Sonntag, 22. Oktober 2023
Was, wenn der Krieg vorbei ist?
Wenn der Krieg gegen Israel vorbei ist, was wird dann aus der Protestbewegung gegen die Justiz-"Reform"?
"Dann werden die Prostest mit einer für die israelische Politik nicht gekannten Heftigkeit wieder aufflammen. Denn die Wut, die so viele von uns gegen Netanjahu persönlich und seine gesamte Regierung aus Rechtsextremisten, religiösen Fundamentalisten und korrupten Politikern empfinden, wurde durch das Versagen, das zu den Anschlägen vom 7. Oktober geführt hat, noch verstärkt. Seit Monaten hatten wir davor gewarnt, dass das alles zu einer Katastrophe führen wird. Nun ist die schlimmste Sicherheitskatastrophe in der Geschichte Israels geschehen. Sie liegt in der Verantwortung der aktuellen Regierung."
Yossi Klein Halevi in taz vom 21.10.2023, S. 39
vgl. miniaturen vom 9.10.23

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Dienstag, 17. Oktober 2023
„Heino“ – das neue Buch von Jürgen Fiege ist erschienen
Der Krieg ist vorbei und das Wirtschaftswunder beginnt: Die 50er Jahre sind in Westdeutschland eine spannende Zeit voller Möglichkeiten – auch für Heino.

Heino – Buckel, verkürztes Bein, verkürzter Verstand – lebt in einem nördlichen Stadtteil der Hafenstadt Kiel, kommt von ganz unten. Er erfährt Ablehnung und Spott, aber gute Menschen helfen ihm, den Alltag zu bewältigen, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Er kommt nicht ganz nach oben, aber so weit, wie seine Möglichkeiten reichen. Mit Hilfe wohlwollender Menschen gelingt es ihm, seinen Platz im Vorstadtkosmos zu finden.

Die Erzählung beschreibt eine Jugend in der jungen deutschen Bundesrepublik. Heinos Zukunft wird so gut sein, wie sich die Gesellschaft entwickelt.

Die ERZÄHLUNG – Heimatroman, Gesellschaftsroman und Schelmenroman zugleich - ist der erste fiktive Text des Autors. Eine konsequente Ergänzung zu „Sprottenkiste“ vom selben Autor.

INHALT: Beim Holzwurm - Im Salon Figaro - Im Vorstand - Das „Tivoli“ - Flüchtlingslager Ackerstraße - Im Hutsalon Hildesia - Beim Schmied - Bei Drahtesel-Kral - Noch mal Vorstand - Schütz-Werke – Personen – Glossar

LESEPROBE:
„Das Brett machte einfach, was es wollte. Mal hing es vorne runter und drohte, auf den Boden zu kippen, mal, wenn er es anders anfasste, hing es hinten runter und schleifte ihm hinterher. Den Griff musste er vorsichtig wechseln, sonst konnte er sich einen Splitter in den Finger reißen. Meistens brach der Splitter dabei ab, die Spitze blieb in der Haut stecken, und entzündete sich. Er hatte vom Tragen inzwischen Schwielen an den Händen, aber es gab noch einige empfindliche Stellen. Das mit den Splittern passierte vor allem am Anfang, als der Tischler ihn aufgenommen hatte.
Der Lange ging wie immer einige Schritte voraus und sah sich immer mal wieder um. Wenn er sah, dass der Kurze das Brett immer noch nicht gebändigt hatte, runzelte er missmutig die Stirn. So früh am Morgen war er noch nicht besonders auf Rücksicht eingestellt.“

Jürgen Fiege: HEINO – Geschichten aus dem Kieler Vorstadtkosmos, Bremen 2023 (Ed. Weserhaus im Schünemann-Verlag), 144 Seiten, ISBN 978-3-910329-03-4, 12,90 € im Buchhandel, oder über juergen.fiege@nord-com.net (Versand zzgl. 1,60 €)

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Montag, 9. Oktober 2023
Ein zweiter Yom-Kippur-Krieg
Als die gegenwärtige Regierung in Israel zusammengesetzt wurde, schwante mir Schreckliches (s. miniaturen vom 08.01.23). Wie sollte diese geballte Inkompetenz die Probleme Israels lösen?

Jetzt ist die Katastrophe noch größer. Die Hamas überfällt wie aus blauem Himmel Israel, dringt durch den Sperrzaun, entführt Bürger, tötet mit Raketen hunderte. Der Angriff kam in der Luft, auf dem Boden und vom Meer.

Die israelische Armee wurde völlig überrascht. Weder hatten die als besonders kompetent geltenden Geheimdienste etwas vorhergesagt, noch konnten die Streitkräfte die Masse von Raketen abschießen, die Grenze verteidigen oder den Angriff von See verhindern. Das war u.a. der Tatsache geschuldet, dass die Verbände - eine Division, d.h. mindestens 10.000 SoldatInnen - kurz vorher von der Grenze zu Gasa ins besetzte Westjordanland verlegt wurden. Dort sollten sie die legalen wie die illegalen jüdischen Siedler schützen.

"Das ganze Militär ist im Westjordanland, um die psychotischen Siedler dieser faschistischen Regierung zu beschützen." Yosi, Israeli in Tel Aviv

Seit über zehn Jahren verweigert die Rechtsregierung Gespräche mit den Palästinensern. Sie fördert stattdessen massiv die Siedlerbewegung im Westjordanland.

Das sagt kein eingefleischter Antisemit, sondern Mosche Zimmermann, Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem.

Nicht einmal das Datum, 50 Jahre nach dem Yom-Kippur-Krieg, war den Autoritäten auffällig. Schon damals überraschten die arabischen Nachbarstaaten das Land mit einem Angriff. Besser und symbolträchtiger hätte die Hamas das Datum nicht wählen können.

Die Programmatik der religiösen Rechtsradikalen und Hardliner ließ schon Schlimmes befürchten. Der Abbau demokratischer Rechte tat ein Übriges. Wie verheerend sie ist, wird in diesen Tagen offenkundig. Die „Bedürfnisse“ der Siedler stehen im Vordergrund der Regierungspolitik, zuungunsten der Sozialpolitik, der Rechte der Palästinenser in- und außerhalb Israels.

Regierungschef Netanyahu tönt jetzt im Brustton der Überzeugung, man werde die Terroristen erbarmungslos verfolgen. Es klingt wie das Pfeifen im Wald, nachdem er seit Jahren die falsche Politik gemacht hat.

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CDU: Geschichtsvergessen und juristisch inkompetent
In Berlin haben Sympathisanten von Palästinensern demonstriert und die Invasion der Hamas in Israel bejubelt. Darunter sollen auch deutsche Staatsbürger bzw. Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft gewesen sein. Belege für diese Behauptung gibt es nicht. Dennoch tönt es aus den Reihen der CDU – z.B. CDU-Generalsekretär Linnemann und Außenpolitiker Kiesewetter -, man müsse über den Entzug der Staatsbürgerschaft diskutieren.

Nur gibt es da nichts zu diskutieren: Laut Art. 16 des Grundgesetzes darf die deutsche Staatsbürgerschaft niemanden entzogen werden. Der Artikel beruht auf der Tatsache, dass eins der Terrorinstrumente der Nazis die Aberkennung der Staatsbürgerschaft war. Art. 16 ist ein Grundrecht und kann daher auch nicht verändert werden!

Das Grundgesetz scheint nicht zur Lektüre von CDU-Politikern zu gehören. Sonst könnte eine derartige Geschichtsvergessenheit und juristische Inkompetenz nicht vorkommen.

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Sonntag, 1. Oktober 2023
Bezahlkarte für Asylbewerber?
Was Politikern so alles einfällt, wenn sie mal wieder in die Medien wollen und sich als Hardliner in Sachen Asyl und Flüchtlinge profilieren wollen, um der AfD das Wasser abzugraben! Der neueste Hit: Flüchtlinge sollen kein Bargeld mehr bekommen, sondern Chip-Karten mit denen sie einkaufen können. Es sind nicht die „üblichen Verdächtigen“, die das fordern, sondern neben Bayern auch Hamburg und Niedersachsen. Wie zu erwarten sind auch CDUler dafür. Nur die AfD hält die Füße still, denn es läuft auch ohne sie ganz in ihrem Sinn.

Geradezu lächerlich ist die Begründung: So sollten die Flüchtlinge daran gehindert werden, Bargeld nach Hause, also in ihre Herkunftsländer, zu überweisen. Ja, geht’s noch? Der Normalsatz, den sie bekommen, liegt bei 219 €. Davon müssen sie ihr Essen und andere Dinge wie z.B. Hygienemittel und ihr Handy bezahlen, das sie so dringend brauchen wie jeder Politiker. Und davon sollen sie angeblich noch was abzweigen für Überweisungen.

Das soll mir mal erstmal einer von den Herren (und Damen) Politiker vormachen, ehe ich es glaube. Ganz nebenbei: genau die, die sonst vor Überbürokratisierung warnen, fordern eine Sache, die ohne jeglichen Nutzen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursacht.

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Was ist los in Bergkarabach?
Armenien bildet geografisch eine Landbrücke zwischen dem Mittelmeer, dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer und ist umgeben von der Türkei, Russland und Persien. Diese Lage weckte seit der Antike diverse Begehrlichkeiten. Die vorherrschende Religion ist das orthodoxe Christentum. Das bedingt eine Verbindung zu Russland und eine Gegnerschaft zur Türkei und zu Persien. Soweit eine grobe Skizze zum Hintergrund der aktuellen Krise.

Vor allem das Verhältnis zur Türkei ist schwer belastet. Das westliche Armenien wurde im 19. Jahrhundert von der Türkei besetzt, die das armenische Volk blutig verfolgte. Der Höhepunkt war 1915/16 ein Völkermord, dem 1 – 2 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Nach dem Vorbild der Deutschen, die zehn Jahre früher die Nama und Heroros in „Deutsch Südwestafrika“ in die Kalahari-Wüste trieben und sie dort verhungern und verdursten ließen, trieb der osmanische Staat die Armenier in die syrische Wüste. Ein Fakt, der bis heute von der Türkei bestritten wird. In der Folge des Genozids flohen große Teile der Überlebenden in arabische oder westliche Länder.

Nordarmenien unter russischer Besatzung konnte nur gegen Widerstände seine kulturelle, politische und ethnische Selbständigkeit verteidigen. 1920 wurde Armenien zwischen der UdSSR und der Türkei aufgeteilt, der nördliche Teil in die UdSSR (Armenische Sowjet-Republik) eingegliedert.

Durch die ethnische Vermischung zwischen den drei Meeren entstand neben der Armenischen SSR eine Aserbaidschanische SSR, auf deren Gebiet eine armenische Enklave (Bergkarabach) bestand. In dieser Konstruktion liegt die Ursache für die aktuelle Lage.

Das autoritär geführte Aserbaidschan (Präsident Alijev regiert seit über zwanzig Jahren) beansprucht das von Armeniern bewohnte Bergkarabach für sich. Die Armenier fordern ihre Unabhängigkeit.

Dieser Konflikt schwelt seit Jahrzehnten und führte mehrfach zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Russland – unmittelbarer Nachbar beider Länder - versuchte nur halbherzig den Konflikt u.a. durch Stationierung von Truppen zu schlichten. Als Aserbaidschan Bergkarabach militärisch angriff, hielt Russland sich zunächst zurück, und griff erst humanitär ein, als der Großteil der armenischen Bevölkerung aus Bergkarabach nach Armenien geflohen war.

Der Westen – die EU und die USA – verhielten sich bisher politisch indifferent, wie man sich denken kann aus durchaus eigennützigen Motiven: Aserbaidschan verfügt rund um Baku am Kaspischen Meer über riesige Erdölvorkommen. Eine Pipeline führt von dort ins türkische Ceihan am Mittelmeer.

Das armenische Volk erleidet seine xte Vertreibung. Es handelt sich um eine fast perfekte ethnische Säuberung von Bergkarabach, und die Welt schaut zu und erinnert sich erst an humanitäre, politische und moralische Pflichten, seit die Vertreibung von 140.000 Menschen vollzogen ist.

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Was Merz unter Kritik versteht
Wie erwartet ist Friedrich Merz immun gegen Kritik, fordert für sich aber das Recht auf Kritik ein. Seine skandalöse Äußerung über Migranten in deutschen Zahnarztpraxen ist auf breiten Widerspruch, selbst aus der eigenen Partei, gestoßen. Und was macht unser Merz: er fährt nach Magdeburg zum CDU-Landesparteitag Sachsen-Anhalt und beklagt sich, dass seine unsägliche Behauptung als „Kritik“ nicht akzeptiert wird. Er machte es wie schon weiland Charles de Gaulle im Mai 1968, als er sich vor der Revolte zu seinen Soldaten in Deutschland flüchtete. Merz ging zur Ost-CDU.

„Das wird man doch wohl noch sagen dürfen“! ist der Standard-Spruch der Ostdeutschen, wenn sie etwas äußern, was Demokraten nicht gerne hören, meist handelt es um rechtsextreme Sprüche. So auch bei Merz. Er verwechselte Kritik mit Lüge und Hass. Der Applaus des Parteitags war ihm sicher.

Sein fremdenfeindlicher Satz IST Wasser auf die Mühlen der AfD und aller anderen Rechtsextremen. Er ist gelogen, volksverhetzend, boshaft, einer „christlichen“ Partei und eines Parteivorsitzenden, der bei der nächsten Wahl die Kanzlerschaft anstrebt, UNWÜRDIG.

Er lässt nicht darauf hoffen, dass er je die Gesamtheit der Deutschen vertreten und unser Land in Europa und Welt repräsentieren kann.

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Donnerstag, 28. September 2023
Ein Afrikaner beim Zahnarzt
Heute war ich beim Zahnarzt. Während der Wartezeit kam ich mit einem Schwarzen ins Gespräch. Er erzählte mir, er komme aus Mali. Seine Familie habe Geld zusammengelegt, um ihm die Reise nach Europa zu ermöglichen. Er sei dann auf einem überfüllten LKW durch die Sahara gefahren (wer runterfällt, bleibt liegen und verreckt). Die libyschen Grenzer hätten ihm sein Smartphone weggenommen. Da er sich weigerte, ein Lösegeld zu zahlen, sei er ins Gefängnis gekommen und gefoltert worden, bis er seine komplette Barschaft herausgegeben habe. Er habe sich dann im Straßenbau Geld für die Überfahrt in einem morschen Holzboot nach Italien verdient. Von dort habe er sich nach Deutschland durchgeschlagen. Und nun sei alles gut: Er habe einen Termin beim Zahnarzt!

Merz hat Recht: Die kommen nur, um sich die Zähne machen zu lassen. Er selbst ist letzte Woche von seinem sauerländischen Heimatort mit seinem Privat-Jet nach München geflogen, um sich beim angesagten Modefriseur die Haare schneiden zu lassen.

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Mittwoch, 27. September 2023
Wer bestimmt die Richtlinien der Politik?
Im Grundgesetz (GG) steht: „Der Kanzler bestimmt die Richtlinien der Politik.“ (Art. 65 GG) Gegenwärtig steht der Arkel auf dem Kopf.

Nur mal zum Beispiel – die aktuelle „Flüchtlingsdebatte“. Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten fluten von Tunesien aus die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa. Panik breitet sich unter den Flüchtlingen aus: Italien und die EU haben mit dem tunesischen Präsidenten einen Deal gemacht. Das nordafrikanische Land soll dafür sorgen, dass keine Flüchtlinge mehr nach Europa kommen. Sie suchen stattdessen ihr Heil bei Schleusern und seeuntüchtigen Booten. Alles ist besser, als in Nordafrika zu bleiben. Dafür nehmen sie die größten Risiken auf sich.

Italien fühlt sich überfordert, fordert die Verteilung auf die anderen EU-Staaten. Von denen weigern sich einige – vor allem Polen und Ungarn, aber auch andere – überhaupt Flüchtlinge aufzunehmen, mit offen rassistischen Argumente, denn Ukrainer sind schon willkommener.

In Deutschland, das das Asylrecht als Grundrecht in unserer Verfassung stehen hat (Art. 16), hat bisher überproportional viele Flüchtlinge ausgenommen, allein im ersten Halbjahr 2023 über 200.000. Viele Gemeinden klagen über Unterbringungs- und Finanzprobleme. Ob berechtigt oder nicht, sei hier unberücksichtigt.

Jedenfalls gibt es Kräfte, die aus rassistischen Motiven, die Aufnahme von Flüchtlingen generell ablehnen. Die stärkste treibende Kraft ist die rechtsextreme AfD. Sie fordert seit Jahren die Abschottung der Grenzen, die Ausweisung (euphemistisch „Rückführung“ genannt) und alle möglichen Maßnahmen, um den Flüchtlingen das Leben bei uns schwer zu machen.

Und dann beginnt eine Kette: Die AfD ist die stärkste Konkurrenz von CDU/CSU. Diese müssen sich abgrenzen (Stichwort „Brandmauer“), nehmen aber die Argumentation der AfD auf: Das Boot sei voll, Sozialtouristen, Abschiebung usw. Sie setzen damit die Regierung unter Druck. Die drei Ampelparteien reagieren uneinheitlich – sehr zum Vergnügen der Opposition. Die FDP springt dankbar auf den anfahrenden Zug, in der SPD regen sich mit der AfD gleichlautende Stimmen, die letzte Bastion für das Asylrecht, die Grünen, bröckelt. Die Innenministerin bringt erste Gesetze ein, die so auch die AfD fordern könnte, z.B. die Kontrolle der deutschen Außengrenze. Der Kanzler, der eigentlich die Richtlinien der Politik bestimmen sollte, hüllt sich in Schweigen. Wozu soll er auch was sagen, wo doch die AfD ihm sein Geschäft abgenommen hat?

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Sonntag, 17. September 2023
CDU und FDP – Steigbügelhalter der Rechtsextremen
Die alten Ritter mit ihren kiloschweren Rüstungen waren unfähig, auf ihre Pferde zu steigen. Dazu brauchten sie Helfer, die Steigbügelhalter genannt wurden.

In der Schule lernten wir – wenn überhaupt darüber gesprochen wurde -, dass die Parteien Steigbügelhalter genannt wurden, die dem Ermächtigungsgesetz zustimmten, mit dem sie der NSDAP und damit Hitler zur Macht verhalfen. Das waren – neben den reaktionären NSDAP und DNVP - im Wesentlichen das Zentrum, Vorgänger der CDU, die Bayrische Volkspartei, Vorgänger der CSU, und die liberale Deutsche Staats-Partei, Vorgänger der FDP.

Die CDU schwor bisher Stein und Bein, eine Brandmauer gegen die rechtsextreme AfD errichten zu wollen. Noch ehe die Worte verhallt waren, stimmte die CDU zusammen mit FDP und AfD für ein Gesetz zur Grundsteuersenkung in Thüringen. Sind das die neuen Steigbügelhalter für die Rechtsextremen?

Die dünnen Ausreden führender CDU-Politiker, sie könnten nichts dafür, wenn die AfD für ihren Antrag stimmte, klingen kläglich angesichts unserer historischen Erfahrungen. Wenn das Gesetz so wichtig war, hätte es sicher auch andere Wege gegeben. Haben sie bei der SPD oder der Linken – den Regierungsparteien – überhaupt mal angefragt. Davon war bisher nicht die Rede. Also: Nein!

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Samstag, 16. September 2023
Möge Allah sie strafen
Als am 8. Sept. die Erde in Marokko bebte, war das Land ohne Regenten. Der König, dessen Macht fast unumschränkt ist, weilte – wieder einmal – außer Landes, in Frankreich. Dort befindet er sich meist im Urlaub, zur Kur oder einfach nur so. Dafür stehen ihm in der Picardie ein Schloss und in Paris eine Villa zur Verfügung. Schon das ist ein Skandal, wenn man die Lebensbedingungen der bitterarmen Dörfler im Atlas oder die Bewohner der südliche Medina von Marrakesch dagegen hält.

Seine Regierung in Rabat war am 8.9. ohne ihn machtlos, zur Untätigkeit verurteilt. Und er ließ sich Zeit, erst achtzehn Stunden später machte er sich auf den Weg in die Hauptstadt. Mit weiterer Verzögerung bequemte er sich ins Katastrophengebiet.

Dort, im Hohen Atlas, waren inzwischen hunderte, ja tausende seiner „Untertanen“ ums Leben gekommen. Ganze Dörfer waren komplett zerstört. Wer mit dem Leben davongekommen war, war obdach- und mittellos, hatte seine gesamt Habe verloren.

Inzwischen rüstete sich in kürzester Zeit das deutsche THW für einen Rettungseinsatz. (Wie schnell das gehen kann, sieht man jetzt in Libyen, wo die Retter erfolgreich gegen das Chaos nach der Flutkatastrophe angehen.) Kurz vor dem Abflug nach Marrakesch wurde die Aktion abgeblasen. In Deutschland herrschte Ratlosigkeit über die Gründe. (S. Miniaturen 26.02.22 „Marokko ist eine konstitutionelle Monarchie“)

In Marokko lief inzwischen eine von den Marokkanern organisierte Hilfs- und Rettungs-Welle an. Kolonnen von Privatfahrzeugen transportierten Hilfsgüter – Lebensmittel, Wasser, Decken, Medikamente, Hygienemittel – ins Gebirge.

Dann kamen die ersten Hilfsmannschaften aus Spanien, Großbritannien, Katar und den Emiraten. Die Hilfe aus Frankreich und Deutschland wurde zurückgewiesen: Es sei nicht gut, wenn zu viele und Ortsfremde tätig würden. Aha – die Leute aus Katar kennen sich dagegen wohl besser aus im Atlas als Franzosen? Ein Rätselraten über die Gründe für die Zurückweisung der Hilfe aus Europa begann. Die Erklärung lag nahe, kam aber nicht von offiziellen Stellen.

Deutschland und Frankreich teilen nicht den Anspruch der marokkanischen Regierung auf die Westsahara. Das Gebiet war bis 1975 spanische Kolonie. Nach dem Abzug der Spanier beanspruchte bis heute Marokko des Land. Ein großer Teil der Bevölkerung wurde nach Algerien vertrieben. International (UNO) wurde das nie akzeptiert. Im Gegenteil sollte die Situation durch eine Volksabstimmung geklärt werden, was bis heute nicht passierte. Deutschland und Frankreich teilen diese Ansicht, bis vor kurzem auch Spanien, das jüngst zur marokkanischen Seite wechselte.

Die arabischen Staaten teilen überwiegend Marokkos Position, außer dem benachbarten Algerien, wo die Sahauris in Flüchtlingslagern leben. Daher wurde auch das algerische Hilfsangebot zurückgewiesen.

Die Haltung des Königs ist so unglaublich zynisch, dass es schon schmerzt. Er „bestraft“ Deutschland und Frankreich, in Wirklichkeit sein eigenes Volk. Den Menschen im Atlas wäre es wohl egal, wer ihnen hilft, und die deutschen Rettungskräfte sind professionell und effektiv.

All die Banditen und orientalischen Potentaten sollte ein Gottesurteil treffen. Das wäre auch in Libyen gut, wo die Konflikte zwischen dem Warlord Haftar im Osten und der offiziellen Regierung im Westen mitschuldig sind an den Auswirkungen, ja sogar den Ursachen, des Hochwassers. Sie haben seit Gaddafi den Hochwasserschutz vernachlässigt und zuletzt die Warnungen der internationalen Meteorologen kaltschnäuzig ignoriert.

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Samstag, 9. September 2023
Fundstück 2
Die neueste Mode: Das gemeinnützige Unternehmen Triaphon bietet einen kostenlosen Dolmetscherservice zur besseren Verständigung zwischen Arzt und Patienten an.

Wie wär’s damit, wenn die Ärzte endlich Deutsch lernen würden? Warum müssen sie zu den Beinen „untere Extremitäten“ sagen. Warum heißen „Ovarien“ so statt Eierstöcke? Warum sagen sie zu Hirnstrommessungen „EKG = Elektrokardiogramm“? Warum heißt ein „Melanom“ nicht einfach Hautkrebs?

Die Medizinersprache wurde abgeleitet aus Lateinisch und Griechisch, den Sprachen der mittelalterlichen Wissenschaftler, und ausdrücklich dazu beibehalten, um die Ärzte der Neuzeit von den traditionellen Volksheilern abzugrenzen. Die Fachsprache diente dazu, das Tun der Mediziner wie ein Geheimwissen zu behandeln. Das dürfte inzwischen, fünfhundert Jahre später, überholt sein.

„Triaphon“ erfindet dafür eine neue „Geheimsprache“, das Unternehmen bietet einen „Dolmetscherservice“ statt eines Übersetzungsdienstes an. Passt!

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Fundstück 1
Was ist das Gegenteil von Massengrab? „individuelle Bestattungen“ - bietet ein Bremer Beerdigungsunternehmen an. Ich bitte darum! Was denn sonst?!

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Freitag, 8. September 2023
Plagiate?
Gelegentlich poppt der Verdacht hoch, dieser oder jene AutorIn habe in fremden Revieren gewildert und sich mit fremden Federn geschmückt. Das gilt als unehrenhaft, kann u.U. sogar juristisch geahndet werden. Das „geistige Eigentum“ ist aber ein nicht nur ideeller Anspruch auf Originalität, sondern hat auch einen materiellen Wert. Das aber erst seit dem 18. Jahrhundert, als das Bürgertum seine materielle Macht als Grundlage des Erwerbs entdeckte.

Frühere Jahrhunderte waren da weniger zimperlich. Wer hätte Goethe eines Plagiats bezichtigt, weil er den alten Faust-Stoff für sein opus magnum aufgriff? Thomas Morus‘ „Utopia“ fand viele Nachahmen, die den Stoff jeweils zeitgemäß variierten.

Wer will Brecht denunzieren, weil er die Bettler-Oper des John Gay von 1728 als Vorlage für sein Stück benutzte, in dem er das Verbrechen als typischen Ausdruck der kapitalistischen Wirtschaftsweise entlarvte.

Vor Jahren tingelte ein Münchner mit einem Vortrag durch die Lande, in dem er Arno Schmidt einer Reihe von Plagiaten bezichtigte. Hatte Schmidt doch ganz offen die Literatur durchforstet und genutzt, um bestimmte Motive in der ihm eigenen Sprachakrobatik auf seine Gegenwart zu übertragen. Leider war das Bremer Publikum nicht belesen genug, um dem Scharlatan Paroli zu bieten.

Jüngst fielen mir zwei Beispiele auf – ein Film und ein Roman –, in denen fast „wörtliche“ - Zitate aus anderen Werken auftauchten. 1968 schuf Sergio Leone seinen großartigen Film „Spiel mir das Lied vom Tod“. Darin gibt es eine Sequenz, in der ein Wäschereibesitzer dem Banditen Frank etwas verraten will. Frank glaubt ihm nicht, weil der Denunziant außer den Hosenträgern einen Gürtel trägt, und erschießt ihn. Wie kann er jemandem vertrauen, der nicht mal seinen Hosenträgern traut? Genau dieses Motiv fand ich jüngst in Susann Abels wunderbarem Roman „Stay Away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe“. Plagiat? Nein nun wirkliche nicht, sondern eine schöne Idee, das Zitat in ihrem Text zu verwenden.

1966 drehte Michelangelo Antonioni „Blow up“ – eine geradezu philosophische Auseinandersetzung über das Verhältnis von Schein und Wahrheit. Der Film endet mit einem imaginären Tennisspiel, bei dem man den Ball nicht sieht, nur hört. Die Flugbahn des Balls ist nur „sichtbar“, weil die Zuschauer auf der Tribüne mit ihren Blicken und ihren Köpfen dem unsichtbaren Ball hin und her folgen.

Genau dieses Motiv fand ich jüngst in Alfred Hitchcocks „Der Fremde im Zug“ von 1951. Ein Unterschied: das reale Spiel wird gegen die Ansicht der Zuschauertribüne mit den bewegten Köpfen in einer Parallelmontage gegenübergestellt. Diese kontrastiert mit einer dritten Ebene, in der der „Böse“ verzweifelt versucht, ein Beweisstück zu retten, mit dem er seinem Gegner eine Falle stellen will.

Plagiat? Mitnichten! In beiden Filmen wird das Motiv genial genutzt, um Spannung im einen und das Gegenteil im anderen zu erzeugen.

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