Mittwoch, 26. Februar 2020
Marokko ist eine konstitutionelle Monarchie.
Seit 1999 herrscht König Mohammed VI. Die Stellung des Königs ist zentral. Premierminister und der Ministerrat, das Kabinett, werden vom Parlament gewählt, müssen aber vom König bestätigt werden, was kein nur formaler Akt ist. Der König hat im Ministerrat den Vorsitz und kann einzelne Minister entlassen oder das Kabinett auflösen. Er ist zugleich oberster Religionshüter. Der Islam ist Staatsreligion, der nominell 98% der Bevölkerung angehören. Es gibt drei Tabu-Themen in Marokko: Erstens die unangefochtene und unanfechtbare Stellung des Königs, zweitens die Religion und drittens der Anspruch Marokkos auf die Westsahara. Diese ehemalige spanische Kolonie wurde 1975 handstreichartig auf Befehl von Hassan II. von marokkanischen Truppen besetzt. Der König kam damit einem von der UNO geforderten Referendum zuvor. Heute wird das Gebiet als Teil Marokkos beansprucht.

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Eine Reise durch das Land der Gegensätze: Marocco 2012 (5)
An die Muezzine um ½ 6 Uhr habe ich mich jetzt so gewöhnt, dass ich wieder einschlafen kann. Frühstück im Hof statt auf der Terrasse, „à l’ombrage“ – im Schatten -, wie der Wirt sagt, aber die Sonne scheint gar nicht, sondern es ist wieder dunstig. Gerhild vergleicht die Nebelschwaden in den Bergen mit Las Palmas. Wir packen und brechen auf. Der Wirt verabschiedet uns wortreich und freundlich. Bei Tahanaout biegen wir nicht rechtzeitig ab, weil Straßennummern auf der Karte nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Wir fahren zu weit und müssen wieder umkehren.

Der Boden scheint sehr fruchtbar zu sein – roter Lehm und wo Wasser ist, grünt und blüht es. Viele Getreidefelder, die Halme sind nur kniehoch. Aber so habe ich Marokko noch nicht erlebt.
Einmal steht ein Esel mitten auf der Fahrbahn. Ich halte, fürchte, ihn in den Gegenverkehr zu treiben, wenn ich ausweiche. Er schaut uns starr an. Endlich bewegt er sich zum linken Fahrbahnrand, da sehen wir, dass er auf beiden Hinterbeinen lahmt, sie quasi nachzieht, daher fast unbeweglich ist. Sein sehr ungepflegtes Fell, seine Magerkeit sprechen dafür, dass er ausgesetzt ist. Ich denke an den Bremer Esel.
Die Behandlung der Tiere ist schlimm. Gestern auf dem Weg zur Kasbah Tougbalt schleppte eine Frau ein Riesenbündel Grünzeug den Berg hoch, hatte zwei kleine Kinder dabei und trieb eine völlig verängstigte Kuh – verängstigt auch, weil ich sie überholen wollte – mit Sichelhieben vor sich her. Wer ist schlechter dran: die Kuh, die Frau oder die Kinder?

Wir fahren zum Tizi `n Tichka, dem Tichka-Pass, hoch, machen zweimal Halt: tolle Ausblicke auf die Berge und in die satt grünen Täler. Am Straßenrand überall Händler mit Ketten und Mineralien. Wer kauft das Zeug je? Einmal nehmen wir wieder einen kleinen Schuljungen mit. An anderer Stelle steht ein Auto mit offener Motorhaube, der Fahrer gestikuliert. Nee, den Trick kenne ich. Ein einheimisches Auto hält auch nicht. „Und wenn’s wirklich ein Problem gibt?“ fragt Gerhild. Dann sollen andere sich kümmern. You don’t get me twice! Auf der Südseite des Passes ändert sich das Wetter, kein Dunst, keine Wolken. Alles sehr viel trockener.



Einer von den uniformierten Wichtigtuern hält uns an, fragt nach meiner Nationalität. „Allemagne. – Haben Sie dort eine ökonomische Krise? – Ich: Ein bisschen. – Er: Angelika (sic!) Merkel hat gut gearbeitet? – Ich: Sie nicht, aber die anderen.“ Dann winkt er uns durch.

Auf den Straßen immer wieder streunende Hunde, einzeln oder zu zweit trotten sie von einem Ort zum anderen. Bei einer Rast laufen zwei an uns vorbei. Später kommt der größere allein zurück. Wir wundern uns. Bei der Weiterfahrt sehe ich auf der Fahrbahn eine platt gefahrene Kreatur. Ist das der andere? Ist allerdings schon ziemlich trocken.

Wir biegen ab zur Kasbah Aït Ben Haddou, also der Burg der Sippe von Ben Haddou, lassen das Auto stehen, queren den Oued oder Wadi, also Trockenfluss. Die Kasbah beherrscht imposant das Tal, sehr hoch, sehr groß, eine richtige kleine Stadt. Wirklich gut restauriert (Weltkulturerbe), mit einigen Macken. Wir streunen durch`s Gemäuer, klettern bis nach oben, wo uns der Sturm fast wegpustet. Ein „Berber“ erklärt uns seine einseitige Geige („Ar Rife“ genannt), lässt sich fotografieren, bekommt sein Bakschisch, ein Geldgeschenk, quasi seine Gage. Später bitter er uns, seine Euros in Dirham umzutauschen.



Im Ort suchen und finden wir ein passables Hotel. Ausruhen, planen für morgen, Wasser und Zahnpasta kaufen. Dann Abendessen: Menü mit Riesenportionen. Gerhild bekommt ihr Couscous, ein Hirsegericht mit verschiedenem Gemüse mit oder ohne Fleisch bzw. Fisch und gewürzter Soße. Ich kriege meine Tagine Kebab nur gerade auf, in diesem Fall Fleischklößchen in einer sehr leckeren Soße, dazu Salat bzw. Suppe vorweg, danach Obst; würde woanders für `ne ganze Familie reichen. In arabischen Ländern gilt es als Gastfreundschaft, so reichlich anzubieten, dass eigentlich immer etwas übrig bleibt.

Kurzer Gang die Straße hoch: ein richtig kalter Sturm mit Wolken von Sand verdirbt das Vergnügen. Zurück im Hotel stelle ich fest: habe den Kopf voller feinem Staub. Bald zu Bett.

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