Sonntag, 21. Januar 2024
Schlüsselqualifikation in außerschulischer Bildung und Betrieben (4)
3. Schlüsselqualifikationen in modernen Industrie- und Dienstleistungs-Betrieben

Schon Martens definiert 1974: „Schlüsselqualifikationen sind (...) solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten praktischen Tätigkeiten einbringen, sondern vielmehr
a) die Aneignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt und
b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens.“
Schlüsselqualifikationen sind die Voraussetzung für die Anpassungsfähigkeit an nicht Prognostizierbares auf dem Arbeitsmarkt.

Gegenwärtig haben wir es mit einem beschleunigten technologischen Wandel besonders im IT-Bereich zu tun. Dies fordert von den Beschäftigten die Einstellung auf immer neue Arbeitsanforderungen, woraus die Notwendigkeit von „lebenslangem Lernen“ resultiert. In Lernzielkatalogen moderner Betriebe tauchen für die extrafunktionalen Qualifikationen die Begriffe Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Argumentationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Planungs-, Entscheidungs- und Handlungskompetenz auf. Es wäre nun zu untersuchen,
1. welche betrieblichen Arbeitsprozesse diese allgemeinen Qualifikationen notwendig machen;
2. für welche Berufsgruppen bzw. Funktionen sie vorausgesetzt werden;
3. wie die betriebliche Ausbildung sie hervorbringt;
4. ob und wenn ja wie die Schule bzw. bestimmte Schultypen auf die betrieblichen Anforderungen vorbereitet;
5. welche Möglichkeiten die außerschulische Bildung hat, entsprechende Qualifikationen zu fördern und ob sie auf die betriebliche Situation übertragbar sind;
6. ob derartige Qualifikationsprozesse nur spezifischen betrieblichen Bedürfnissen entsprechen oder auch allgemein gesellschaftlichen Nutzen haben.

Ich möchte mich an dieser Stelle auf die Diskussion der Punkte 5. und 6. beschränken. Es gibt ein Interesse moderner Industrie- und Dienstleistungs-Betriebe, dass Teams unterschiedlicher Größe miteinander kooperieren und kommunizieren (Teamfähigkeit). Um Arbeitsprozesse zu effektivieren, sollen die Mitglieder eines Teams kritikfähig sein; so lassen sich eingeschliffene Verfahrensweisen problematisieren und ändern sowie Innovationen denken. Innovation setzt auch Kreativität und Durchsetzungsvermögen voraus. Um arbeitsteilig im Team arbeiten zu können, muss der/die Einzelne bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Um ein Teamprojekt zu planen, brauchen seine Mitglieder Planungs- und Verantwortungskompetenz. Um im Rahmen einer vorgegebenen Aufgabe selbständig handeln zu können, müssen die Mitglieder eines Teams Handlungskompetenz entwickeln. Genau diese allgemeinen Arbeitstugenden oder extrafunktionalen Qualifikationen tauchen in den Lernzielkatalogen moderner Industrie- und Dienstleistungs-Betriebe auf.

Moderne Industrie- und Dienstleistungsbetriebe sind zunehmend auf Gruppenarbeit angewiesen. Es ist offensichtlich, dass diese einige der o.a. Schlüsselqualifikationen voraussetzt. Auch die Vorgesetzten müssen ein neues Verhältnis zu den MitarbeiterInnen entwickeln. Sie müssen neue Planungsaufgaben übernehmen und ihre Haltung zu ihren MitarbeiterInnen verändern: wenn drei KollegInnen zusammen stehen und reden, heißt das nicht notgedrungen, dass sie nicht arbeiten; es ist sehr wohl möglich, dass sie den Arbeitsablauf besprechen.

Auch sind Rationalisierungen in einem modernen Industriebetrieb nicht mehr durch technologische Innovationen zu erreichen, sondern nur noch über die Verbesserung der Arbeitsorganisation, dies wiederum setzt das Überwinden traditionellen Arbeitsverständnisses voraus.

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