Samstag, 23. November 2024
Zwischenruf: Der Witz des Monats
Die Freie Hansestadt Bremen ist das „Armenhaus der Republik“. Der Anteil Armer und ganz Armer ist gemessen an der Einwohnerzahl besonders groß. Das zeigt sich nicht zuletzt an der stetig anwachsenden Zahl von Bettlern, überwiegend Obdachlose, im öffentlichen Leben. Die stammen nicht nur aus der eigenen Bevölkerung, sondern zu einem großen Anteil aus Zugewanderten aus dem In- und Ausland. Der Grund dafür liegt an der relativen Liberalität der Stadt, die sich auch unter Flüchtlingen herumgesprochen hat. Nicht nur die allenthalben sichtbare individuelle Armut ist groß, sondern auch die öffentliche des Staates. Das ist nicht witzig.

Die Freie Hansestadt Bremen ist auf der anderen Seite überproportional reich. In ihren Mauern leben ca. 150 Einkommensmillionäre, d.h. sie haben ein jährliches Einkommen von mind. einer Million. Diese zahlen häufig die niedrigsten Steuern. Hinzukommt Vermögen in Form von Wertpapieren, Immobilien und Sachwerten (Autos, Pelze, Schmuck u.a.). Das ist auch nicht witzig.

Nun beschweren sich immer öfter nicht nur die Reichen, sondern auch Normalbürger und Touristen über das teils aggressive Betteln der Armen. Da sah sich der rot-grün-rote Senat gezwungen, dagegen vorzugehen. Aggressives Betteln soll unterbunden werden. Ordnungsamt und Polizei sind mit der Kleinarbeit beauftragt. Was wirklich zu nützen scheint, ist eine Verordnung, nach der das Delikt mit Bußgeld bis 500 € bestraft werden kann. Das ist ein ganz schlechter Witz.

Der hohe Senat soll den Bürgern mal erklären, woher ein aggressiver Bettler 500 € bekommen soll. Durch Betteln lässt sich das nicht machen. Ich wäre nicht überrascht, wenn das nicht gezahlte Bußgeld durch Freiheitsstrafe ersetzt werden soll. Das wäre eine teure Methode. Ein Hafttag kosten den Staat 200 €. Die Ersatzstrafe für nicht gezahltes Bußgeld für Schwarzfahren soll aus gutem Grund grade abgeschafft werden.

Bremen ist Schilda

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Freitag, 22. November 2024
Netanjahu, Opfer des Antisemitismus?
„Du Opfer!“ ist eine unter Jugendlichen häufige Beschimpfung. Dass sich jemand selbst zum Opfer erklärt, ist eher selten und mir bisher erst einmal bekannt geworden.

Der israelische Ministerpräsident wurde vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zur Fahndung ausgeschrieben, wegen diverser Vergehen und Verbrechen, darunter des Kriegsverbrechens und Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Außer ihm war auch sein ehemaliger Verteidigungsminister Galant und der palästinensische Hamas-Anführers Deif betroffen.

Netanjahu jammerte daraufhin öffentlich, das sei „Antisemitismus“. Welche eine Verdrehung der Tatsachen! Der Mann, der für zehntausende Todesopfer unschuldiger Menschen und hunderttausende Verletzte verantwortlich ist, macht sich zum Opfer der internationalen Strafjustiz. Er wollte die Hamas und die Hisbollah vernichten, indem er ganz Gaza und Teile des Libanon zur Wüste machte. Er wollte gezielt deren Führer töten, dabei seien leider auch zivile Opfer hinzunehmen. Tatsächlich stärkt er die Ideologie der Hamas in Gasa wie im gesamten moslemischen Raum. Aber er ist das Opfer von „Antisemitismus“?

Ein Haftbefehl gegen EINEN Juden ist alles Mögliche, aber kein Antisemitismus. Das wäre der Fall, wenn sich der Beschluss des IStGH ungerechtfertigt gegen eine große Zahl von Juden oder gar gegen alle Juden weltweit richten würde. Das ist aber keineswegs der Fall. Ausschließlich ZWEI Juden – Netanjahu und Galant – sind gemeint. - Alles andere ist Propaganda!

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Dienstag, 19. November 2024
Klaus Ernst – Wanderer zwischen Welten
Porschefahrer sind immer vorn und die schnellsten. Lebender Beweis ist Klaus Ernst. Seitdem er politisch aktiv – und agil - ist, mischt er immer möglichst vorne mit. Nach abgebrochener Schule und erfolgreicher Lehre agierte er schnell in der Gewerkschaft als Funktionär und Betriebsrat mit. In der SPD war das nicht so leicht, zumal er die Parteiführung immer wieder kritisierte: Riesterrente und Agenda 2010.

Also trennte er sich von der Sozialdemokratie und gründete mit anderen die WASG, um anschließend die Linkspartei mit aus der Taufe zu heben. Da war er Ko-Vorsitzender. Als Wagenknecht zur Gründung ihrer eigenen Kaderpartei rief, folgte er schnell und wurde prompt zum Ko-Vorsitzenden des bayrischen BSW.

Das hinderte ihn auch nicht, sich auf diversen Ebenen mit Rechtsextremen und Putin-Verstehern gemein zu machen. Auch in Klimafragen tendierte er gegen rechts. Versteht sich: als Betriebsrat bei Porsche und den Zulieferern SKF und ZF Sachs und Porschefahrer konnte er sich schlecht als Klima-Kritiker äußern.

Es darf gerätselt werden, was die Zukunft dem Ernst noch bringt. Viel kann es angesichts seines Alters von 70 Jahren nicht mehr sein, aber man weiß ja nie!

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Gescheiterte „Friedensinitiative“
Gerade demonstrierte ein kleines radikales Häuflein in Görlitz für den Frieden – Teilnehmer von BSW bis Rechtsaußen. Mal wieder wurde ein Ende des Kriegs der Russen gegen die Ukraine gefordert. Auch gegen die deutschen Waffenlieferungen und die Stationierung von US-Raketen in Deutschland war man. Dafür forderten sie Diplomatie und Friedens-Verhandlungen mit Putin.

Der Zeitpunkt schien günstig: Bundeskanzler Scholz telefonierte zeitnah ein Stunde lang mit Putin, um einen Waffenstillstand und Verhandlungen einzufordern. Erwartbar ließ dieser den Kanzler abblitzen. Wie bekannt weigerte er sich das eroberte und besetzte Gelände zu räumen, um die territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen.

Kaum lagen die Telefonhörer wieder auf den Gabeln bekräftigte Putin seine Meinung mit massivem Bombardement der Ukraine bis dicht an die rumänischen und polnischen Grenzen.

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Dienstag, 5. November 2024
Übertriebener Antisemitismus-Begriff
KritikerInnen an der israelischen Regierung und des Kriegs in Gaza und im Libanon droht Ungemach. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe des Bundestags hat ein Papier ausgearbeitet, das den sehr weit gefassten Antisemitismusbegriff des IHRA (Internationale Vereinigung der Holocaust-Erinnerung) weitgehend übernimmt. Danach könnte die Kritik an israelischer Politik beschränkt und sogar bestraft werden.

Das Papier soll zur Diskussion im Bundestag als Antrag eingebracht werden. Das Ziel ist ein Gesetz, das u.a. das Strafrecht, das Aufenthalts- und Asylrecht, sowie das Staatsangehörigkeitsrecht neu definiert. Danach könnte die Kritik an der rechtsradikalen Regierung, am Krieg in Gaza und Libanon sowie in anderen Fragen, z.B. des Rechtssystems unterbunden bzw. bestraft werden. (S. miniaturen 14.02.24 „Israel: Regierung oder Verbrecher-Syndikat?“)

Das Papier macht sich auch gleich Gedanken darüber, wie ohne gesetzliche Grundlage im Bildungssystem bei „Verstößen“ vorgegangen werden soll: das Hausrecht, Ausschluss vom Unterricht bzw. Studium, die Exmatrikulation an Unis sollen angewandt werden.

Freie Träger der Bildungsarbeit, Vereine und politische Zusammenschlüsse sollen ggf. durch Mittelentzug oder Betätigungsverbot bestraft werden. Damit würde gleich eine ganze Reihe von Grundgesetz-Artikeln außer Kraft gesetzt: Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Koalitionsfreiheit.

Inzwischen haben 600 Prominente – KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, politische AktivistInnen und Vereinigungen von Amnesty International bis Luisa Neubauer – gegen das Papier protestiert und ihren Protest in der FAZ veröffentlicht.

Die allfällige Distanzierung ist auch hier fällig: Kritik an der israelischen Regierungspolitik ist nicht gleichzusetzen mit Antisemitismus und schließt die Verurteilung terroristischer Aktionen – 7. Oktober! – ein, aber auch völlig übertriebenes militärisches Vorgehen. Die Tötung EINES Hamas-Terroristen rechtfertigt nicht den „Kollateral-Schaden“ von Dutzenden Zivilisten, darunter überwiegend Frauen, Alte und Kinder. (s. miniaturen 10.06.24 „Geiselbefreiung mit Kollateralschaden“)

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Dienstag, 22. Oktober 2024
Neue EU-Mitglieder
Europa ist eine großartige Idee, geboren aus den Erfahrungen mit dem Faschismus und zweier Weltkriege. Aus der Wirtschaftsunion entwickelte sich eine umfassende politische europäische Union. Z.Zt. stehen wieder Neuaufnahmen von Westbalkan-Staaten an. Die Debatte dreht sich dabei im Wesentlichen um Wirtschaftsfragen, wie das Interview in der taz mit Ulf Brunner von der Universität Regensburg zeigt.

Bisherige Erfahrungen mit ehemaligen Ostblockstaaten legen nahe, außer auf die Wirtschaft vor allem auf die demokratische, gesellschaftliche, rechtliche Entwicklung zu blicken. In Ungarn herrscht uneingeschränkt ein Quasi-Diktator ohne Rechtssicherheit, Meinungsfreiheit, demokratische Rechte – Wahlen! – für die Bürger. Polen ist gerade mal noch gut gegangen. Bulgarien und Rumänien geben auch keine glänzenden Beispiele für Demokratie. Die Lage in der Slowakei ist prekär.

Europa sollte daher gewarnt sein und genau auf die Essentials der Europäischen Charta zu achten. Allein die Drohung von Russlands wachsendem Einfluss auf dem Balkan kann kein Grund für einen beschleunigten Aufnahmeprozess sein.

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Montag, 21. Oktober 2024
Der Jugend gehört die Zukunft
Der Vorstand der „Grünen Jugend“ tritt zurück, einige regionale Vorstände folgen. Wie bekannt mir das aus der Geschichte vorkommt! Bei der SPD Ging das etwas rabiater vor sich. 1946 wurde der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) gegründet, der 1960 aus der SPD ausgeschlossen wurde. Die SPD gründete einen neuen Verband, Sozialistischer Hochschulbund (SHB). Der wurde 1972 aus der SPD ausgeschlossen und hieß ab dann Sozialistischer Hochschulbund. Der SDS löste sich 1970 aufgrund innerer Widersprüche selbst auf.

Ein ähnliches Schicksal ereilte die Deutschen Jungdemokraten (DJD). Bereits 1919 als Jugendorganisation der Deutschen Demokratischen Partei wurden sie nach dem Krieg Teil der Freien Demokratischen Partei. Als die 1982 die sozialliberale Koalition verließen und mit der CDU koalierten, trennten sich die DJD von der Partei.

Was den Beispielen gemeinsam war: Sie radikalisierten sich nach ihren Trennung von den Parteien. Der SHB näherte sich den Kommunisten an. Die DJD vereinigten sich 1990 mit der Marxistischen Jugendvereinigung Junge Linke.

Erwartet die Grüne Jugend eine ähnliche Entwicklung?

Grundsätzlich sind die Jugendorganisationen fortschrittlicher Parteien deren Motoren für die Entwicklung. (Die Junge Union macht da eine Ausnahme: Deren Mitglieder kommen meist als „Funktionäre auf die Welt“ und übertreffen oft die Älteren konservativ.) Trennen sie sich von ihren Parteien oder diese sich von den Jungen, scheint eine Radikalisierung vorprogrammiert zu sein. Die jungen Grünen haben z.T. schon angekündigt, dass sie eine neue linke Organisation anstreben.

Die Parteien sind eigentlich immer außerstande, die fortschrittlichen und radikalen Impulse der Jungen zu integrieren, zu ihrem eigenen Schaden. „Die Jugend ist unsere Zukunft“ lautete die Parole früher. Daran scheint sich niemand in den Parteien mehr zu erinnern. Sollte das auch für die Grünen gelten?

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Mittwoch, 16. Oktober 2024
Israels Kampf gegen UN-Friedenstruppe
In den zwanzig Jahren, die ich deutsch-israelische Begegnungsprogramme organisiert habe, begegneten mir immer wieder Vorurteile seitens israelischer Teilnehmender über die UN-Friedenstruppe, nicht nur die an der israelisch-libanesischen Grenze. UN wurde mit „united nothing“ übersetzt. Die UN-Soldaten würden ihre satten Dollarbezüge in Beirut und auch in Israel verprassen. Ein Sinn wurde der Friedensmission nicht zugebilligt.

Tatsächlich war die UN-Truppe wenig effektiv. Ihre Anwesenheit konnte nichts mehr sein als symbolisch. Sie durfte weder gegenüber libanesischen noch israelischen Soldaten oder der Hisbollah die Waffen gebrauchen. Die waren nur zur Selbstverteidigung erlaubt.

Inzwischen scheint die israelisch Armee (IDF) „united nothing“ praktisch werden zu lassen. Gehäuft greift sie nicht nur UN-Einrichtungen – Wachtürme, Bunker, Überwachungskameras – an, sondern nahm auch UN-Soldaten unter Feuer und setzte einen chemischen Kampfstoff ein. Zuletzt verwundeten sie fünf Blauhelmsoldaten. Eine militärisch-strategischer Sinn lässt sich dafür nicht erkennen.

Die Armee scheint den Auftrag von Netanyahu ernst zu nehmen, die UN zu vertreiben („sofortiger“ Abzug). Die israelische Regierung scheute nicht einmal davor zurück, den UN-Generalsekretär Guterres mit Verhaftung zu bedrohen.

Es fällt mir immer schwerer das Vorgehen Israels in Gaza, der besetzten Westbank und im Libanon zu vertreten. Klar, Israel wurde am 7.10.23 von der Hamas äußerst brutal überfallen, aber die Reaktion der IDF überschreiten inzwischen alle Grenzen. Bis zu 50.000 Zivilisten wurden bereits getötet, vorgeblich, um Hamas-Führer zu treffen. Netanyahus Plan, die Hamas zu zerschlagen ist zum Scheitern verurteilt, denn jedeR tote palästinensische Tote schürt den Hass auf Israel und fördert die Unterstützung für die Hamas.

Der einzige Ausweg ist die Einstellung der Kämpfe, um welchen Preis auch immer. Und eins ist sicher: so bekommt man die gefangenen Geiseln nicht frei. Selbst hohe Militärführen bezweifeln inzwischen, dass die Regierung die Geiseln überhaupt befreien WILL.

Und Deutschland: befördert den Wahnsinn durch weitere Waffenlieferungen und halbherzige Appelle an die rechtsextreme Regierung Netanyahus.

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Erweiterung der EU auf dem Balkan
Europa ist eine großartige Idee, geboren aus den Erfahrungen mit dem Faschismus und zweier Weltkriege. Aus der Wirtschaftsunion entwickelte sich eine umfassende politische europäische Union. Z.Zt. stehen wieder Neuaufnahmen von Westbalkan-Staaten an. Die Debatte dreht sich dabei im Wesentlichen um Wirtschaftsfragen, wie das Interview in der taz mit Ulf Brunner von der Universität Regensburg zeigt.

Bisherige Erfahrungen mit ehemaligen Ostblockstaaten legen nahe, außer auf die Wirtschaft vor allem auf die demokratische, gesellschaftliche, rechtliche Entwicklung zu blicken. In Ungarn herrscht uneingeschränkt ein Quasi-Diktator ohne Rechtssicherheit, Meinungsfreiheit, demokratische Rechte – Wahlen! – für die Bürger. Polen ist gerade mal noch gut gegangen. Bulgarien und Rumänien geben auch keine glänzenden Beispiele für Demokratie. Die Lage in der Slowakei ist prekär.

Europa sollte daher gewarnt sein und genau auf die Essentials der Europäischen Charta zu achten. Allein die Drohung von Russlands wachsendem Einfluss auf dem Balkan kann kein Grund für einen beschleunigten Aufnahmeprozess sein.

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Donnerstag, 10. Oktober 2024
Schwarzbuch der Inkompetenz
Der Bund der Steuerzahler legt sein jährliches „Gutachten“ vor, das wenig Überraschungen bietet. Da wird z.B. die Freikarte kritisiert, mit der u.a. Kinder und Jugendliche kostenfrei kulturelle, sportliche und Freizeit-Angebote nutzen können. Es könne nicht Aufgabe des Staates ein, Kindern die Karussellfahrt zu finanzieren. Ne, wirklich nicht, wenn es nur die Karussellfahrt wäre – obwohl auch die zur Kultur gehört. Tatsächlich gehören dazu u.a. Museums- und Konzert-Besuche.
Das Geld solle besser in die Bildung u.a. Nachhilfestunden investiert werden. Ja, was bitte ist ein Museumsbesuch anderes als Bildung? Da hat der Lobbyverband einen etwas sehr reduzierten Bildungsbegriff. Der Vergleich zwischen Freimarkt und Schule hinkt an dieser Stelle auf allen Beinen.
Der Steuerzahlerbund ist ein Lobby-Verband, der primär die Interessen der Wirtschaft vertritt. Er kritisiert vielleicht mit Recht die missbräuchliche Verwendung von Geld, aber politische Entscheidungen – wie die Freikarte – gehören nicht eigentlich zu seiner Kompetenz. Da mischt er sich ebenso wie Rechnungshöfe in etwas ein, was diese nichts angeht.

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