Mittwoch, 8. September 2021
Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (5)
jf.bremen, 17:48h
Am FÜNFTEN TAG fliegen wir die ca. 1.200 km von Taschkent nach Nukus, ganz im Westen des Landes. Auch hier wieder eine sehr intensive Sicherheitskontrolle, die sogar nach der Ankunft in Nukus beim Verlassen des Flughafens wiederholt wird.
Von dort fahren wir mit dem Auto 250 km nördlich zum ehemaligen Fischerdorf Muynak am früheren Südufer des Aralsees und besichtigen den Schiffsfriedhof.
Der Ort selbst ist trostlos, es gibt wenig zu sehen. Acht Schiffe liegen aufgereiht im Sand an einer Steilküste und rosten vor sich hin. Weitere sollen verstreut auf der großen Fläche verteilt sein. Die Mehrzahl wurde verschrottet. Etwas hervorstechend in der Öde ist das Heimatmuseum, das mit Fotos die Stadtgeschichte und den Verfall dokumentiert. Außerdem gibt es eine Kunstausstellung mit Bildern von Stadt und See und der Tragödie.
Die usbekische Regierung kompensiert die Katastrophe in nachsowjetischer Zeit durch das Anlegen kleinerer Seen in der Nähe des ehemaligen Aralsees sowie weiter östlich die Stau-Seen Aydarkul-See und Tuskan-See. Hier sollen bzw. werden neue Fisch-Bestände gezüchtet. Zu den Renaturalisierungs-Bemühungen gehört auch die Anpflanzung von Gräsern, die resistent gegen Versalzung und Trockenheit sind.
Die Rückfahrt geht wie die Hinfahrt durch die "bewachsene Wüste Kisilkum", was "Roter Sand" bedeutet. "Bewachsen" und Wüste scheinen Widersprüche zu sein. Tatsächlich handelt es sich um eine Sandwüste mit flachen Dünen. Es gleicht aber nicht anderen Wüsten wie Sahara, Namib, Negev, Kalahari. Dort wächst jetzt nach der Regenzeit dürres Gras und kleines Gebüsch. Der Reiz anderer Geröll-, Fels- und Sand-Wüsten fehlt allerdings. Dafür sind die Temperaturen annähernd gleich: Das Auto-Thermometer zeigt 39° C Außentemperatur.
Kurz vor Nukus besuchen wir Mizdakhan, eine riesige Nekropole in einem archäologischen Komplex, mit einer Unzahl größerer und kleinerer Mausoleen. Die ältesten Gräber stammen noch aus zoroastrischer, d.h. vorislamischer Zeit. Auf dem westlichen Hügel befindet sich eine Burg (Gyaur-Kala) aus dem 4. Jh. v.u.Z. Unterirdische Mausoleen dienen teilweise als Meditationsstätten in angenehmer Kühle.
Von dort ist es nicht mehr weit bis Nukus, wo wir unser Hotel beziehen.
Von dort fahren wir mit dem Auto 250 km nördlich zum ehemaligen Fischerdorf Muynak am früheren Südufer des Aralsees und besichtigen den Schiffsfriedhof.
Der Ort selbst ist trostlos, es gibt wenig zu sehen. Acht Schiffe liegen aufgereiht im Sand an einer Steilküste und rosten vor sich hin. Weitere sollen verstreut auf der großen Fläche verteilt sein. Die Mehrzahl wurde verschrottet. Etwas hervorstechend in der Öde ist das Heimatmuseum, das mit Fotos die Stadtgeschichte und den Verfall dokumentiert. Außerdem gibt es eine Kunstausstellung mit Bildern von Stadt und See und der Tragödie.
Die usbekische Regierung kompensiert die Katastrophe in nachsowjetischer Zeit durch das Anlegen kleinerer Seen in der Nähe des ehemaligen Aralsees sowie weiter östlich die Stau-Seen Aydarkul-See und Tuskan-See. Hier sollen bzw. werden neue Fisch-Bestände gezüchtet. Zu den Renaturalisierungs-Bemühungen gehört auch die Anpflanzung von Gräsern, die resistent gegen Versalzung und Trockenheit sind.
Die Rückfahrt geht wie die Hinfahrt durch die "bewachsene Wüste Kisilkum", was "Roter Sand" bedeutet. "Bewachsen" und Wüste scheinen Widersprüche zu sein. Tatsächlich handelt es sich um eine Sandwüste mit flachen Dünen. Es gleicht aber nicht anderen Wüsten wie Sahara, Namib, Negev, Kalahari. Dort wächst jetzt nach der Regenzeit dürres Gras und kleines Gebüsch. Der Reiz anderer Geröll-, Fels- und Sand-Wüsten fehlt allerdings. Dafür sind die Temperaturen annähernd gleich: Das Auto-Thermometer zeigt 39° C Außentemperatur.
Kurz vor Nukus besuchen wir Mizdakhan, eine riesige Nekropole in einem archäologischen Komplex, mit einer Unzahl größerer und kleinerer Mausoleen. Die ältesten Gräber stammen noch aus zoroastrischer, d.h. vorislamischer Zeit. Auf dem westlichen Hügel befindet sich eine Burg (Gyaur-Kala) aus dem 4. Jh. v.u.Z. Unterirdische Mausoleen dienen teilweise als Meditationsstätten in angenehmer Kühle.
Von dort ist es nicht mehr weit bis Nukus, wo wir unser Hotel beziehen.
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Dienstag, 7. September 2021
Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (4)
jf.bremen, 21:16h
Am VIERTEN TAG besichtigen wir zunächst die Stadt Fergana in der gleichnamigen Region mit ca. 1/2 Million. Einwohnern. Auch hier bestaunen wir die äußerst großzügigen, gepflegten öffentlichen Parkanlagen. Zentral ist auch hier wieder das Timur-Denkmal. Timur, der von ca. 1330 bis 1405 lebte, wird in Usbekistan als Nationalheld gefeiert und verehrt. Sein größtes Verdienst war die Gründung des einheitlichen Reichs Usbekistan. Das allerdings nach seinem Tod schnell wieder zerfiel. Er führte eigentlich ständig Kriege gegen die umliegenden Völker und Staaten. Seine Eroberungszüge waren wie seine Herrschaft nach innen grausam bis zum Exzess. Dennoch stehen in vielen Städten seine Statuen und sonstigen Denkmäler. Das in Fergana ist besonders martialisch.
Ein "deutsches Kulturzentrums" steht auf dem Programm. Es soll, so Shukhrat, die kulturellen Interessen der deutschen Minderheit wahrnehmen und Kontakt zur deutschen Kultur via Goethe-Gesellschaft halten. Das Gebäude ist geschlossen, niemand reagiert auf Klingeln. "Typisch", meint Shukrat lakonisch. Was die Einrichtung treibt, bleibt im Dunkeln.
Entschädigt werden wir durch die Besichtigung der Seidenfabrik "Yodgorlik". Ähnlich wie in der Keramikwerkstatt können wir den Produktionsprozess über alle Stationen verfolgen. Teils macht unser Reiseführer uns die Tätigkeiten vor, teils die Mitarbeiter der Werkstatt. Alles ist sehr anschaulich, aber auf dem "technischen" Niveau früherer Jahrhunderten. Die Fäden der Kokons werden gewonnen, indem zwei Frauen, vor einem großen Bottich hockend, mit einem Stock eine trübe Brühe mit Seidenraupen-Puppen umrühren, bis sich lose Seidenfäden an den Stöcken verfangen. Diese werden an eine Spindel geführt, die einen Faden dreht. Ähnlich "vorsintflutlich" verlaufen alle anderen Prozesse. Der Betrieb ist auf Verkauf und Einnahmen ausgerichtet, arbeitet aber nicht wirklich unabhängig: Die Beschäftigten werden vom Staat bezahlt, es ist ein Staatsbetrieb, der als Schau-Veranstaltung betrieben wird. Es handelt sich wohl um ein Prestige-Projekt.
Gerhild entdeckt eine Plakette, die darüber informiert, dass das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit gefördert wird.
Von Fergana fahren wir mit dem Auto diesmal über den 2.267 m hohen Kamchik-Pass zurück nach Taschkent. Unterwegs machen wir an einem Brot-Markt halt. In einem langen, schmalen überdachten Gang reiht sich ein Stand an den anderen. Dahinter fast ausschließlich Frauen, die ihre Waren lautstark anpreisen. Es entsteht ein beeindruckender akustischer Grundton. Die Rückfahrt nach Taschkent durch das Gebirge ist landschaftlich sehr eindrucksvoll. Bei gelegentlichen Stopps fotografiere ich die beeindruckenden Panorama-Blicke.
Ein "deutsches Kulturzentrums" steht auf dem Programm. Es soll, so Shukhrat, die kulturellen Interessen der deutschen Minderheit wahrnehmen und Kontakt zur deutschen Kultur via Goethe-Gesellschaft halten. Das Gebäude ist geschlossen, niemand reagiert auf Klingeln. "Typisch", meint Shukrat lakonisch. Was die Einrichtung treibt, bleibt im Dunkeln.
Entschädigt werden wir durch die Besichtigung der Seidenfabrik "Yodgorlik". Ähnlich wie in der Keramikwerkstatt können wir den Produktionsprozess über alle Stationen verfolgen. Teils macht unser Reiseführer uns die Tätigkeiten vor, teils die Mitarbeiter der Werkstatt. Alles ist sehr anschaulich, aber auf dem "technischen" Niveau früherer Jahrhunderten. Die Fäden der Kokons werden gewonnen, indem zwei Frauen, vor einem großen Bottich hockend, mit einem Stock eine trübe Brühe mit Seidenraupen-Puppen umrühren, bis sich lose Seidenfäden an den Stöcken verfangen. Diese werden an eine Spindel geführt, die einen Faden dreht. Ähnlich "vorsintflutlich" verlaufen alle anderen Prozesse. Der Betrieb ist auf Verkauf und Einnahmen ausgerichtet, arbeitet aber nicht wirklich unabhängig: Die Beschäftigten werden vom Staat bezahlt, es ist ein Staatsbetrieb, der als Schau-Veranstaltung betrieben wird. Es handelt sich wohl um ein Prestige-Projekt.
Gerhild entdeckt eine Plakette, die darüber informiert, dass das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit gefördert wird.
Von Fergana fahren wir mit dem Auto diesmal über den 2.267 m hohen Kamchik-Pass zurück nach Taschkent. Unterwegs machen wir an einem Brot-Markt halt. In einem langen, schmalen überdachten Gang reiht sich ein Stand an den anderen. Dahinter fast ausschließlich Frauen, die ihre Waren lautstark anpreisen. Es entsteht ein beeindruckender akustischer Grundton. Die Rückfahrt nach Taschkent durch das Gebirge ist landschaftlich sehr eindrucksvoll. Bei gelegentlichen Stopps fotografiere ich die beeindruckenden Panorama-Blicke.
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Sonntag, 5. September 2021
Samarkand - wie aus 1001 Nacht (3)
jf.bremen, 08:10h
Am DRITTEN TAG fahren wir mit dem Zug zum weiter östlichen Kokand. Am Bahnhof gibt es eine doppelte Sicherheitskontrolle, die an Schärfe der auf Flugplätzen nicht nachsteht: Passkontrolle, Leibesvisitation, Gepäck wird durchleuchtet. Dafür muss man ausreichend Zeit einplanen. Hinzukommt, dass es nirgendwo eine Anzeigetafel mit Gleisnummer und Abfahrtzeit gibt. Unser Reiseführer fragt sich durch, wobei er Uniformierte meidet und von einer Putzfrau Auskunft bekommt.
Die Plätze sind reserviert und nummeriert. Die Wagennummer muss man raten. Wir zählen von der Lokomotive nach hinten, stellen aber fest, dass die niedrigste Nummer hinten ist. Die Bahnfahrt ist angenehm, wir könne die Landschaft in Ruhe betrachten. Den 2.268 m hohen Kamchik-Pass unterfahren wir in einem langen Tunnel.
In Kokand zeigt Shukhrat die prächtigen islamischen Bauwerke, den Palast von Chudoyar-Khan, 1871 vollendet, und die Dschuma-Moschee von 1812. Dort bewundern wir die Säulenhalle. Beim Modari-Chan-Mausoleum ist ein großer Friedhof mit vielen, teils sehenswerten Mausoleen. Das Besondere der Anlage sind die "Wunderheiler" vor dem Eingang. Wer seelisch oder körperlich leidet, kann sich dort behandeln lassen. Ein Heiler spricht mit einer einzelnen Person, also etwas wie ein Psychotherapeut. Ein anderer hat eine Zuhörerschaft um sich versammelt und erzählt etwas. Andere massieren auf einfachen Bänken die Patienten. Diese Dienstleistungen sind kostenlos, es wird aber Bakschisch gegeben und angenommen.
Mit dem Auto fahren wir weiter nach Rischtan - direkt an der Grenze zu Tadschikistan - zum Besuch einer Keramik-Werkstatt. Shukhrat führt uns sachkundig und zeigt uns zusammen mit den ArbeiterInnen die wichtigsten Arbeitsprozesse. Das Bemalen einer Schale zeigt uns der Meister selbst. Er zeichnet das Muster mit einem feinen Pinsel und schwarzer Tinte freihändig vor und füllt die so entstandenen Felder farbig aus.
Er führt uns vor das Haus. Wir sehen im Osten im Mittagsdunst das Pamir-Gebirge in Kirgisistan mit seinen 5-, 6- und 7000ern. Angeblich soll man bis nach China sehen können!
Dann fragt er nach der Politik in Deutschland. Auf Geschäftsreisen in Westeuropa - er vermarktet auf Messen seine Produkte - war er in Berlin und hat eine Anti-Merkel-Demonstration gesehen. Wir versuchen ihm etwas über Deutschland und die aktuelle Situation sowie die Geschichte zu erzählen. Die Frage, ob die deutsche Vereinigung positiv oder negativ bewertet wird, beschäftigt ihn. Ich antworte: "Das kommt darauf an, wen man fragt." Er hatte eine eindeutige Antwort erwartet und ich erkläre die Widersprüche in der gegenwärtigen Situation. Auch die Flüchtlingsfrage beschäftigt ihn. Aus seiner Sicht ist das alles schwer verständlich. Die Usbeken haben seit 1865 das Zarenreich, dann ab 1917 die Sowjetunion und seit 1991 die Autokratie von Islam Kamirov erlebt. Dass eine Bundeskanzlerin nur 40% Zustimmung bei Umfragen bekommt, dicht gefolgt von anderen Politikern, auch aus der Opposition, ist für ihn schwer nachvollziehbar. Zum Schluss bedankt er sich mit Handschlag bei mir und auch Shukhrat bedankt sich, er habe viel dazugelernt. Eine ähnliche Diskussion ergibt sich später mit einem Fahrer. Offensichtlich wird die Situation in Deutschland beobachtet, es fehlen aber Detailinformationen. - Wir fahren weiter nach Fergana, wo wir übernachten.
Die Plätze sind reserviert und nummeriert. Die Wagennummer muss man raten. Wir zählen von der Lokomotive nach hinten, stellen aber fest, dass die niedrigste Nummer hinten ist. Die Bahnfahrt ist angenehm, wir könne die Landschaft in Ruhe betrachten. Den 2.268 m hohen Kamchik-Pass unterfahren wir in einem langen Tunnel.
In Kokand zeigt Shukhrat die prächtigen islamischen Bauwerke, den Palast von Chudoyar-Khan, 1871 vollendet, und die Dschuma-Moschee von 1812. Dort bewundern wir die Säulenhalle. Beim Modari-Chan-Mausoleum ist ein großer Friedhof mit vielen, teils sehenswerten Mausoleen. Das Besondere der Anlage sind die "Wunderheiler" vor dem Eingang. Wer seelisch oder körperlich leidet, kann sich dort behandeln lassen. Ein Heiler spricht mit einer einzelnen Person, also etwas wie ein Psychotherapeut. Ein anderer hat eine Zuhörerschaft um sich versammelt und erzählt etwas. Andere massieren auf einfachen Bänken die Patienten. Diese Dienstleistungen sind kostenlos, es wird aber Bakschisch gegeben und angenommen.
Mit dem Auto fahren wir weiter nach Rischtan - direkt an der Grenze zu Tadschikistan - zum Besuch einer Keramik-Werkstatt. Shukhrat führt uns sachkundig und zeigt uns zusammen mit den ArbeiterInnen die wichtigsten Arbeitsprozesse. Das Bemalen einer Schale zeigt uns der Meister selbst. Er zeichnet das Muster mit einem feinen Pinsel und schwarzer Tinte freihändig vor und füllt die so entstandenen Felder farbig aus.
Er führt uns vor das Haus. Wir sehen im Osten im Mittagsdunst das Pamir-Gebirge in Kirgisistan mit seinen 5-, 6- und 7000ern. Angeblich soll man bis nach China sehen können!
Dann fragt er nach der Politik in Deutschland. Auf Geschäftsreisen in Westeuropa - er vermarktet auf Messen seine Produkte - war er in Berlin und hat eine Anti-Merkel-Demonstration gesehen. Wir versuchen ihm etwas über Deutschland und die aktuelle Situation sowie die Geschichte zu erzählen. Die Frage, ob die deutsche Vereinigung positiv oder negativ bewertet wird, beschäftigt ihn. Ich antworte: "Das kommt darauf an, wen man fragt." Er hatte eine eindeutige Antwort erwartet und ich erkläre die Widersprüche in der gegenwärtigen Situation. Auch die Flüchtlingsfrage beschäftigt ihn. Aus seiner Sicht ist das alles schwer verständlich. Die Usbeken haben seit 1865 das Zarenreich, dann ab 1917 die Sowjetunion und seit 1991 die Autokratie von Islam Kamirov erlebt. Dass eine Bundeskanzlerin nur 40% Zustimmung bei Umfragen bekommt, dicht gefolgt von anderen Politikern, auch aus der Opposition, ist für ihn schwer nachvollziehbar. Zum Schluss bedankt er sich mit Handschlag bei mir und auch Shukhrat bedankt sich, er habe viel dazugelernt. Eine ähnliche Diskussion ergibt sich später mit einem Fahrer. Offensichtlich wird die Situation in Deutschland beobachtet, es fehlen aber Detailinformationen. - Wir fahren weiter nach Fergana, wo wir übernachten.
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Mittwoch, 1. September 2021
Usbekistan: Regierungsfeindlicher Aufstand
jf.bremen, 11:23h
Im Mai 2005 gab es im Fergana-Tal im Osten des Landes Demonstrationen gegen die Regierung von Präsident Islam Kamirov. Im Laufe mehrerer Tage eskalierten die Aktionen und die bewaffneten "Sicherheits"-Kräfte gingen mit äußerster Gewalt - u.a. mit gepanzerten Fahrzeugen - gegen die Demonstranten vor. Es wird geschätzt, dass 400 - 600 Menschen getötet wurden. Auslöser der Unruhen waren soziale und wirtschaftliche Unzufriedenheit und Beschränkungen der Handelsfreiheit. Vorwand waren Terroranschläge. Internationale Menschenrechtsorganisationen bemängeln seit Jahrzehnten das Fehlen von Meinungs- und Veröffentlichungsfreiheit, mangelnde Wahlfreiheit, die Kinderarbeit insbesondere bei der Baumwollernte und Mängel bei der Justiz.
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Samarkand - wie aus 1001 Nacht (1, 2)
jf.bremen, 11:19h
VORBEMERKUNG: Bisher habe ich meine Reisetagebücher in "miniaturen" immer erst veröffentlicht, wenn sie als Radiosendungen auf Radio Weser TV gesendet worden waren. Da eine Radiosendung über mein Usbekistan-Tagebuch z.Zt. nicht realistisch ist, und wegen der Aktualität breche ich mit dieser Tradition. In den folgenden Wochen erscheint es daher an dieser Stelle.
SAMARKAND - das war für mich immer ein Ort in einem Märchen aus 1001 Nacht. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal dorthin reisen würde!
Und doch war es so. 2018 lernte ich eher zufällig eine usbekische Bekannte, Mira, kennen. Sie eröffnete mir ihr Heimatland unvorhergesehen als touristisches Reiseziel. Meine Frau Gerhild war sofort Feuer und Flamme, damit stand die Entscheidung fest. Im Mai 2019 flogen wir zu zweit nach Usbekistan.
Ich habe wie bei früheren Reise begonnen, Tagebuch zu schreiben. Aber nicht lange. Das Reiseprogramm war so dicht und die Begleitung durch unseren Reiseführer so eng, dass wenig Zeit und Muße blieben. Am zweiten Tag habe ich noch ausführlich geschrieben, dann nur noch Stichworte, die nach der Reise ausgeführt werden mussten.
Die Reise wurde von dem usbekischen Reiseveranstalter Doca-Tours veranstaltet. Unsere kleine Zweiergruppe hatte einen Reiseführer und wechselnde Fahrer mit ihren Autos, die uns überwiegend zur Verfügung standen. Die Reise von Taschkent nach Kokand machten wir mit der Eisenbahn. Von Samarkand nach Taschkent fuhren wir in einem Schnellzug die ca. 400 km in zwei Stunden. Von Taschkent nach Nukus, 1.500 km, sind wir geflogen.
Ich werde mir die touristischen Attraktionen sparen. Die findet man in jedem Reiseführer und im Internet.
Zunächst meine Aufzeichnungen vom ZWEITEN TAG: Mir schwirrt der Kopf. Gestern Morgen waren wir noch in Bremen. Nachts hatte es leicht gefroren. Dann mittags Richtung Istanbul gestartet. Der neue Flughafen " Erdogans Prestigeobjekt " ein Konsum- und Technik-Albtraum. Wir legten eine Gedenkminute ein für die fünfzig beim Bau umgekommenen Arbeiter und die 150 für bessere Arbeitsbedingungen Streikenden, die als "Rädelsführer" ins Gefängnis geworfen wurden. Es ist - wie geplant - ein Drehkreuz zwischen Europa, Asien und Afrika. Man merkt es an den Menschen, die dort ein-, aus- und umsteigen.
Abends fliegen wir weiter nach Taschkent, die usbekische Hauptstadt, kommen spät nachts dort an. Die Zeitverschiebung zu Deutschland beträgt vier Stunden. Als wir ankommen, ist es zwei Uhr nachts, um drei sind wir im Hotel. Unser Reiseführer Shukhrat holt uns ab und begleitet uns von nun an bis zu unserem Abflug am 18. Tag. Das Hotel-Zimmer ist riesig, geschmackvoll und komfortabel.
Morgens um zehn Uhr sind wir schon wieder mit Shukhrat, unserem Guide, verabredet, und er stürzt uns in diese andere Welt. Auf den ersten Blick ist die Stadt mit über drei Millionen Einwohnern modern mit breiten, sechs- bis acht-spurigen Straßen, Hochhäusern, großzügigen Parkanlagen, viel Verkehr. Unser zweiter Blick wird auf sehr alte, aber auch moderne Sakralbauten gelenkt. Ein ganzer Stadtteil wird von Moscheen, Medressen und Mausoleen beherrscht. Neben wirklich alten Bauten ganz neue, teils noch im Entstehen, in Betonbauweise, aber im alten Stil verklinkert, auch mit Dekor. Einer der Neubauten fasst inklusive dem offenen Innenhof 10 - 12 Tausend Menschen.
Die neuen und der Unterhalt der alten Bauten werden samt Restaurierung vom Staat bezahlt. Eine Reaktion auf die Unterdrückung der Religion zu Sowjetzeiten und ein Ausdruck, die neue Unabhängigkeit zu betonen. Die wichtigsten Bauten stehen rund um den Khast-Imam-Platz: Barak-Khan-Medresse und Kaffal-Schaschi-Mausoleum aus dem 16. Jahrhundert, wo Abu Bakr Kaffal-Schaschi 926 begraben wurde.
Apropos begraben. Unser Reiseführer erwähnt in einem Stadtteil ein unterirdisches Gefängnis für "Terroristen". Er sagt das ohne Bewertung. Wir sind allerdings schockiert. Das scheint uns unmenschlich, ohne dass irgendeine Menschenrechtsorganisation darauf hinweist, vielleicht auch nicht einmal davon weiß. Mit Terroristen sind, laut Shukhrat, islamistische Attentäter gemeint. Ein zweites bei Oppositionellen gefürchtetes Gefängnis befindet sich im Westen des Landes, in der Wüste, in Jaslik. Eine Dokumentation berichtete darüber auf ARTE am 24.08.21 - in der Mediathek bis zum 21.11.21.
Im Kaffal-Schaschi-Mausoleum erwartet uns ein emotionaler Höhepunkt: der über 1000 Jahre alte Osman-Koran - ein Kunstwerk, das hier sorgfältig gehütet wird. 50 x 60 cm groß und mit großer Schrift quasi "gemalt", auf Hirschkuh-Leder mit Tinte aus natürlichen Farben. Das heilige Buch liegt in einer temperierten Vitrine, gegen zu viel Helligkeit oben abgedeckt mit einem Teppich. Der ganze Raum liegt in gedämpftem Licht. Hier weht uns ein Hauch von Ehrfurcht vor der Geschichte und dieser Kultur an. In den Seitenräumen bewundern wir eine Sammlung von Koran-Kopien aus allen Jahrhunderten in allen Größen, einer im Streichholz-Schachtel-Format. Daneben ebenso wertvolle Bücher aus anderen Fachgebieten: Medizin, Jura, Naturwissenschaften. Der Vergleich mit dem malischen Timbuktu und Tamegroute in Südmarokko drängt sich auf.
Von jetzt an und später fällt uns auf, dass nur sehr wenige Frauen Kopftücher oder gar Schleier tragen. D.h. nicht, dass die Religion keine Rolle spielt, aber die äußeren Merkmale der religiösen Frauen sind viel seltener als z.B. in Marokko. Eine Ausnahme bildete später der Wallfahrtsort in Samarkand. Dort trugen die überwiegend weiblichen Pilgerinnen fast alle Kopftücher.
Im Innenhof einer Medresse spricht mich eine junge Frau an. Sie studiert Medien und hat die Aufgabe, Touristen mit Videoaufnahme zu interviewen. Ich sage zu, nehme die Sonnenmütze ab, lege die Kamera beiseite. Shukhrat schmunzelt und bemerkt, ich solle die typischen Accessoires eines Touristen behalten. Die Frau stellt einige unbeholfene Fragen, u.a. wie ich mit dem Internet zufrieden sei. Ich kann sie nicht beantworten, weil ich gerade erst angekommen bin und z.B. gar kein internetfähiges Gerät mitführe. Sie ist leider auf ihre vorformulierten Fragen fixiert und beendet das Interview.
Ein Kontrast sind die Basare: Handwerk, Lebensmittel, Obst bzw. Gemüse, Gewürze in riesiger Auswahl. Unter der großen Kuppel des Tschorsu-Basars summt es wie in einem Bienenkorb. Die umfangreichen und großen Bauten sind modern, aber gehandelt wird dort wie seit Jahrtausenden.
Die Neustadt, in der auch der Basar liegt, ist geprägt von einem Autoverkehr, in dem ich nicht fahren möchte: dicht gedrängt fahren die Autos schnell, wuselig, ständig dezent hupend, rechts und links überholend, sich vordrängelnd, abgedrängt werden, aber sicher und entspannt. Wir besuchen den Unabhängigkeitsplatz sowie den Baukomplex der "Trauernden Mutter," die beide wegen eines auswärtigen Staatsbesuchs weiträumig gesperrt sind. Wir erhaschen nur aus der Ferne Blicke darauf. Das Opernhaus beeindruckt uns wenig, dafür umso mehr die Grünanlage mit dem Standbild Amir Timurs - allerdings negativ. Amur Timur, der von 1336 bis 1405 lebte, gilt als Nationalheld und Begründer des usbekischen Reichs, obwohl dieses bereits nach seinem Tod wieder zerfiel. Er führte eigentlich ständig Kriege gegen die umliegenden Völker und Staaten und war dabei grausam bis zum Exzess.
Die noch aus Sowjetzeit stammenden Plattenbauten unterscheiden sich wenig von denen in Ostberlin und sonst wo, wenn man mal davon absieht, dass sie hier mit traditionalistischem Dekor versehen sind.
Im Straßenbild fallen Bettler wenig auf, die vorhandene Armut ist eher verborgen. Auch Behinderte sind selten. Abends beobachten wir vom Hotelfenster aus einen Mann, der die Müllcontainer ausräumt und "Mülltrennung" vornimmt: er sortiert nach Plastik-, Metall-, Flaschen, Rest-Müll. Später sehen wir ihn mit einem Handkarren, auf dem wohl verwertbarer Müll hoch gestapelt ist.
Abends essen wir in einem Großrestaurant, in dem parallel zwei Feiern mit hunderten von Personen und zwei Musikkapellen stattfinden. Ein Höllenlärm macht eine Unterhaltung fast unmöglich. Die Menschen sind für unseren Geschmack absurd aufgetakelt. Eine Erfahrung, die sich später in den anderen Großstädten wiederholt.
SAMARKAND - das war für mich immer ein Ort in einem Märchen aus 1001 Nacht. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal dorthin reisen würde!
Und doch war es so. 2018 lernte ich eher zufällig eine usbekische Bekannte, Mira, kennen. Sie eröffnete mir ihr Heimatland unvorhergesehen als touristisches Reiseziel. Meine Frau Gerhild war sofort Feuer und Flamme, damit stand die Entscheidung fest. Im Mai 2019 flogen wir zu zweit nach Usbekistan.
Ich habe wie bei früheren Reise begonnen, Tagebuch zu schreiben. Aber nicht lange. Das Reiseprogramm war so dicht und die Begleitung durch unseren Reiseführer so eng, dass wenig Zeit und Muße blieben. Am zweiten Tag habe ich noch ausführlich geschrieben, dann nur noch Stichworte, die nach der Reise ausgeführt werden mussten.
Die Reise wurde von dem usbekischen Reiseveranstalter Doca-Tours veranstaltet. Unsere kleine Zweiergruppe hatte einen Reiseführer und wechselnde Fahrer mit ihren Autos, die uns überwiegend zur Verfügung standen. Die Reise von Taschkent nach Kokand machten wir mit der Eisenbahn. Von Samarkand nach Taschkent fuhren wir in einem Schnellzug die ca. 400 km in zwei Stunden. Von Taschkent nach Nukus, 1.500 km, sind wir geflogen.
Ich werde mir die touristischen Attraktionen sparen. Die findet man in jedem Reiseführer und im Internet.
Zunächst meine Aufzeichnungen vom ZWEITEN TAG: Mir schwirrt der Kopf. Gestern Morgen waren wir noch in Bremen. Nachts hatte es leicht gefroren. Dann mittags Richtung Istanbul gestartet. Der neue Flughafen " Erdogans Prestigeobjekt " ein Konsum- und Technik-Albtraum. Wir legten eine Gedenkminute ein für die fünfzig beim Bau umgekommenen Arbeiter und die 150 für bessere Arbeitsbedingungen Streikenden, die als "Rädelsführer" ins Gefängnis geworfen wurden. Es ist - wie geplant - ein Drehkreuz zwischen Europa, Asien und Afrika. Man merkt es an den Menschen, die dort ein-, aus- und umsteigen.
Abends fliegen wir weiter nach Taschkent, die usbekische Hauptstadt, kommen spät nachts dort an. Die Zeitverschiebung zu Deutschland beträgt vier Stunden. Als wir ankommen, ist es zwei Uhr nachts, um drei sind wir im Hotel. Unser Reiseführer Shukhrat holt uns ab und begleitet uns von nun an bis zu unserem Abflug am 18. Tag. Das Hotel-Zimmer ist riesig, geschmackvoll und komfortabel.
Morgens um zehn Uhr sind wir schon wieder mit Shukhrat, unserem Guide, verabredet, und er stürzt uns in diese andere Welt. Auf den ersten Blick ist die Stadt mit über drei Millionen Einwohnern modern mit breiten, sechs- bis acht-spurigen Straßen, Hochhäusern, großzügigen Parkanlagen, viel Verkehr. Unser zweiter Blick wird auf sehr alte, aber auch moderne Sakralbauten gelenkt. Ein ganzer Stadtteil wird von Moscheen, Medressen und Mausoleen beherrscht. Neben wirklich alten Bauten ganz neue, teils noch im Entstehen, in Betonbauweise, aber im alten Stil verklinkert, auch mit Dekor. Einer der Neubauten fasst inklusive dem offenen Innenhof 10 - 12 Tausend Menschen.
Die neuen und der Unterhalt der alten Bauten werden samt Restaurierung vom Staat bezahlt. Eine Reaktion auf die Unterdrückung der Religion zu Sowjetzeiten und ein Ausdruck, die neue Unabhängigkeit zu betonen. Die wichtigsten Bauten stehen rund um den Khast-Imam-Platz: Barak-Khan-Medresse und Kaffal-Schaschi-Mausoleum aus dem 16. Jahrhundert, wo Abu Bakr Kaffal-Schaschi 926 begraben wurde.
Apropos begraben. Unser Reiseführer erwähnt in einem Stadtteil ein unterirdisches Gefängnis für "Terroristen". Er sagt das ohne Bewertung. Wir sind allerdings schockiert. Das scheint uns unmenschlich, ohne dass irgendeine Menschenrechtsorganisation darauf hinweist, vielleicht auch nicht einmal davon weiß. Mit Terroristen sind, laut Shukhrat, islamistische Attentäter gemeint. Ein zweites bei Oppositionellen gefürchtetes Gefängnis befindet sich im Westen des Landes, in der Wüste, in Jaslik. Eine Dokumentation berichtete darüber auf ARTE am 24.08.21 - in der Mediathek bis zum 21.11.21.
Im Kaffal-Schaschi-Mausoleum erwartet uns ein emotionaler Höhepunkt: der über 1000 Jahre alte Osman-Koran - ein Kunstwerk, das hier sorgfältig gehütet wird. 50 x 60 cm groß und mit großer Schrift quasi "gemalt", auf Hirschkuh-Leder mit Tinte aus natürlichen Farben. Das heilige Buch liegt in einer temperierten Vitrine, gegen zu viel Helligkeit oben abgedeckt mit einem Teppich. Der ganze Raum liegt in gedämpftem Licht. Hier weht uns ein Hauch von Ehrfurcht vor der Geschichte und dieser Kultur an. In den Seitenräumen bewundern wir eine Sammlung von Koran-Kopien aus allen Jahrhunderten in allen Größen, einer im Streichholz-Schachtel-Format. Daneben ebenso wertvolle Bücher aus anderen Fachgebieten: Medizin, Jura, Naturwissenschaften. Der Vergleich mit dem malischen Timbuktu und Tamegroute in Südmarokko drängt sich auf.
Von jetzt an und später fällt uns auf, dass nur sehr wenige Frauen Kopftücher oder gar Schleier tragen. D.h. nicht, dass die Religion keine Rolle spielt, aber die äußeren Merkmale der religiösen Frauen sind viel seltener als z.B. in Marokko. Eine Ausnahme bildete später der Wallfahrtsort in Samarkand. Dort trugen die überwiegend weiblichen Pilgerinnen fast alle Kopftücher.
Im Innenhof einer Medresse spricht mich eine junge Frau an. Sie studiert Medien und hat die Aufgabe, Touristen mit Videoaufnahme zu interviewen. Ich sage zu, nehme die Sonnenmütze ab, lege die Kamera beiseite. Shukhrat schmunzelt und bemerkt, ich solle die typischen Accessoires eines Touristen behalten. Die Frau stellt einige unbeholfene Fragen, u.a. wie ich mit dem Internet zufrieden sei. Ich kann sie nicht beantworten, weil ich gerade erst angekommen bin und z.B. gar kein internetfähiges Gerät mitführe. Sie ist leider auf ihre vorformulierten Fragen fixiert und beendet das Interview.
Ein Kontrast sind die Basare: Handwerk, Lebensmittel, Obst bzw. Gemüse, Gewürze in riesiger Auswahl. Unter der großen Kuppel des Tschorsu-Basars summt es wie in einem Bienenkorb. Die umfangreichen und großen Bauten sind modern, aber gehandelt wird dort wie seit Jahrtausenden.
Die Neustadt, in der auch der Basar liegt, ist geprägt von einem Autoverkehr, in dem ich nicht fahren möchte: dicht gedrängt fahren die Autos schnell, wuselig, ständig dezent hupend, rechts und links überholend, sich vordrängelnd, abgedrängt werden, aber sicher und entspannt. Wir besuchen den Unabhängigkeitsplatz sowie den Baukomplex der "Trauernden Mutter," die beide wegen eines auswärtigen Staatsbesuchs weiträumig gesperrt sind. Wir erhaschen nur aus der Ferne Blicke darauf. Das Opernhaus beeindruckt uns wenig, dafür umso mehr die Grünanlage mit dem Standbild Amir Timurs - allerdings negativ. Amur Timur, der von 1336 bis 1405 lebte, gilt als Nationalheld und Begründer des usbekischen Reichs, obwohl dieses bereits nach seinem Tod wieder zerfiel. Er führte eigentlich ständig Kriege gegen die umliegenden Völker und Staaten und war dabei grausam bis zum Exzess.
Die noch aus Sowjetzeit stammenden Plattenbauten unterscheiden sich wenig von denen in Ostberlin und sonst wo, wenn man mal davon absieht, dass sie hier mit traditionalistischem Dekor versehen sind.
Im Straßenbild fallen Bettler wenig auf, die vorhandene Armut ist eher verborgen. Auch Behinderte sind selten. Abends beobachten wir vom Hotelfenster aus einen Mann, der die Müllcontainer ausräumt und "Mülltrennung" vornimmt: er sortiert nach Plastik-, Metall-, Flaschen, Rest-Müll. Später sehen wir ihn mit einem Handkarren, auf dem wohl verwertbarer Müll hoch gestapelt ist.
Abends essen wir in einem Großrestaurant, in dem parallel zwei Feiern mit hunderten von Personen und zwei Musikkapellen stattfinden. Ein Höllenlärm macht eine Unterhaltung fast unmöglich. Die Menschen sind für unseren Geschmack absurd aufgetakelt. Eine Erfahrung, die sich später in den anderen Großstädten wiederholt.
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Mittwoch, 27. Januar 2021
Ecuador: Montezumas Rache
jf.bremen, 21:40h
Moctezuma, in Deutschland besser bekannt als Montezuma, war 1502 – 1520 Herrscher über das Reich der Azteken in Mittelamerika, auf dem Gebiet des heutigen Mexiko. Dort landeten Spanier erstmals 1518. Moctezuma empfing die Conquistadores, die Eroberer, freundlich, bis diese sich als Herren des Landes aufspielten. Moctezumas Widerstand war hinhaltend, was die Spanier zu weiteren Eroberungen ermunterte. Schließlich kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen, die für Moctezuma tödlich endete. Die genauen Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der nicht nur in Lateinamerika bei Touristen häufig auftauchende Durchfall wird als Montezumas Rache bezeichnet.
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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (17, 18)
jf.bremen, 21:38h
Achtzehnter und neunzehnter Tag: Nachts erreicht mich Moctezumas Rache. Am Morgen bezweifle ich, dass ich abends fliegen kann. Zum Glück geht es mir gegen Mittag etwas besser. Wir verabschieden uns herzlich mit vielen Dankes für Gastfreundschaft, „Reiseleitung“, praktische Hilfe, gute Gespräch und Fröhlichkeit!
Der Rückflug ist lang, umständlich (über Guayaquil am Pazifik!), aber ich kann schlafen. Von Amsterdam, wo wir lästige drei Stunden Aufenthalt haben, simsen wir Ela, ob sie uns abholen kann (kann sie).
Auf dem Weg vom Flughafen erfahren wir von den schrecklichen Attentaten in Frankreich. Wie das bloß weitergeht?!
Der Rückflug ist lang, umständlich (über Guayaquil am Pazifik!), aber ich kann schlafen. Von Amsterdam, wo wir lästige drei Stunden Aufenthalt haben, simsen wir Ela, ob sie uns abholen kann (kann sie).
Auf dem Weg vom Flughafen erfahren wir von den schrecklichen Attentaten in Frankreich. Wie das bloß weitergeht?!
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Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (17)
jf.bremen, 21:32h
Siebzehnter Tag: Heute ist der letzte Tag und wir machen den letzten Ausflug. Wieder ist Pepe pünktlich und steuert uns zielsicher durch den Verkehr von Quito auf die südliche Panamericana. Zwischen den beiden Kordilleren mit ihren Vier-, Fünftausendern fahren wir bis Latacunga, dann westlich Richtung Quevedo. In Pujili machen wir Halt und bummeln durch die ganz friedliche Altstadt. Keine Touristen (natürlich außer uns), kaum Leute auf der Straße, inmitten die übliche Plaza mit Anlagen, diagonalen Wegen, dem zentralen Denkmal; dann Kirche, Rathaus, Kreishaus. Die schlichte, „romanische“ Franziskanerkirche ist weitgehend schmucklos mit Ausnahme des gewaltigen, vergoldeten Barockaltars, der die ganze Höhe und Breite der hinteren Chorwand einnimmt. Der Goldreichtums des Landes, das Imponiergehabe der Katholiken und die Bereitschaft der Indígenas, sich imponieren zu lassen, machten die Franziskaner das Armutsgebot vergessen.
Unterwegs machen wir halt vor dem Andenkenladen in einem kleinen Dorf und kaufen einige Souvenirs. Das Ehepaar, das den Laden betreibt, lässt sich fotografieren und posiert dazu vor dem Laden – natürlich gegen einen kleinen Geldbetrag.
Mir fällt bei ihnen, wie schon früher bei anderen Andenbewohnern, die unnatürliche Rotfärbung ihrer Wangen auf. Ein Ergebnis der intensiven UV-Strahlung in großer Höhe. Sie haben eigentlich ständig Sonnenbrand. Da sie ansonsten inklusive Hut komplett bekleidet sind, bekommt nur die untere Gesichtshälfte Sonne.
Wir fahren weiter zur Laguna Quilotoa auf 3.900 m Höhe. Oben gibt’s allerhand touristische Infrastruktur. Wir gehen, den grandiosen Ausblick auf den Kraterrand und die unten liegende Lagune bewundernd, die 400 m hinunter zur „Beach“. Der Weg verläuft steil und in engen Serpentinen. Entgegen kommen uns keuchende Wanderer, die den Aufstieg zu Fuß gewagt haben, und auf Maultieren Reiter, die es bequemer haben wollten. Unten halten wir uns nur kurz auf, es gibt nicht viel mehr zu sehen, als was von oben auch zu sehen war.
Gerhild erklärt, sie wolle den Aufstieg nicht zu Fuß machen, sondern reiten. Erleichtert stimme ich zu. Eine Frau bietet uns zwei Mulis an, die sich eher unwillig erheben. Das Sattelzeug wird festgezurrt, wir sitzen auf. Die Frau feuert die Tiere an: „Mula, Mula, Mula!“ und hilft gelegentlich mit lockeren Stockschlägen nach. Die Muli bleiben immer wieder stehen, ihre Flanken pumpen. Ich weiß: die Frau verdient damit ihr Geld, die Tiere bekommen etwas zu fressen, aber ich habe dabei ein schlechtes Gewisse und bedaure zwischendurch, nicht zu Fuß gegangen zu sein.
Oben angekommen müssen wir Pepe wecken, der ein kleines Nickerchen gemacht hat. - Ich schlage einen anderen Rückweg vor. Von der Lagune nördlich über Chugchilan nach Sigchos. Die nagelneue Straße bis Chugchilan führt durch die wild-zerklüfteten westlichen Kordilleren entlang der tiefen, sehr steilen Mestizo-Schlucht. Hinter Chugchilan ist die Straße noch im Bau, und so zügig es bisher ging, so beschwerlich geht es jetzt weiter bis Sigchos. Die Landschaft entschädigt uns, weniger Pepe, der fahren muss. Dort erreichen wir die besser ausgebaute, aber bergige und kurvenreiche Straße, die in östlicher Richtung zurück zur Panamericana führt.
Wir haben jetzt sicher einige Tausend km ecuadorianische Straßen im Bus, Privat-PKW und Taxis zurückgelegt, Haupt-, Neben- und Neben-Neben-Straßen, aber ich kann den behaupteten schlechten Zustand der Straßen nicht bestätigen. Ja, es gibt Schlaglöcher, ja es gibt viele und hohe Bremsschwellen, aber das sind keine unüberwindbaren Hindernisse. Da habe ich in Marokko, Namibia, Türkei, Russland Schlimmeres erlebt. Auch an den Fahrstil der Ecuadorianer könnte ich mich anpassen. Alles keine Gründe, keinen Mietwagen zu nehmen. Etwas anderes wären vielleicht Kosten und Bedingungen für die Miete.
Die Orientierung ist nicht schwer, aber Pepe fragt mindestens zehnmal nach dem Weg. Ausnahmsweise decken sich die meisten Auskünfte. Ich bedeute ihm immer mal wieder, wie es weiter geht, aber mir als Ortsfremdem und der Karte, die er nicht lesen kann, traut er nicht. Einmal fahren wir um drei Ecken und kommen genau da an, wohin ich ihn auf dem direkten Weg hinführen wollte. Alles in allem eine wilde Kurverei, aber die Landschaft hat sich gelohnt! Was ich anders eingeschätzt hatte, war die Länge der Strecke, die auf der Karte kürzer aussah, aber die vielen Serpentinen und Berge und Täler kann der Maßstab 1: 650 000 nicht abbilden.
Auf der Panamericana wird’s schon dämmerig, aber es sind nur 56 km bis Quito. – Ja, Pustekuchen! Gilt wohl nur bis zum Stadtrand, aber wir müssen erstens noch durch ganz Quito durch und zweitens weiter bis Tumbaco. Dort kommen wir „pünktlich zum Abendbrot“ um 7 Uhr an. Rainer: “Später ging‘s wohl nicht?“ Mama und Papa waren schon unruhig. Wir gehen früh ins Bett.
Unterwegs machen wir halt vor dem Andenkenladen in einem kleinen Dorf und kaufen einige Souvenirs. Das Ehepaar, das den Laden betreibt, lässt sich fotografieren und posiert dazu vor dem Laden – natürlich gegen einen kleinen Geldbetrag.
Mir fällt bei ihnen, wie schon früher bei anderen Andenbewohnern, die unnatürliche Rotfärbung ihrer Wangen auf. Ein Ergebnis der intensiven UV-Strahlung in großer Höhe. Sie haben eigentlich ständig Sonnenbrand. Da sie ansonsten inklusive Hut komplett bekleidet sind, bekommt nur die untere Gesichtshälfte Sonne.
Wir fahren weiter zur Laguna Quilotoa auf 3.900 m Höhe. Oben gibt’s allerhand touristische Infrastruktur. Wir gehen, den grandiosen Ausblick auf den Kraterrand und die unten liegende Lagune bewundernd, die 400 m hinunter zur „Beach“. Der Weg verläuft steil und in engen Serpentinen. Entgegen kommen uns keuchende Wanderer, die den Aufstieg zu Fuß gewagt haben, und auf Maultieren Reiter, die es bequemer haben wollten. Unten halten wir uns nur kurz auf, es gibt nicht viel mehr zu sehen, als was von oben auch zu sehen war.
Gerhild erklärt, sie wolle den Aufstieg nicht zu Fuß machen, sondern reiten. Erleichtert stimme ich zu. Eine Frau bietet uns zwei Mulis an, die sich eher unwillig erheben. Das Sattelzeug wird festgezurrt, wir sitzen auf. Die Frau feuert die Tiere an: „Mula, Mula, Mula!“ und hilft gelegentlich mit lockeren Stockschlägen nach. Die Muli bleiben immer wieder stehen, ihre Flanken pumpen. Ich weiß: die Frau verdient damit ihr Geld, die Tiere bekommen etwas zu fressen, aber ich habe dabei ein schlechtes Gewisse und bedaure zwischendurch, nicht zu Fuß gegangen zu sein.
Oben angekommen müssen wir Pepe wecken, der ein kleines Nickerchen gemacht hat. - Ich schlage einen anderen Rückweg vor. Von der Lagune nördlich über Chugchilan nach Sigchos. Die nagelneue Straße bis Chugchilan führt durch die wild-zerklüfteten westlichen Kordilleren entlang der tiefen, sehr steilen Mestizo-Schlucht. Hinter Chugchilan ist die Straße noch im Bau, und so zügig es bisher ging, so beschwerlich geht es jetzt weiter bis Sigchos. Die Landschaft entschädigt uns, weniger Pepe, der fahren muss. Dort erreichen wir die besser ausgebaute, aber bergige und kurvenreiche Straße, die in östlicher Richtung zurück zur Panamericana führt.
Wir haben jetzt sicher einige Tausend km ecuadorianische Straßen im Bus, Privat-PKW und Taxis zurückgelegt, Haupt-, Neben- und Neben-Neben-Straßen, aber ich kann den behaupteten schlechten Zustand der Straßen nicht bestätigen. Ja, es gibt Schlaglöcher, ja es gibt viele und hohe Bremsschwellen, aber das sind keine unüberwindbaren Hindernisse. Da habe ich in Marokko, Namibia, Türkei, Russland Schlimmeres erlebt. Auch an den Fahrstil der Ecuadorianer könnte ich mich anpassen. Alles keine Gründe, keinen Mietwagen zu nehmen. Etwas anderes wären vielleicht Kosten und Bedingungen für die Miete.
Die Orientierung ist nicht schwer, aber Pepe fragt mindestens zehnmal nach dem Weg. Ausnahmsweise decken sich die meisten Auskünfte. Ich bedeute ihm immer mal wieder, wie es weiter geht, aber mir als Ortsfremdem und der Karte, die er nicht lesen kann, traut er nicht. Einmal fahren wir um drei Ecken und kommen genau da an, wohin ich ihn auf dem direkten Weg hinführen wollte. Alles in allem eine wilde Kurverei, aber die Landschaft hat sich gelohnt! Was ich anders eingeschätzt hatte, war die Länge der Strecke, die auf der Karte kürzer aussah, aber die vielen Serpentinen und Berge und Täler kann der Maßstab 1: 650 000 nicht abbilden.
Auf der Panamericana wird’s schon dämmerig, aber es sind nur 56 km bis Quito. – Ja, Pustekuchen! Gilt wohl nur bis zum Stadtrand, aber wir müssen erstens noch durch ganz Quito durch und zweitens weiter bis Tumbaco. Dort kommen wir „pünktlich zum Abendbrot“ um 7 Uhr an. Rainer: “Später ging‘s wohl nicht?“ Mama und Papa waren schon unruhig. Wir gehen früh ins Bett.
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Dienstag, 26. Januar 2021
Ecuador 2015 - En viaje - Unterwegs (16)
jf.bremen, 17:54h
Sechzehnter Tag: Der Ausflug nach Otavalo, Laguna Cuicocha und Cotacachi steht auf dem Programm. Pepe, der Taxifahrer, holt uns pünktlich ab.
Auf der Panamericana passieren wir den Äquator, ohne anzuhalten. Kurz danach ein Mirador mit fantastischem Ausblick auf den 4.263 m hohen Fuya Fuya und gegenüber den Cuyambe mit 5.790 m. Die Sicht ist wieder fantastisch, so dass wir die umliegenden Vulkane in voller Pracht und fast ohne Wolken bewundern können. Weder ein Oppermann noch ein Arno Schmidt bin ich. Welche Landschaftsbeschreibung hätten sie hier formuliert? Leider fehlen mir dazu die Worte. An den umliegenden Hängen fallen großflächige Gewächshäuser auf, einfache Gestelle mit Plastikplanen abgedeckt. Hier werden Rosen gezüchtet. Begünstigt durch die klimatischen Bedingungen – „ewiger“ Sommer – blühen die Rosen das ganze Jahr. Wer braucht so viele Rosen? Europa! Die Blumen werden geerntet, per Flugzeug (!) nach Europa geschafft und hier entsprechend teuer verkauft. Ökologisch ein nicht zu vertretender Wahnsinn!
In Otavalo, 2.500 m hoch passieren wir den Parque Central und begegnen einer Prozession: vorneweg tragen sechs schwarz gekleidete Männer einen Sarg, dahinter eine lange Trauerprozession. Taxifahrer Pepe findet am Plaza de los Ponchos einen Parkplatz und wir streunen über den Markt, der sich als reiner Touristen-Magnet entpuppt. Angeboten werden nur Dinge, die garantiert kaum ein Ecuadorianer hier kauft: Wollartikel wie Mützen, Schals, auch Ponchos, Hüte, Keramik, Schmuck. Das Warenangebot und die Zahl der Verkäufer übertrifft die Zahl der möglichen Käufer wesentlich. Die Verkäufer – eher die Frauen als die Männer – in traditionellen Kleidungsstücken preisen ihre Ware beredt an. Es ist nicht reine Folklore, sondern ich habe schon den Eindruck, dass sie das täglich tragen. Gerhild ersteht bei einem freakig aussehenden jungen Mann ein hübsches Armband. Obwohl im Reiseführer steht, dass Handeln üblich ist, zahle ich den genannten Preis von sieben Dollar. Handeln wäre mir bei dem Preis peinlich gewesen.
Wir gehen dann noch zurück zum Parque Central. Der ist in der Anlage so wie alle anderen Plätze auch: Kirche, Rathaus, hier noch das Kreishaus und repräsentative Wohnhäuser, streng quadratisch angelegt, zwei Wege kreuzen diagonal, in der Mitte ein Denkmal. Die Kirche ist bis auf den letzten Platz besetzt: Der Trauergottesdienst.
Im Auto hat Pepe treu auf uns gewartet. Weiter geht die Fahrt zur Laguna Cuicocha auf 3.070 m. Ein kleines Museum informiert über die Entstehung der Lagune: der Vulkan-Krater ist durch eine heftige Eruption entstanden und mit Wasser aufgefüllt, und darin sind zwei weitere kleinere Vulkane aufgeworfen, die aber keinen Krater gebildet haben, also rund abgeflacht sind. Wir beginnen eine kleine Wanderung im umgekehrten Uhrzeigersinn vom Museum aus entlang dem Kraterrand. Unterwegs treffen wir zwei Schweizer mit einem einheimischen Führer und wechseln ein paar Worte. Wir erfahren, dass der im Reiseführer beschriebene Rundweg im westlichen Teil gesperrt ist. Am Weg finden wir eine Sonnenuhr, eine Monduhr und weitere Markierungen, die auf präkolumbianische rituelle oder astronomische Orte zurückgehen. Links Ausblick in den Krater und den gegenüber liegenden Kraterrand, rechts ins Tal und auf den Cotocachi mit seinen 4.939 m. Nach ca. einer Stunde machen wir eine kleine Rast und genießen den Ausblick. Dann gehen wir auf demselben Weg zurück.
Wir fahren weiter nach Cotacachi, der „Lederstadt“. Außer Ledergeschäften gibt’s dort nichts zu sehen. Da wir keinen Bedarf an Schuhen, Lederjacken und Reitsätteln haben, kehren wir lieber gleich in einem Gartenlokal ein und essen etwas. Ich versuche Pepe klar zu machen, dass Gerhilds Onkel und Anes Vater solche Pferdesättel gemacht hat, aber er scheint mich nicht zu verstehen.
Dann geht’s zurück Richtung Tumbaco. Unterwegs kurzer Halt am Äquator (Quitsato mit Sonnenuhr). Jetzt habe ich fünf von sechs möglichen geografischen Linien passiert: Äquator, südlicher und (fast) nördlicher Wendekreis und nördlicher Polarkreis.
Schon im Dunkeln kommen wir in Tumbaco an. Christiane und Rainer warten schon, wie Mama und Papa früher. Aber schneller war das Programm nicht zu machen ohne zu hetzen.
Auf der Panamericana passieren wir den Äquator, ohne anzuhalten. Kurz danach ein Mirador mit fantastischem Ausblick auf den 4.263 m hohen Fuya Fuya und gegenüber den Cuyambe mit 5.790 m. Die Sicht ist wieder fantastisch, so dass wir die umliegenden Vulkane in voller Pracht und fast ohne Wolken bewundern können. Weder ein Oppermann noch ein Arno Schmidt bin ich. Welche Landschaftsbeschreibung hätten sie hier formuliert? Leider fehlen mir dazu die Worte. An den umliegenden Hängen fallen großflächige Gewächshäuser auf, einfache Gestelle mit Plastikplanen abgedeckt. Hier werden Rosen gezüchtet. Begünstigt durch die klimatischen Bedingungen – „ewiger“ Sommer – blühen die Rosen das ganze Jahr. Wer braucht so viele Rosen? Europa! Die Blumen werden geerntet, per Flugzeug (!) nach Europa geschafft und hier entsprechend teuer verkauft. Ökologisch ein nicht zu vertretender Wahnsinn!
In Otavalo, 2.500 m hoch passieren wir den Parque Central und begegnen einer Prozession: vorneweg tragen sechs schwarz gekleidete Männer einen Sarg, dahinter eine lange Trauerprozession. Taxifahrer Pepe findet am Plaza de los Ponchos einen Parkplatz und wir streunen über den Markt, der sich als reiner Touristen-Magnet entpuppt. Angeboten werden nur Dinge, die garantiert kaum ein Ecuadorianer hier kauft: Wollartikel wie Mützen, Schals, auch Ponchos, Hüte, Keramik, Schmuck. Das Warenangebot und die Zahl der Verkäufer übertrifft die Zahl der möglichen Käufer wesentlich. Die Verkäufer – eher die Frauen als die Männer – in traditionellen Kleidungsstücken preisen ihre Ware beredt an. Es ist nicht reine Folklore, sondern ich habe schon den Eindruck, dass sie das täglich tragen. Gerhild ersteht bei einem freakig aussehenden jungen Mann ein hübsches Armband. Obwohl im Reiseführer steht, dass Handeln üblich ist, zahle ich den genannten Preis von sieben Dollar. Handeln wäre mir bei dem Preis peinlich gewesen.
Wir gehen dann noch zurück zum Parque Central. Der ist in der Anlage so wie alle anderen Plätze auch: Kirche, Rathaus, hier noch das Kreishaus und repräsentative Wohnhäuser, streng quadratisch angelegt, zwei Wege kreuzen diagonal, in der Mitte ein Denkmal. Die Kirche ist bis auf den letzten Platz besetzt: Der Trauergottesdienst.
Im Auto hat Pepe treu auf uns gewartet. Weiter geht die Fahrt zur Laguna Cuicocha auf 3.070 m. Ein kleines Museum informiert über die Entstehung der Lagune: der Vulkan-Krater ist durch eine heftige Eruption entstanden und mit Wasser aufgefüllt, und darin sind zwei weitere kleinere Vulkane aufgeworfen, die aber keinen Krater gebildet haben, also rund abgeflacht sind. Wir beginnen eine kleine Wanderung im umgekehrten Uhrzeigersinn vom Museum aus entlang dem Kraterrand. Unterwegs treffen wir zwei Schweizer mit einem einheimischen Führer und wechseln ein paar Worte. Wir erfahren, dass der im Reiseführer beschriebene Rundweg im westlichen Teil gesperrt ist. Am Weg finden wir eine Sonnenuhr, eine Monduhr und weitere Markierungen, die auf präkolumbianische rituelle oder astronomische Orte zurückgehen. Links Ausblick in den Krater und den gegenüber liegenden Kraterrand, rechts ins Tal und auf den Cotocachi mit seinen 4.939 m. Nach ca. einer Stunde machen wir eine kleine Rast und genießen den Ausblick. Dann gehen wir auf demselben Weg zurück.
Wir fahren weiter nach Cotacachi, der „Lederstadt“. Außer Ledergeschäften gibt’s dort nichts zu sehen. Da wir keinen Bedarf an Schuhen, Lederjacken und Reitsätteln haben, kehren wir lieber gleich in einem Gartenlokal ein und essen etwas. Ich versuche Pepe klar zu machen, dass Gerhilds Onkel und Anes Vater solche Pferdesättel gemacht hat, aber er scheint mich nicht zu verstehen.
Dann geht’s zurück Richtung Tumbaco. Unterwegs kurzer Halt am Äquator (Quitsato mit Sonnenuhr). Jetzt habe ich fünf von sechs möglichen geografischen Linien passiert: Äquator, südlicher und (fast) nördlicher Wendekreis und nördlicher Polarkreis.
Schon im Dunkeln kommen wir in Tumbaco an. Christiane und Rainer warten schon, wie Mama und Papa früher. Aber schneller war das Programm nicht zu machen ohne zu hetzen.
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Montag, 25. Januar 2021
Ecuador: Älteste Spuren menschlichen Lebens
jf.bremen, 11:23h
Die ältesten Spuren menschlichen Lebens in Ecuador stammen aus der Zeit vor 12.000 Jahren. In Europa war damals die letzte Eiszeit. Frühe Funde vor allem aus den Küstenregionen beweisen bereits seit 4000 v.u.Z. eine entwickelte Kultur, deren Spuren bis in die Gegenwart reichen, in der Folklore wie im Kunsthandwerk, u.a. in der Keramik. Seit 900 v.u.Z. gibt es Funde von symbolträchtiger Kleidung, Metallverarbeitung, Tier- und Menschendarstellungen auf Keramiken. 300 vor bis 800 nach u.Z. entwickelten sich „expressionistische“ Formen in der Keramik und der Bearbeitung von Edelmetallen u.a. Platin, das in Europa erst im 18. Jh. verarbeitet wurde. Im Austausch dieser mit anderen Waren entstanden ein ausgedehnter Handel und Schifffahrt vor allem entlang der südamerikanischen Westküste sowie auf den Amazonas-Flüssen. Dies bewirkte auch die Entwicklung einer differenzierten Staatsform unter dem aus dem heutigen Chile stammenden Inka-Reich, das um 1500 seine größte Ausdehnung von Kolumbien über Ecuador und Peru bis Chile hatte. Dieses Reich wurde durch die spanischen Conquistadores zerschlagen, die die Bewohner umbrachten oder unterjochten. Mit den in Südamerika erbeuteten unglaublichen Edelmetallschätzen finanzierten die Eroberer ihre Kriege in Europa, gegen die indianischen Ureinwohner und für die Eroberung anderer Erdteile. Ein Abglanz der alten Kultur der Anden findet sich heute in der Andenkenindustrie bei Textilien, Keramik, Schmuck, Leder- und Holzwaren.
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