Dienstag, 10. Dezember 2019
Die geklaute Zukunft
Unser politisches System hat viele, teils massive Fehler. Einer davon ist, dass die Kommunen einen Großteil der finanziellen Lasten für Leistungen zugunsten der Bevölkerung tragen müssen. Hier eine Auswahl: von der Feuerwehr über Schulen, Ver- und Entsorgung, Gesundheit, Schwimmbäder bis zu den Verkehrswegen. Diesen Lasten entspricht nicht annähernd das Finanzaufkommen der Gemeinden. Daher rühren immer wieder erhebliche Mängel: Marode Schulen, stillgelegte Sportanlagen (aktuell Schwimmbäder), Schlaglöcher auf Straßen und Radwegen, kaputte Brücken, überlastete Verwaltung und, und, und.

Nur ein aktuelles Beispiel: Großartig verkündet der Bund die Impfpflicht gegen Masern für alle Kinder, LehrerInnen, ErzieherInnen u.a. Organisieren müssen es die Gemeinden, denen dazu das Personal fehlt.

In Großstädten wird das Problem verschärft durch die „Speckgürtel“. Viele Menschen arbeiten in den Städten, wohnen aber außerhalb. Sie zahlen ihre Steuern nicht da, wo sie erwirtschaftete werden –also am Arbeitsplatz -, sondern da wo sie wohnen, im Umland. Umgekehrt vernutzen sie die Verkehrswege, nehmen Dienstleistungen wie Krankenhäuser, Schulen, Kaufhäuser in Anspruch und verschmutzen als Pendler die Umwelt.

Nehmen die Probleme überhand, rufen die Bürgermeister nach Hilfe vom Bund und den Ländern. Die lehnen sich aber entspannt zurück und weisen auf ihre verfassungsgemäßen Verpflichtungen hin: Schulen etc. gehören nicht dazu. Umgekehrt kumuliert der Bund das höchste Steueraufkommen. Zeigt er sich großzügig – z.B. durch Zuschüsse zur Digitalisierung der Schulen oder zu Sportanlagen - befürchten die Länder Bedrohungen ihrer Kompetenz.

Dieser Widerspruch ist in der Verfassung zementiert. Die Gemeinden tragen die größten Lasten – vor allem Leistungen, die direkt dem Bürger zugutekommen – erhalten aber die geringsten Finanzmittel. Eine grundsätzliche Verfassungsänderung sowie ein anderes Steuersystem sind dringend nötig. Bei den Steuern wären z.B. Reformen von Erbschafts-, Vermögens-Steuer und Spitzensteuersatz längst überfällig. Und diese Mittel müssen den Kommunen zugutekommen. Das seit Jahrzehnten Auseinanderklaffen von Armut und extremen Reichtum muss korrigiert werden!

Stattdessen werden die „Schwarze Null“ und die „Schuldenbremse“ beschworen. Offensichtlich kann der Staat unseren Nachkommen lieber Schul-Ruinen und einsturzgefährdete Brücken hinterlassen als Schulden. Auch so wird der Jugend die Zukunft geklaut.

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