Sonntag, 12. Mai 2024
Grundbedürfnisse
In den späten 50ern reiste, vielmehr trampte ich durch Deutschland (West) von Süd nach Nord. Zwischen Göttingen und Hannover hielt ein Ungetüm von Laster. Drinnen saßen außer dem Fahrer zwei ärmlich gekleidete Männer auf dem Beifahrersitz. Ich wollte schon vom Trittbrett wieder absteigen, aber der Fahrer winkte mir reinzukommen. Ich musste auf dem Motorblock hocken, der – der LKW war eine so genannt Plattschnauze – in das Fahrerhaus von vorn hereinragte.
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Irgendwann, irgendwo hielt der Fahrer in einem kleinen Ort an und bedeutete uns, zu warten, er käme gleich wieder. Die beiden Landstreicher – als solche stellten sie sich heraus – beschlossen sofort zu fechten (= betteln) und fragten, ob ich mit wollte. Ich lehnte ab, so war ich nicht sozialisiert.

Nach einigen Minuten kamen sie zurück mit Wurst- bzw. Käsebroten. „Man kriegt überall was, man muss nur fragen.“ erklärte der eine. So kamen wir ins Gespräch. Ich fragte unbedarft, woher sie kämen, und meinte damit ihren Wohnort. In Ermangelung dessen deutete der ältere mit dem Daumen über die Schulter. Da war Süden.

Im weiteren Gespräch äußerten sie Bedenken wegen der bevorstehenden kalten Jahreszeit. Meine Frage nach dem warum, löste mildes Erstaunen aus. „Na klar, wegen der Kälte.“ -Und? – „Ja, wir müssen was machen, wofür wir in’n Knast kommen. Da is es warm.“

Die Anekdote fiel mir wieder ein, als ich in der Zeitung las, dass Häftlinge in US-Gefängnissen sich regelmäßig „erholen“ und an Gewicht zunehmen. Die USA sind das reichste Land der Welt gemessen am Brutto-Inlands-Produkt. Der Reichtum ist extrem ungleich verteilt: 38 Millionen US-Bürger können ihre Grundbedürfnisse – u.a. Nahrung – nicht befriedigen.

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