Montag, 22. Dezember 2025
Der Voyeur
Er war nicht schwul, der Voyeur, er war vor allem eins – neugierig. Als Halbstarker streunte er durch das herunter gekommene Rotlichtviertel der Hafenstadt inklusive Stripteas-Show. Dann begleitete er einen Schulfreund in eine Schwulenbar. Später stellte sich heraus: der Freund war schwul, aber darüber sprechen konnte er nicht. Da war er keine Ausnahme. Dafür war die Zeit noch lange nicht reif.

Das fast Bürgerliche an der Bar und der Kleidung der Gäste irritierte den Voyeur. Er hatte etwas mehr Verruchtes erwartet. Nur die Barmusik passte nicht in das bürgerliche Ambiente. Es liefen die Lieder von Hildegard Knef.

Später in der Großstadt fand er den Weg – als Tipp eines Kollegen –in eine Schwulenbar. Nicht weil er sich gezogen fühlte, sondern wieder aus Neugier. Hier entsprach die Atmosphäre schon eher seinen Vorurteilen. Auch streichelte der Keeper bei der Bestellung seine Hand auf dem Tresen. Im Hintergrund lief eine Knef-Platte. Eine Überraschung war es nicht mehr, aber immer noch bemerkenswert.

Jahre später feierte eine Kollegin irgendeinen Anlass und lud ihn und andere Kollegen zu sich nach Hause ein. Er mochte die Kollegin und ging gerne hin. Er war der einzige Mann außer dem katholischen Studentenpfarrer. Alle anderen waren Frauen, und er merkte schnell, dass die Kollegin die lokale Lesben-Szene eingeladen hatte. Die Hintergrundmusik war wenig überraschend: Hildegard Knef.

Was faszinierte die Queers an der Knef. War es nur die männlich raue Stimme oder war es etwas anderes. Aber was?

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Rosa von Praunheim gestorben
Neben vielen Nachrufen will miniaturen nicht noch eine hinzufügen – es ist (fast) alles gesagt und geschrieben. Nur an eine Sache möchte ich erinnern: In den 80ern saß bei Radio Bremen neben Rosa von Praunheim auf dem roten Sofa Elisabeth Motschmann, die damals noch in Schleswig Holstein lebte. Er gut frisiert und rasiert im bunten Jackett, sie im bayerischen Trachtenkleid. miniaturen berichtete bereits darüber (30.05.2024 „Homophobie als unendlich Geschichte“). Rosa von Praunheims Befragung war ein Höhepunkt in der Geschichte von Talk-Shows. Daran sei jetzt erneut erinnert.

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Mittwoch, 10. Dezember 2025
Zeitlupe als Widerstand
In der taz vom 10.12.25 las ich den folgenden Leserbrief von Hartmut Krollmann „Sollte es wieder zu einer allgemeinen Wehrpflicht kommen, verweigert in Massen. Wenn der Rechts-Staat euch diese Möglichkeit nehmen will, klagt, und wenn das auch nichts hilft, leistet ,Wehrdienst nach Vorschrift‘.“

Da habe aus meinem eigenen Wehrdienst – ist schon eine Weile her – ein schönes Beispiel: In der Vollausbildung war ich mit Kollegen aus dem Ruhrgebiet zusammen: raue Burschen mit dem typischen Ruhrpott-Humor. Mit Streichung des Wochenendurlaubs konnte man ihnen nicht kommen: sie konnten sowieso nur jedes vierte, weil lange Wochenende nach Hause fahren. Die anderen Wochenenden verbrachten sie wacker saufend in der Kaserne. In der Woche vor dem vierten Wochenende herrschte allerdings eiserne Disziplin, um den Urlaub nicht zu gefährden.

Bei der Formalausbildung schießt einer quer. Er wird nach links `raus befohlen, bekommt „Spezialausbildung“: Deckung! - Sprung auf, Marsch, Marsch! - Deckung! Und so weiter. Der Kumpel führt jeden Befehl überkorrekt und in Zeitlupe aus. Der Ausbilder brüllt, treibt ihn an, er macht in Zeitlupe weiter. Schließlich kommt der Befehl „Zurück ins Glied“ und das gemurmelte Selbstgespräch: „Bin froh wenn ihr wieder weg seid.“ Welche ein Triumph für die Ruhr-Kumpels!

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Samstag, 1. November 2025
Neuer Feiertag: Halloween
Vor 508 Jahren versuchte ein Augustinermönch, Martin Luther, die verkommene katholische Kirche zu reformieren. Dieser Versuch scheiterte wie alle anderen auch, bis heute. Dafür entstand eine neue Kirche, die evangelische. Der Jahrestag, an dem Luther seine 95 Thesen an der Wittenberger Kirche anschlug, wird bis heute von Protestanten gefeiert: 31. Oktober. Dieser Tag ist in den meisten überwiegend evangelischen Bundesländern offizieller Feiertag.

Am 30. Oktober d.J. tauchte unser Enkel L. bereits morgens bei uns auf. Nanu, hatte er keine Schule? Nein, die Lehrer haben eine Konferenz. Und morgen, also am 31. Oktober hätten sie auch frei, "wegen Halloween". - Der christliche Glaube spielt wohl inzwischen im Leben der Kleinen keine Rolle mehr, dafür der vorchristliche Aberglaube, der aus Irland stammt und auf dem Umweg über Amerika seit einigen Jahren bei uns gefeiert wird: „Süßes oder Saures“ fordern die Kleinen an der Haustür. So wird auf einen Streich auch gleich das Rummelpott-Laufen mit abgeschafft.

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Freitag, 3. Oktober 2025
Drei Nonnen für ein Halleluja
In Presse und Fernsehen wird die Geschichte von den drei Nonnen teils als Skurrilität und teils als Revolte gegen die Kirche behandelt.

Da sind drei Nonnen. Sie sind von ihrem Mutterhaus in ein Seniorenheim verfrachtet worden. Da wollen sie nicht bleiben, sondern zurück in ihr Kloster. Naja, fragt sich der Beobachter, warum auch nicht?

Dabei sind die Begründungen der unterschiedlichen Instanzen interessant:
Die drei werden zur Begründung für ihre Exmittierung von der Klostermutter als gesundheitlich angeschlagen und dement klassifiziert. Sie hätten im Seniorenheim die notwendige Pflege, die das Kloster nicht bieten könne. Der Augenschein, den die Nonnen im Fernsehen bieten, spricht eindeutig dagegen. Sie argumentieren verständlich. Außer dass eine am Stock geht, machen sie einen mobilen Eindruck. Wären die Nonnen pflegebedürftig: Warum kann das Kloster das nicht leisten?

Rebellion ist eigentlich nur das Vorgehen der Nonnen: Mithilfe Außenstehender und eines Schlüsseldienstes verschaffen sie sich Zugang zum Kloster. Das ist nämlich seit ihrem Weggang geschlossen. Sie sind die drei letzten.

Ein Kirchenvertreter gibt Auskunft über den Vorgang. Eine offene Diskussion sei in der öffentlichen Aufregung nicht angemessen. Zunächst solle erst mal Ruhe eintreten, ehe er sich äußern wolle. Er mahnt das Gehorsamsgelübde an. Die Ruhe wird dann wohl intern wieder hergestellt, ohne Diskussion.

Die drei Schwestern begründen ihren Wunsch, ins Kloster zurückzukehren, damit, im Heim müssten sie unter Andersgläubigen und Ungläubigen leben, was sie nicht wollen. Ein Leben lang hinter Klostermauern hat sie offenbar von der pluralen Gesellschaft entfremdet.

Die Medien tendieren dahin, dass der Wunsch der drei nach Rückkehr verständlich sei. Es sei zu fordern, dass die Kirche die Rebellinnen tolerieren müsse.

Genauso wenig wie die alten Schwestern in ein plurales Heim passen, so wenig sind die Regeln der katholischen Kirche mit der modernen Gesellschaft kompatibel.

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Donnerstag, 14. August 2025
Leere im Hirn?
Von einem Stadion-Sprecher sollte man erwarten können, der er der deutschen Sprache mächtig ist, auch wenn es sich um die Fishtown Pinguins handelt. Bei einer Stadtführung im Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf präsentiert er das Einkaufszentrum. Stadionsprecher original: Hier „zieht immer mehr Leere ein.“ Wie das geht, verrät er nicht.

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Freitag, 2. Mai 2025
Inflation der Vokabeln
Die Begriffe „mutmaßlich“ und „vermutlich“ werden immer inflationärer benutzt, auch wenn der Tatbestand – leider! – ganz offensichtlich ist. So wurde das Polizeiopfer Lorenz A. in Oldenburg nicht mutmaßlich, sondern leider tatsächlich erschossen.

Lächerlich dagegen ist die Nachricht im Weserkurier vom 02.05.25, S. 1: Ein geklautes Dixi-Klo sei von den „Tätern mutmaßlich“ mit einem Fahrzeug abtransportiert worden. Ja wie denn sonst? Vielleicht auf dem Rücken?

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Gendersprache total
Betr.: taznord 02.05.25 S. 23 Der Taser kann die Pistole nicht ersetzen.

Gendersprache total. Was bitte ist eine „Mitglieder:in“? Ich kenne nur DAS Mitglied, also sächlich, weder männlich noch weiblich. Grammatik und Rechtschreibung nicht nur, aber besonders, in der taznord geben immer wieder Anlass zum Schmunzeln, leider!

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Dienstag, 29. April 2025
Leberkäse, Law and Order
Mit stolz geschwellter Brust präsentiert Markus Söder - der Geniesser von lauwarmem Aqua Minerale - die CSU-Kandidaten für Ministerämter in der neuen Bundesregierung. Besonders zwei streicht er heraus: Einmal der niederbayrische Schlachtermeister, Alois Rainer, soll als Landwirtschaftsminister die Tofu-Kultur der Ampel ablösen – Leberkäs statt Tofu.

Innenminister wird der nicht verurteilte Straftäter Alexander Dobrindt; der soll für Law and Order stehen. Dobrindt kostete das Staatssäckel satte 500 Millionen für das zum Scheitern verurteilte und gescheiterte Mautprojekt. Er schloss als Bundesverkehrsminister einen Vertrag, für den er keine Bewilligung des Parlaments hatte. Und selbst die Vertragspartner äußerten Bedenken gegen das Projekt. Egal, der zukünftige Law-and-Order-Minister ließ fünfe gerade sein und tätigte den illegalen Deal. (S. miniaturen vom 29.11.23 „Dobrindt ins Stammbuch: Wer im Glashaus sitzt…“)

Die Kandidatin für das Forschungsministerium Dorothea Bär ist keine besonderen Erwähnung wert. Die ist wohl „Quoten-Frau“?

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Freitag, 28. März 2025
Schadenfreude ist die schönste Freude
Neulich äzte Markus Söder gegen seinen Parteifreund Daniel Günther. Der solle sich mit seiner Meinung zurückhalten. Seinem schönen, kleinen, aber armen Schleswig-Holstein (S-H) stehe Kritik an Bundespolitik nicht zu. Günther hatte sich für eine schwarz-grüne Koalition im Bundestag stark gemacht. Das klappe in S-H sehr gut, während Söder das als Grünen-Hasser rigoros ablehnt.

Nebenbei: Das neben Bayern andere größte Bundesland NRW wird ebenfalls geräuschlos von einer schwarz-grünen Koalition geführt.

Jetzt kommt raus: Bayern dümpelt in Sachen Wirtschaftswachstum (BIP) in seichtem Wasser. 2024 SANK es in Bayern, während Daniel Günther sich über eine positive Entwicklung der Wirtschaft im Norden freuen kann!

Hochmut kommt vor dem Fall.

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