Samstag, 25. September 2021
Usbekistan - Speisen
Ein Menü in einem Restaurant, selbst in einem einfachen, besteht aus 1. einer Auswahl unterschiedlicher Suppen, 2. einer Auswahl verschiedener Salate, 3. einem Hauptgericht - bei dem Fleisch nie fehlt! - mit Gemüse und Beilage, 4. einer Nachspeise. Die Nationalspeise ist ein Reisgericht mit Hammelfleisch, Plov oder Pilav genannt. Beliebt sind auch Teigtaschen, Manty, mit unterschiedlichen Füllungen, die in Dampf gegart werden. Bei der Herstellung spielen Gewürze eine wichtige Rolle. Schaschlik wird in einer Marinade 24 Stunden eingelegt, dann am Spieß über offenem Feuer gegrillt.

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Usbekistan -Wie aus 1001 Nacht (13)
Am DREIZEHNTEN TAG haben wir alle gehörigen Muskelkater und sind einfach erschöpft. Wir fahren zum Dorf Hayat, wo wir wieder bei einer Familie zu Gast sind. Wir ruhen uns etwas aus und machen eine kleine Wanderung - wieder bergauf, bergab - zu einem Wildgehege mit den seltenen Riesenwildschafen.

An einem Haus, an dem wir vorbeikommen, kleben tellergroße grau-braune Placken. Ich denke zunächst, es sei Lehm, da die Häuser fast ausschließlich aus Lehmziegeln mit Lehmverputz gebaut sind. Der Reisführer klärt mich auf: Das sind Kuhfladen, die gesammelt, mit Stroh verknetet und zum Trocken an die Hauswand geklebt werden. Getrocknet werden sie als Brennmaterial genutzt. Wir haben das schon bei den Schäfern gesehen, die für uns Feuer zum Aufwärmen machten. Dabei entwickelte sich ein heftiger Qualm, der das Atmen schwierig macht.

Lehm ist ein weit verbreiteter Baustoff, nicht nur auf dem Land, sondern traditionell wurden selbst die großen Bauten - Moscheen, Medressen, Mausoleen - mit Lehmziegeln errichtet und dann außen mit den farbigen Kacheln bzw. Mosaiken verkleidet.

Mir fällt auf, dass die Leute mit Tieren für unsere Begriffe äußerst rücksichtslos umgehen. Vor allem die Esel werden erbarmungslos malträtiert. Am nächsten Tag werden wir mit dem Sohn unserer Gastfamilie und einem Esel auf einer Wanderung begleitet. Der Junge haute dem Tier ständig mit einem Knüppel wechselseitig auf die Schenkel. Als ich frage, warum er das tut, der Esel gehe ja, stellt er es ein und der Esel geht im gleichen Tempo weiter. Ich bin allerdings überzeugt, der Junge machte das nur wegen uns sentimentalen Touristen. Sobald wir nicht mehr dabei waren, fuhr er sozusagen habituell mit dem Hauen fort, davon bin ich überzeugt. Hunde und Katzen haben ebenfalls kein schönes Leben. Sie müssen streunen. Wenn die Hunde z.B. als Hütehunde nicht "nützlich" sind, müssen sie wie die Katzen für sich selbst sorgen, sehen struppig und mager aus, bekommen auch schon mal einen faustgroßen Stein auf den Pelz gebrannt.

Abends gesellt sich der Herr des Hauses - im wahren Wortsinn - zu uns. Die Frau sorgt im Haus und in der Küche für Kochen, Putzen, Aufräumen; der Sohn steht im Hintergrund und rennt, wenn der Vater ihm einen Auftrag gibt. Das läuft wie geschmiert. Der Vater führt bei Tisch, an dem nur noch die Männer sitzen, das große Wort, hält lange Vorträge, lacht über seine Witze am lautesten, während die Zuhörer höflich lächeln. Als ich versuche, die Stimmung etwas aufzulockern - ich beschreibe die Zeremonie des "Geist-aus der Flasche-Lassens" - reißt er sofort wieder das Wort an sich und hält eine Ansprache, in der er begrüßt, dass wir auf unserer Reise ihn und sein Haus "gefunden" haben, und wünscht uns - da kommt auch mal Gerhild vor - Gesundheit, und dass wir 100 Jahre alt werden - das wären ja noch 23 Jahre! Oha!

Der Abend bei dieser Gastfamilie war ein Beispiel für den Alkoholkonsum unter Männern. Es wurde nicht nur hier versucht, mich dabei einzubeziehen. Angesichts der Wodka-Mengen und der Trinkgeschwindigkeit hätte ich schnell kapitulieren müssen, wenn ich mich nicht von vornherein darauf beschränkt hätte, nur eins von den vergleichsweise großen Gläsern zu trinken, und zwar schlückchenweise und genießend. Die anderen tranken die Gläser auf ex, es wurde sofort nachgeschenkt und geprostet.

Wie andere Männer und Frauen hat der Hausherr den Mund voller Gold. Ich wagte nicht zu fragen, ob die alle so schlechte Zähne haben, dass alle Beißer ersetzt werden müssen, oder - was wohl auch und vor allem - gilt, dass das ein Statussymbol ist. Denn solche Zähne sind schon bei uns teuer! Ich nenne ihn in Gedanken "Goldmäulchen" in Erinnerung an Grass`s "Hundejahre", wo Walter Matern als Jugendlicher alle Schneidezähne ausgeschlagen bekommt und als reich gewordener Erwachsener das "Mäulchen" voller Gold hat.

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Donnerstag, 23. September 2021
Usbekistan: Klima
Das kontinentale Klima mit seinen Temperaturextremen ist sehr stark von der Geografie bestimmt und durch große jahreszeitliche Schwankungen geprägt. Im Westen mit den ariden Halbwüsten steigen die Temperaturen im Sommer auf über 40°. Im gebirgigen Osten dagegen herrscht gemäßigtes Klima, wobei die Temperaturen im Winter im Gebirge weit unter 0° liegen können. Die mittlere Temperatur in Usbekistan liegt im Januar bei -2°, im Juli bei 26°. Die besten Reisezeiten sind April und Mai sowie September und Oktober.

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Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (12)
ZWÖLFTER TAG: Für diesen Tag ist eine "leichtere Ganztagswanderung ca. 6 Stunden mit Pausen" im Programm angekündigt. Von dieser Angabe stimmt nur "Ganztagswanderung". Zum Frühstück gehen wir bereits mit unseren Trecking-Schuhen und fragen, ob eine Jacke mitzunehmen sinnvoll ist. Wird vom Reiseführer verneint. Dann geht es forschen Schritts los. Am Anfang geht es mäßig bergan, wenn der Weg auch schotterig ist. Dann wird es merklich steiler, der Weg schmaler. Nach zwei oder drei Stunden fängt es an zu donnern und leicht zu regnen. Die Gruppe ist inzwischen so weit auseinandergezogen, dass eine Kommunikation nicht mehr möglich ist. Vorn wird ein sehr zügiges Tempo vorgelegt. Mit Beginn des Gewitters hätten wir umkehren oder einen sicheren Unterstand aufsuchen müssen.

Dann wurde es immer steiler und ging auf schmalem Pfad in Serpentinen einen Hang hoch. Vorne marschieren der Reiseführer und Gerhild zügig weiter. Mir bleibt nur übrig, hinterher zu hecheln.
Schließlich erreichen wir eine Hochebene, und nun zeigt das Wetter, was es kann: der Regen wird immer heftiger, geht schließlich in Hagel über. Ich bin im Nu bis auf die Haut nass, der kalte Hagel trommelt schmerzvoll auf die Glatze. Dann kommen wir zu einer Schäfer-Unterkunft. Wir alle bibbern inzwischen vor Kälte.

Ich mache unserem Reiseführer Vorwürfe: er hat alle Regeln des Bergwanderns missachtet, vor allem das Verhalten bei Gewitter. Dennoch drängt er weiterzugehen. Schließlich kommen wir an einer weiteren Schäfer-Unterkunft an. Dort wird reichlich Wodka ausgeschenkt - ganz falsch, wenn man friert. Wir sollen die nasse Kleidung ausziehen, wieder ganz falsch. Wir zittern um die Wette, die Durchblutung fehlt. Und es soll noch weiter gehen. Wir sind bereits sechs Stunden unterwegs, ohne Pausen. Und wir müssen den gleichen Weg zurück. Ich protestiere energisch und gehe allein los, zurück Richtung unserem Dorf.

Notgedrungen folgen die anderen. Wir marschieren wieder zügig ohne weitere Pause. Langsam trocknet die Kleidung, und uns wird etwas wärmer. Nach ungefähr ¾ des Wegs überholt uns ein Mann mit drei Eseln. Der Reiseführer verhandelt mit dem Eseltreiber und erreicht, dass wir reiten sollen. Ich bekomme den kleinsten Esel und fühle mich so unwohl auf dem wackeligen Sattel des Tiers, dass ich absteige und zu Fuß weitergehe. Die anderen reiten den Rest des Wegs. Als wir das Ende des Schotterwegs zum Dorf erreichen, steht dort unser Fahrer mit seinem Auto. Die letzte zwei bis drei km werden wir gefahren. Nach nunmehr zehn Stunden erreichen wir das Gästehaus.

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Donnerstag, 23. September 2021
Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (11)
Der ELFTE TAG beginnt mit einem kurzen Kamelritt von zehn Minuten Dauer. Immer noch nicht mein Ding, zumal die Tiere auch hier gequält werden. Sie haben einen konisch geformten Pflock in der Nase, am dicken Ende ca. 3 cm stark, am dünnen Ende ist ein Strick befestigt, an dem der Treiber zieht. Für das Kamel sicher sehr schmerzhaft.

Unsere Fahrt geht wieder südwärts bis zur Hälfte nach Nurata, dann biegen wir nach Osten ab. Zunächst geht es noch durch Wüste, später dann durch Grassteppe und nördlich entlang dem Nurata-Gebirge. Schließlich erreichen wir den Abzweig nach Sentob. Jetzt wird die Vegetation üppig.

Mir war schon früher aufgefallen, dass entlang den Straßen regelmäßig weiße Pfähle mit roten "Köpfen" standen. Schließlich entdeckte ich die Aufschrift "Kabel" und fragte nach der Bedeutung. Bis in entlegene Gegenden ist überall Glasfaser-Kabel verlegt, so dass fast - allerdings nur fast - überall Internet- und Telefon-Empfang besteht. In Sentob und den anderen Gebirgsdörfern, die wir heute und die nächsten Tage besuchen, ist allerdings kein Empfang. Bis dort reichen weder Kabel noch Daten.

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Dienstag, 21. September 2021
Usbekistan: Geografie
Usbekistan ist außer Lichtenstein das einzige Land der Welt, das nicht einmal einen indirekten Zugang zu einem Meer hat, d.h. zwei andere Nachbarländer liegen zwischen Usbekistan und den Ozeanen. 447.000 qkm ist die Landfläche groß (zum Vergleich Deutschland mit 357.000 qkm). Die Ausdehnung von West nach Ost beträgt über 1.500 km, von Nord nach Süd ca. 930 km. Im Westen liegen die beiden Wüstengebiete Karakum und Kizilkum mit zusammen 350.000 qkm, das sind mehr als drei Viertel der Gesamtfläche. Etwa in der Mitte des Landes beginnt im Westen eine Berglandschaft, die nach Osten immer höher wird. Im Nordosten erstreckt sich ein Bergzug von über 4.000 m Höhe. Das Gebirge hat ca. ein Viertel der Gesamtfläche.

Zwei Flüsse durchziehen das Land von Ost nach West: der Amurdarja und der Syrdarja, die ursprünglich in den Aralsee im Westen mündeten. Seit 1960 wurde das Wasser im Süden des Landes so exzessiv zur Bewässerung vor allem der Baumwollfelder genutzt, dass beide Flüsse schon lange nicht mehr den Aralsee erreichen. Dieser hat durch Verdunstung sieben Achtel der Oberfläche verloren.

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Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (10)
ZEHNTER TAG: Den direkten Weg von Buccara nach Nurata können wir nicht fahren, weil der 1100 m hohe Karkarga-Pass wegen Straßenbauarbeiten gesperrt ist. Bei Kamana biegen wir in nordwestlicher Richtung auf die A 379 ab, die wir nach ca. 40 km nach Nordosten verlassen. In Teriqurduq fahren wir wieder nach Südosten bis Nurata. Dort besuchen wir die Ruinen einer alten Lehmfestung, die dort unter Alexander dem Großen um 330 v.u.Z. zur Vorbereitung der Eroberung von Samarkand errichtet wurde. Strittig ist, ob er selbst dort war. Jedenfalls ist das eine beeindruckende Anlage.

Direkt darunter befindet sich die heilige Chasmana-Quelle. Der Sage nach soll Mohammeds Schwiegersohn Ali ibn Abi Talib dort seinen Stab in die Erde gesteckt haben, woraufhin Wasser sprudelte. Die Fische darin gelten als heilig und der Ort ist ein Wallfahrtszentrum. Für die Schiiten ist Ali der Nachfolger Mohammeds. Ob Ali je in Nurata war, ist äußerst fraglich.

Weiter fahren wir nach Norden durch die Kisilkum-Wüste zum Aydarkol-See. Unterwegs passierten wir die Gegend, in der großflächig Marmor abgebaut wird. Abends erreichen wir dort das Jurtencamp, in dem wir die Nacht verbringen. Ein kurzer Abstecher an den Stausee bietet uns ein Bad in dem leicht salzhaltigen Wasser und eine wunderbare Aussicht auf den See und das südlich gelegene Nurota-Gebirge.

Der Stausee soll wenigstens teilweise den Verlust des Aralsees kompensieren. Erst kürzlich wurden tonnenweise Fische ausgesetzt, die sich dort vermehren sollen. Um das Wachsen des Fischbestands zu ermöglichen, ist Angeln und Fischen streng verboten.

Abends gibt es eine Musikveranstaltung mit usbekischer Folklore. Der Sänger trägt begleitet von einem Saiteninstrument Lieder am Lagerfeuer vor. Leider stört das Blitzlichtgewitter der übrigen, meist französischen Gäste, die Romantik. Erlebnisse können nicht einfach so gemacht werden, sondern müssen sofort fotografisch und/oder filmisch verewigt werden.

Beim Duschen werde ich wieder dafür bestraft, dass ich zu sehr auf die Zuverlässigkeit der Dinge vertraue. Mehrere Schlösser der Toiletten- und Duschkabinen waren beschädigt. Ich suche eine Kabine mit Schloss aus. Ich berücksichtige dabei nicht, dass die Klinke innen fehlte. Ich kam also nicht wieder `raus. Nachdem ich vergeblich versucht hatte, die Tür zu überklettern oder einzutreten, resignierte ich, bis nach geraumer Zeit eine andere Person zu hören ist - eine Französin. Ich bitte sie mich zu befreien. Mein Trost: auch unserem guide war das Gleiche passiert, nur hatte er das Glück, dass ein Kollege in der Nachbar-Kabine war.

In allen Unterkünften wurden wir mit allen Daten registriert und bekamen als Beleg einen kleinen Zettel, den wir aufheben sollten bis zur Ausreise. Hier bekamen wir diesen Zettel nicht; Begründung: es wurde on-line gemacht. Und das wäre bisher nicht auch gegangen? Bei der Ausreise wurden wir keineswegs nach den Zetteln gefragt.

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Montag, 20. September 2021
Usbekistan: Kriminalität
Kriminalität scheint, jedenfalls im Alltag, keine Rolle zu spielen. Selbst große Beträge in Dollar, Euro oder Sum liegen sogar auf der Bank quasi offen herum. Verkaufsstände werden ohne Angst vor Dieben bedenkenlos verlassen. Wir lassen Wertgegenstände, z.B. Kameras offen im abgeschlossenen Auto liegen. Vertraute Vorsichtsmaßnahmen - Verstecken der Kamera im Kofferraum - werden vom Fahrer als unnötig abgelehnt. Korruption spielt, wie in anderen autokratischen Ländern - aber nicht nur dort - eine Rolle, über die jedoch nicht offen geredet wird.

Dennoch ist sie sehr weit verbreitet in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Justiz. In internationalen Rankings rangiert das Land auf Platz 157 von 180 möglichen Plätzen, ist also sehr hoch. Ein Anti-Korruptionsgesetz bleibt wirkungslos, weil die Justiz solche Delikte praktisch nicht verfolgt.

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Usbekistan: Medresse
Eine Medresse ist eine Universität, an der neben Theologie auch andere Wissenschaften gelehrt werden, wie Mathematik, Philosophie, Literatur, Sprachen, Recht. In diesen Medressen wird teilweise noch unterrichtet. Die Koran-Schule dagegen dient nur der Theologie.

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Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (9 Forts.)
Unser Reiseführer Shukhrat zeigt uns die Stadt Buchara mit ihren ca. 430.000 Einwohnern. Sie ist einheitlicher als Chiwa: riesige prächtige Bauten allenthalben. Wir folgen ausgehend vom klassischen Architektur-Komplex Labi Hauz der Touristen-Route, nur in der umgekehrter Reihenfolge der üblichen Runde. Shukhrat hat wieder schlau kalkuliert, dass wir den anderen Touristengruppen nur einmal begegnen, statt immer hinter, vor oder zwischen ihnen zu trotten.

Jetzt geht die Reihenfolge nach dem Labi Hauz Minarett und Moschee Kalon, Medresse Miri Arab, die Mausoleen Tschaschmai Ayub und Ismail Samani. Unterwegs besichtigen wir auch die Markt-Kuppelbauten Toqi Zargaron, Toqi Telpakfuruchon und Toqi Saraffon. Jeder dieser Märkte diente ursprünglich einer bestimmten Warengruppe. Jetzt werden überall fast ausschließlich Souvenirs und Getränke verkauft. In einem Stand bietet ein Gewürzhändler seine üppige Auswahl an. Alle Wohlgerüche des Ostens sind hier versammelt.

Vor dem Labi Hauz befindet sich die überlebensgroße Statue des usbekischen Till Eulenspiegel, Hodscha Nasreddin. Statue wie Figur sind sympathisch: verkörpert der Hodscha doch den volksnahen Philosophen, der der Gesellschaft seinen kritischen Spiegel vorhält.

In Buchara ist der Tourismus nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. Ebenso die auf Touristen spezialisierten Händler. Handwerker und Händler - Schmied, Gewürzhändler, Ziselierer, Messerschmied - zeigen freundlich ihre Tätigkeiten und Produkte, lassen sich bereitwillig fotografieren, sind überhaupt nicht aufdringlich.

Der Messerschmied erklärt uns mit Unterstützung von Shukhrat den gesamten Produktionsprozess unterschiedlicher, hochwertiger Produkte.

Es gibt wenige, ebenfalls unaufdringliche Bettler. Geben ist für mich schwierig wegen der riesigen Geldscheine, die eigentlich nichts wert sind. Münzen gibt es nicht. Sonst habe ich immer einige lose in der Tasche und verschenke sie. Aber aus den dicken Packen etwas Passendes herauszusuchen ist arg umständlich. Shukhrat gibt wohl regelmäßig einem Spastiker im Rollstuhl Almosen, anderen wohl nicht. Dieser erkennt unseren guide schon von weitem.

Die großen Städte wie Buchara, Samarkand, Chiwas sind an Kreuzungspunkten der verschiedenen Stränge der Seidenstraße aus Karawansereien entstanden. Pioniere der Erschließung waren Mönche.

Im Islam sind figürliche Abbildung von Menschen, Tieren und Pflanzen verboten. Daher finden sich an den sakralen Gebäuden außer Schriftzeichen nur abstrakte Muster. U.a. an der Fassade Devon Begi in Buccara sind Abbildungen des phantastischen Vogels Phönix und einer Mischung aus Schwein und Hund. Da diese "Tiere" nicht wirklich existieren, durften sie dargestellt werden.

Es fällt schwer angesichts der Ballung wichtiger, prächtiger, großer Bauten einen Gesamteindruck zu schildern. Die Häufung erschlägt einen schier. Hinzukommt in unserem Fall, dass wir - nicht nur hier - auf Gedeih und Verderb unserem guide, seiner Ortkenntnis und seinem Faktenwissen ausgeliefert waren. Oft wusste ich nicht mehr, wo ich eigentliche war und wie ich hier wieder wegkommen sollte. Unmöglich, in diesem kurzen Reisebericht alle Bauten zu beschreiben. Ich selber greife dafür auf Reiseführer und Internet zurück.

Unser Hotel lag in Zentrums-Nähe, so dass wir abends noch etwas bummeln konnten. In Sichtweite der diversen monumentalen Bauten befindet sich ein Park mit einem Bassin. Dort bekam Gerhild in einem Gartencafé tatsächlich einen reellen Espresso und ich ein leckeres Eis, und wir konnten "die Seele baumeln lassen".

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Montag, 20. September 2021
Usbekistan - wie in 1001 Nacht (8/9)
ACHTER TAG: Heute fahren wir wieder 450 km durch die „bewachsene Wüste“ Kizilkum nach Buccara. Angesichts der überwiegend sehr schlechten Straße – wie überall in Usbekistan außerhalb der Großstädte - benötigen wir für die Strecke mit kurzen Unterbrechungen den ganzen Tag. Nur eine Teilstrecke ist - von einer deutschen Firma – gut ausgebaut.
Einmal nähert sich die Straße dicht dem Amurdayo, der hier noch ein breiter Strom ist und die Grenze zu Turkmenistan bildet. Früher führten Straße und Eisenbahn über turkmenisches Gebiet. Das ist jetzt nicht mehr möglich, weil die Grenze dicht ist und nur mit einem Visum passiert werden darf.
In der „bewachsenen Wüste“ mit ihren flachen Sanddünen finden wir einen „Gewürzbaum“, der dort systematisch gezüchtet und geerntet wird. Daraus wird das begehrte Kumin, d.i. Kreuzkümmel, gewonnen. Tamarisken werden als Windschutz ebenfalls systematisch angebaut, um den Wüstensand zu binden. Sie sind resistent gegen salzige Böden und wachsen in ariden Gegenden. Arid nennen Geografen und Biologen trockene Gebiete mit wenig Bewuchs.
Sowohl beim Mittag- wie beim Abendessen führen wir einen zähen Kampf mit unserem Reiseführer. Er besteht jeweils auf einem kompletten Menü aus diversen Salaten, einer Vorsuppe und einem Hauptgericht mit Fleisch, Gemüse und Beilage. Uns ist das zu viel, vor allem wegen der Hitze mittags. Heute erkläre ich deutlich mit erhobener Stimme, dass wir entscheiden wollen, was wir essen. Mittags beschränken wir uns meist auf einen Salat, allenfalls noch eine Suppe, weder Hauptgericht noch Nachtisch. Abends kann es dann etwas üppiger sein. Diese entschiedene Ansage wirkt, so dass diese Diskussionen beendet werden.
Abends bewundern wir den klaren Halb-Mond, der hier „auf dem Kopf“ zu stehen scheint: die Rundung fast nach unten, die glatte Seite nach oben

NEUNTER TAG: In Buchara müssen wir Geld wechseln. Ich steuere in der Nähe unseres Hotels einen Geldautomaten an. Er wird von zwei Frauen belagert, die ständig neue Beträge ziehen. Als ich endlich an der Reihe bin, ist der Automat leer.
Schräg gegenüber ist eine Bank. Ich stelle mich vor den Kassenschalter und werde - keineswegs beachtet. Schließlich signalisiere ich dem Sicherheitsbeamten meine Hilflosigkeit. Er spricht etwas Englisch und sorgt dafür, dass eine der beiden Kassiererinnen meinen 50-€-Schein annimmt. Dann widmet sie sich wieder ihrer Tätigkeit des Zählens großer Packen von Banknoten. Meinen Schein gibt sie an ihre Kollegin weiter, die ihn zur Seite legt. Als ich mich wieder durch Räuspern bemerkbar mache, reicht sie mir den Schein zurück und erklärt: „Problem“. – „Which problem?“ Sie zeigt mir den Schein: in einem Knick ist der Schein ca. ½ mm eingerissen – kein weiterer Kommentar. Ich verlasse den Laden.
Draußen fällt mir ein, dass ich auch mit der Visa-Karte abheben kann. Also zurück. Wieder das gleiche Spiel, bis der Sicherheitsmann erneut eingreift. Dann dauert es endlos, bis sie mir zunächst ein Formular `rüberschiebt, das ich unterschreibe. Dann kriege ich kein Geld. Es folgt ein weiteres Formular mit Kugelschreiber, alles wortlos. Ich vermutet, es ist die Quittung, die ich aber erst unterschreiben will, wenn ich das Geld habe. Nach geraumer Zeit wird mir ein Packen Sum-Scheine zugeschoben. Ich zähle nach. Dann passiert wieder nichts. Schließlich trolle ich mich, nicht ohne mich bei dem Sicherheitsmann zu bedanken und zu verabschieden.

GELD: Ein Euro entspricht annähernd 10.000 Sum. Der kleinste Geldschein ist 500 Sum ~ 5 Euro-Cent. Die Maße dieser Note sind ca. 22 x 12 cm. Der Wechselkurs unterliegt starken Schwankungen. Die Inflation galoppiert und lag 2017 und 2018 bei je 14 % jährlich. Der Dollar und der Euro sind daher begehrte Devisen. Banküberweisungen haben extrem hohe Gebühren. Viele Geschäfte werden daher bar gemacht. Sogar einen Teil unserer Reisekosten haben wir bar mitgenommen und ausgezahlt. Der überwiegende Teil ging an eine Berliner Bank. Souvenirverkäufer geben die Preise gleich in Euro an. Die Preise in Usbekistan sind gemessen am west-europäischen Maßstab sehr niedrig.

Unser Reiseführer Shukhrat zeigt uns die Stadt Buchara mit ihren ca. 430.000 Einwohnern. Sie ist einheitlicher als Chiwa: riesige prächtige Bauten allenthalben. Wir folgen ausgehend vom klassischen Architektur-Komplex Labi Hauz der Touristen-Route, nur in der umgekehrter Reihenfolge der üblichen Runde. Shukhrat hat wieder schlau kalkuliert, dass wir den anderen Touristengruppen nur einmal begegnen, statt immer hinter, vor oder zwischen ihnen zu trotten.
Jetzt geht die Reihenfolge nach dem Labi Hauz Minarett und Moschee Kalon, Medresse Miri Arab, die Mausoleen Tschaschmai Ayub und Ismail Samani. Unterwegs besichtigen wir auch die Markt-Kuppelbauten Toqi Zargaron, Toqi Telpakfuruchon und Toqi Saraffon. Jeder dieser Märkte diente ursprünglich einer bestimmten Warengruppe. Jetzt werden überall fast ausschließlich Souvenirs und Getränke verkauft. In einem Stand bietet ein Gewürzhändler seine üppige Auswahl an. Alle Wohlgerüche des Ostens sind hier versammelt.
Vor dem Labi Houz befindet sich die überlebensgroße Statue des usbekischen Till Eulenspiegel, Hodscha Nasreddin. Statue wie Figur sind sympathisch: verkörpert der Hodscha doch den volksnahen Philosophen, der der Gesellschaft seinen kritischen Spiegel vorhält.

Eine MEDRESSE ist eine Universität, an der neben Theologie auch andere Wissenschaften gelehrt werden, wie Mathematik, Philosophie, Literatur, Sprachen, Recht. In diesen Medressen wird teilweise noch unterrichtet. Die Koran-Schule dagegen dient nur der Theologie.

In Buchara ist der Tourismus nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. Ebenso die auf Touristen spezialisierten Händler. Handwerker und Händler – Schmied, Gewürzhändler, Ziselierer, Messerschmied - zeigen freundlich ihre Tätigkeiten und Produkte, lassen sich bereitwillig fotografieren, sind überhaupt nicht aufdringlich.
Der Messerschmied erklärt uns mit Unterstützung von Shukhrat den gesamten Produktionsprozess unterschiedlicher, hochwertiger Produkte.
Es gibt wenige, ebenfalls unaufdringliche Bettler. Geben ist für mich schwierig wegen der riesigen Geldscheine, die eigentlich nichts wert sind. Münzen gibt es nicht. Sonst habe ich immer einige lose in der Tasche und verschenke sie. Aber aus den dicken Packen etwas Passendes herauszusuchen ist arg umständlich. Shukhrat gibt wohl regelmäßig einem Spastiker im Rollstuhl Almosen, anderen wohl nicht. Dieser erkennt unseren guide schon von weitem.

KRIMINALITÄT scheint, jedenfalls im Alltag, keine Rolle zu spielen. Selbst große Beträge in Dollar, Euro oder Sum liegen sogar auf der Bank quasi offen herum. Verkaufsstände werden ohne Angst vor Dieben bedenkenlos verlassen. Wir lassen Wertgegenstände, z.B. Kameras offen im abgeschlossenen Auto liegen. Vertraute Vorsichtsmaßnahmen – Verstecken der Kamera im Kofferraum – werden vom Fahrer als unnötig abgelehnt. Korruption spielt, wie in anderen autokratischen Ländern – aber nicht nur dort – eine Rolle, über die jedoch nicht offen geredet wird. Dennoch ist sie sehr weit verbreitet in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Justiz. In internationalen Rankings rangiert das Land auf Platz 157 von 180 möglichen Plätzen, ist also sehr hoch. Ein Anti-Korruptionsgesetz bleibt wirkungslos, weil die Justiz solche Delikte praktisch nicht verfolgt.

Die großen Städte wie Buchara, Samarkand, Chiwas sind an Kreuzungspunkten der verschiedenen Stränge der Seidenstraße aus Karawansereien entstanden. Pioniere der Erschließung waren Mönche.
Im Islam sind figürliche Abbildung von Menschen, Tieren und Pflanzen verboten. Daher finden sich an den sakralen Gebäuden außer Schriftzeichen nur abstrakte Muster. U.a. an der Fassade Devon Begi in Buccara sind Abbildungen des phantastischen Vogels Phönix und einer Mischung aus Schwein und Hund. Da diese „Tiere“ nicht wirklich existieren, durften sie dargestellt werden.
Es fällt schwer angesichts der Ballung wichtiger, prächtiger, großer Bauten einen Gesamteindruck zu schildern. Die Häufung erschlägt einen schier. Hinzukommt in unserem Fall, dass wir – nicht nur hier – auf Gedeih und Verderb unserem guide, seiner Ortkenntnis und seinem Faktenwissen ausgeliefert waren. Oft wusste ich nicht mehr, wo ich eigentliche war und wie ich hier wieder wegkommen sollte. Unmöglich, in diesem kurzen Reisebericht alle Bauten zu beschreiben. Ich selber greife dafür auf Reiseführer und Internet zurück.
Unser Hotel lag in Zentrums-Nähe, so dass wir abends noch etwas bummeln konnten. In Sichtweite der diversen monumentalen Bauten befindet sich ein Park mit einem Bassin. Dort bekam Gerhild in einem Gartencafé tatsächlich einen reellen Espresso und ich ein leckeres Eis, und wir konnten „die Seele baumeln lassen“.

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Samstag, 11. September 2021
Usbekistan - wie in 1001 Nacht (7)
SIEBENTER TAG: Nach dem Frühstück sitzen wir auf einer Bank vor dem Hotel-Eingang. Ein freundlicher junger Mann spricht uns auf Englisch an und lädt uns zu einem Museumsbesuch nebenan ein.

Im Frühstücksraum sind großformatige Wandbilder zu bewundern mit Motiven alter Stadtansichten mit Dromedaren. Der Maler eines Bildes hat wohl nie ein Dromedar gesehen. Sie gehen nicht im Passgang, haben übergroße, mit Teppichen behängte Höcker. Eines sieht aus wie eine Schildkröte mit Hufen.

Die Stadtbesichtigung von Chiwa beginnt am Westtor der Altstadt und führt uns direkt zum Kalta Minor, einem wuchtigen Rundbau, dem unteren Teil eines überdimensionierten Minaretts, das nie fertig geworden ist. Der Reihe nach besuchen wir Kuhna Arc, die ehemalige Residenz der Chiwaer Khane, die Medresse von Muhammad Rahim Khan, das Mausoleum von Pachlavon Machmud, Medrese und Minarett Islam Hodschas, die Residenz Tosch Hovli und die Dschuma Moschee, d.h. die Freitagsmoschee. Letzte verfügt über eine Holzdecke, die von 212 kunstvoll geschnitzten Holzsäulen getragen wird. Alle Säulen haben verschiedene Dekors.

Die ganze Altstadt ist ein Gewirr von Gassen zwischen einer prachtvollen Ansammlung sakraler und weltlicher Bauten, alle Jahrhunderte alt, mit Mosaiken von ständig wechselnden Mustern, aus verschiedenen Materialien. Unser Reiseführer zeigt uns - fast - alles mit ausführlichen Erklärungen. Unmöglich alles aufzunehmen und zu behalten, was nicht am Führer, sondern an der Fülle der Eindrücke liegt. Dazwischen wuseln hunderte von Touristen in großen, vorwiegend französischen Gruppen.

Diese Gruppen zeigen alles, was wir früher an deutschen Touristen kritisiert haben: absurd auffällige Freizeitkleidung, skurrile Kopfbedeckungen, Sandalen mit weißen Söckchen, behängt mit optischen Geräten, drängelnd. Die deutsche "Leitkultur" ist offensichtlich zum europäischen Standard geworden. Sobald die Personen einen Raum - egal ob Restaurant, Moschee, Medresse oder Café - betreten, bleiben sie stehen, fotografieren, filmen ohne richtig zu gucken, blockieren die Tür, rücksichtslos gegenüber anderen Menschen. Shukhrat versucht uns schon antizyklisch zu führen, d.h. diese Gruppen vermeidend, ist aber nicht immer erfolgreich.

An vielen öffentlichen Bauten, nicht nur hier, sondern in allen Großstädten, finden wir Sinnsprüche des ehemaligen Staatspräsidenten Kamirov, die sich weniger durch Originalität als durch Prägnanz auszeichnen, hier z.B. am Musiktheater.

In einer Medresse befindet sich ein Musikmuseum: Ein kleiner Raum mit Vitrinen, in denen landestypische Instrumente ausgestellt sind. Ein Film stellt die Instrumente vor. Der Museums-Mann verkauft uns anschließend eine CD.

Zwischendurch bitten uns kleine Mädchen und Jungen, mit ihnen fotografiert zu werden. Später am Registan-Platz in Samarkand erleben wir dasselbe mit Erwachsenen.

In einer Medresse bewundern wir die kunstvoll geschnitzten Holzsäulen. Dabei entdecken wir ein Hakenkreuz. Wir wissen, dass die Swastika (aus dem Sanskrit eine Bezeichnung für ein Glückssymbol) seit Jahrtausenden, zuerst 10.000 v.u.Z., benutzt wird. Für uns Deutsche ist es aber ein belastetes Zeichen.

Als wir darüber sprechen, mischt sich unser Reiseleiter Shukhrat ein und erklärt, dass Hitler richtig gehandelt habe, als er die Juden vernichtet habe. Die Juden würden die Weltherrschaft anstreben und alle anderen Völker unterdrücken wollen. Ich wende ein, dass eher die USA, Russland und China die Weltherrschaft anstreben. Ja, das sei kein Wunder, denn dort seien auch Juden führend. Als Beweis wird behauptet, Jelzin und Busch entstammten jüdischen Familien. China erwähnt er nicht.

Ich fahre fort: in der SU seien die Juden verfolgt worden, und nach deren Zusammenbruch seien 3 Mill. nach Israel emigriert, nicht zu reden von denen, die nach Deutschland kamen. Er ist unbelehrbar, er lässt kein rationales Argument gelten. Schließlich explodiert Gerhild emotional: das den Juden angetane Leid sei unmenschlich und verwerflich, niemand habe das Recht auch nur einen Menschen zu töten. Da beendet er das Gespräch. So was habe ich in der Heftigkeit noch nie erlebt!

In dem Moment kommt eine Schulklasse zu uns: jedes Kind einzeln begrüßt uns mit Handschlag. Ein merkwürdiger Auftritt, dessen Motiv wir nicht begreifen. Aber offensichtlich werden wir als Exoten wahrgenommen, die zu begrüßen und zu fotografieren eine Ehre ist.

Voll mit Eindrücken kehren wir abends ins Hotel zurück. Danach machen wir einen kleinen Spaziergang, werden unterwegs von einer Frau mit Kindern gegrüßt, und stehen schließlich vor einer Baustellen-Absperrung. Wir gehen zurück, einen Umweg zu machen. Da kommt einer der Jungen hinter uns hergerannt. Er hat das Hindernis wohl überwunden und führt uns jetzt zu unserem Ziel. Wir bedanken uns
"rachmat", er verabschiedet sich mit Handschlag.

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Freitag, 10. September 2021
Usbekistan: Sprache
Die usbekische Sprache zählt zur östlichen Gruppe der Turksprachen und spaltete sich im frühen vierzehnten Jahrhundert von den mittelasiatischen Turksprachen ab. Es gibt aber immer noch Parallelen zum modernen Türkisch und anderen Turksprachen, die z.B. in Kasachstan, Turkmenistan und Kirgistan gesprochen werden. Die Schrift ist lateinisch. Seitdem Usbekistan zur UdSSR gehörte (1924) war neben Usbekisch Russisch die zweite Amtssprache. Das gilt seit der Unabhängigkeit 1990 nicht mehr. Russisch wird aber von vielen Usbeken nach wie vor verstanden und gesprochen. Viele Inschriften z.B. an Geschäften haben neben lateinischen oft kyrillische Buchstaben. Im Westen des Landes, in Karakalpakstan mit der Hauptstadt Nukus, wird teilweise karalpaktisch gesprochen, eine andere Variante der Turksprachen. Ca. 400.000 Einwohner gaben bei der Volkszählung von 1989 an, karalpaktisch zu sprechen.

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Usbekistan: Wirtschaft
Der Dienstleistungssektor ist der wichtigste Wirtschaftszweig mit 46% der Produktion und 58% der Arbeitsplätze. Diese relativ hohen Zahlen sind u.a. der aufgeblähten Verwaltung und Bürokratie geschuldet. - Die usbekische Landwirtschaft ist mit 23% der Wirtschaftsleistung und 29% der Erwerbstätigen ein anderer wichtiger Wirtschaftszweig. Dabei spielt seit sowjetischen Zeiten die Baumwollproduktion eine große Rolle neben dem Obst- und Gemüseanbau. - Die Industrie ist mit 31% der Wertschöpfung, aber nur 13% der Erwerbstätigen am BIP beteiligt. - Die Arbeitslosigkeit beträgt offiziell 8%, daneben gibt es verdeckte Arbeitslosigkeit von geschätzt ebenfalls 6 - 8%. 33% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. - Der Export von Öl und Gas, Baumwolle, Edelmetallen und Dienstleistungen trägt wesentlich zum Brutto-Inlandsprodukt bei. - Importiert werden Nahrungsmittel und Industrieprodukte wie Maschinen und Ausrüstungen sowie Kunststoffe. Während der Sowjetherrschaft waren die wesentlichen Firmen in Staatshand, seit 2003 werden zunehmend viele Betriebe privatisiert.

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Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (6)
SECHSTER TAG: Nukus ist mit ca. 240.000 Einwohnern die Hauptstadt der autonomen Region Karakalpakstan, die einen großen Teil des westlichen Usbekistan einnimmt. Die Bewohner sprechen eine eigene Sprache und haben kulturelle Eigenheiten.

In Nukus gibt es ein Kunstmuseum, das nach dem Sammler Igor Witaljewitsch Sawizki benannt ist. Es enthält neben Bildern lokaler bzw. regionaler Künstler eine große Sammlung klassischer avantgardistischer russischer Kunst. Eine Sonderausstellung zeigte aktuelle naive Bilder. Mir fiel dabei das Wort "sozialistischer Realismus nach hinten" ein. Wie der sozialistische Realismus der Stalinzeit Gegenwart und Zukunft idealisieren die jetzt ausgestellten Bilder die Vergangenheit. Es wird ein ländlich-dörfliches Idyll präsentiert, das es so nie gab und auch nicht gibt: Flöte spielende Hirten, Bauern-Familien in regionaler Tracht, friedlich grasende Schafe und verspielte Esel. Das Gegenteil ist die von uns beobachtete Realität des Landlebens, und der Vergangenheit entspricht das sicher auch nicht.

Die klassische russische Avantgarde der ersten Hälfte des 20. Jh. orientierte sich offensichtlich weitgehend an westlichen Vorbildern. Ich entdeckte Bilder im Stil von Vogeler, Feininger, Grosz u.a. westlichen Maler.

Im Museum fällt mir etwas auf, was ich auch woanders schon beobachtet habe: Überall lungert Personal untätig herum, dessen "Tätigkeit" unklar ist. In der Garderobe ist wohl eine komplette Familie versammelt. Da es sehr warm ist, hat niemand Garderobe abzugeben. Daneben sind Klos ohne Papier, Türschlösser, die nicht funktionieren. Eine Frau im Museum sitzt mit einem großen Buch an einem Tisch. Daneben hängt ein Thermometer, dessen Werte sie tabellarisch notiert. Die Menschen sind durchweg sehr freundlich, aber anscheinend uninteressiert, die wirklich notwendigen Dinge zu tun. Vielleicht mangelt es an Planung und Aufsicht.

In einem Museum suche ich das Klo auf, alle Becken sind verstopft, es gibt kein Papier. Ich erzähle das unserem Reiseführer. Er gibt es an die Frau an der Kasse weiter. Sie nimmt die Meldung freundlich lächelnd entgegen und tut - nichts. Shukhrat ist überzeugt, dass nichts passiert.

Andererseits ist das Service-Personal äußerst aufmerksam und diensteifrig. Die Fahrer reißen uns bei und nach jedem Stopp die Wagentür auf, das Hotelpersonal überschlägt sich, alle Türen zu öffnen, unsere Koffer zu schleppen und uns jede Bitte von den Augen abzulesen und sofort zu erfüllen. Dieser Diensteifer ist uns eher peinlich: als könnten wir die Autotür nicht selber öffnen.

Die Fahrt nach Chiwa führt wieder durch die ebene Landschaft der Kyzylkum-Wüste. Unterwegs besuchten wir drei Lehmfestungen (Ayaz Kala, Toprak Kala und Toi Krylgan Kala), aus der choresmischen, d.h. vorchristlichen Zeit. Diese Festungen bildeten einen Schutzgürtel um Chiwas, die Hauptstadt des choresmischen Reiches, gegen Angriffe aus dem Norden. Nebenan besuchen wir den Sultan-Baba-Schrein. Am späten Nachmittag erreichen wir Chiwa.

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Mittwoch, 8. September 2021
Usbekistan: Religion
Die Usbeken sind zu 90% sunnitische Moslems. Daneben gibt es eine christlich-orthodoxe und eine jüdische Minderheit. Der Islam wurde seit der russischen Eroberung 1865 ebenso unterdrückt wie nach 1918 durch die Sowjetunion. Seit der Unabhängigkeit Usbekistans 1991 gewinnt der Islam zunehmend an Bedeutung. Ursprüngliche Religion war der Zoroastrismus, der eine duale Weltanschauung, den Gegensatz von einem guten und einem bösen Gott, vertrat. Seit Beginn unserer Zeitrechnung begann sich der Buddismus auszubreiten. Seit ca. 700 n.u.Z. gewann der Islam zunehmend an Einfluss und bestimmte bald die gesamte Kultur.

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Usbekistan - Aralsee
Seit 1960 begann der Aralsee durch die Wasserentnahme aus den Flüssen Amurdarja und Syrdarja vor allem für die Baumwollgewinnung sowie durch die Verdunstung auszutrocknen. Die Stadt Muynak am Südufer war ein Zentrum der usbekischen Fischwirtschaft - Fang und Weiterverarbeitung sowie eine Konservenfabrik. Außerdem war es ein Erholungsgebiet mit Sanatorien und Hotels. Die ursprüngliche Wasserfläche von 66.000 km² verringerte sich auf ein Achtel von inzwischen 8.300 km². Von Moynak bis zum Südufer des Aralsees sind es heute 80 km. Das Austrocknen des Sees hat u.a. eine erhebliche Verschlechterung der Luft durch Staub, Salzpartikel und Trockenheit bewirkt. Dadurch wurden die Einwohner krank und mussten schon aus diesem Grund die Stadt verlassen. Der usbekische Staat plant wieder großzügige Bauten und Anlagen für Urlaubs- und Erholungsstätten, vornehmlich für ein sehr zahlungskräftiges Publikum.

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Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (5)
Am FÜNFTEN TAG fliegen wir die ca. 1.200 km von Taschkent nach Nukus, ganz im Westen des Landes. Auch hier wieder eine sehr intensive Sicherheitskontrolle, die sogar nach der Ankunft in Nukus beim Verlassen des Flughafens wiederholt wird.
Von dort fahren wir mit dem Auto 250 km nördlich zum ehemaligen Fischerdorf Muynak am früheren Südufer des Aralsees und besichtigen den Schiffsfriedhof.

Der Ort selbst ist trostlos, es gibt wenig zu sehen. Acht Schiffe liegen aufgereiht im Sand an einer Steilküste und rosten vor sich hin. Weitere sollen verstreut auf der großen Fläche verteilt sein. Die Mehrzahl wurde verschrottet. Etwas hervorstechend in der Öde ist das Heimatmuseum, das mit Fotos die Stadtgeschichte und den Verfall dokumentiert. Außerdem gibt es eine Kunstausstellung mit Bildern von Stadt und See und der Tragödie.

Die usbekische Regierung kompensiert die Katastrophe in nachsowjetischer Zeit durch das Anlegen kleinerer Seen in der Nähe des ehemaligen Aralsees sowie weiter östlich die Stau-Seen Aydarkul-See und Tuskan-See. Hier sollen bzw. werden neue Fisch-Bestände gezüchtet. Zu den Renaturalisierungs-Bemühungen gehört auch die Anpflanzung von Gräsern, die resistent gegen Versalzung und Trockenheit sind.

Die Rückfahrt geht wie die Hinfahrt durch die "bewachsene Wüste Kisilkum", was "Roter Sand" bedeutet. "Bewachsen" und Wüste scheinen Widersprüche zu sein. Tatsächlich handelt es sich um eine Sandwüste mit flachen Dünen. Es gleicht aber nicht anderen Wüsten wie Sahara, Namib, Negev, Kalahari. Dort wächst jetzt nach der Regenzeit dürres Gras und kleines Gebüsch. Der Reiz anderer Geröll-, Fels- und Sand-Wüsten fehlt allerdings. Dafür sind die Temperaturen annähernd gleich: Das Auto-Thermometer zeigt 39° C Außentemperatur.

Kurz vor Nukus besuchen wir Mizdakhan, eine riesige Nekropole in einem archäologischen Komplex, mit einer Unzahl größerer und kleinerer Mausoleen. Die ältesten Gräber stammen noch aus zoroastrischer, d.h. vorislamischer Zeit. Auf dem westlichen Hügel befindet sich eine Burg (Gyaur-Kala) aus dem 4. Jh. v.u.Z. Unterirdische Mausoleen dienen teilweise als Meditationsstätten in angenehmer Kühle.
Von dort ist es nicht mehr weit bis Nukus, wo wir unser Hotel beziehen.

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Dienstag, 7. September 2021
Usbekistan - wie aus 1001 Nacht (4)
Am VIERTEN TAG besichtigen wir zunächst die Stadt Fergana in der gleichnamigen Region mit ca. 1/2 Million. Einwohnern. Auch hier bestaunen wir die äußerst großzügigen, gepflegten öffentlichen Parkanlagen. Zentral ist auch hier wieder das Timur-Denkmal. Timur, der von ca. 1330 bis 1405 lebte, wird in Usbekistan als Nationalheld gefeiert und verehrt. Sein größtes Verdienst war die Gründung des einheitlichen Reichs Usbekistan. Das allerdings nach seinem Tod schnell wieder zerfiel. Er führte eigentlich ständig Kriege gegen die umliegenden Völker und Staaten. Seine Eroberungszüge waren wie seine Herrschaft nach innen grausam bis zum Exzess. Dennoch stehen in vielen Städten seine Statuen und sonstigen Denkmäler. Das in Fergana ist besonders martialisch.

Ein "deutsches Kulturzentrums" steht auf dem Programm. Es soll, so Shukhrat, die kulturellen Interessen der deutschen Minderheit wahrnehmen und Kontakt zur deutschen Kultur via Goethe-Gesellschaft halten. Das Gebäude ist geschlossen, niemand reagiert auf Klingeln. "Typisch", meint Shukrat lakonisch. Was die Einrichtung treibt, bleibt im Dunkeln.

Entschädigt werden wir durch die Besichtigung der Seidenfabrik "Yodgorlik". Ähnlich wie in der Keramikwerkstatt können wir den Produktionsprozess über alle Stationen verfolgen. Teils macht unser Reiseführer uns die Tätigkeiten vor, teils die Mitarbeiter der Werkstatt. Alles ist sehr anschaulich, aber auf dem "technischen" Niveau früherer Jahrhunderten. Die Fäden der Kokons werden gewonnen, indem zwei Frauen, vor einem großen Bottich hockend, mit einem Stock eine trübe Brühe mit Seidenraupen-Puppen umrühren, bis sich lose Seidenfäden an den Stöcken verfangen. Diese werden an eine Spindel geführt, die einen Faden dreht. Ähnlich "vorsintflutlich" verlaufen alle anderen Prozesse. Der Betrieb ist auf Verkauf und Einnahmen ausgerichtet, arbeitet aber nicht wirklich unabhängig: Die Beschäftigten werden vom Staat bezahlt, es ist ein Staatsbetrieb, der als Schau-Veranstaltung betrieben wird. Es handelt sich wohl um ein Prestige-Projekt.

Gerhild entdeckt eine Plakette, die darüber informiert, dass das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit gefördert wird.

Von Fergana fahren wir mit dem Auto diesmal über den 2.267 m hohen Kamchik-Pass zurück nach Taschkent. Unterwegs machen wir an einem Brot-Markt halt. In einem langen, schmalen überdachten Gang reiht sich ein Stand an den anderen. Dahinter fast ausschließlich Frauen, die ihre Waren lautstark anpreisen. Es entsteht ein beeindruckender akustischer Grundton. Die Rückfahrt nach Taschkent durch das Gebirge ist landschaftlich sehr eindrucksvoll. Bei gelegentlichen Stopps fotografiere ich die beeindruckenden Panorama-Blicke.

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