Dienstag, 28. Juni 2022
Litauische Begegnungen 2
jf.bremen, 18:34h
In Vilnius - vor der Shoa "das Jerusalem des Ostens" - gibt es ein jüdisches Museum, das wir besuchen wollten. In der Stadt lebten vor der deutschen Besetzung 1941 55.000 Juden (ca. 1/3 der Bevölkerung) und es gab 96 Synagogen, von denen heute nur noch eine existiert. Als wir das Museum betreten wollten, kam ein altes amerikanisches Ehepaar begleitet von einem ebenfalls alten Litauer heraus und verabschiedete sich. Der alte Litauer fragte uns, was wir suchten. Wir wollten ins Museum. Ja bitte, dann sollten wir mitkommen. Er führte uns zielsicher am Museum vorbei in den zweiten Stock des Hauses, öffnete eine Tür zu zwei miteinander verbundenen Räumen, die voller Karteikästen waren. Ja, er sei Jude, aber er sammle Exlibris. In den Karteikästen waren sie sauber nach einem archivarischen System abgelegt. Er zog Exemplare heraus und erzählte uns über die Personen. Am spannendsten war aber, was er über sich erzählte.
Sein Vater war Offizier im Heer des Zaren gewesen und entsprechend der Familientradition sei er selber auch Offizier geworden, nur nicht unter dem Zaren, sondern in der Roten Armee. Und dieser Tatsache habe er sein Leben zu verdanken. Denn beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht habe er sich - natürlich - mit der roten Armee zurückgezogen und sei beim späteren Vormarsch der Sowjets nach Litauen zurückgekehrt. Seine Familie sei komplett von den Nazis ermordet worden, nur er habe überlebt. Er schenkte uns seine Visitenkarte - Josef Shapiro - und das Duplikat eines Exlibris. Sehr bewegt verabschiedeten wir uns von ihm. Das jüdische Museum haben wir nicht mehr besucht, aber diese Begegnung erzählt in nuce mehr über jüdisches Schicksal, als ein Museum kann. Das Exlibris habe ich einem deutschen Museum zusammen mit der Adresse von Herrn Shapiro weitergegeben: er war sehr an Kontakten nach Deutschland interessiert.
(Der Bericht erinnert mich an die Lebensgeschichte des Mannes meiner israelischen Kollegin Hannah Tidhar. Dieser hatte sich bei Invasion der Wehrmacht den russischen Partisanen angeschlossen, die sich zunächst zurückzogen. Auf diese Weise überlebte er und emigrierte nach dem Krieg nach Palästina/Israel. Ähnlich auch die Lebensgeschichte eines anderen Kollegen, Israel Szabo, der sich 1938 bei der Besetzung der Tschechoslowakei noch als Schüler dem Untergrund anschloss und Juden vom Balkan den Weg nach Palästina ebnete. Er überlebte als einziger einer über 60-köpfigen Familie.)
Sein Vater war Offizier im Heer des Zaren gewesen und entsprechend der Familientradition sei er selber auch Offizier geworden, nur nicht unter dem Zaren, sondern in der Roten Armee. Und dieser Tatsache habe er sein Leben zu verdanken. Denn beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht habe er sich - natürlich - mit der roten Armee zurückgezogen und sei beim späteren Vormarsch der Sowjets nach Litauen zurückgekehrt. Seine Familie sei komplett von den Nazis ermordet worden, nur er habe überlebt. Er schenkte uns seine Visitenkarte - Josef Shapiro - und das Duplikat eines Exlibris. Sehr bewegt verabschiedeten wir uns von ihm. Das jüdische Museum haben wir nicht mehr besucht, aber diese Begegnung erzählt in nuce mehr über jüdisches Schicksal, als ein Museum kann. Das Exlibris habe ich einem deutschen Museum zusammen mit der Adresse von Herrn Shapiro weitergegeben: er war sehr an Kontakten nach Deutschland interessiert.
(Der Bericht erinnert mich an die Lebensgeschichte des Mannes meiner israelischen Kollegin Hannah Tidhar. Dieser hatte sich bei Invasion der Wehrmacht den russischen Partisanen angeschlossen, die sich zunächst zurückzogen. Auf diese Weise überlebte er und emigrierte nach dem Krieg nach Palästina/Israel. Ähnlich auch die Lebensgeschichte eines anderen Kollegen, Israel Szabo, der sich 1938 bei der Besetzung der Tschechoslowakei noch als Schüler dem Untergrund anschloss und Juden vom Balkan den Weg nach Palästina ebnete. Er überlebte als einziger einer über 60-köpfigen Familie.)
... comment