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Samstag, 22. Juni 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (5) Sechster und siebenter Tag - Djené, Mopti, Flussreise
jf.bremen, 16:46h
Sechster Tag - Djenné
Ganz früh raus und mit dem Bus bis Djenné. Vorher überqueren wir den Bani auf einer total überladenen, recht betagten Fähre. Hier habe ich etwas Muße zu fotografieren. Überhaupt: die besten Fotos mache ich am Rande der Gruppe, außerhalb des Busses, wenn ich auch etwas beobachten kann. Die hastige Knipserei führt zu keinen guten Ergebnissen. Dort bummeln wir zunächst über den vollgestopften, bunten, lauten Markt, es ist schwer den Anschluss an die Gruppe zu halten. Dann kommen wir zur Moschee, der Welt größtes Lehmbauwerk. Es wurde 1907 nach dem alten Vorbild des Baus aus dem 14.Jh. aufgebaut und ist durchaus imposant.
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Der NIGER
entspringt in Guinea, fließt in nordöstlicher Richtung durch Mali bis zum großen Niger Bogen bei Timbuktu, dann weiter in südöstlicher Richtung in das Land Niger und mündet in den Golf von Guinea. Seine gesamte Länge beträgt 4.200 km, davon sind 1.700 km in Mali. Aufgrund des geringen Gefälles sorgt er für ständige Ablagerungen von Schwebstoffen, dem Lehm als Baustoff. Zwischen Ségou und Timbuktu verzweigt er sich in viele Arme, vereinigt sich mit dem Fluss Bani und erweitert sich zu einem riesigen Binnendelta von 20.000 qkm Größe, das sich in der Regenzeit noch ausdehnt. Er ist das größte Fischfanggebiet von Westafrika, die wichtigste Verkehrsader zwischen dem Süden und der Sahara bei Timbuktu und Gao. Der Niger ist der drittlängste Fluss Afrikas nach dem Nil mit 6.850 km und dem Kongo mit 4.370 km.
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Dann weiter durch Gassen. Das typische Haus mit Säulen und Türmchen für die Anzahl der Frauen und Kinder eines Besitzers. Schöner Ausblick von einem Hausdach auf Stadt und Moschee. Dazu müssen wir den Hof (also quasi das Wohnzimmer) einer Familie passieren, was diese aber wegen des Scheins, den Jacob überreicht, toleriert.
Auf dem Rückweg über den Markt gibt es vor uns ein Getümmel, offensichtlich eine Schlägerei zwischen zwei oder mehr Personen. Mehrere andere Personen gehen dazwischen, trennen die Streitenden und schlichten. Hinterher erzählt jemand, es sei auch ein Messer oder eine Machete im Spiel gewesen, aber alles löst sich dann in Wohlgefallen auf. Dies ist das einzige Mal, dass wir Aggression oder Gewalt erleben. - Abends sind wir in Sévaré im Hotel.
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DJENNÉ
ist eine eher unbedeutende Stadt mit 33.000 Einwohnern. Sie liegt auf einer Insel im Binnendelta des Niger. Haupterwerbszweige sind Produktion, Weiterverarbeitung sowie die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte in der großen Markthalle; und natürlich der Tourismus. Die größten Attraktionen sind die Moschee, der größte Lehmbau der Welt, und die bemerkenswerte Architektur der etwa 2.000 Wohnhäuser in Lehmbauweise. Dies ist auch der Grund für den Unesco-Titel Welt-Kulturerbe (seit 1988). In einem großen Volksfest jedes Jahr Ende Dezember führt die Stadtbevölkerung die notwendige Restaurierung des Baus durch. Frauen und Kinder schaffen auf dem Kopf den Lehm in Körben vom Niger heran, die Männer verputzen das Mauerwerk mit den Händen. Die Große Moschee, die mittelalterlichen Bürgerpaläste und die traditionsreichen Koranschulen bezeugen die kulturelle Hochzeit des Mali- und Songhai-Reiches. Die Moschee wurde 1907 nach dem Vorbild der alten, 1830 zerstörten Moschee aus der Songhai-Zeit wieder aufgebaut.
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Siebenter Tag – Mopti und Flussreise
Früh geht’s mit dem Bus nach Mopti, wo wir die alles andere als „komfortable“ Pinasse (Ausschreibung) besteigen. Vorne wird das Gepäck unter einer Plane gestaut, davor liegt eine Tonne mit dem Treibstoff, der fünfliterweise abgezapft und in den Tank des Außenborders gefüllt wird. Dahinter sind zwei Bänke quer für je drei Passagiere, mittschiffs ein Tisch mit Bänken, an dem die übrigen sitzen. Dahinter die „Kombüse“ mit zwei winzigen offenen Holzkohleöfen. Im Heck ein großes Lager mit Schaumstoffmatratzen. Auf dem Heckspriet (gibt’s so was?) das Klohäuschen: oben offen, ein viel zu niedriges Bänkchen mit einem 20-cm-Loch. Zum Pinkeln hat Felix eine Plastikflasche abgeschnitten, dann geht’s. Scheißen unterbleibt, hebe ich mir für abends auf.
Zwischenstopp in Konna, wo wir wieder in die Eisenzeit eintauchen. Allerdings entdecke ich ein winziges Fotovoltaikpaneel, das den genauso winzigen Fernseher speist. Unsere Köchin kauft einige Hühner, die anschließend an Bord geschlachtet und von uns verzehrt werden.
Das Dorf entspricht der Erfahrung vom Sonntag: wiederum ziehen wir eine Schar von Kindern an beiden Händen hinter uns her. Bei der Rückkehr an Bord werde ich noch mal Opfer meiner Vertrauensseligkeit in die Zuverlässigkeit der Dinge: Nachdem mehrere Mitreisende die Planke zwischen Ufer und Bugspriet passiert haben, bricht diese – total morsch – unter mir zusammen und ich versinke bis zum halben Oberschenkel im Niger-Schlamm und –wasser. („On ne sait jamais où on met son pied.“ H. Cartier-Bresson) Die Hose ist schwer vom Mudd und der Brühe, ich muss sie ausziehen. Ersatz ist im Rucksack unter der Plane, aber Ingrid hilft mir mit einem Tuch aus, das ich als Wickelrock trage. Später spült ein Besatzungsmitglied die Hose im Niger und trocknet sie auf der Persenning, aber der Schlamm in den Taschen bleibt.
Unterwegs – heute und morgen – begegnen wir: Fischern, anderen Pinassen mit Ladung, Menschen (wahrscheinlich auch Fischer-Nomaden), teils gestakt, teils mit großen, aus Säcken genähten Rahsegeln, Flusspferden, passieren Dörfer und Nomadensiedlungen. Es wird viel gewunken.
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SPRACHEN
Amtssprache ist Französisch, obwohl keinesfalls alle Malier sie beherrschen. Die Alltagssprache Bambara wird von ca. 80% der Bevölkerung gesprochen. Daneben gibt es bis zu dreißig andere Idiome, die von den unterschiedlichen Ethnien gesprochen werden. Dies sind z.B. das Fufulde der Peul, die Sprachen der – Malinké, der Soninké, der Songhay, das Tamascheg der Tuareg und das Dogon.
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Mit Albert gibt’s immer wieder gute Gespräche über Psychiatrie, Film, Erlebnispädagogik, er ist sehr gebildet auch neben seinem Fachgebiet. Wir wollen im Kontakt bleiben. Für eine Filmreihe über Psychiatrie („Einer flog über das Kuckucksnest“ u.a.) macht ein Freund cineastische Einführungen und Filmgespräche. Zur Erlebnispädagogik gebe ich ihm Literaturhinweise. Nach der Reise schicke ich ihm zwei Aufsätze und schlage ggf. Zusammenarbeit vor. Mal sehen, was draus wird.
Schon der Dunkelheit gehen wir an Land und schlagen die Zelte (wieder einfache Igloo-Zelte) auf einem abgeernteten Stoppelacker mang einer Kuhherde auf. Aus irgendwelchen Gründen (Niedrigwasser, zu schwacher Motor oder was?) erreichen wir die angestrebte Düne nicht. Viele aus der Gruppe brauchen Hilfe beim Zeltaufbau, die ich leisten kann. So macht man sich Freunde. Abendbrot gibt’s aber an Bord. Marie-Therese hat schon vorher die Dusche und das Klo vermisst, nun hat sie beides nicht - Wunderbarer Sternenhimmel bei Neumond.
(Fortsetzung folgt)
Ganz früh raus und mit dem Bus bis Djenné. Vorher überqueren wir den Bani auf einer total überladenen, recht betagten Fähre. Hier habe ich etwas Muße zu fotografieren. Überhaupt: die besten Fotos mache ich am Rande der Gruppe, außerhalb des Busses, wenn ich auch etwas beobachten kann. Die hastige Knipserei führt zu keinen guten Ergebnissen. Dort bummeln wir zunächst über den vollgestopften, bunten, lauten Markt, es ist schwer den Anschluss an die Gruppe zu halten. Dann kommen wir zur Moschee, der Welt größtes Lehmbauwerk. Es wurde 1907 nach dem alten Vorbild des Baus aus dem 14.Jh. aufgebaut und ist durchaus imposant.
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Der NIGER
entspringt in Guinea, fließt in nordöstlicher Richtung durch Mali bis zum großen Niger Bogen bei Timbuktu, dann weiter in südöstlicher Richtung in das Land Niger und mündet in den Golf von Guinea. Seine gesamte Länge beträgt 4.200 km, davon sind 1.700 km in Mali. Aufgrund des geringen Gefälles sorgt er für ständige Ablagerungen von Schwebstoffen, dem Lehm als Baustoff. Zwischen Ségou und Timbuktu verzweigt er sich in viele Arme, vereinigt sich mit dem Fluss Bani und erweitert sich zu einem riesigen Binnendelta von 20.000 qkm Größe, das sich in der Regenzeit noch ausdehnt. Er ist das größte Fischfanggebiet von Westafrika, die wichtigste Verkehrsader zwischen dem Süden und der Sahara bei Timbuktu und Gao. Der Niger ist der drittlängste Fluss Afrikas nach dem Nil mit 6.850 km und dem Kongo mit 4.370 km.
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Dann weiter durch Gassen. Das typische Haus mit Säulen und Türmchen für die Anzahl der Frauen und Kinder eines Besitzers. Schöner Ausblick von einem Hausdach auf Stadt und Moschee. Dazu müssen wir den Hof (also quasi das Wohnzimmer) einer Familie passieren, was diese aber wegen des Scheins, den Jacob überreicht, toleriert.
Auf dem Rückweg über den Markt gibt es vor uns ein Getümmel, offensichtlich eine Schlägerei zwischen zwei oder mehr Personen. Mehrere andere Personen gehen dazwischen, trennen die Streitenden und schlichten. Hinterher erzählt jemand, es sei auch ein Messer oder eine Machete im Spiel gewesen, aber alles löst sich dann in Wohlgefallen auf. Dies ist das einzige Mal, dass wir Aggression oder Gewalt erleben. - Abends sind wir in Sévaré im Hotel.
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DJENNÉ
ist eine eher unbedeutende Stadt mit 33.000 Einwohnern. Sie liegt auf einer Insel im Binnendelta des Niger. Haupterwerbszweige sind Produktion, Weiterverarbeitung sowie die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte in der großen Markthalle; und natürlich der Tourismus. Die größten Attraktionen sind die Moschee, der größte Lehmbau der Welt, und die bemerkenswerte Architektur der etwa 2.000 Wohnhäuser in Lehmbauweise. Dies ist auch der Grund für den Unesco-Titel Welt-Kulturerbe (seit 1988). In einem großen Volksfest jedes Jahr Ende Dezember führt die Stadtbevölkerung die notwendige Restaurierung des Baus durch. Frauen und Kinder schaffen auf dem Kopf den Lehm in Körben vom Niger heran, die Männer verputzen das Mauerwerk mit den Händen. Die Große Moschee, die mittelalterlichen Bürgerpaläste und die traditionsreichen Koranschulen bezeugen die kulturelle Hochzeit des Mali- und Songhai-Reiches. Die Moschee wurde 1907 nach dem Vorbild der alten, 1830 zerstörten Moschee aus der Songhai-Zeit wieder aufgebaut.
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Siebenter Tag – Mopti und Flussreise
Früh geht’s mit dem Bus nach Mopti, wo wir die alles andere als „komfortable“ Pinasse (Ausschreibung) besteigen. Vorne wird das Gepäck unter einer Plane gestaut, davor liegt eine Tonne mit dem Treibstoff, der fünfliterweise abgezapft und in den Tank des Außenborders gefüllt wird. Dahinter sind zwei Bänke quer für je drei Passagiere, mittschiffs ein Tisch mit Bänken, an dem die übrigen sitzen. Dahinter die „Kombüse“ mit zwei winzigen offenen Holzkohleöfen. Im Heck ein großes Lager mit Schaumstoffmatratzen. Auf dem Heckspriet (gibt’s so was?) das Klohäuschen: oben offen, ein viel zu niedriges Bänkchen mit einem 20-cm-Loch. Zum Pinkeln hat Felix eine Plastikflasche abgeschnitten, dann geht’s. Scheißen unterbleibt, hebe ich mir für abends auf.
Zwischenstopp in Konna, wo wir wieder in die Eisenzeit eintauchen. Allerdings entdecke ich ein winziges Fotovoltaikpaneel, das den genauso winzigen Fernseher speist. Unsere Köchin kauft einige Hühner, die anschließend an Bord geschlachtet und von uns verzehrt werden.
Das Dorf entspricht der Erfahrung vom Sonntag: wiederum ziehen wir eine Schar von Kindern an beiden Händen hinter uns her. Bei der Rückkehr an Bord werde ich noch mal Opfer meiner Vertrauensseligkeit in die Zuverlässigkeit der Dinge: Nachdem mehrere Mitreisende die Planke zwischen Ufer und Bugspriet passiert haben, bricht diese – total morsch – unter mir zusammen und ich versinke bis zum halben Oberschenkel im Niger-Schlamm und –wasser. („On ne sait jamais où on met son pied.“ H. Cartier-Bresson) Die Hose ist schwer vom Mudd und der Brühe, ich muss sie ausziehen. Ersatz ist im Rucksack unter der Plane, aber Ingrid hilft mir mit einem Tuch aus, das ich als Wickelrock trage. Später spült ein Besatzungsmitglied die Hose im Niger und trocknet sie auf der Persenning, aber der Schlamm in den Taschen bleibt.
Unterwegs – heute und morgen – begegnen wir: Fischern, anderen Pinassen mit Ladung, Menschen (wahrscheinlich auch Fischer-Nomaden), teils gestakt, teils mit großen, aus Säcken genähten Rahsegeln, Flusspferden, passieren Dörfer und Nomadensiedlungen. Es wird viel gewunken.
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SPRACHEN
Amtssprache ist Französisch, obwohl keinesfalls alle Malier sie beherrschen. Die Alltagssprache Bambara wird von ca. 80% der Bevölkerung gesprochen. Daneben gibt es bis zu dreißig andere Idiome, die von den unterschiedlichen Ethnien gesprochen werden. Dies sind z.B. das Fufulde der Peul, die Sprachen der – Malinké, der Soninké, der Songhay, das Tamascheg der Tuareg und das Dogon.
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Mit Albert gibt’s immer wieder gute Gespräche über Psychiatrie, Film, Erlebnispädagogik, er ist sehr gebildet auch neben seinem Fachgebiet. Wir wollen im Kontakt bleiben. Für eine Filmreihe über Psychiatrie („Einer flog über das Kuckucksnest“ u.a.) macht ein Freund cineastische Einführungen und Filmgespräche. Zur Erlebnispädagogik gebe ich ihm Literaturhinweise. Nach der Reise schicke ich ihm zwei Aufsätze und schlage ggf. Zusammenarbeit vor. Mal sehen, was draus wird.
Schon der Dunkelheit gehen wir an Land und schlagen die Zelte (wieder einfache Igloo-Zelte) auf einem abgeernteten Stoppelacker mang einer Kuhherde auf. Aus irgendwelchen Gründen (Niedrigwasser, zu schwacher Motor oder was?) erreichen wir die angestrebte Düne nicht. Viele aus der Gruppe brauchen Hilfe beim Zeltaufbau, die ich leisten kann. So macht man sich Freunde. Abendbrot gibt’s aber an Bord. Marie-Therese hat schon vorher die Dusche und das Klo vermisst, nun hat sie beides nicht - Wunderbarer Sternenhimmel bei Neumond.
(Fortsetzung folgt)
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Freitag, 21. Juni 2024
Mali -Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (4) Fünfter Tag - Ségou
jf.bremen, 17:32h
Morgens streunen wir wieder über das Festivalgelände, und auch heute gibt es was zu sehen unter dem Zeltdach mit den Puppen. Kleine Begebenheit am Rande: ein junger Mann macht mich darauf aufmerksam, dass der Reißverschluss an meinem Rucksack nicht richtig zu ist. Erst denke ich, es ist ein Ablenkungsmanöver wie seinerzeit in Barcelona, aber er meinte es wirklich nur gut
Neben dem Festivalgelände befinden sich „Hafen und Werft“. Ein Kleinhändler verfolgt uns penetrant, bis ich ihm freundlich aber deutlich erkläre, dass er verschwinden soll. Dafür taucht ein anderer auf, der uns vorher schon CDs angeboten hat. Er hat die CD von Madina Ndiaye aufgetrieben, wir kaufen sie ihm – nach etwas Handeln, aber wohl doch noch zu teuer – ab.
Dieser Hafen ist schon sehr afrikanisch. Wieder Frauen, die in großen Kesseln auf Holzkohlenfeuern kochen und im Niger waschen. Auf Pinassen werden Sand und andere Waren angelandet und mit Eseln weiter transportiert. Wir sind die einzigen Weißen. Ich fotografiere viel.
Wir suchen das Touareg-Zelt, das am anderen Ende des Geländes liegt und hoffen, Tindé zu hören. Aber zum angegebenen Termin findet dort nichts statt. Stattdessen fragt uns ein Touareg nach unserer Herkunft, begrüßt uns enthusiastisch als Freund, sein Großvater habe immer gesagt, mit den Deutschen müsse er Freundschaft halten. Später stellt er sich als sehr penetranter Händler heraus, der sich kaum „abschütteln“ lässt. Dafür beobachten wir das Treiben direkt neben dem Festivalgelände, wo Nomadenfrauen kochen, Kinder, Wäsche und Geschirr im Niger waschen, und ich fotografiere viel.
Nachmittags fahren wir mit einer Pinasse in das Töpferdorf Kalabogou und tauchen in ein vergangenes Zeitalter ein. Zurückgebeamt um 1000 Jahre – mindestens. Alltag, Ackerbau und Viehzucht sowie das Handwerk werden nach archaischsten Methoden organisiert. Zunächst denken wir, in einem Freilichtmuseum gelandet zu sein, aber es ist Wirklichkeit. Die Menschen sind sehr freundlich, wieder haben wir Kinder traubenweise an den Händen, die meine weiße Haut ungläubig befühlen: Ist das wohl echt? Sie bitten wieder um cadeaux, und es ist schwer, standhaft zu bleiben. Die Frauen sind – wie gewohnt – fotoscheu, Männer sind nicht zu sehen; auf der Rückfahrt kommt uns eine Pinasse mit ca. fünfzig Männern entgegen, die wohl in Ségou irgendwas arbeiten. Ich fotografiere dennoch viel, teils ohne Menschen, teils Kinder, die sich gerne fotografieren lassen, teils heimlich „aus der Hüfte“.
Die Tonschüsseln werden als Aufbaukeramik aus Lehm geformt, dann unter einem großen Haufen (10 x 20 m, geschätzt) aus Zweigen, Stroh und Lehm gebrannt, in einer Flüssigkeit aus Wasser und zerstampfter Baumrinde glasiert, getrocknet und dann in Ségou (oder anderswo) verkauft. Wir sehen vollgepackte Pinassen am Strand.
Abends ist wieder Konzert, das nicht wie geplant um 18.30 h, sondern erst zwei Stunden später anfängt. In der Zwischenzeit und beim Konzert fotografiere ich viel, farbig und schwarz-weiß (mit 1600 ASA). Es ist nicht wieder so voll wie am Vortag, aber die Stimmung ist fantastisch. Ich werde wegen meiner Kamera (Canon AE 1 von 1978) von einem, der sich als Profi vorstellt, bewundert. Wir hören Naini Diabaté und Los Parientes (Mexiko). Leider fährt unser Bus schon um 22.15 h, so dass wir den Schluss des Konzerts nicht mehr mitbekommen. Eigentlich doof, denn wir hätten gerne noch länger bleiben und mit dem Taxi oder zu Fuß zum Hotel zurückkehren können. Aber morgens um ½ 6 h ist die Nacht auch schon wieder zu Ende. Auf dem Weg zum Bus bitten uns Jugendliche um unsere Armbänder, mit denen sie den Zutritt zum Konzert erhalten wollen. G. kann ihres über die Hand ziehen, bei meinem beißt der Junge die Niete durch und beide ziehen freudestrahlend ab. Wenn’s ihnen nur genützt hat.
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EINWOHNERZAHLEN
Die Angaben über Einwohnerzahlen schwanken zwischen etwa. 14,5 (nach Wikipedia), 15,8 (nach Google) und 16. Mio (nach Statista). U.a. sind die Differenzen unterschiedlichen Erhebungszeiträumen geschuldet, denn der Bevölkerungszuwachs ist bedeutend: ca. 2,6 % pro Jahr. Ca. 3 Mio Einwohner leben in den größten Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern, das ist etwa ein Fünftel. Die übrige Bevölkerung lebt in Kleinstädten und Dörfern. Durchschnittlich leben 12 Einwohner pro qkm (zum Vergleich die BRD mit 231 Einwohner pro qkm). Generell sind alle statistischen Angaben über Mali mit Vorsicht zu genießen.
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(Fortsetzung folgt)
Neben dem Festivalgelände befinden sich „Hafen und Werft“. Ein Kleinhändler verfolgt uns penetrant, bis ich ihm freundlich aber deutlich erkläre, dass er verschwinden soll. Dafür taucht ein anderer auf, der uns vorher schon CDs angeboten hat. Er hat die CD von Madina Ndiaye aufgetrieben, wir kaufen sie ihm – nach etwas Handeln, aber wohl doch noch zu teuer – ab.
Dieser Hafen ist schon sehr afrikanisch. Wieder Frauen, die in großen Kesseln auf Holzkohlenfeuern kochen und im Niger waschen. Auf Pinassen werden Sand und andere Waren angelandet und mit Eseln weiter transportiert. Wir sind die einzigen Weißen. Ich fotografiere viel.
Wir suchen das Touareg-Zelt, das am anderen Ende des Geländes liegt und hoffen, Tindé zu hören. Aber zum angegebenen Termin findet dort nichts statt. Stattdessen fragt uns ein Touareg nach unserer Herkunft, begrüßt uns enthusiastisch als Freund, sein Großvater habe immer gesagt, mit den Deutschen müsse er Freundschaft halten. Später stellt er sich als sehr penetranter Händler heraus, der sich kaum „abschütteln“ lässt. Dafür beobachten wir das Treiben direkt neben dem Festivalgelände, wo Nomadenfrauen kochen, Kinder, Wäsche und Geschirr im Niger waschen, und ich fotografiere viel.
Nachmittags fahren wir mit einer Pinasse in das Töpferdorf Kalabogou und tauchen in ein vergangenes Zeitalter ein. Zurückgebeamt um 1000 Jahre – mindestens. Alltag, Ackerbau und Viehzucht sowie das Handwerk werden nach archaischsten Methoden organisiert. Zunächst denken wir, in einem Freilichtmuseum gelandet zu sein, aber es ist Wirklichkeit. Die Menschen sind sehr freundlich, wieder haben wir Kinder traubenweise an den Händen, die meine weiße Haut ungläubig befühlen: Ist das wohl echt? Sie bitten wieder um cadeaux, und es ist schwer, standhaft zu bleiben. Die Frauen sind – wie gewohnt – fotoscheu, Männer sind nicht zu sehen; auf der Rückfahrt kommt uns eine Pinasse mit ca. fünfzig Männern entgegen, die wohl in Ségou irgendwas arbeiten. Ich fotografiere dennoch viel, teils ohne Menschen, teils Kinder, die sich gerne fotografieren lassen, teils heimlich „aus der Hüfte“.
Die Tonschüsseln werden als Aufbaukeramik aus Lehm geformt, dann unter einem großen Haufen (10 x 20 m, geschätzt) aus Zweigen, Stroh und Lehm gebrannt, in einer Flüssigkeit aus Wasser und zerstampfter Baumrinde glasiert, getrocknet und dann in Ségou (oder anderswo) verkauft. Wir sehen vollgepackte Pinassen am Strand.
Abends ist wieder Konzert, das nicht wie geplant um 18.30 h, sondern erst zwei Stunden später anfängt. In der Zwischenzeit und beim Konzert fotografiere ich viel, farbig und schwarz-weiß (mit 1600 ASA). Es ist nicht wieder so voll wie am Vortag, aber die Stimmung ist fantastisch. Ich werde wegen meiner Kamera (Canon AE 1 von 1978) von einem, der sich als Profi vorstellt, bewundert. Wir hören Naini Diabaté und Los Parientes (Mexiko). Leider fährt unser Bus schon um 22.15 h, so dass wir den Schluss des Konzerts nicht mehr mitbekommen. Eigentlich doof, denn wir hätten gerne noch länger bleiben und mit dem Taxi oder zu Fuß zum Hotel zurückkehren können. Aber morgens um ½ 6 h ist die Nacht auch schon wieder zu Ende. Auf dem Weg zum Bus bitten uns Jugendliche um unsere Armbänder, mit denen sie den Zutritt zum Konzert erhalten wollen. G. kann ihres über die Hand ziehen, bei meinem beißt der Junge die Niete durch und beide ziehen freudestrahlend ab. Wenn’s ihnen nur genützt hat.
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EINWOHNERZAHLEN
Die Angaben über Einwohnerzahlen schwanken zwischen etwa. 14,5 (nach Wikipedia), 15,8 (nach Google) und 16. Mio (nach Statista). U.a. sind die Differenzen unterschiedlichen Erhebungszeiträumen geschuldet, denn der Bevölkerungszuwachs ist bedeutend: ca. 2,6 % pro Jahr. Ca. 3 Mio Einwohner leben in den größten Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern, das ist etwa ein Fünftel. Die übrige Bevölkerung lebt in Kleinstädten und Dörfern. Durchschnittlich leben 12 Einwohner pro qkm (zum Vergleich die BRD mit 231 Einwohner pro qkm). Generell sind alle statistischen Angaben über Mali mit Vorsicht zu genießen.
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(Fortsetzung folgt)
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Donnerstag, 20. Juni 2024
Mali – Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (3) Vierter Tag - Ségou
jf.bremen, 14:28h
Wir besuchen das Festival der Puppen und Masken. Unter einem kleinen Dach (gegen die Sonne) werden traditionelle Zeremonien und kleine – wohl teilweise mythische – Theaterstücke mit farbigen, skurrilen Masken und Kostümen aufgeführt. Das ist keine folkloristische Veranstaltung für Touristen (wie wir sie später im Dogon-Land präsentiert kriegen), sondern wirklich von Afrikanern für Afrikaner gemacht. Das Publikum ist wieder bunt: viele Frauen mit Kleinkindern auf dem Rücken, schön angezogen, jede Menge Kinder und nur ganz wenige Europäer. Tagsüber ist der Zugang zum Festival frei, nur abends muss man Eintritt bezahlen (bei uns im Preis inbegriffen, wir sind durch farbige Plastik-Armbänder gekennzeichnet) und die Kontrollen sind genau. Ich fotografiere viel, obwohl ich nur selten gute Sicht auf die Szene und unter dem Schatten spendenden Dach schlechtes Licht habe. Den Sinn der Darbietungen verstehe ich nur, wenn vorher erklärt wird, worum es gehen soll.
Bemerkenswert: hier treffen wir öfter Behinderte in einfach aus Fahrradteilen gebauten Rollstühlen, Handkurbel mit Kettenübertragung aufs Vorderrad, mit ihren großen Rädern gut geeignet für die Gegebenheiten, „geländegängig“ und schafft wohl auch Arbeitsplätze im Handwerk. Später an der Fähre, als wir von Timbuktu wieder wegfahren, sehen wir einen Behinderten, der auf Kniehöhe im Staub kriecht. Felix’ Kommentar: „Es gibt noch viel zu tun. Wenn man sich vorstellt, ein Leben lang im Staub zu kriechen.“
Nachmittags wollen wir das Bootsrennen auf dem Niger von der Festivaltribüne beobachten. Ich gehe am – nicht durch ein Geländer gesicherten – Tribünenrand und will um eine Dachstrebe herumgehen. Die ist unten nicht befestigt, reißt weg, ich stürze ca. einen Meter runter, pralle mit dem Schienbein gegen die Kante, heftiger Schmerz, und Blut läuft unten aus der Hose. Gelächter von deutschen Touristen auf den oberen Rängen. Sofort kommen mehrere afrikanische Helfer auf mich zu, kümmern sich um mich; eine junge Frau bringt uns zur Sanitätsstation, wo ich verarztet werde (auf dem Lehmboden, Tisch oder Liege gibt es nicht). Sehr nette, besorgte Leute, erkundigen sich anschließen wie „Bonne santé“ auf Deutsch heißt und wünschen mir „Gute Besserung“. Nous sommes ensemble! Wenn die nur auch bei uns so freundlich behandelt würden!
Schließlich gibt’s das Bootsrennen: farbenprächtig geschmückte Pirogen oder Pinassen (wo ist der Unterschied?) mit ca. 20 Mann Besatzung konkurrieren um den Sieg auf einem Dreieckskurs. Es gibt mehrere Läufe, weil nicht alle Boot gemeinsam starten können. Die Stimmung bei den afrikanischen Zuschauern ist gut, sie applaudieren für die Sieger und auch die Verlierer.
Abends sind wir dann wieder beim Konzert und hören Yoro Diallo, Les Espoirs de Corinthie (Guinea) und Bassékou Kouyaté. Heute sind 20.000 Besucher hier. Das Gedränge ist teilweise beängstigend, aber es geht alles friedlich und harmonisch zu.
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ALI FARCA TOURÉ
ist einer der in Mali, Amerika und Europa bekanntesten malischen Musiker. Geboren 1939 in Kanau am Niger, spielte er Gitarre, wurde von Ry Cooder bei uns bekannt gemacht. Cooder hatte schon den Bona-Vista-Social-Club in Havanna entdeckt und Wim Wenders für seinen Film inspiriert hat. Ali Farka Touré war zugleich Bürgermeister der kleinen Stadt Niafunké am Niger. Seine CDs „Talking Timbuktu“, „Savanne“, „In The Heart of The Moon” wurden weltberühmt und mit internationalen Preisen ausgezeichnet, u.a dem Grammy. Durch seinen Ruhm wurden auch andere malische Musikerinnen und Musiker bei uns bekannt – Boubacar Traoré, Salif Keita, Madina Ndiaye, Habib Koité, Toumani Diabaté. Ali Farka Touré starb 2008 in der Hauptstadt Bamako.
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SÉGOU
hat ca. 130.000 Einwohner und ist bekannt für seine Fischindustrie und den Fischmarkt. Daneben gibt es Textilindustrie und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte u.a. Milch. Auffällig sind der Wasserturm im Stadtzentrum uns zahlreiche Häuser im Kolonialstil. Das seit 2005 jährlich im Februar stattfindende Festival sur le Niger mit afrikanischen und außerafrikanischen Musikergruppen zieht neben afrikanischem Publikum auch europäische Besucher an. Das Volk der Bozo gründete Ségou um 1620. Sie war Hauptstadt des im Jahr 1712 gegründeten Königreichs Bambara, das bis 1861 bestand. Dann wurde es durch muslimische Truppen erobert. Das historische Ségou („Segou-Koro“) mit dem Königsgrab befindet sich etwa 10 km südwestlich des heutigen Stadtzentrums.
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(Fortsetzung folgt)
Bemerkenswert: hier treffen wir öfter Behinderte in einfach aus Fahrradteilen gebauten Rollstühlen, Handkurbel mit Kettenübertragung aufs Vorderrad, mit ihren großen Rädern gut geeignet für die Gegebenheiten, „geländegängig“ und schafft wohl auch Arbeitsplätze im Handwerk. Später an der Fähre, als wir von Timbuktu wieder wegfahren, sehen wir einen Behinderten, der auf Kniehöhe im Staub kriecht. Felix’ Kommentar: „Es gibt noch viel zu tun. Wenn man sich vorstellt, ein Leben lang im Staub zu kriechen.“
Nachmittags wollen wir das Bootsrennen auf dem Niger von der Festivaltribüne beobachten. Ich gehe am – nicht durch ein Geländer gesicherten – Tribünenrand und will um eine Dachstrebe herumgehen. Die ist unten nicht befestigt, reißt weg, ich stürze ca. einen Meter runter, pralle mit dem Schienbein gegen die Kante, heftiger Schmerz, und Blut läuft unten aus der Hose. Gelächter von deutschen Touristen auf den oberen Rängen. Sofort kommen mehrere afrikanische Helfer auf mich zu, kümmern sich um mich; eine junge Frau bringt uns zur Sanitätsstation, wo ich verarztet werde (auf dem Lehmboden, Tisch oder Liege gibt es nicht). Sehr nette, besorgte Leute, erkundigen sich anschließen wie „Bonne santé“ auf Deutsch heißt und wünschen mir „Gute Besserung“. Nous sommes ensemble! Wenn die nur auch bei uns so freundlich behandelt würden!
Schließlich gibt’s das Bootsrennen: farbenprächtig geschmückte Pirogen oder Pinassen (wo ist der Unterschied?) mit ca. 20 Mann Besatzung konkurrieren um den Sieg auf einem Dreieckskurs. Es gibt mehrere Läufe, weil nicht alle Boot gemeinsam starten können. Die Stimmung bei den afrikanischen Zuschauern ist gut, sie applaudieren für die Sieger und auch die Verlierer.
Abends sind wir dann wieder beim Konzert und hören Yoro Diallo, Les Espoirs de Corinthie (Guinea) und Bassékou Kouyaté. Heute sind 20.000 Besucher hier. Das Gedränge ist teilweise beängstigend, aber es geht alles friedlich und harmonisch zu.
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ALI FARCA TOURÉ
ist einer der in Mali, Amerika und Europa bekanntesten malischen Musiker. Geboren 1939 in Kanau am Niger, spielte er Gitarre, wurde von Ry Cooder bei uns bekannt gemacht. Cooder hatte schon den Bona-Vista-Social-Club in Havanna entdeckt und Wim Wenders für seinen Film inspiriert hat. Ali Farka Touré war zugleich Bürgermeister der kleinen Stadt Niafunké am Niger. Seine CDs „Talking Timbuktu“, „Savanne“, „In The Heart of The Moon” wurden weltberühmt und mit internationalen Preisen ausgezeichnet, u.a dem Grammy. Durch seinen Ruhm wurden auch andere malische Musikerinnen und Musiker bei uns bekannt – Boubacar Traoré, Salif Keita, Madina Ndiaye, Habib Koité, Toumani Diabaté. Ali Farka Touré starb 2008 in der Hauptstadt Bamako.
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SÉGOU
hat ca. 130.000 Einwohner und ist bekannt für seine Fischindustrie und den Fischmarkt. Daneben gibt es Textilindustrie und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte u.a. Milch. Auffällig sind der Wasserturm im Stadtzentrum uns zahlreiche Häuser im Kolonialstil. Das seit 2005 jährlich im Februar stattfindende Festival sur le Niger mit afrikanischen und außerafrikanischen Musikergruppen zieht neben afrikanischem Publikum auch europäische Besucher an. Das Volk der Bozo gründete Ségou um 1620. Sie war Hauptstadt des im Jahr 1712 gegründeten Königreichs Bambara, das bis 1861 bestand. Dann wurde es durch muslimische Truppen erobert. Das historische Ségou („Segou-Koro“) mit dem Königsgrab befindet sich etwa 10 km südwestlich des heutigen Stadtzentrums.
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(Fortsetzung folgt)
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Mittwoch, 19. Juni 2024
Mali – Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (2) Dritter Tag - Ségou - Musikfestival
jf.bremen, 11:05h
Dritter Tag – Segou - Musikfestival
Mit dem Bus – landesüblich, mit dem Gepäck auf dem Dach – geht’s Richtung Ségou. Unterwegs Straßenkontrollen, bei denen die Polizisten mit kleinen Geldbeträgen - später beim 4x4-Auto wird es offensichtlicher und kostet 2.000 CFA - ihr mickriges Gehalt von den Fahrern aufbessern lassen (1 € = 654 CFA). Unterwegs Pinkelpause, wo ich die ersten gewaltigen und skurrilen Termitenhügel sehe und fotografiere. Die meisten Landschaftsaufnahmen muss ich aus dem fahrenden Bus machen, werden also wohl nicht so gut sein. Der Bus ist hart gefedert, die Asphalt-Straße holprig.
Kurz vor Ségou Station in dem kleinen Dorf Sékoro, wo die ersten Bambara-Könige herstammen, es gibt auch einen Gedenkstein. Das Dorf – und das wird sich später wiederholen – ist nicht viel weiter als bis zur Steinzeit, was die Gebäude und die Verrichtungen angeht. In einem Hof wird eine große – also mehrhundertjährige - Schildkröte an einer 1-Meter-langen Strippe gehalten und dient als Vorkoster. Überhaupt die Tiere: die Leute haben ein sehr funktionales Verhältnis zu ihnen. Irgendwo unterwegs an einer Tankstelle, beobachte ich einen Treck von Bauern mit Kind und Kegel auf Eselskarren und Fahrrädern, die allerlei Viehzeug zum Markt transportieren. Zehn Hühner in einem engen Käfig auf einem Gepäckträger. Ziegen und Schafe mit zusammengebundenen Füßen auf einem Karren. Hühner mit zusammengebundenen Füßen über eine Stange gehängt. Am Straßenrand Esel u.a. mit Fußfesseln, nur max. 1 Meter lang. Usw. Überall begegnen wir der extremen Fotoscheu der Menschen, besonders der Frauen. Nur Kinder wollen gerne fotografiert werden, bitten aber häufig dafür um „cadeau“ und sind enttäuscht, wenn sie an meiner Kamera vergeblich das Display suchen, auf dem sie das Abbild sofort bewundern wollen.
Weiter geht’s nach Ségou, wo wir nach langem Hin und Her nicht im erwarteten Motel Savane, sondern in einem schäbigen Ersatz unterkommen. Abends geht’s zum ersten Mal zum Konzert. Wir hören Mangala Camara, Abdoulaye Diabaté (aus der berühmten Dynastie) und Madina NDiaye (von der wir später von einem „fliegenden“ Händler eine CD kaufen).
Die Musik scheint seltsam vertraut: einfache Rhythmen und Harmonien, die sich ständig wiederholen, traditionelle afrikanische Instrumente (Kora, Xylophon, Balaphon, Trommeln, Flöten) gepaart mit westlichen Instrumenten wie Gitarre, Bass u.a. und natürlich elektronisch verstärkt. Diese Musik – aus der Tradition der oral history gespeist und dem Preis des jeweiligen Auftraggebers gewidmeten – lebt mehr vom Text als von der Musik und ist daher für sprachunkundige Hörer weniger interessant (wie auch beim Blues oder Fado). Jetzt wird mir auch die Musik von Abdullah Ibrahim besser verständlich: er nutzt traditionelle afrikanische Harmonien und Rhythmen, die er aber wie in einer hermeneutischen Spirale entwickelt, so dass eine sanfte Spannung und stetige Steigerung entsteht. Mir scheint es beim Festival, dass alle die gleiche Musik machen, nur mit qualitativen Unterschieden.
Spannend aber vor allem die Atmosphäre: 14.000 überwiegend schwarze, sehr sachkundige HörerInnen und ZuschauerInnen, teilweise – vor allem Frauen – schick in afrikanischer Kleidung, kennen die Musiker, gehen mit wie die Teufel, dabei aber eine sehr harmonische und friedliche Fröhlichkeit. Unerwartet springen Gruppen von zehn, zwanzig Personen auf, tanzen leidenschaftlich im Rhythmus und setzen sich nach einiger Zeit wieder genauso unvermutet hin, hören nur noch zu und verfolgen den Takt mit Kopf, Händen, Füßen und Oberkörpern. Keinerlei Vorbehalte gegenüber Weißen. Im Gegenteil: ich werde gefragt, woher ich kommen, wie ich vom Festival erfahren habe (im Internet?), Stolz und Freude, dass wir da sind: „Nous sommes ensemble“ und Händedruck.
Etwas unangenehm: vor dem Festivalgelände Massen von Kleinhändlern, die sehr aufdringlich alles Mögliche verkaufen wollen. Dies ist an den nächsten Tagen auch auf dem Gelände außerhalb des Konzert-Programms der Fall, so dass es manchmal wirklich nervt. Aber natürlich: das ist ihre Chance und wir sind ja soooo reich, tragen unseren Reichtum ungeniert zur Schau (allein die Fotoausrüstung!), da müssen sie uns einfach ausnehmen, so lange es geht. - Im Hotel stoße ich mich an der Bettkante und schlage mir das Schienbein auf. Hässliche Wunde, die mir aber von dem mitreisenden Arzt, Felix, fachkundig behandelt.
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FELSMALEREIEN
in Bamako befinden sich in Höhlen am Fuß des Berges „Point G“ mit Darstellungen von Jagdszenen, Menschen, Werkzeug und Tieren. Sie werden zurückdatiert auf die frühe Steinzeit. Im Dogonland bei Songo sind ebenfalls Felsmalereien zu sehen, deren Alter allerdings unbestimmt ist. Da sie jeweils vor den alle drei Jahre stattfindenden Beschneidungsritualen erneuert werden, sind ihre ursprüngliche Form und Farbe stark vergröbert und ihre Authentizität ungewiss.
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CADAUX - GESCHENKE
Kinder bitten den Touristen, den Tobab, den Weißen häufig um cadeaux, Geschenke. Oft ist Geld gemeint, häufiger, vor allem auf dem Land, Bonbons, Bleistifte, Hefte, Kaugummi. Es wird allgemein empfohlen, keine Geschenke zu machen, um die Kindern nicht ans Betteln zu gewöhnen. So sinnvoll Bleistifte und Hefte als Geschenk erscheinen mögen, so privilegiert dies die Beschenkten gegenüber denen, die leer ausgehen.
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(Fortsetzung folgt)
Mit dem Bus – landesüblich, mit dem Gepäck auf dem Dach – geht’s Richtung Ségou. Unterwegs Straßenkontrollen, bei denen die Polizisten mit kleinen Geldbeträgen - später beim 4x4-Auto wird es offensichtlicher und kostet 2.000 CFA - ihr mickriges Gehalt von den Fahrern aufbessern lassen (1 € = 654 CFA). Unterwegs Pinkelpause, wo ich die ersten gewaltigen und skurrilen Termitenhügel sehe und fotografiere. Die meisten Landschaftsaufnahmen muss ich aus dem fahrenden Bus machen, werden also wohl nicht so gut sein. Der Bus ist hart gefedert, die Asphalt-Straße holprig.
Kurz vor Ségou Station in dem kleinen Dorf Sékoro, wo die ersten Bambara-Könige herstammen, es gibt auch einen Gedenkstein. Das Dorf – und das wird sich später wiederholen – ist nicht viel weiter als bis zur Steinzeit, was die Gebäude und die Verrichtungen angeht. In einem Hof wird eine große – also mehrhundertjährige - Schildkröte an einer 1-Meter-langen Strippe gehalten und dient als Vorkoster. Überhaupt die Tiere: die Leute haben ein sehr funktionales Verhältnis zu ihnen. Irgendwo unterwegs an einer Tankstelle, beobachte ich einen Treck von Bauern mit Kind und Kegel auf Eselskarren und Fahrrädern, die allerlei Viehzeug zum Markt transportieren. Zehn Hühner in einem engen Käfig auf einem Gepäckträger. Ziegen und Schafe mit zusammengebundenen Füßen auf einem Karren. Hühner mit zusammengebundenen Füßen über eine Stange gehängt. Am Straßenrand Esel u.a. mit Fußfesseln, nur max. 1 Meter lang. Usw. Überall begegnen wir der extremen Fotoscheu der Menschen, besonders der Frauen. Nur Kinder wollen gerne fotografiert werden, bitten aber häufig dafür um „cadeau“ und sind enttäuscht, wenn sie an meiner Kamera vergeblich das Display suchen, auf dem sie das Abbild sofort bewundern wollen.
Weiter geht’s nach Ségou, wo wir nach langem Hin und Her nicht im erwarteten Motel Savane, sondern in einem schäbigen Ersatz unterkommen. Abends geht’s zum ersten Mal zum Konzert. Wir hören Mangala Camara, Abdoulaye Diabaté (aus der berühmten Dynastie) und Madina NDiaye (von der wir später von einem „fliegenden“ Händler eine CD kaufen).
Die Musik scheint seltsam vertraut: einfache Rhythmen und Harmonien, die sich ständig wiederholen, traditionelle afrikanische Instrumente (Kora, Xylophon, Balaphon, Trommeln, Flöten) gepaart mit westlichen Instrumenten wie Gitarre, Bass u.a. und natürlich elektronisch verstärkt. Diese Musik – aus der Tradition der oral history gespeist und dem Preis des jeweiligen Auftraggebers gewidmeten – lebt mehr vom Text als von der Musik und ist daher für sprachunkundige Hörer weniger interessant (wie auch beim Blues oder Fado). Jetzt wird mir auch die Musik von Abdullah Ibrahim besser verständlich: er nutzt traditionelle afrikanische Harmonien und Rhythmen, die er aber wie in einer hermeneutischen Spirale entwickelt, so dass eine sanfte Spannung und stetige Steigerung entsteht. Mir scheint es beim Festival, dass alle die gleiche Musik machen, nur mit qualitativen Unterschieden.
Spannend aber vor allem die Atmosphäre: 14.000 überwiegend schwarze, sehr sachkundige HörerInnen und ZuschauerInnen, teilweise – vor allem Frauen – schick in afrikanischer Kleidung, kennen die Musiker, gehen mit wie die Teufel, dabei aber eine sehr harmonische und friedliche Fröhlichkeit. Unerwartet springen Gruppen von zehn, zwanzig Personen auf, tanzen leidenschaftlich im Rhythmus und setzen sich nach einiger Zeit wieder genauso unvermutet hin, hören nur noch zu und verfolgen den Takt mit Kopf, Händen, Füßen und Oberkörpern. Keinerlei Vorbehalte gegenüber Weißen. Im Gegenteil: ich werde gefragt, woher ich kommen, wie ich vom Festival erfahren habe (im Internet?), Stolz und Freude, dass wir da sind: „Nous sommes ensemble“ und Händedruck.
Etwas unangenehm: vor dem Festivalgelände Massen von Kleinhändlern, die sehr aufdringlich alles Mögliche verkaufen wollen. Dies ist an den nächsten Tagen auch auf dem Gelände außerhalb des Konzert-Programms der Fall, so dass es manchmal wirklich nervt. Aber natürlich: das ist ihre Chance und wir sind ja soooo reich, tragen unseren Reichtum ungeniert zur Schau (allein die Fotoausrüstung!), da müssen sie uns einfach ausnehmen, so lange es geht. - Im Hotel stoße ich mich an der Bettkante und schlage mir das Schienbein auf. Hässliche Wunde, die mir aber von dem mitreisenden Arzt, Felix, fachkundig behandelt.
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FELSMALEREIEN
in Bamako befinden sich in Höhlen am Fuß des Berges „Point G“ mit Darstellungen von Jagdszenen, Menschen, Werkzeug und Tieren. Sie werden zurückdatiert auf die frühe Steinzeit. Im Dogonland bei Songo sind ebenfalls Felsmalereien zu sehen, deren Alter allerdings unbestimmt ist. Da sie jeweils vor den alle drei Jahre stattfindenden Beschneidungsritualen erneuert werden, sind ihre ursprüngliche Form und Farbe stark vergröbert und ihre Authentizität ungewiss.
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CADAUX - GESCHENKE
Kinder bitten den Touristen, den Tobab, den Weißen häufig um cadeaux, Geschenke. Oft ist Geld gemeint, häufiger, vor allem auf dem Land, Bonbons, Bleistifte, Hefte, Kaugummi. Es wird allgemein empfohlen, keine Geschenke zu machen, um die Kindern nicht ans Betteln zu gewöhnen. So sinnvoll Bleistifte und Hefte als Geschenk erscheinen mögen, so privilegiert dies die Beschenkten gegenüber denen, die leer ausgehen.
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(Fortsetzung folgt)
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Mali – Das „afrikanischste Land“ - Reisebericht 2008. (1) Erster und zweiter Tag - Bamako
jf.bremen, 07:56h
2008 habe ich mit einer Reisegruppe Mali bereist. Mit einer Diaschau, eine Ausstellung und einer Radiosendung bei Radio Weser-TV habe ich schon mehrfach darüber berichtet. Jetzt, aus aktuellem Anlass nach der Machtübernahme durch die Armee, der Intervention europäischer Staat und deren Scheitern, veröffentliche ich mein Reisetagebuch.
Erster Tag
Abflug Bremen 10.30 h – Paris, Abflug Paris 16.40 h, Ankunft Bamako 21.20
Riesen Wooling am Flughafen, die Kofferträger lassen sich nicht abschütteln, kloppen sich darum, wer den Wagen schieben darf, zocken mich schließlich gehörig ab. Von der Reiseleitung ist niemand am Flughafen, immerhin weiß der Busfahrer, wo das Hotel ist.
Zweiter Tag
Vorstellungsrunde (chacun à son gout: die meisten ausführliche Selbstdarstellung, wir – d.h. meine Frau Gerhild und ich - nur knapp) und Erläuterung des Programms durch Silke, die deutsche Reiseleiterin. Jacob, der malische Reiseleiter stößt zur Gruppe. Fahrt mit dem Bus zum Aussichtshügel, dann in die Innenstadt. Auf dem Weg Besichtigung von Grotten mit Ausgrabungen und prähistorischen Wandmalereien.
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GEIGRAFIE und KLIMAZONEN
Geografisch besteht Mali aus fünf Landschaftstypen, die zugleich Klimazonen sind: Im Norden die Wüste mit ca. 2 Mio qm Fläche, das sind 65% der Fläche Malis, südlich davon Halbwüste und Sahel. Daran schließen sich Trocken- und Feuchtsavanne an. Dieser Fünfteilung entsprechen auch die Klimazonen. Beherrschendes geografisches Element ist der Niger. In der Sahara im Nordosten des Landes gibt es ein unwegsames Bergmassiv. In der Mitte das Dogon-Plateau, die Hombori-Berge an der Grenze zu Burkina Faso mit dem höchsten Berg des Landes Hombori Tondo (1.155 m). Die Regenzeit von Juni bis Oktober bringt feuchte Wärme vom Atlantik. Von November bis Juni sorgt der Nordost-Passat aus der Sahara für trockene Hitze. In der Wüste werden Temperaturen von 50° C gemessen, ebenso im Südwesten bei Kayes. In der Nacht sinken in Timbuktu die Temperaturen auf 5° C.
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Mali wurde als das „afrikanischste Land“ und Bamako als die afrikanischste Stadt bezeichnet.
Riesiger Betrieb, in den Straßen ist kaum ein Vorankommen: Autos stehen mehr, als dass sie fahren, Fußgänger drängen sich durchs Gewühl, Karren und Klein-Kräder. Fotografieren ist schwierig, die Leute sind sehr fotoscheu, werden teilweise ärgerlich bis aggressiv. Als ich einen Stand ohne Menschen fotografiere, kommt von gegenüber einer angerannt, drängt sich davor: „Qu`est que vous voulez???“ - Im Handwerkermarkt teilweise aufdringliche Händler, es gibt aber auch den guten alten Kaufmann.
Das Nationalmuseum ist sehr interessant, beschreibt die jahrhundertealte Geschichte Malis mit allen politischen und religiösen (Atavismus, Islam, Christentum) Richtungen, die Führung ist leider Französisch und sehr „malisch“, die meisten, wir auch, verstehen wenig bis nichts und orientieren sich schließlich an den Beschreibungen.
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BAMAKO
wurde wahrscheinlich während des 16. Jahrhunderts am Niger gegründet. Um 1800 lebten dort ca. 6.000 Einwohner. Nach der Eroberung durch das französische Heer sank die Zahl auf weniger als 1.000. Mit dem Bau der Eisenbahnverbindung nach Kayes seit 1904 wuchs die Bedeutung von Bamako als Handelszentrum. Im Jahre 1908 wurde sie zur Hauptstadt des französischen Gouvernements Obersenegal und Niger. Seit der Unabhängigkeit Malis 1960 ist Bamako Hauptstadt und Sitz von Parlament und Regierung. Sie hat ca. 1,8 Mio. Einwohner. Als Regierungssitz, Handels- und Industriezentrum, u.a. Textilindustrie, ist Bamako der wichtigste Wirtschaftsstandort in Mali. Unter Afrika-Kennern gilt Bamako wegen ihres chaotischen Zustands als die „afrikanischste Stadt“ des Kontinents. Die Tagesdurchschnittstemperatur liegt bei 35º C.
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(Fortsetzung folgt)
Erster Tag
Abflug Bremen 10.30 h – Paris, Abflug Paris 16.40 h, Ankunft Bamako 21.20
Riesen Wooling am Flughafen, die Kofferträger lassen sich nicht abschütteln, kloppen sich darum, wer den Wagen schieben darf, zocken mich schließlich gehörig ab. Von der Reiseleitung ist niemand am Flughafen, immerhin weiß der Busfahrer, wo das Hotel ist.
Zweiter Tag
Vorstellungsrunde (chacun à son gout: die meisten ausführliche Selbstdarstellung, wir – d.h. meine Frau Gerhild und ich - nur knapp) und Erläuterung des Programms durch Silke, die deutsche Reiseleiterin. Jacob, der malische Reiseleiter stößt zur Gruppe. Fahrt mit dem Bus zum Aussichtshügel, dann in die Innenstadt. Auf dem Weg Besichtigung von Grotten mit Ausgrabungen und prähistorischen Wandmalereien.
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GEIGRAFIE und KLIMAZONEN
Geografisch besteht Mali aus fünf Landschaftstypen, die zugleich Klimazonen sind: Im Norden die Wüste mit ca. 2 Mio qm Fläche, das sind 65% der Fläche Malis, südlich davon Halbwüste und Sahel. Daran schließen sich Trocken- und Feuchtsavanne an. Dieser Fünfteilung entsprechen auch die Klimazonen. Beherrschendes geografisches Element ist der Niger. In der Sahara im Nordosten des Landes gibt es ein unwegsames Bergmassiv. In der Mitte das Dogon-Plateau, die Hombori-Berge an der Grenze zu Burkina Faso mit dem höchsten Berg des Landes Hombori Tondo (1.155 m). Die Regenzeit von Juni bis Oktober bringt feuchte Wärme vom Atlantik. Von November bis Juni sorgt der Nordost-Passat aus der Sahara für trockene Hitze. In der Wüste werden Temperaturen von 50° C gemessen, ebenso im Südwesten bei Kayes. In der Nacht sinken in Timbuktu die Temperaturen auf 5° C.
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Mali wurde als das „afrikanischste Land“ und Bamako als die afrikanischste Stadt bezeichnet.
Riesiger Betrieb, in den Straßen ist kaum ein Vorankommen: Autos stehen mehr, als dass sie fahren, Fußgänger drängen sich durchs Gewühl, Karren und Klein-Kräder. Fotografieren ist schwierig, die Leute sind sehr fotoscheu, werden teilweise ärgerlich bis aggressiv. Als ich einen Stand ohne Menschen fotografiere, kommt von gegenüber einer angerannt, drängt sich davor: „Qu`est que vous voulez???“ - Im Handwerkermarkt teilweise aufdringliche Händler, es gibt aber auch den guten alten Kaufmann.
Das Nationalmuseum ist sehr interessant, beschreibt die jahrhundertealte Geschichte Malis mit allen politischen und religiösen (Atavismus, Islam, Christentum) Richtungen, die Führung ist leider Französisch und sehr „malisch“, die meisten, wir auch, verstehen wenig bis nichts und orientieren sich schließlich an den Beschreibungen.
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BAMAKO
wurde wahrscheinlich während des 16. Jahrhunderts am Niger gegründet. Um 1800 lebten dort ca. 6.000 Einwohner. Nach der Eroberung durch das französische Heer sank die Zahl auf weniger als 1.000. Mit dem Bau der Eisenbahnverbindung nach Kayes seit 1904 wuchs die Bedeutung von Bamako als Handelszentrum. Im Jahre 1908 wurde sie zur Hauptstadt des französischen Gouvernements Obersenegal und Niger. Seit der Unabhängigkeit Malis 1960 ist Bamako Hauptstadt und Sitz von Parlament und Regierung. Sie hat ca. 1,8 Mio. Einwohner. Als Regierungssitz, Handels- und Industriezentrum, u.a. Textilindustrie, ist Bamako der wichtigste Wirtschaftsstandort in Mali. Unter Afrika-Kennern gilt Bamako wegen ihres chaotischen Zustands als die „afrikanischste Stadt“ des Kontinents. Die Tagesdurchschnittstemperatur liegt bei 35º C.
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(Fortsetzung folgt)
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Samstag, 15. Juni 2024
Warum CDU wählen, solange es die AfD gibt?
jf.bremen, 17:09h
Mal angenommen, ein AfD-Wähler glaubt, dass Flüchtlinge nach Deutschland kommen, um sich die Zähne machen zu lassen und sich in der sozialen Hängematte auszuruhen. Wenn Merz dann genau das auch behauptet – „Sozialtouristen“ - wird er sich bestätigt fühlen und weiter AfD wählen statt zur CDU zu wechseln. Die ganze Politik von CDU und SPD erreicht das Gegenteil von dem, was sie behaupten, sie stärken die AfD statt sie zu schwächen. (Siehe miniaturen 29.05.24 "Wahldebakel in Thüringen" und 28.09.23 "Ein Afrikaner beim Zahnarzt")
Der einzige Weg, die Rechten zu schwächen, besteht nicht darin, ihnen nach dem Maul zu reden, sondern eine Politik zu machen, die ihnen die Grundlagen entzieht: Sozialpolitik, Bildungspolitik, Wohnungspolitik, Wirtschaftspolitik u.a. Und genau da versagen Ampel wie Opposition. Die Wählerwanderungen bei der Europa-Wahl sind der Beleg dafür.
Der einzige Weg, die Rechten zu schwächen, besteht nicht darin, ihnen nach dem Maul zu reden, sondern eine Politik zu machen, die ihnen die Grundlagen entzieht: Sozialpolitik, Bildungspolitik, Wohnungspolitik, Wirtschaftspolitik u.a. Und genau da versagen Ampel wie Opposition. Die Wählerwanderungen bei der Europa-Wahl sind der Beleg dafür.
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Donnerstag, 13. Juni 2024
Abschiebung löst keine Probleme
jf.bremen, 11:04h
Die Tötung eines Polizisten durch einen afghanischen Flüchtling bewegt weiterhin die Gemüter. Jetzt fordern MP Söder (CSU, Bayern) und Christian Dürr (MdB, FDP-Fraktionsvorsitzender) sogar die Abschaffung des subsidiären Schutzes für afghanische und syrische Geflüchtete.
Die Debatte hinkt auf mehreren Füßen:
1. Der Täter war vorher nicht als Islamist bekannt, ob er einer war, ist nicht bekannt. Dennoch wird jetzt Front gegen Islamisten gemacht, die möglichst umstandslos in ihre „Heimatländer“ abgeschoben werden sollen.
2. Jetzt ist das „Kind in den Brunnen gefallen“ (Tötung des Polizisten durch Geflüchteten), da kommt der Deckel zu spät (Abschiebung).
3. Wenn Islamisten an die Taliban in Afghanistan oder an Assad in Syrien abgeschoben werden, werden sie dort sicher mit offenen Armen empfangen.
4. Sind die Betroffenen keine Islamisten, droht ihnen in der „Heimat“ Gefängnis, Folter und Tod.
5. Der Mannheimer war Einzeltäter, jetzt wird mit kollektiven Strafen gegen angebliche islamistische Gefährder gedroht.
6. Die Debatte lässt die unangemessene Gewalt von Polizisten gegen Flüchtlinge und MigrantInnen vollkommen aus. Nur zur Erinnerung: Tötung eines Geflüchteten durch Polizisten mit einer Maschinenpistole in Dortmund (siehe miniaturen 11.08.22). Weitere Beispiele lassen sich auf miniaturen und in der Tagespresse finden.
Ampel-Koalition und Opposition sind sich in der Flüchtlingsdebatte mit den Rechtsextremen (nicht nur der AfD) einig. Das Kalkül mit radikaleren Forderungen und Gesetzen der Rechten die WählerInnen abzuwerben, ist voraussehbar gescheitert. Das Gegenteil ist eingetreten: Die WählerInnen sind den Alt-Parteien massenweise weg und der AfD zugelaufen. Ein zentrales Mittel wäre, Geflüchtete möglichst schnell in Arbeit bzw. die Jugendlichen in Bildung und Ausbildung zu bringen.
Politiker, die praktikable Mittel zur Integration und gegen Radikalisierung von Migranten vorschlagen, muss man mit der Lupe suchen. Nur mal so: Die sog Clan-Kriminalität hat ihre Ursache darin, dass in den 90ern MigrantInnen aus der Türkei, Syrien und Irak u.a. nicht in den Arbeitsmarkt integriert wurden. Was bliebe ihnen anderes, als kriminell zu werden?
Die aktuelle Politik scheint den Fehler von damals wiederholen zu wollen.
Die Debatte hinkt auf mehreren Füßen:
1. Der Täter war vorher nicht als Islamist bekannt, ob er einer war, ist nicht bekannt. Dennoch wird jetzt Front gegen Islamisten gemacht, die möglichst umstandslos in ihre „Heimatländer“ abgeschoben werden sollen.
2. Jetzt ist das „Kind in den Brunnen gefallen“ (Tötung des Polizisten durch Geflüchteten), da kommt der Deckel zu spät (Abschiebung).
3. Wenn Islamisten an die Taliban in Afghanistan oder an Assad in Syrien abgeschoben werden, werden sie dort sicher mit offenen Armen empfangen.
4. Sind die Betroffenen keine Islamisten, droht ihnen in der „Heimat“ Gefängnis, Folter und Tod.
5. Der Mannheimer war Einzeltäter, jetzt wird mit kollektiven Strafen gegen angebliche islamistische Gefährder gedroht.
6. Die Debatte lässt die unangemessene Gewalt von Polizisten gegen Flüchtlinge und MigrantInnen vollkommen aus. Nur zur Erinnerung: Tötung eines Geflüchteten durch Polizisten mit einer Maschinenpistole in Dortmund (siehe miniaturen 11.08.22). Weitere Beispiele lassen sich auf miniaturen und in der Tagespresse finden.
Ampel-Koalition und Opposition sind sich in der Flüchtlingsdebatte mit den Rechtsextremen (nicht nur der AfD) einig. Das Kalkül mit radikaleren Forderungen und Gesetzen der Rechten die WählerInnen abzuwerben, ist voraussehbar gescheitert. Das Gegenteil ist eingetreten: Die WählerInnen sind den Alt-Parteien massenweise weg und der AfD zugelaufen. Ein zentrales Mittel wäre, Geflüchtete möglichst schnell in Arbeit bzw. die Jugendlichen in Bildung und Ausbildung zu bringen.
Politiker, die praktikable Mittel zur Integration und gegen Radikalisierung von Migranten vorschlagen, muss man mit der Lupe suchen. Nur mal so: Die sog Clan-Kriminalität hat ihre Ursache darin, dass in den 90ern MigrantInnen aus der Türkei, Syrien und Irak u.a. nicht in den Arbeitsmarkt integriert wurden. Was bliebe ihnen anderes, als kriminell zu werden?
Die aktuelle Politik scheint den Fehler von damals wiederholen zu wollen.
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Montag, 10. Juni 2024
AfD - mit Skandal-Figuren ins EU-Parlament
jf.bremen, 18:26h
Die 16 rechtsextremen Vertreter der AfD im EU-Parlament sind nicht gerade gute Aushängeschilder für Deutschland:
Platz 1: Ermittlungen wegen Zahlungen aus Russland und China, Verharmlosung der SS
Platz 2: Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche
(Die beiden veranlassten die französischen Rechtsextremen, eine Fraktionsgemeinschaft mit der AfD im EU-Parlament auszuschließen.)
Platz 3: Nähe zum Nazi Höcke
Platz 4.: Pegida-Aktivistin und Höcke-Vertraute
Platz 9.: vermutet „Bevölkerungsaustausch“, fordert „millionenfache Remigration“ und Push-Backs“
Platz 11.: Posiert wie Hitler vor der Wolfsschanze
Platz 10.: Amtssperre wegen Falschangaben zu Abschlüssen
Platz 14.: Siehe Platz 10.
Das dürfte reichen, um von einer rechtsextremen Täter-Bande zu sprechen.
Platz 1: Ermittlungen wegen Zahlungen aus Russland und China, Verharmlosung der SS
Platz 2: Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche
(Die beiden veranlassten die französischen Rechtsextremen, eine Fraktionsgemeinschaft mit der AfD im EU-Parlament auszuschließen.)
Platz 3: Nähe zum Nazi Höcke
Platz 4.: Pegida-Aktivistin und Höcke-Vertraute
Platz 9.: vermutet „Bevölkerungsaustausch“, fordert „millionenfache Remigration“ und Push-Backs“
Platz 11.: Posiert wie Hitler vor der Wolfsschanze
Platz 10.: Amtssperre wegen Falschangaben zu Abschlüssen
Platz 14.: Siehe Platz 10.
Das dürfte reichen, um von einer rechtsextremen Täter-Bande zu sprechen.
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Geiselbefreiung mit Kollateralschaden – Netanyahu geht über Leichen
jf.bremen, 18:06h
Mit Jubel begrüßt wurden vier Geiseln in Israel nach ihrer Befreiung durch die israelische Armee. Bei den Palästinensern – besonders denen in Gasa – dürfte keine Jubelstimmung aufgekommen sein, im Gegenteil. Die Militäraktion forderte bis zu einhundert Tote unter den Zivilisten und z.T. bei der Hamas.
Nachdem die vier Geiseln in einem Flüchtlingsviertel geortet worden waren, griff die Armee zwei Häuser an. Unterstützt wurde sie u.a. durch US-Spezialkräfte. Es kam zu einem längeren Schusswechsel mit der Hamas, bei dem es auch zu Verletzten und einem Todesopfer bei den israelischen Soldaten kam.
Das Hochgefühl der befreiten Geiseln und ihrer Angehörigen ist nicht ungeteilt. Die Aktion ist ein erneuter Beweis für die völlig verfehlte Strategie der Regierung. Dem Ziel der Geiselbefreiung werden alle anderen Überlegungen untergeordnet. Hätte man das und ein besseres Ergebnis nicht mit anderen Mitteln erreichen können? Ja, hätte man. Aber Netanyahu und seine rechtsextreme Ministerrunde haben nun mal auf die militärische Karte gesetzt und weichen keinen Millimeter davon ab – gegen alle Vernunft.
Gerade gab es Vorschläge von den USA, auch von Hamas, arabischen Staaten und aus Europa. Alles abgelehnt, ertönte Netanyahu.
Der Angriff war bewusst terminiert worden. Der Oppositionsführer im Kriegskabinett – Benny Gantz - hatte kurz vorher von Netanyahu gefordert, einen Plan für Gasa nach dem Krieg bis zum 8.6. auszuarbeiten. Andernfalls werde er das Kabinett verlassen. Netanyahu dachte nicht daran, das Ultimatum anzunehmen, stattdessen brüskierte er Gantz durch den Angriff und entzog ihm die Grundlage.
Die einzig vernünftige Folgerung aus dem ganzen Debakel kann nur sein, die weiteren Geiseln auf dem Verhandlungsweg zu befreien. Fünfundzwanzig Tote pro Geisel sind ein zu hoher Preis. Realistisch muss man vermuten, dass die Zeichen nicht dafür stehen, leider.
Nachdem die vier Geiseln in einem Flüchtlingsviertel geortet worden waren, griff die Armee zwei Häuser an. Unterstützt wurde sie u.a. durch US-Spezialkräfte. Es kam zu einem längeren Schusswechsel mit der Hamas, bei dem es auch zu Verletzten und einem Todesopfer bei den israelischen Soldaten kam.
Das Hochgefühl der befreiten Geiseln und ihrer Angehörigen ist nicht ungeteilt. Die Aktion ist ein erneuter Beweis für die völlig verfehlte Strategie der Regierung. Dem Ziel der Geiselbefreiung werden alle anderen Überlegungen untergeordnet. Hätte man das und ein besseres Ergebnis nicht mit anderen Mitteln erreichen können? Ja, hätte man. Aber Netanyahu und seine rechtsextreme Ministerrunde haben nun mal auf die militärische Karte gesetzt und weichen keinen Millimeter davon ab – gegen alle Vernunft.
Gerade gab es Vorschläge von den USA, auch von Hamas, arabischen Staaten und aus Europa. Alles abgelehnt, ertönte Netanyahu.
Der Angriff war bewusst terminiert worden. Der Oppositionsführer im Kriegskabinett – Benny Gantz - hatte kurz vorher von Netanyahu gefordert, einen Plan für Gasa nach dem Krieg bis zum 8.6. auszuarbeiten. Andernfalls werde er das Kabinett verlassen. Netanyahu dachte nicht daran, das Ultimatum anzunehmen, stattdessen brüskierte er Gantz durch den Angriff und entzog ihm die Grundlage.
Die einzig vernünftige Folgerung aus dem ganzen Debakel kann nur sein, die weiteren Geiseln auf dem Verhandlungsweg zu befreien. Fünfundzwanzig Tote pro Geisel sind ein zu hoher Preis. Realistisch muss man vermuten, dass die Zeichen nicht dafür stehen, leider.
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Sonntag, 2. Juni 2024
Merz - Stichwortgeber für Disko auf Sylt
jf.bremen, 15:11h
Ein Video kursiert durch die sozialen Medien: In einer Sylter Schicki-Micki-Disko grölen Feiernde Nazi-Parolen. Die Republik in ihren demokratischen Teilen ist mit Recht empört. Diesmal kommt der Rechtsextremismus nicht aus den Unterschichten und/oder aus dem deutschen Osten. Die können sich das „Pony“, also die Disko, in der Mehrheit gar nicht leisten. Die liberale Öffentlichkeit ist geschockt. Rechtsextremismus von Gut-Betuchten?

Na bitte, wen wundert’s. Fridrich Merz, CDU-Vorsitzender hat den Ton vorgegeben. Flüchtlinge wurden als „Sozialschmarotzer“ von ihm diffamiert. Er wolle keinen Scharia-Staat. Wer die Chancen unseres Landes nicht nutze – will sagen Asylbewerber und Bürgergeld-Empfänger – solle `raus aus Deutschland.
Wo, bitte, ist der Unterschied zwischen Pony-Grölern und Merz? Nicht auszumachen.

Na bitte, wen wundert’s. Fridrich Merz, CDU-Vorsitzender hat den Ton vorgegeben. Flüchtlinge wurden als „Sozialschmarotzer“ von ihm diffamiert. Er wolle keinen Scharia-Staat. Wer die Chancen unseres Landes nicht nutze – will sagen Asylbewerber und Bürgergeld-Empfänger – solle `raus aus Deutschland.
Wo, bitte, ist der Unterschied zwischen Pony-Grölern und Merz? Nicht auszumachen.
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Reservisten sollen die BRD verteidigungsfähig machen
jf.bremen, 14:43h
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die FDP-Frau mit der helmartigen Frisur, hat eine Idee: Die ca. 900.000 Reservisten der Bundeswehr sollen aktiviert werden, um die von Personal-Auszehrung bedrohte aktive Truppe zu ergänzen.
...................
Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, ist besorgt: Putin trimme sein Volk auf Krieg und bringe es in Stellung gegen den Westen. Was liegt da näher, als in Deutschland das Gleiche zu tun. In Schulbüchern würden die kleinen RussInnen auf Kriegsbereitschaft getrimmt. Da muss Deutschland schleunigst gleichziehen. Das würde ex post, im Nachherein, die Bemühungen Russlands rechtfertigen. Denn siehe da: die Deutschen sind genauso drauf wie die Russen.
Nur zur Erinnerung: Reservisten sind ehemalige Soldaten, davon ein Großteil Wehrpflichtige. Nun wurde die Wehrpflicht 2011 „ausgesetzt“. Diese Reservisten dürften also inzwischen mindestens Mitte Dreißig bis höchstens 45 Jahre alt sein. Nicht gerade das ideale Alter für Soldaten. Nur z.K.: Mit 45 endete die Wehrpflicht für Reservisten der Mannschaftsdienstgrade.
Der Reservistenverband springt – erwartbar - begeistert auf den Zug. Sie finden den Vorschlag klasse und wollen flugs mit den Vorbereitungen beginnen.
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Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, ist besorgt: Putin trimme sein Volk auf Krieg und bringe es in Stellung gegen den Westen. Was liegt da näher, als in Deutschland das Gleiche zu tun. In Schulbüchern würden die kleinen RussInnen auf Kriegsbereitschaft getrimmt. Da muss Deutschland schleunigst gleichziehen. Das würde ex post, im Nachherein, die Bemühungen Russlands rechtfertigen. Denn siehe da: die Deutschen sind genauso drauf wie die Russen.
Nur zur Erinnerung: Reservisten sind ehemalige Soldaten, davon ein Großteil Wehrpflichtige. Nun wurde die Wehrpflicht 2011 „ausgesetzt“. Diese Reservisten dürften also inzwischen mindestens Mitte Dreißig bis höchstens 45 Jahre alt sein. Nicht gerade das ideale Alter für Soldaten. Nur z.K.: Mit 45 endete die Wehrpflicht für Reservisten der Mannschaftsdienstgrade.
Der Reservistenverband springt – erwartbar - begeistert auf den Zug. Sie finden den Vorschlag klasse und wollen flugs mit den Vorbereitungen beginnen.
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Donnerstag, 30. Mai 2024
Homophobie als unendliche Geschichte
jf.bremen, 12:52h
Zu den High-Lights der Radio-Bremen-Talkshow "Buten un binnen" gehörte in den 80er Jahren die Sendung, als die erzkonservative Pastorengattin Elisabeth Motschmann im bayrischen Trachtenlook neben Rosa von Praunheim auf dem roten Sofa saß. Praunheim löcherte sie, sie solle doch mal was über ihr Sexualleben ausplaudern. Bei dieser, oder anderer Gelegenheit verkündete sie ihre Kennnisse über Homosexuelle: Diese hätten 600 Sex-Partner und träfen sich in öffentlichen Toiletten. Woher sie wohl diese Kenntnis hatte? Lauerte sie damals am Rande des Bremer Bürgerparks vor der Klappe am Stern?
Später - als sie via CDU in den Bundestag einzog - überreichte sie den Staffelstab an ihren fundamentalistischen Gatten, Pastor in der Martini-Gemeinde, der ihn an seinen ebenfalls fundamentalistischen Nachfolger Olaf Glatzel weitergab. Der wetterte heftig gegen Homos und CSD und fing sich deswegen eine gerichtliche Verurteilung wegen Volksverhetzung ein. Flugs ging er in Revision und präsentierte dem nächst-höheren Gericht einen "Gutachter", Theologie-Professor an einer fundamentalistischen Privat-Fakultät.
Und darum geht jetzt der Streit: Die Staatsanwaltschaft lehnt den "Gutachter" wegen Befangenheit ab. Die Sache bleibt spannend. Seit Jahrzehnten.
Später - als sie via CDU in den Bundestag einzog - überreichte sie den Staffelstab an ihren fundamentalistischen Gatten, Pastor in der Martini-Gemeinde, der ihn an seinen ebenfalls fundamentalistischen Nachfolger Olaf Glatzel weitergab. Der wetterte heftig gegen Homos und CSD und fing sich deswegen eine gerichtliche Verurteilung wegen Volksverhetzung ein. Flugs ging er in Revision und präsentierte dem nächst-höheren Gericht einen "Gutachter", Theologie-Professor an einer fundamentalistischen Privat-Fakultät.
Und darum geht jetzt der Streit: Die Staatsanwaltschaft lehnt den "Gutachter" wegen Befangenheit ab. Die Sache bleibt spannend. Seit Jahrzehnten.
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Mittwoch, 29. Mai 2024
Armee „verteidigt“ Israel mit Bomben auf Flüchtlinge
jf.bremen, 18:23h
Israel hat das Recht, sich zu verteidigen. Zweifellos. Den Angriff der Hamas auf israelische Dörfer und Kibbuzim mit bisher unvorstellbaren Grausamkeiten musste Israel parieren. Zweifellos.
Was Netanyahu und seine rechtsextreme Regierung jetzt unter Verteidigung verkaufen, ist eine ums Vielfache gesteigerte Aggression, Kriegsverbrechen inklusive. Alle Welt hat Israel gewarnt, Rafah, die letzte Zuflucht der palästinensischen Bevölkerung, zu attackieren. Und was machen Regierung und Armee? Genau das, wovor besonnene Menschen gewarnt haben: Sie bombardieren ein Zeltlager aus dem Norden Gazas Geflüchteter. Mit Dutzenden von Toten – fast alles Kinder, Alte und Frauen – und hunderten Verletzten. Für wehrlose Palästinenser ein Armageddon.
..……....
Die Empörung über dieses Massaker ist weltweit. Die schmähliche Ausrede von Regierungs- und Armee-Sprechern lautet: Einmal sei es ein militärischer Fehler gewesen, der „untersucht“ werde. Oder sie hätten zwei (!) Hamas-Führer getötet bzw. töten wollen. Man wird das Wort „Kollateralschaden“ neu definieren müssen. Hunderte von Opfern für zwei Führer.
Wenn Netanyahu und seine Spießgesellen offensichtlich kein moralisches Gewissen mehr haben („Du sollst nicht töten.“ Steht schon im Alten Testament.), so sollte die Vernunft ihnen sagen, dass ihre Politik und ihre Strategie ihnen immer neue Feinde bringen. Den Antisemitismus, den sie gebetsmühlenhaft beklagen, verursachen sie selber!
Die Zahl der Freunde Israels nimmt rapide ab – u.a. in Europa. Zuletzt forderten Irland, Norwegen und Spanien einen palästinensischen Staat und brachten sogar die Idee eines Boykotts ins Gespräch. Politiker anderer Länder – Italien, Frankreich – äußerten sich ähnlich kritisch.
Nur der deutsche Regierungssprecher windet sich wie ein kopfloser Regenwurm: Beim Bombardement Rafahs sei ein „Fehler passiert“. Nein, sowas passiert nicht, sondern sowas wird gemacht. Anhand von Bildern könne man kein Urteil fällen. Aha, wie denn sonst?
Israel habe das „Recht sich zu verteidigen“. Die gezielte oder „fehlerhafte“ Bombardierung heißt also Verteidigung?
Wen soll man als Deutscher dann noch wählen bei der anstehenden EU-Wahl?
Was Netanyahu und seine rechtsextreme Regierung jetzt unter Verteidigung verkaufen, ist eine ums Vielfache gesteigerte Aggression, Kriegsverbrechen inklusive. Alle Welt hat Israel gewarnt, Rafah, die letzte Zuflucht der palästinensischen Bevölkerung, zu attackieren. Und was machen Regierung und Armee? Genau das, wovor besonnene Menschen gewarnt haben: Sie bombardieren ein Zeltlager aus dem Norden Gazas Geflüchteter. Mit Dutzenden von Toten – fast alles Kinder, Alte und Frauen – und hunderten Verletzten. Für wehrlose Palästinenser ein Armageddon.
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Die Empörung über dieses Massaker ist weltweit. Die schmähliche Ausrede von Regierungs- und Armee-Sprechern lautet: Einmal sei es ein militärischer Fehler gewesen, der „untersucht“ werde. Oder sie hätten zwei (!) Hamas-Führer getötet bzw. töten wollen. Man wird das Wort „Kollateralschaden“ neu definieren müssen. Hunderte von Opfern für zwei Führer.
Wenn Netanyahu und seine Spießgesellen offensichtlich kein moralisches Gewissen mehr haben („Du sollst nicht töten.“ Steht schon im Alten Testament.), so sollte die Vernunft ihnen sagen, dass ihre Politik und ihre Strategie ihnen immer neue Feinde bringen. Den Antisemitismus, den sie gebetsmühlenhaft beklagen, verursachen sie selber!
Die Zahl der Freunde Israels nimmt rapide ab – u.a. in Europa. Zuletzt forderten Irland, Norwegen und Spanien einen palästinensischen Staat und brachten sogar die Idee eines Boykotts ins Gespräch. Politiker anderer Länder – Italien, Frankreich – äußerten sich ähnlich kritisch.
Nur der deutsche Regierungssprecher windet sich wie ein kopfloser Regenwurm: Beim Bombardement Rafahs sei ein „Fehler passiert“. Nein, sowas passiert nicht, sondern sowas wird gemacht. Anhand von Bildern könne man kein Urteil fällen. Aha, wie denn sonst?
Israel habe das „Recht sich zu verteidigen“. Die gezielte oder „fehlerhafte“ Bombardierung heißt also Verteidigung?
Wen soll man als Deutscher dann noch wählen bei der anstehenden EU-Wahl?
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