortlichen sich auf DIESE Auskunft verlassen? Das mindeste wäre gewesen, sich spätestens vor Ort von einheimischen Bergführern beraten zu lassen. Merke: Nicht alles, was im Internet steht, stimmt! Umgekehrt ist grundsätzliches Misstrauen angebracht: das meiste stimmt eben nicht.

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Dienstag, 7. Juni 2022
Blockparteien nur in der DDR?
In der untergegangenen DDR gab es neben der SED die Blockparteien. Das waren "Parteien" von Gnaden der SED bzw. der Regierung, die angeblich Partialinteressen bestimmter Gruppen von Bürgern vertreten sollten: die liberale, die christliche, die Bauern-Partei. Blockparteien hießen sie, weil sie zusammen mit der SED den "Nationalen Block" bildeten.

Jetzt haben wir wieder eine Blockpartei - FDP. Sie blockiert konsequent alle Ideen für Neuerungen aus den beiden anderen Koalitionsparteien. Hieß es noch vor der Bundestagswahl - das ist ein halbes Jahr her! - "ein Weiter-so darf es nicht geben", alles sollte auf den Prüfstand gestellt werden.

Das Gegenteil passiert: Sämtliche Gesetzesinitiativen werden blockiert: Arbeitsminister Heils Klimageld-Idee? Abgelehnt! Umweltauflagen? Abgelehnt! Steuererhöhung auf Kapitalvermögen? Abgelehnt! Erhöhung des Spitzensteuersatzes? Abgelehnt! Kapitalertragssteuer erhöhen? Abgelehnt! Vermögensteuer? Abgelehnt! Erbschaftssteuer rauf? Abgelehnt! Tempolimit? Abgelehnt!

Inzwischen ist es schon so weit, dass jede gute Idee schon abgelehnt ist, bevor sie formuliert wird. Die unbedingt gerechtfertigte Übergewinnsteuer auf überhöhte Spritpreise trotz der Subvention durch den Staat? Abgelehnt! Das Tierwohl-Label für Schweinefleisch? abgelehnt!

Dabei ist die Übergewinnsteuer nicht irgendeine willkürlich eingeführte Steuer. Die Spritpreise sollten durch einen staatlichen Zuschuss für den Verbraucher gesenkt werden. Tatsächlich hat der Verbraucher bisher davon noch nichts - oder fast nichts - gehabt. Die Preise im Juni sind fast so hoch wie im Mai. Es geht also nur darum, dass die Subvention auf die Preise nur zurückgezahlt wird wegen erwiesener Unwirksamkeit.

Da macht das Regieren den SPD- und Grünen-Ministern richtig Spaß. Der Einzige, der eine teuflische Freude an seinem Tun zu haben scheint, heißt Lindner und ist Bundesfinanzminister.

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Donnerstag, 2. Juni 2022
Stolz auf Uniform und Geschichte?
Die Bundeswehr hat wieder Oberwasser. Mit 100 Milliarden und dem Versprechen, den Wehretat auf 2% des Bruttoinlandsprodukts auf Dauer zu erhöhen, kann man wohl stolz sein. Einen Haken gibt es aber: die Personalnot. So richtig wollen wohl zu wenige die Uniform tragen, auf die sie stolz sein können. Das lässt sich aus der jüngsten Anzeigenkampagne schließen.

Ein Bild von einem "südländisch" aussehenden Mann suggeriert, dass auch Migranten der Bundeswehr würdig sind. "Egal wie du bist, hier bist du richtig," verspricht eine "charta der vielfalt". Man sollt genauer hingucken. Der als Marinemann Kostümierte trägt das Mützenband des Wachbataillons, dieser Operettensoldaten, die immer stramm stehen müssen, wenn ausländische Prominente die Republik besuchen. Er präsentiert ein vorsintflutliches Gewehr, mit dem garantiert nicht geschossen werden kann. Ihm wird empfohlen: "Mach, was wirklich zählt. KarriereKaserne.de" Die Botschaft: "Ich bin stolz auf meine Uniform. Und meine Geschichte."

Hä, welche oder wessen Geschichte? Das zielt wohl auf diejenigen, die den Nationalsozialismus für einen "Vogelschiss" in der deutschen Geschichte halten. Und Karriere im Wachbataillon, das vor geraumer Zeit wegen rechtsextremer Tendenzen auffiel - das darf doch wohl nicht wahr sein. (siehe miniaturen 8.10.21 und 3.11.21) Da sind doch wohl Männer mit migrantischer Geschichte eher fehl am Platz, laufen sie doch Gefahr, Opfer der "Wölfe" zu werden, dieser klandestin rechtsextremen Gruppe im Wachbataillon.

Die Anzeige nimmt ein Viertel der Zeitungsseite ein. Der Rest der Seite ist einem Skandal in Chemnitz gewidmet: Ein Flüchtling stirbt nach einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe deutscher junger Männer an einem Kiosk. Vermutlich wurde ihm eine Wiskey-Flasche auf den Hinterkopf geschlagen. Wie passend die Kombination aus Werbung und Artikel!

Meine Rat: Leute guckt euch das Plakat und die Truppe, für die geworben wird, genau an, bevor ihr unterschreibt.

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Mittwoch, 1. Juni 2022
FDP bestimmt die Richtlinien der Politik
Aktuell rund 8% Inflation. Das heißt, der Euro ist nur noch knapp über 90 Cent wert. Vor allem ärmere Menschen - RentnerInnen, Geringverdienende, Studierende, Auszubildende, BezieherInnen von Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe - sind davon existenziell betroffen. Wohlhabende und Reiche stecken die höheren Preise im Supermarkt locker weg. Brauchen gar nicht über Inflation nachzudenken.

Bundesarbeitsminister Heil (SPD) hat jetzt eine Idee. Er möchte mit einem Instrument, das der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien bietet, Geringverdienende mit dem "Klimageld" entlasten. Eine gute Idee, wie mir scheint.

Finanzminister Lindner (FDP) hält diese Idee für weniger gut: er möchte lieber generell die Steuern senken. Also mal wieder das alte Lied. Kein Geld ausgeben, dafür die Steuern senken, auf gar keinen Fall sie erhöhen. Damit würden diejenigen, am meisten profitieren, die am meisten verdienen, also die Reichen. Da Geringverdiener - s.o. - sowieso keine Steuern bezahlen, hätten sie von einer Steuersenkung rein gar nichts, während die Preise im Supermarkt nicht nur hoch bleiben, sondern absehbar weiter steigen. Typisch FDP.

Diese Partei hat sich in den paar Monaten, in denen sie mitreden und mitregieren darf, als Bremse bewiesen. Keine Steuererhöhungen, obwohl das Ausgabeniveau des Staates steigt. Keine Kredite aufnehmen, obwohl das Geld nicht reicht. Die Armen schröpfen, die Reichen weiter pampern. Nur ja keine Umweltauflagen, obwohl der Klimaschutz im Koalitionsvertrag an zentraler Stelle steht. Kein Tempolimit, obwohl das dem Klima und der Verkehrssicherheit nützen würde. Und, und, und....

Es ist rätselhaft, was diese Partei in der Koalition hält, obwohl die beiden anderen Partner mit unterschiedlicher Gewichtung nicht nur den Umweltschutz bevorzugen, und nicht nur den. Und ebenso rätselhaft ist, warum SPD und Grüne der Minipartei mit mickrigen 11,5% der Wählerstimmen erlauben, sie am Nasenring durch die Manege zu führen.

Nach dem Grundgesetz "bestimmt der Kanzler die Richtlinien der Politik". Nicht derzeit. Da hat die FDP das Sagen, vor allem das Verhindern. In Abwandlung eines alten Satzes: Kanzler werde hart!

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Sonntag, 29. Mai 2022
"Es war einmal vor langer, langer Zeit ....,"
da verlor Deutschland einen Krieg. Große Landstriche und viele Städte wurden verwüstet. Menschen starben zu Millionen, wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Fremde Mächte eroberten das Land und befreiten es von einem grausamen Herrscher und seinen Schergen. Viele Menschen jedoch, die vor der Grausamkeit des Herrschers geflohen waren, sich verborgen hatten oder durch das Leid geläutert worden waren, schworen, das Land besser und schöner wieder aufzubauen.

Einige fanden einen schönen Ort ganz oben im Norden, an dem sie mit dem Neuaufbau beginnen wollten. Sie sammelten Gleichgesinnte um sich, bekamen von den fremden Mächten einen bescheidenen Schatz und öffneten die Türen ihrer Hütte für junge Menschen, denen sie von der finsteren Vergangenheit erzählten und mit denen sie gemeinsam berieten, wie das Land der Zukunft aussehen sollte. Sie nannten diese Hütte den "Jugendhof Steinkimmen". Hand- und Mundwerksburschen arbeiteten gemeinsam in der Hütte.

Mit viel Mühe näherten sie sich im Laufe der Zeit ihren Zielen. Immer mehr junge Leute kamen dorthin, begeisterten sich für diese Ziele und trugen die Botschaft ins ganze Land. Die Hütte wurde größer, schöner und komfortabler. Das ging viele Jahrzehnte sehr gut. Nach vierzig Jahren feierten alle zusammen ein großes Fest und freuten sich über das Erreichte. Nach wieder zehn Jahren feierten sie noch ein Fest, das war noch schöner und größer. Aber am Horizont zogen dunkle Wolken auf, aus denen kurz darauf heftige Blitze zuckten und Donner grollte. Es kamen Sendboten der Regierung, die die Quelle verstopften, aus denen die Menschen frisches Wasser schöpften, und vertrieben die Bewohner des Anwesens."

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Soweit das Märchen. Aber es ist gar kein Märchen, sondern die Geschichte einer außerschulischen Bildungsstätte, die Generationen von Jugendlichen und Erwachsenen Anregungen vermittelte, für politisches Bewusstsein und eine besseres und schöneres Leben arbeitete.

So das Vorwort für das Buch "Ein Vierteljahrhundert Pädagoge im Jugendhof Steinkimmen - Ein Lesebuch" von Jürgen Fiege (Oldenburg 2014, ISBN 978-3-7308-1091-0) Das Buch ist weiterhin lieferbar, entweder über den Buchhandel oder direkt beim Autor zum Preis von 10,00 Euro zzgl. Versand: jürgen.fiege@nord-com.net

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Kinder oder Handy
Neulich im Allgäu: Urlaub auf dem Bauernhof. Der Bauer hält Pferde, vier Ziegen und Kleinvieh.
Pferde und Ziegen sind Attraktionen für Kinder aus der Umgebung. Nachmittags komme ich mit dem Bauern die Zufahrtstraße hoch. An der Ziegenweide toben Kinder, pflücken Gras und halten es den Ziegen vor, ziehen es aber schnell weg, wenn die Ziege es fressen will.

Andere halten das Gras so hoch, dass die Ziegen am Zaun hochklettern müssen, um es zu erreichen. Die Gören rennen hin und her und stoßen kindgemäß spitze Schreie aus. Etwas hilflos äußert der Bauer: "Schreit's doch net so!" - Zwei Frauen stehen etwas abseits, nehmen all das nicht wahr, sondern sind intensiv mit ihren Handys beschäftigt. Kinder oder Handy - was ist wichtiger? Handys natürlich!

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Freitag, 20. Mai 2022
Keine Geschichte der LAG Jugend und Film Niedersachsen
2013 endet nach 29 Jahren meine Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Jugend und Film Niedersachsen e.V., ein Anlass für mich zurückzublicken: Wie kam ich dazu, mich für Film zu interessieren? Wie kam ich dazu, meine Filmbegeisterung zu einem Teil meiner Berufstätigkeit zu machen? Wie fand ich den Zugang zur LAG und zur Vorstandstätigkeit? Ich nenne diese subjektiven Erinnerungen daher nicht "Geschichte der LAG". Es sind persönliche Erinnerungen, nicht mehr.

WEITERLESEN: https://www.lag-jugend-und-film.de/juergen-fiege

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Wahre Helden
Wenn's um Terror geht, fällt uns allen der Attentäter von Utöja ein - jeder kann den Namen auch rückwärts buchstabieren. Dabei wäre es angemessen den Namen zu löschen, der nur der gewollten Heroisierung des Terroristen dient.

Jetzt haben wir wirkliche Helden - in Essen. Dort plante ein Gymnasiast einen Terroranschlag. Waffen und Sprengmittel hatte er schon neben rechtsradikalen und terroristischen Notizen gehortet. Er wurde von den "Helden" des SEK am Anschlag gehindert.

Die wahren Helden des Dramas bleiben bisher anonym. Es sind die MitschülerInnen des Terroristen, die von seinem Treiben erfuhren (wie und wer bleibt bisher unerwähnt) und die Polizei mobilisierten. Warum steht der Name des oder der SchülerIn nicht in Großbuchstaben in der Zeitung. Weil der Täter sich besser verkaufen lässt als die wahren Helden.

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Digitalisierung - das Goldene Kalb des 21. Jahrhunderts.
Corona hat einen neuen Fetisch, sozusagen das Goldene Kalb unserer Zeit hervorgebracht: Die Digitalisierung. Jedem Schüler, jeder Schülerin ein eigenes Tablett, Home-Office für alle - oder fast alle. Einkaufen im Internet. Nur ja nichts Echtes, Reelles, Anfassbares. Angefasst werden nur Bildschirme, Tastaturen und die Maus. Alles "passiert von selbst". Der Verlust des Haptischen.

Das Auto. Es galt mal: Die Lenksäule ist die Verlängerung des Fingers zu den Vorderrädern. Im "autonom fahrenden Auto" legt der Fahrer die Hände in den Schoß. Ein Übergang dazu ist der Touch-Screen als Teil der Armatur. Der hat inzwischen die Dimension eines Laptops angenommen, auf dem der Fahrer herumtippen muss, um gewohnte Befehle an das System zu erteilen. Nur leider muss er dabei die Straße aus dem Blick verlieren, denn ohne hinzugucken, lässt sich das Instrument nicht bedienen.

Die letzte Auto-Generation hatte alle Bedieninstrumente in der Nähe von oder am Lenkrad. Um den Blinker zu setzen benötige ich nur den linken kleinen Finger, ohne die Hände vom Lenkrad und den Blick von der Straße zu nehmen. Ebenso: Wischer, Hupe und Lichthupe, Fahr- und Fernlicht, Sendersuche und Lautstärke im Radio. Erfühlen. Das "Auto der Zukunft" erfordert das Hingucken auf das Display, um die richtige Stelle für einen Befehl zu finden.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass all das Erfindungen von Leuten sind, die an Unfällen verdienen. Der Verkehrssicherheit dient DIESE Art der Digitalisierung NICHT.

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Dienstag, 10. Mai 2022
Der letzte Maikäfer?
"Es gibt keine Maikäfer mehr" nölte Reinhard Mey 1974. Tatsächlich hatten Land- und Forstwirtschaft in den 60er Jahren diesen "Schädling" mit DDT erfolgreich fast ausgerottet.

Und doch: Gestern Abend beim Öffnen des Fensters bei eingeschaltetem Deckenlicht brummt einer durchs Zimmer. Ich fing ihn, zeigte ihn im Haus umher und ließ ich dann frei.
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In der Aufregung und beim Dämmerlicht am Fenster konnte ich nicht gut sehen: war es ein Schuster, ein Schornsteinfeger oder ein Müller? Diese Namen vergaben wir Kinder der 50er Jahre den unterschiedlichen Arten der Maikäfer.

Damals waren sie so zahlreich, dass es Wettbewerbe gab, wer die meisten auch unterschiedlichen Krabbeltiere fing. Wir steckten sie in einen Schuhkarton mit Lindenlaub und Luftlöchern im Deckel und hoben sie bis zum nächsten Tag auf, um sie den Spielkameraden stolz zu präsentieren. Es entstanden sogar Tauschgeschäfte: Schuster, Schornsteinfeger und Müller hatten unterschiedliche Werte. So konnten wir z.B. einen Müller gegen zwei Schuster tauschen, oder so.

Zum Schluss wurden sie an die Hühner des Nachbarn Kröger verfüttert. Das Federvieh wusste offensichtlich den hohen Proteingehalt zu schätzen. Es kommt der Tag, wenn Fleischessen gänzlich unmöglich (im doppelten Wortsinn) und das Protein von Würmern, Käfern und anderen Insekten zum Normalessen wird, dass wir den Verlust der Maikäfer bitter bereuen.

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Freitag, 6. Mai 2022
Ukrainische Miniaturen
Putin inszenierte sich mal wieder fürs Fernsehen. Lässig sitzt er auf einem Lehnstuhl an einem kleinen Tisch. Ihm gegenüber hockt sein Verteidigungsminister wie ein Schuljunge auf der vordersten Kante eines anderen Stuhls. Putin "befiehlt" ihm, das Asow-Stahlwerk nicht anzugreifen und zu durchstöbern. Seine Soldaten sollten nicht durch alle Gänge kriechen. Stattdessen soll das Areal abgeriegelt werden, so dass "keine Fliege mehr rein kann". Man ahnt schon: er übertreibt und lügt. Mal wieder.

Wenige Tage später greift die russische Armee das Stahlwerk an. Zwischendurch werden einzelne Transporte mit Zivilisten durch das Rote Kreuz evakuiert.

Putin lügt. Er führt ausländische Politiker an der Nase herum und tut nachher, was er vorher ausgeschlossen, und tut nicht, was er angesagt hat.

Ohn Unterlass fordern deutsche Friedensbewegte immer mal wieder, keine Waffen zu liefern, um die Ukraine zu unterstütze. Stattdessen, soll eine Verhandlungslösung gefunden werden. Mit wem wollten die verhandeln? Mit Putin, auf dessen Wort niemand mehr einen Pfifferling setzt?

Gelegentlich wird sogar skizziert, was die Verhandlungsergebnisse bringen sollen. Das wäre der zweite Schritt vor dem ersten. Der erste wäre, Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen. Dazu wäre erst einmal nötig, Putin in eine Lage zu bringen, die in zwingt zu verhandeln. Das geht nicht aus der Situation der militärischen Schwäche und Verteidigung heraus.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat inzwischen seine Diplomatenausbildung, vielleicht auch nur seine gute Kinderstube oder die Regeln mitteleuropäischer Höflichkeit vergessen. Die Ukraine ist auf Hilfe aus Europa dringend angewiesen. Da sind Angriffe auf westeuropäische Politiker wenig sachdienlich. Irritiert kann auch die Zivilgesellschaft sein, die u.a. erhebliche Anstrengungen zur Hilfe für ukrainische Flüchtlinge aufbringt.

Die Weigerung, den deutschen Bundespräsidenten zu empfangen, war so eine Attacke (für die Melnyk nicht verantwortliche ist). Bundeskanzler Scholz lehnt daraufhin einen Besuch in Kiew ab. Melnyk beschimpft ihn dann als "beleidigte Leberwurst", nicht unbedingt ein Wort aus dem Lexikon der Diplomatie. Deutschen Politikern und Medien wirft er vor "Märchen zu erzählen" statt Panzer zu liefern. Nicht verstanden hat er, dass der Bürgermeister von Kiew Klitschko heißt und nicht nur Boxer ist. So macht man sich nicht unbedingt hilfreiche Freunde.

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Dienstag, 3. Mai 2022
Lawrows Lügen
Sergej Lawrow, Putins Außenminister, hat eine steile These aufgestellt: Hitler habe jüdisches Blut gehabt. Er wollte damit den Anspruch des ukrainischen Präsidenten Selenski relativieren, er stamme aus einer jüdischen Familie. Das wiederum war die Replik auf frühere Äußerungen Putins, die russische Armee kämpfe in der Ukraine gegen Nazis.

Man erinnere sich: Der Spruch "Wer Jude ist, bestimme ich." wird wahlweise einem Wiener Bürgermeister oder Herrmann Göring zugeschrieben. Lawrow hat wohl damit eine alte "Volksweisheit" aufgewärmt.

Lawrows Rede klingt in unseren Ohren verwirrend, gar irre. Tatsächlich scheint die Ansicht in der - ehemaligen - Sowjetunion sehr populär zu sein und wird in Russland nicht auffallen. Russischen Bürgern, und an die war Lawrows Satz tatsächlich gerichtet, wird sie plausibel sein. Uns begegnete sie 2019 bei einer Reise nach Usbekistan, weit weg von Moskau und der Ukraine.

Ein deutschsprachiger Usbeke erklärte uns, dass Hitler richtig gehandelt habe, als er die Juden vernichtet habe. Die Juden würden die Weltherrschaft anstreben und alle anderen Völker unterdrücken wollen. Ich wende ein, dass eher die USA, Russland und China die Weltherrschaft anstreben. Ja, das sei kein Wunder, denn dort seien auch Juden führend. Als Beweis wird behauptet, Jelzin und Busch entstammten jüdischen Familien. Und nun auch noch Hitler.

Ich fahre fort: in der SU seien die Juden verfolgt worden, und nach deren Zusammenbruch seien allein nach Israel 3 Mill. emigriert, nicht zu reden von denen, die nach Deutschland kamen. Er ist unbelehrbar, er lässt kein rationales Argument gelten. Er glaubt einfach daran. Schließlich explodiert meine Reisegefährtin: das den Juden angetane Leid sei unmenschlich und verwerflich, niemand habe das Recht auch nur einen Menschen zu töten. Da beendet er das Gespräch. So was habe ich in der Heftigkeit noch nie erlebt!

Lawrow, könnte es besser wissen. Er weiß, dass er lügt, denn ernsthaft kann er das nicht meinen.

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