Samstag, 23. November 2019
Politisch korrekte Sprache IV
Wie soll man denn nun die Nachbarn mit dunkler Hautfarbe, einem türkischen Pass (oder haben sie gleichzeitig oder ausschließlich einen deutschen?) und türkischer Sprache bezeichnen? Ausländer – nee; Migranten oder Einwanderer – auch wenn sie in der 3. Generation hier leben? Afrikanische MIT-BürgerInnen, wenn sie vor zwei Wochen hier hergekommen sind?

Und wie steht’s mit „Neger“? Neger ist die eingedeutschte Form von französisch nègre und das heißt schwarz. So what? Alles andere sind Krücken: Afrikaner – wenn derjenige in Deutschland als Kind eines farbigen Amerikaners geboren ist? Schwarzer – der aus Äthiopien stammt und eher braun ist (Brauner kann man auch nicht sagen!).

Es wäre also gut, Benutzer solcher Worte oder Redensarten nicht einfach so als Rassist o.ä. zu beschimpfen. Gucken wir erstmal danach was der/diejenige in genau diesem Zusammenhang meint und was er sonst so denkt und macht.

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Freitag, 22. November 2019
Politisch korrekte Sprache III
Manche Begriffe wandeln ihre Bedeutung: Z.B. „geil“ wurde im Mittelhochdeutschen noch für fröhlich im religiösen Sinn benutzt („mine sele was gail“), dann säkularisiert und schließlich banalisiert im sexuellen Sinn. In meiner Jugend hätte man sich nicht getraut, den Begriff überhaupt zu benutzen. Ausnahme: Gärtner sprachen von „geilen Trieben“. Damit waren lange dünne Zweige von Büschen gemeint, die die übrige Pflanze deutlich überragten. Bis vor etwa 20 Jahren benutzten Jugendliche den Begriff als Provokation; heute steht er nur noch für „gut“.

Früher wurden Behinderte bei körperlicher Behinderung „Krüppel“ (von „gekrümmt“) und bei geistiger oder psychischer Behinderung „Verrückte“ genannt (übrigens auch ein sehr ausdrucksstarker Begriff, wenn man den eigentlichen Sinn „ver-rückt“ bedenkt). Das wurde dann als diskriminierend aufgefasst und man wählte “Behinderte“. Behinderte selber wehrten sich inzwischen teilweise auch dagegen, weil auch dieses Wort inzwischen diskriminierend benutzt wird: „Du bist wohl behindert/Spasti oder was?“ Seit Neuestem spricht man nur noch von „Menschen mit Behinderungen“ oder Einschränkungen“. „Behinderte“ nämlich werden nur über ihre – eben – Behinderung oder Einschränkung definiert; sie gelten nicht als vollwertig.

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Donnerstag, 21. November 2019
Politisch korrekte Sprache II
Viele volkstümliche Begriffe oder Redewendungen sind Ergebnis genauer Beobachtung und sind nicht unbedingt diskriminierend gemeint. Z.B. „Nur keine jüdische Hast“ Wer einmal orthodoxe Juden in Wien, New York oder Jerusalem beobachtet hat, weiß, dass sie eine sehr hastige und nicht immer nachvollziehbare Eile zeigen, daher der Begriff, der keineswegs diskriminierend gemeint sein muss. Ähnlich der Ausdruck „Hier ist es laut wie in der Judenschule“ (=Synagoge, Gebetshaus/-stube). Juden beten (im Unterschied zu Christen) laut auch wenn sie allein beten, unterhalten sich während des Gottesdienst, verlassen den Raum und kommen wieder herein, früher wie heute. Da geht es schon mal etwas lauter zu.

Unbedacht wird Getto für ein Slum oder ein Lager benutzt. „Ghetto“ kommt aus dem Italienischen und bezeichnet Judenviertel oder –straße zuerst 1516 in Venedig und war keineswegs diskriminierend gemeint; die Juden wohnten einfach zusammen. Ähnlich in Deutschland, wo es früher Juden- oder Jüdenstraßen gab – z.B. noch heute in Göttingen.

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Mittwoch, 20. November 2019
Politisch korrekte Sprache I
„Political correctness“ in der Sprache verbietet dem fortschrittlichen Menschen bestimmte Worte. Dazu gehören „Zigeuner“, „Neger“, „Krüppel“, „Stamm“ u.a. Oft wird das ohne genaue Kenntnis über Sprache gemacht - ohne lange nachzudenken. Die Person des Sprechers oder die Situation sind dabei egal. Einmal den falschen Begriff benutzt und, zack, du bist ein Rassist.

Nur mal der Begriff „Zigeuner“: wird heute meist als diskriminierend aufgefasst, ist es aber ursprünglich gar nicht, denn er stammt aus der „Zigeuner“-Sprache und damit bezeichneten sich diese Leute selbst, denn es heißt eigentlich „Menschen“ und das schon seit 1417 in Europa (von „Secaner“). Die Begriffe „Cigan“ (auf dem Balkan), „Gitanos“ in Spanien und „Gitanes“ in Frankreich – wo selbst eine Zigarettenmarke so heißt - gehen auf dieselbe Wurzel zurück und werden dort ohne Probleme benutzt. Erst die Zigeuner-Feinde (vor allem die Nazis) haben behauptet, Zigeuner käme von „Ziehgauner“ = (Taschen-) Dieb.

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Samstag, 2. November 2019
Adorno und der Jazz
Wir wissen nicht, welche Art von Jazz (oder „Jazz“) Adorno in Amerika gehört hat. Ebenso ist kaum nachvollziehbar, warum sie ihn langweilte. In den 1960er Jahren wurden Kontroversen über Musik gerne mit der Waffe der „Kritischen Theorie“ ausgetragen. Gegen den Jazz wurde Adorno mit seinem Aufsatz in den „Prismen“ in Stellung gebracht, dessen Lektüre ich mich verweigerte: ich wollte mir meine Leidenschaft nicht kaputt machen lassen.

Jahre später traute ich mir den Text zu und stellte fest: Es war barer Unsinn! Eric Hobsbawn kam in „Ungewöhnliche Menschen“ 2001 zu dem lapidaren Urteil: „einige der dümmsten Seiten, die je über Jazz geschrieben wurden.“ Der Gitarrist und Cartoonist Volker Kriegel erklärte Adornos Abneigung gegen Jazz in einer Parodie, in der er dessen Kritik auf ein unangenehmes Erlebnis und seine völlige Ahnungslosigkeit zurückführt.

Darin wird Adorno mit der Musik Johnny Hodges‘ konfrontiert. Damit wäre die einleitende Frage auch geklärt.

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Freitag, 25. Oktober 2019
Textdominanz in Bilddokumenten
Es gilt im Dokumentarfilm eingeschränkt auch beim Dokumentarfoto die Textdominanz. Der Text darf das Bild nicht erschlagen. Optische Eindrücke sind oft so stark, dass sie vom durch Text transportierten Inhalt ablenken.

Neulich allerdings stellte sich für mich das Gegenteil her. Die taz (23.10.19) titelte auf der ersten Seite: „AKK – die Frau, die schneller schießt als ihr Schatten.“ Das saß und begeisterte mich. Das Bild: AKK in Nahaufnahme, dahinter der Schatten. Erst beim dritten Hinschauen merkte ich: das war nicht IHR Schatten, sondern dass der Übermutter MERKEL! Erst das optische Verwirrspiel machte die Grafik interessant, ebenbürtig mit dem gelungenen Text.



Chapeau für GraphikerIn/LayouterIn!

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Samstag, 21. September 2019
Sinkendes Niveau bei ARD und ZDF
Krankheit an sich ist weniger angenehm. Immerhin kann man auf diese Weise Fernsehsendungen anschauen, die man sonst nicht einschalten könnte oder würde.

Z.B. das Abendprogramm von ARD und ZDF, mal ganz abgesehen von den privaten Sendern.
Ich hatte jetzt Gelegenheit die Herz/Schmerz-Serien zu begutachten. Leider musste ich feststellen, dass die sowohl inhaltlich wie formal aus der zweituntersten Schublade sind. Die unterste belegen die Privaten.

Jetzt fiel mir auf, dass die Öffentlich-Rechtlichen zwar gute Information bieten: Tagesschau, heute, Magazinsendungen und gelegentlich Dokumentationen. Aber die „Unterhaltung“ wird durch besagte Spielfilme, Krimis zweifelhafter Qualität und diese unsäglichen Quizsendungen bestritten. Gute Filme vermisst der Cineast. Das muss man schon auf Arte und 3Sat ausweichen, die aber leider inzwischen auch auf der Krimiwelle surfen.

Generell muss man feststellen, was die Fachleute vor dreißig Jahren bei Einführung der privaten Sender befürchteten. Das Niveau sank und riss auch die Öffentlich-Rechtlichen in ihren Strudel. Und all das Elend belegt mit einer Zwangsabgabe aller Haushalte an die GEZ, egal ob man Radio hört oder fernsieht!

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Montag, 29. Juli 2019
Katelbach glasklar
Roland Polanskis Frühwerk „Wenn Katelbach kommt“ (1966) war jahrzehntelang weder im Kino noch im Fernsehen zu sehen. Jetzt zeigte arte Polanskis Film, aber welche Enttäuschung! Während das Frühwerk in der – damals einzig möglichen – analogen Fassung während des ganzen Films in ein durchgehend trübes Grau getaucht war, glänzte die jetzt gezeigte Fernsehfassung, offensichtlich digital bearbeitet, in kontrastreichem Schwarz-Weiß.

Damals wusste ein Kameramann noch, welches Material zum Inhalt eines Filmes passte, den hartnäckigen Verfechtern der Digitalisierung scheint solche Kenntnis abzugehen. Oder die neue Technik lässt nicht zu, was der analoge Film möglich macht.

Die Kontrastarmut entsprach genau der düsteren Stimmung, die der Film transportierte. Jetzt ist daraus eine Postkarten-Ästhetik geworden, die dem Inhalt überhaupt nicht gerecht wird. Welch ein Jammer!

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Donnerstag, 22. November 2018
Ara Güler ist tot.
Im Oktober 2018 starb neunzigjährig der berühmte türkische Fotograf Ara Güler in seiner Heimatstadt Istanbul. Zur Erinnerung an ihn fand ich einige Kernaussagen Gülers, die sein Verständnis von Fotografie ausdrücken:
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Ein Fotograf muss sich auf vielen Gebieten auskennen - in der Malerei, der Musik, im Theater. Er muss viel lesen, muss wissen, was in der Welt vor sich geht, muss am Weltgeschehen interessiert sein. Den Moment einzufangen, ist nicht so leicht, wie man sich das vorstellt. Das hat zu tun mit dem hohen Grad an Wissen und Kultur und dem politischen Einfühlungsvermögen. Fotojournalisten, die bewiesen haben, wie bedeutend sie sind, sind sich vieler Sachen bewusst.

Fotografie ist im Grund genommen keine Unterhaltung, es ist eine Form der Dokumentation. Es hat auch nichts mit Kunst zu tun. Das ist meine Meinung.

Natürlich sind wir damit beschäftigt, einen Ausschnitt des Lebens zu hinterlassen, wenn wir den Fotoapparat in die Hand nehmen. Wir Fotografen sind auf der Straße, um etwas im Bild einzufangen. Wenn ich etwas fotografieren will, dann überlege ich mir vorher, was ich fotografieren will. Nicht einfach so zufällig. Zufälle gibt es natürlich auch, aber die sind nicht wichtig. Die anderen sind es. Es muss natürlich auch etwas erzählen. Wenn es nichts erzählt, dann ist es keine Fotografie, sondern eine Postkarte.

„Er hat sehr wenige Fotos gemacht, auf denen keine Menschen zu sehen sind. Es sind gute Fotos, weil er sie danach ausgesucht hat. `Fotos auf denen keine Menschen zu sehen sind, sind keine Fotos`, sagt Ara. Ein gutes Meerpanorama gibt es ca. 850 Tausend Millionen mal.` Diese Zahl benutzte er oft. Ein gutes Foto von der Sonne, vom Meer, einem Baum oder einer Blume kann es Millionen mal geben, aber sie bedeuten mir nichts. Es müssen Menschen darauf sein, sagte er.“ (Ein Bekannter Ara Gülers)

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Dienstag, 25. September 2018
Atomkraft eine Seuche?
Der Gebrauch des Wortes „verseucht“, meist im Zusammenhang mit Atom- und Chemie-Unfällen, ist nahezu inflationär. Und zudem völlig sinnlos. Weder Chemikalien noch Atommüll sind Seuchen. Unter Seuchen versteht man Krankheiten wie Pest, Cholera, AIDS oder Pocken. Diese Seuchen entstehen durch natürliche Erreger, breiten sich meist rasend schnell aus und sind schwer zu bekämpfen.

Ganz anders Atomkraft und Chemie. Sie sind von Menschen gemacht, lassen sich verhindern, leider nicht immer bekämpfen, wenn sie dann einmal aufgetaucht sind. Tschernobyl und Fukushima beweisen es.

Angemessen ist bei Atommüll von VERSTRAHLT und bei Chemieabfällen von VERGIFTET zu reden bzw. zu schreiben. VERSEUCHT kommt einer Verharmlosung nahe, denn der Begriff tut so, als sei das Unglück quasi gottgewollt, nicht aber man-made.

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