Donnerstag, 6. Dezember 2018
Unterwegs im Land der Vulkane und Geysire: Eine Reise durch Island (11. Tag)
Heute verdunkeln tief hängende graue Wolken Himmel und Sonne, und es nieselt gelegentlich ganz fein. Wir erkundigen uns nach dem Abendausflug an die Küste. Ja, das geht, allerdings kann es sein, dass man die Berge wegen der Wolken nicht sehen kann. Wir melden uns dennoch an.

Eine weitere Erkundigung ziehen wir nach dem Gletscher Flaajökul ein: man kann mit dem Auto die 8-km-Strecke fahren und dann laufen. Elke will nicht mit, also fahren Gerhild und ich los. Auf ungefähr halber Strecke lassen wir das Auto stehen und gehen weiter. Durch schier endlose Moränenfelder schlängelt sich der Weg. Steine und Felsen aller Art und Größe säumen den Weg. Ebenso Flechten, Pflanzen, Blumen in vielen Farben, aber sehr klein. Vögel fliegen schimpfend vor uns auf, Schafe glotzen, nur einige Autos überholen uns. Es nieselt immer wieder. Fern die beiden Gletscher mit tiefen Furchen blau-grün schillernd und grau bestäubt. Wandernd erkennt man die Landschaft viel intensiver, und Island ist dafür besonders geeignet.

Hinter einer Kurve mit Kuppe entdecken wir einen See, der uns vom Gletscher trennt. Der Weg ist zu weit, also kehren wir um zum Auto, fahren die Strecke noch mal, um den See ’rum über einen langen einspurigen Damm bis zum Ende – jetzt darf kein Auto entgegen kommen. Da stehen 5, 6 Autos, und ein Trampelpfad, mit Steinen markiert, führt weiter entlang einem zweiten See zum Gletscher. Schmutzige Eisberge schwimmen – bewegungslos – im Wasser. Der Weg bis zum Gletscher zieht sich und wird immer holpriger – Endmoräne `rauf, Endmoräne ’runter, Geröllabhänge, Brocken, Moospolster. Schließlich beschließen wir nach einer kontemplativen Pause umzukehren. Was zu sehen war, haben wir gesehen, ein taktiler Kontakt war nicht mehr nötig.

Am unteren Ende des 2. Gletschersees stehen zwei und wollen mitgenommen werden, mit riesigem Gepäck. Einem reiche ich den Rucksack zu, verdammt schwer. „Did you collect stones?“ als Scherz gemeint. Ja, sie sind Geomorphologen auf Exkursion, kommen aus Polen und sind Dünen- und Moränenspezialisten. Sie haben einige Tage im Moränengebiet gezeltet und gesammelt. Wir nehmen sie bis zur Ringstraße N 1 mit, von wo sie weiter nach Reykjavik trampen wollen. Wenn die man mit dem vielen und schweren Gepäck wegkommen. Abends sind sie weg. Zurück im Haus erzählen wir Elke unsere Erlebnisse und trinken gemeinsam Kaffee. Gelesen, dabei eingeschlafen.

Nach dem Abendbrot Trip an die Küste. Der „Farmer“ fährt uns im Landrover (schon was anderes als in unserer Nuckelpinne), hält an, weist uns auf Vögel hin: Höckerschwäne, Rothälse, Raubmöwen, Seeschwalben u.a. Der Fluss hat sich vor Jahren ein neues Bett gesucht, dabei eine Farm mitgerissen. Jetzt baut sich ein neuer Strandwall auf. Es gibt eine „Elfenkirche“. Ich wusste nicht, dass Elfen in die Kirche gehen. Dazu allerhand Geiste, Trolle, verborgene Menschen. Viele Isländer glauben halb scherzhaft daran. Am Ende des „Lido“ war der alte Flugplatz der britischen und US-Armee. Er wurde als Militärflughafen nach Ende des WK II aufgegeben, diente noch als Zivil-Flugplatz, der jetzt woanders ist. Der alte Flugplatz ist markiert durch farbige Netzschwimmer.

Dort: verfallene Baracken, Knochen von einem gestrandeten Wal, verrostete Minen, ein Stück Asphalt-Straße und etwas wie Betontische. Da bekommen wir Trockenfisch, Haifischfleisch, Brennevin und Malzbier.

Eine urige, unwirkliche Landschaft zwischen See und Bergen. Kies aller Größen, einzelne Felsen, blau-schwarzer Basaltsand, Kiesel, spärlicher Bewuchs, der von Schafen kurz gehalten wird. Die Schafe laufen frei herum, Zäune dienen dazu, die Tiere von Anpflanzungen fern zu halten. „Schafe haben bei uns mehr Rechte als die Menschen.“ So unser Farmer.

Unser Wirt ist auf einem Heringslogger als Vormann gefahren: Zitat: „20 Jahre, das sind 10 Jahre zu viel.“ Strandgut, vor allem Holz wird gesammelt und als Nutzholz verwandt: Gesammelt werden darf nur auf eigenem Grund, es gibt aber auch „Strandräuber“, die sich nicht an die Regeln halten. Viele Netzteile liegen `rum, Schwimmer, Netzfetzen, Tauwerk.

Die Wolken hängen noch tief, kaum Wind, so dass man die Berge nicht sieht – sonst wohl ein beeindruckendes Panorama. Nur die unteren Teile der Berge und Gletscher sind zu sehen. Jenseits der Lagune sieht man den Fischereihafen von Höfn.

Die Hafeneinfahrt mit einem orangenen Leuchtturm ist eng, bei auflandigem Wind einzulaufen ein nicht ungefährliches Manöver. Die Brandung ist trotz Schwachwind beachtlich.

Unser Wirt stammt von einem Bauernhof, der aber nicht mehr ernsthaft betrieben wird – abgesehen von der Schafhaltung -, eher als Streichelzoo für Besucher. Sein Vater hat als Kind Katzen- und Hundefelle bei den Soldaten gegen Orangen und Bananen getauscht, seine ersten Südfrüchte.

Island hat keine Armee, nur Polizei und eine Küstenwache, die z.B. die Fischereizone, erst 12, dann 50, jetzt 200 Meilen schützt. Er erzählt von den Auseinandersetzungen mit britischen Trawlern, deren Netze von der Küstenwache gekappt wurden. Selbst das Eingreifen eines britischen Marineschiffs nützte nichts, darauf scheint er etwas stolz zu sein. Der Hering ist überfischt, daher sind der Heringsfang und die Fischverarbeitungsindustrie ruiniert. Sein neuer Erwerbszweig ist nun der Tourismus.

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