Sonntag, 28. Juli 2019
Calmeyer – Stauffenberg - Schindler
In Osnabrück – und darüber hinaus – wird gerade eine Diskussion über den „Schindler von Osnabrück“ geführt. Gemeint ist Hans Calmeyer, der hunderte, vielleicht tausende Juden rettete, indem er in seiner Eigenschaft als Teil der Militärbürokratie in den besetzten Niederlanden mit seiner Dienststelle die Papiere von Juden fälschte.

Seine Kritiker werfen ihm nun vor, er sei als Wehrmachtssoldat und als Abteilungsleiter im Reichskommissariat für die besetzen niederländischen Gebiete Teil des NS-Systems gewesen. Außerdem sei er Mitglied verschiedener NS-Organisationen wie dem NS-Rechtswahrerbund gewesen.

Ja, bitte schön, was denn sonst? Wäre er nicht im System gewesen, wie hätte er dann Juden retten können? Etwa als Widerstandskämpfer? Der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem war das den Titel „Gerechter unter den Völkern“ wert.

Zeitgleich wird in Berlin, im Bentler-Block, der Hitler-Attentäter Stauffenberg geehrte. Und der – war Oberst eben der Reichswehr, die vorher halb Europa erobert, und unterworfen und viele Kriegsverbrechen begangen hat.

Stauffenberg war seit 1926 Soldat, seit 1930 Berufsoffizier der Reichwehr, begrüßte 1933 die Machtergreifung durch Hitler und die NSDAP. 1944, als der Krieg bereits verloren war, besann er sich mit anderen gleichgesinnten Offizieren, Politikern und Intellektuellen eines Besseren, beschloss Hitler zu töten und blieb – leider – erfolglos, wie wir wissen.

Was Stauffenberg recht ist, sollte Calmeyer billig sein. Beide konnten nur handeln innerhalb des Systems. Das Gleiche gilt übrigens für Schindler: weil er mit den Nazis und den Besatzungsbehörden kooperierte, konnte er Juden retten. Wie viele es waren und dass er wie Calmeyer materiell davon profitierte, ist vergleichsweise nebensächlich.

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