Sonntag, 3. September 2017
Pfadfinder zwischen Tradition und Fortschritt
Kritik eines Lesers: "Ich habe Dein Buch in einem Rutsch – an ein paar freien Tagen – im Wendland gelesen.Das passt ja ganz gut zu dem Sommerlager-1977-Text. (....) Zum Buch: ich hatte erst Bedenken, jetzt noch ein Geschichtsbuch, da ich gar nicht so auf die BDP Geschichte heute mehr abonniert bin.



Ich fand das Buch gut lesbar – es hat mich positiv überrascht, zum einen, da Du Dich als Person in der Zeit gesehen und reflektiert hast – und zum anderen die Abhandlung der Professionalisierung durch moderne Pädagogik im Konflikt mit dem Ministerium für mich noch mal eine politisch passende Klarstellung war. Im Unterschied zu den Unterwanderungstheoretikern wird auch die Vielfältigkeit und Gleichzeitigkeit von Entwicklung sichtbar, die man so ja gar nicht selbst konstruieren kann, sondern die Veränderung in der Gesellschaft mitvollzieht.

Ich hatte [in einer Diskussion] darüber gesprochen, dass (…)die inhaltliche Einbeziehung von Initiativen und offenen Gruppen in der Provinz eine Art „systemische Organisationsentwicklung“ dargestellt hat. (…) so ist es in Deinem Buch auch gut sichtbar.

Mein einziger Mäkelpunkt ist die recht pauschale Ablehnung von Arbeitgebern als „Kapitalisten“. Das steht beim Thema Versprechen: ich bin kein Freund aller Menschen, da ich Kapitalisten nicht unterstütze. Na ja, das ist schon 70er Jahre Denke.

Also: Dein Buch ist gut lesbar und bringt eine Zusammenfassung der Modernisierung der Jugendarbeit im Kontext gesellschaftlicher Veränderung. Das hat mir gut gefallen!"

Meine Stellungnahme zu dem "Mäkelpunkt": Der Vorwurf, "70er-Jahre- Denke" trifft natürlich, denn so dachten wir in den 60er und 70er Jahren. Die Personalisierung von Kapitalismus war und ist unscharf. Aber: Natürlich ist der Kapitalismus auch heute noch kritikwürdig, ein Blick - nicht nur in den Wirtschaftsteil - jeder beliebigen Tageszeitung liefert den Beleg. Und ich könnte damals wie heute eine Reihe von Namen nennen, deren Freund ich nicht sein möchte. Es sind nicht immer "Kapitalisten" im klassischen Sinn, aber die Funktionäre des Kapitals, vulgo "Manager" zählen auch dazu.

Jürgen Fiege: Pfadfinder zwischen Tradition und Fortschritt. Zwanzig Jahre im Bund Deutscher PfadfinderInnen, Verlag AG SPAK, Neu-Ulm 2017, ISBN 978-3-945959-17-6, 200 Seiten, 14,50 EUR

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Donnerstag, 20. Juli 2017
Jane Austen – eine Feministin?
Die taz nimmt den 200. Todestag der britischen Autorin Jane Austen zum Anlass darüber zu spekulieren, ob diese eine Feministin war oder ihre Romane feministisch sind.

Die Werke von Jane Austen zählen zur großen Literatur des Abendlandes. Sie waren damals – in der Romantik – fortschrittlich, weil sie die Liebe zwischen Mann und Frau in ihren Mittelpunkt stellten. Liebe war die wichtigste Voraussetzung der Beziehung in einer Ehe.

Vorher waren die Motive für Ehen das Schmieden politischer Bündnisse (im Adel) oder eine Versorgungseinheit zur Reproduktion (im Bürgertum und Kleinbürgertum).

Und jetzt: die große Jane Austen überwand den Utilitarismus und stellte die Beziehungen der Geschlechter auf eine neue Basis.

Dabei nach Feminismus zu fragen, ist absurd: den Begriff oder die Vorstellung davon gab es einfach noch nicht! Es ist genauso absurd, wie wenn man Martin Luther vorwerfen würde, Max Weber („Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“) nicht gelesen zu haben. Oder Grimmelshausen („Simplizissimus“) darauf zu befragen, ob der 30-jährige Krieg ein imperialistischer Krieg gewesen sei.

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Montag, 3. April 2017
Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod
Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod, oder umgekehrt. Die Verwirrung über die richtige Anwendung der Fälle wird immer größer. An den falschen Genetiv bei z.B. am "Anfang dieseN Jahres" haben wir uns schon fast gewöhnt. Keine Nachrichtensendung im Radio kommt ohne aus.

Jetzt erreichte mich eine neue Variante. Auf einer Rechnung steht "Gemäß dem Rezeptes". Doller geht's kaum noch. Die Verwirrung ist komplett.

Abgesehen davon, dass die Rechnung aus Schwaben kam, und die Schwaben (nach eigenem Eingeständnis) außer Schwäbisch nichts können: die ständige Verwechslung der Fälle beweist nicht nur Ignoranz, sondern - schlimmer noch - Denkfaulheit.

Da machen sich Lehrer und Bildungspolitiker Sorgen um gute Schul- und Kindergarten-Bildung, und im Alltag auch der Medien wird munter falsches Deutsch gesprochen.

Um dem Vorwurf des Sprach-Formalismus zu begegnen, betone ich: Richtige Grammatik ist die Voraussetzung gelungener Kommunikation.

Bedenke: Zeichensetzung kann Leben retten. "Wir essen jetzt, Opa." ist etwas anderes als "Wir essen jetzt Opa."

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Freitag, 10. März 2017
Pfadfinder zwischen Tradition und Fortschritt
Pfadfinder zwischen Tradition und Fortschritt
Zwanzig Jahre im Bund Deutscher PfadfinderInnen

„Pfadfinder bleibt man ein Leben lang.“ Das war die Parole in der Jugend des Autoren Jürgen Fiege. Dahinter verbarg sich der Absolutheitsanspruch der Pfadfinder-Ideologie: Pfadfinder-Gesetz und -Versprechen als moralische Leitlinie für die eigene Lebensgestaltung. Nachdem der ideologische Ballast in den 60er Jahren abgeworfen wurde, schien dieser Wahlspruch passé zu sein.


Pfadfindern 1975

Vor allem die kritische Auseinandersetzung mit Ideologie, in diesem Fall der Pfadfinder-Ideologie, hat Jürgen Fieges Wahrnehmung geschärft und ein Instrumentarium für Theoriearbeit zur Verfügung gestellt.
Fast sechs Jahrzehnte nach seinem Eintritt in den BDP hat der Autor seine Erfahrungen und Erlebnisse reflektiert und aufgeschrieben. Dabei hat er in der zeitlichen Distanz vieles neu bewertet. In der ganzen Zeit gab es weder im BDP noch in seiner Biografie Stillstand. Auch das ist ein Ergebnis der kritischen Betrachtung und Bewertung von Altgewohntem.
Der Text verbindet den Erfahrungsbericht mit einer Dokumentation. Es ist ein Lesebuch, nicht dazu gedacht, von Anfang bis Ende in einem Rutsch gelesen zu werden. Sondern der Leser kann nach und nach schmökern. Es lädt ein zum Blättern und Stöbern. Es umfasst die Zeit vom Ende der 50er bis Ende der 70er Jahre. Die Texte folgen nicht ausschließlich einem chronologischen System, sondern sind thematisch geordnet.

Jürgen Fiege: Pfadfinder zwischen Ideologie und Fortschritt. Zwanzig Jahre im Bund Deutscher PfadfinderInnen.
Herausgeber: Bund Deutscher Pfadfinder_innen, Bundesvorstand
Neu-Ulm (AG SPAK) 2017

ISBN ISBN 978-3-945 959-17-6

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Donnerstag, 23. Februar 2017
Grammatik rettet Leben
„Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod.“ war der Bestseller von Bastian Sick, in dem er sich u.a. mit der Verwilderung der deutschen Sprache auf unterhaltsame Weise kritisch auseinander setzt.
Nun nahmen bestimmte Zeitgenossen den Titel ernst und behaupteten, wenn der Genetiv zugunsten des Dativs sowieso verschwände, dann sei nunmehr alles erlaubt.
Diese Zeitgenossen haben viel Erfolg: sogar in seriösen Print- oder Audio-Medien werden die Fälle munter durcheinander gewürfelt. Hier die zufällige Auslese eines Tages:
a) „entsprechend des Angebots“
b) „wider besseren Wissens“
c) „unweit des Bahnhofs“
d) „am Anfang diesen Jahres“
e) „entlang des Flusses“.
Zur Erinnerung an den Grammatik-Unterricht in der Grundschule:
1. Der Nominativ (1. Fall) antwortet auf die Frage „wer“ oder „was“ etwas tut.
2. Der Genetiv (2. Fall) gibt ein Besitzverhältnis an: „wessen“.
3. Der Dativ (3. Fall) antwortet auf „wem“ oder „wo“, gibt also einen Adressaten oder einen Ort an.
4. Der Akkusativ antwortet auf „wen“ oder „wohin“, gibt also eine Richtung an.
Ich kann also leicht herausbekommen, welcher Fall angewandt werden muss, wenn ich die entsprechende Frage stelle.
Dabei würde
bei a) herauskommen „entsprechend wem“, also Dativ „entsprechend dem Angebot“;
bei b) „wider (=gegen) besseres Wissen“ (was), also Akkusativ;
bei c) „unweit dem Bahnhof“ (wo), also Dativ;
bei d) „am Anfang wessen“, also Genetiv;
bei e) „entlang dem Fluss“, also Dativ.
Der Dativ ist also keineswegs des Genitivs Tod - bei drei von den fünf Beispielen umgekehrt -, sondern mangelndes Sprachgefühl und Denkfaulheit sind der Tod der logischen Sprache. Grammatik ist kein willkürlich-formales Konstrukt, sondern dient dem richtigen Verständnis, der Kommunikation ohne Missverständnisse.
Schönes Beispiel: „Wir essen jetzt, Opa.“ – Oder: „Wir essen jetzt Opa.“ (na guten Appetit)
Zeichensetzung rettet Leben!

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Dienstag, 20. Oktober 2015
Analog ist in!
Meine alte These von der Dauer der analogen Fotografie bewahrheitet sich immer wieder! (Siehe Eintrag vom 05. 09. 2015 und mein Buch "Die Dauer des Augenblicks"). Ich habe mal im Internet gestöbert und dabei folgende Beiträge in Fach- und anderen Zeitschriften/Zeitungen gefunden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Analogfotografie
https://www.prophoto-online.de/fotopraxis/Analoge-Fotografie-Der-besondere-Reiz-sorgt-fuer-einen-Trend-10007357
https://www.derwesten.de/freizeit/warum-die-analog-fotografie-wieder-beliebter-wird-id8689695.html
https://www.fotografen-welt.de/fototipps/vorteile-der-analog-fotografie/
https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/kleinbildfilme-die-rueckkehr-der-analogfotografie,10808230,30107640.html
https://www.zeit.de/video/2013-05/2357789391001/analoge-fotografie-die-dunkelkammer-schlaegt-jede-app
https://www.photoklassik.de/
https://www.stern.de/noch-fragen/digital-vs-analogfotografie-1000464952.html
Es lohnt sich auch unter "Analoge Fotografie" weiter zu suchen: Man findet dort neben gewerblichen Angeboten Diskussionsforen und Erfahrungsberichte.
Übrigens: mein Fotopädagogisches Handbuch steht unter www.kunst-fotografie.com/fotopaedagogik "Die Dauer des Augenblicks" zum Herunterladen bereit. Und als CD ist es bei mir erhältlich (fiegegj@gmx.de)

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Samstag, 5. September 2015
„Die Analogfotografie erlebt eine Wiedergeburt.“
Ich hab’s ja gewusst. Und jetzt werde ich durch die
Sprecherin des Photoindustrie-Verbandes, Constanze
Clauß, bestätigt: „Der Nachwuchs, der mit der
Digitalfotografie groß geworden ist, entdeckt die
Analogkameras. Gewünscht wird Entschleunigung.
Die jungen Leute finden es aufregend, dass sie sich
auf 36 Fotos beschränken müssen und erst nach der
Entwicklung erfahren, was drauf ist auf dem Film.
Die Analogfotografie erlebt eine Wiedergeburt.“
(zitiert nach Weser-Kurier 15.09.14) Das habe ich
lange vorhergesagt, u.a. in „Die Dauer des Augenblicks
– Ein fotopädagogisches Handbuch“, München/
Steinkimmen 2002, T 03, komplett überarbeitet unter
www.kunst-fotografie.com . So wenig, wie die
Fotografie die Malerei beendet hat – was vor 125
Jahren befürchtet wurde - so wenig wird die
Analogfotografie durch die digitale ersetzt. Pinsel, Film
und Chip werden weiterhin genutzt, nur für
unterschiedliche Zwecke. Und dass Selfies - diese
andere Variante des Narzissmus - vor prominenten
Kulissen gemacht werden, ist auch nichts Neues: „Für
viele Amateur- und Hobbyfotografen ist die im Urlaub
mögliche Muße ein wesentliches Element; zugleich
kann man durch das Vorzeigen der Urlaubsfotos
zeigen, dass man Muße hatte und sie sich leisten kann:
das Urlaubsfoto ist also in gewisser Weise eine
vorzeigbare Trophäe. Ähnlich wie Feste und
Familienfeiern zählt der Urlaub zu den "hohen Zeiten"
(Werbeslogan: "die wichtigsten Tage des Jahres"), die
wie die anderen Höhepunkte festgehalten werden
müssen.“ (T 07) Quod erat demonstrandum, was zu
beweisen war, und nun bewiesen ist. Ich werde wie
bisher analog fotografieren und bin damit voll im Trend!

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