Sonntag, 20. August 2023
Auch Scheuer betroffen
Die bayrische Epidemie wirkt auch in Berlin, allerdings auch bei einem Bayern, nämlich bei Andreas Scheuer, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag.

Er sieht rot, weil die Regierungskoalition einen Gesetzentwurf zur Liberalisierung des Cannabis-Konsums diskutiert. Scheuer weiß es wieder mal ganz genau: Alle Fachleute seien gegen die Liberalisierung! Komisch, dass in mehreren europäischen Ländern die Liberalisierung deutlich weiter geht.

Ganz lustig sind Kommentare unterer Chargen: Der Chef der Polizeigewerkschaft befürchtet zusätzliche Aufgaben für die Polizei, nämlich die Wahrnehmung der im Gesetz vorgesehenen Aufgaben. Das Argument könnte Schule machen, wenn es mal wieder um das Tempolimit geht. Auch dessen Einhaltung müsste die Polizei kontrollieren. Ein CSU-Politiker befürchtete schon mal, dass es dafür nicht genügend Verkehrsschilder gäbe. Und das bei einer generellen Regel! So als müsse das Rechtsfahrgebot auch durch spezielle Schilder durchgesetzt werden.

Eine frühere CDU-Ministerin erklärte, befragt, warum sie gegen die Liberalisierung des Cannabis-Konsums sei, „weil es verboten“ sei.

Und die wollen Deutschland in die Zukunft führen? Lieber nicht!

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Bayrischer Größenwahn
Zugegeben: Es ist Wahlkampf in Bayern, da schlagen die Kandidaten gern mal über die Stränge. Z.B. CSU-Söder: Er reiten bevorzugt sein altes Steckenpferd, die Atomkraft. Er kann es nicht verwinden, dass die fünf, zuletzt noch drei Atommeiler, in seinem Land durch Bundesbeschluss stillgelegt wurden. Erneut fordert er, seine Lieblinge sollten in Landesregie weitergeführt werden. Ja, kennt er denn die Fakten nicht oder lassen ihm seine durchschnittlich fünf Wahlkampfauftritte täglich keine Zeit, die Zeitung oder gar die Gesetze zu lesen?

Fakt ist qua Gesetz, dass die Entscheidungen in Sachen Atom- und Energie-Politik in Berlin, also von der Bundesregierung gefällt werden. Und die hat das Aus für Atommeiler zum 30. April d. J. beschlossen. Konnte man in allen, (oder etwa nicht den bayrischen?) Zeitungen nachlesen. Wahrscheinlich hält Söder sein Wahlvolk für so dumm, dass es den Schwindel glaubt.

Die zweite Wahrnehmungslücke betrifft die Frage nach dem Endlager für Atommüll. Lange Jahrzehnte stand Gorleben zur Debatte. Da haben die Fachleute (Geologen, u.a. mein Vater Prof. Dr. Kurt Fiege, Lagerstättenkundler) von Anfang an erklärt: Salzstöcke sind ein äußerst labiles Gestein, das zudem durch Wasser aufgelöst werden kann, also völlig ungeeignet für ein Endlager sind. Zudem liegt Gorleben in einem Erdbebengebiet. Dieser Meinung schloss sich jüngst die Kommission zur Suche eines Endlager an und schloss Gorleben a priori aus!

Damit können Bayern nicht leben. Söder schloss kurz nach Bekanntgabe der Liste MÖGLICHER Standorte kategorisch aus, dass ein Endlager nach Bayern kommt. Etwas putzig: Immerhin hat Bayern mit fünf Meilern einen großen Teil des Atommülls produziert.

Auch so ein Ding: Die Bayrische Staatsregierung kann darüber gar nicht entscheiden. Diese Entscheidung fällt ebenso durch die Bundesregierung. Ein CSU-Landrat kartete nach: Es müsse EIN Endlager für allen Atommüll geben und zwar in Gorleben. Hat wohl weder Fernsehen geguckt, noch Radio gehört, das Internet befragt oder Zeitung gelesen.

Damit ist bewiesen: Der Größenwahn des Ministerpräsidenten wirkt endemisch bis in die Niederungen der Landkreise.

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Moralischer Geisteszwerg: Helmut Kohl
Am 23. November jährt sich der Brandanschlag von zwei Neonazis auf zwei von deutsch-türkischen Familien bewohnte Häuser in Mölln zum 31. Mal. Drei Todesopfer und neun Schwerverletzte waren zu beklagen.

In ganz Deutschland gab es eine Welle von Trauer- und Protest-Demonstrationen, an denen auch zwei Bundesminister teilnahmen. Nur einer fehlte: Bundeskanzler Helmut Kohl, der „große Kanzler“, nahm zeitgleich am Landesparteitag (!) der Berliner CDU teil. Er ließ durch seinen Sprecher erklären, er wolle keinen „Beileidstourismus“ und es gäbe so viele andere Probleme, um die er sich vordringlich kümmern müsse.

Die beiden Täter, ein 19-Jähriger und ein 25-Jähriger wurden zu zehn Jahren Jugendstrafe bzw. Lebenslänglich verurteilt und wurden nach siebeneinhalb bzw. fünfzehn Jahren entlassen.

Bundeskanzler Kohl regierte bis 1998 weiter und wurde, mit Ehrungen überhäuft, aus seinem Amt verabschiedet. Eine dünne Dreckspur blieb auf seiner Weste: Siehe miniaturen vom 17.06.17 „Ein großer Kanzler“.

Ja, groß an Statur, aber ein moralischer Geisteszwerg.

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Dienstag, 8. August 2023
Gegen Mittelkürzung für politische Bildung!
Das passt ja wie die Faust aufs Auge: Die rechtsextreme AfD steigert ihre Umfragewerte auf über 20%, der Rechtsterrorismus wird immer aggressiver, Lehrer verlassen die Schule, weil sie keine Solidarität erfahren in der Bemühung, den Rechtsextremismus ihrer Schüler zu problematisieren.

Und dann das: Das Bundesinnenministerium kürzt die Mittel für die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) um ein Viertel. Als wüssten wir nicht, wie wichtig politische Bildung in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und zur Festigung der Demokratie ist.

Schon um 2000 gab es einmal eine massive Attacke auf die politische Bildung. Sie wurde immer stärker von Projektförderung geprägt: Nur einzelne Vorhaben wurden zeitlich begrenzt gefördert. Die globalen Mittel im Bund und den Ländern wurden gekürzt. Niedersachsen löste sogar die Landeszentrale auf.

In der Folge nahmen insbesondere unter Jugendlichen rechtsextremes Gedankengut und entsprechende Aktivitäten zu. Jetzt macht die Ampel-Koalition erneut den gleichen Fehler. Dabei hofften die Bildungsträger gerade bei dieser Koalition auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Aber nein, Frau Faeser darf machen, was sie will, und die Koalitionspartner drücken beide Augen zu.

Dabei ist die Front der Träger politischer Bildung geschlossen gegen die komplett kontraproduktiven Kürzungspläne. Das Gegenteil wäre angemessen: die Finanzierung der Träger – von Volkshochschulen über die bpb, die Jugendverbände und andere freie Träger - muss garantiert und möglichst ausgeweitet werden. Kontinuierliche Finanzierung und die Abschaffung von zeitlich begrenzter Projektförderung begründen den Erfolg.

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Montag, 7. August 2023
„Kulturelle Aneignung“ – niemand merkt‘s
Die Spekulationen über „kulturelle Aneignung“ wabern nach wie vor nicht nur im Internet. Unter der Überschrift „Selbstzensur in finsteren Zeiten“ (miniaturen 24.08.2022) habe ich dazu schon geschrieben. Jetzt ist mir ein alter Aufsatz von 1984 wieder in die Hände gekommen, der das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit schön auf den Punkt bringt.

Ich fahre mit einer Gruppe Berliner Hauptschüler im VW-Bus über eine Landstraße; Geschwindigkeit ca. 100 km/h. Ein Schüler stellt Vergleiche an zwischen der Geschwindigkeit auf Berliner Straßen und Landstraßen in Westdeutschland: „Stark, ey, 100 Sachen!“ Dann kommt ein Vergleich mit amerikanischen Autobahnen. A behauptet, es gäbe dort eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 Meilen. Er weiß das von seinem Vater, der schon mal dort war. B widerspricht: Es gibt keine Beschränkung, alle rasen dort wie wahnsinnig. Das geht eine Zeit hin und her, die Behauptungen, werden mit immer neuen Worten und Formulierung wiederholt. Schließlich trumpft B auf: „Auf dem Highway ist die Hölle los!“ Jetzt greift C ein, der die ganze Zeit stumm zugehört hat: „Mann, det is `n Film!“

Beide, A und B, hatten Recht: Jeder hatte SEINE Wahrheit, nur A hat sie aus der – zugegeben durch seinen Vater vermittelten - Realität gewonnen und B aus der Imagination des Films. C klärt den Widerspruch schließlich auf, indem er Wirklichkeit und imaginierte Wirklichkeit trennt.

Und noch etwas: Hat eigentlich jemand schon mal darüber nachgedacht, dass Tattoos – von Medienschaffenden besonders geschätzt – eine exzessive Form kultureller Aneignung sind? Sie stammen, der Name sagt’s schon, aus exotischen Weltgegenden, jedenfalls nicht aus Europa. Sie werden buchstäblich in die Haut injiziert. Eine vollkommenere Aneignung ist kaum noch möglich. Und niemand merkt’s!

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Sonntag, 6. August 2023
Ich hätte nie gedacht, dass mir sowas passieren könnte!
Ich war gewarnt. Zeitungsartikel berichten laufend über den „Enkeltrick“. Leser wie ich reagieren mit Unverständnis für das Handeln der Opfer. Inzwischen bin ich eines anderen belehrt worden.

Ein Anruf schreckte mich aus der Arbeit. Anrufer: Anonym. Das könnte Freundin Z. sein, die ihre Nummer unterdrückt hat. Ich melde mich. Eine freundlich-ernste Frauenstimme stellt sich als Kripobeamtin Sowieso vor, fragt ob ich sitze. - Ja. - Sie habe eine schlechte Nachricht. Eine Person – sagte sie Enkelin oder etwas anderes? – habe einen Verkehrsunfall mit einem Todesopfer verursacht. Ob ich mit ihr reden wolle? Selbstverständlich. Eine Frauenstimme, angebliche unsere Patentochter S., schluchzt und bittet um Hilfe. Die Kripo-Frau mischt sich ein, S. werde jetzt durch eine Polizeipsychologin unterstützt. Sie übergibt an einen Staatsanwalt Dr. Braun. Der erklärt mir, S. käme jetzt in Untersuchungshaft bis ein Richter Weiteres entscheide. Bei Hinterlegung einer Kaution könne S. zunächst Haftverschonung bekommen.

Ich breche zusammen, knalle mit dem Kopf auf die Tischplatte. Braun lässt mir aber keine Zeit. Ich müsse xx xxx € – einen fünfstelligen Betrag - hinterlegen. - So viel habe ich nicht. - Wieviel ich schnell auftreiben könne? - Einen niedrigeren Betrag? - Das ginge auch. Kurz kommt die weinende Frauenstimme noch mal ans Telefon, bis nach wenigen Sekunden die Kripobeamtin eingreift und erneut erklärt, S. werde jetzt psychologisch betreut.

Jetzt folgen sehr exakte Handlungsanweisung, denen ich im Folgenden - völlig durcheinander - genauso exakt folge. Dadurch werde ich entlastet, selbst Entscheidungen treffen zu müssen, was ich auch durch meinen aktuellen Gesundheitszustand nicht konnte.

1. Ich dürfe mit niemandem reden, da S. vermeiden wolle, dass etwas in die Presse kommt.
2. Ich solle das Geld beim Amtsgericht übergeben. Da ich erkläre, dass ich wegen einer Behinderung nicht laufen kann, und am Amtsgericht auch keine Parkmöglichkeit besteht, schlägt er anderes vor.
3. Sie würden mich auf dem Handy anrufen – ich weiß nicht mehr, ob ich die Nummer angegeben habe – und ich dürfe das Handy nicht ausschalten, sonst würde S. gefährdet.
4. Ich müsse zur Bank fahren und das Geld abheben. Dort solle ich auf Fragen der Angestellten, wofür ich so viel Geld brauche, sagen, ich wolle ein Auto kaufen.
5. Vor der Bank würde mir per Handy ein Treffpunkt für die Geldübergabe genannt. Ich würde auch eine Quittung bekommen.
6. Es setzt eine Art Hyperaktivität ein. Ich klaube die Fahrzeugpapiere, Personalausweis und Bankkarte zusammen und mache mich auf den Weg.
Im Flur begegne ich meiner Frau, die gerade nach Hause kommt. In Eile sage ich ihr, ich müsse schnell weg und ich dürfe nicht mit ihr reden. Dann sitze ich im Auto auf dem Weg zur Bank. Zwischendurch kommen aus dem Handy immer wieder besorgte, immer heftigere Fragen, ob ich wirklich allein sei. Zuletzt reagiere ich wütend.

Jetzt setzt ein neuer Prozess bei mir ein. Ist das am Ende ein Enkeltrick? Oder ist S. wirklich in Gefahr? Hin und her, her und hin. Jetzt fällt mir die Nervosität der "Kripobeamtin" auf. Je länger die Autofahrt dauert, desto größer werden meine Zweifel. Durch Zufall komme ich an einer Polizeiwache vorbei. Da fällt mein Entschluss. Ich biege links ab, fahre vor die Wache, steige aus, gehe mit dem Handy in der Hand rein. Die Beamtin am Schalter checkt die Situation: Stellen Sie schnell das Handy aus. Wieder bin ich froh, dass mir jemand sagt, was ich tun kann. Sofort kommen immer wieder neue Anrufe, die ich gleich wegdrücke. Offensichtlich soll mein Handy blockiert werden. Ich rufe zur Sicherheit erst mal S., dann meine Frau an und gebe „Entwarnung“. Bevorzugt nimmt ein Beamter meine Anzeige auf. Und sagt immer wieder: „Das ist typisch. Gut, dass Sie zu uns gekommen sind!“

Klar ist: Die Polizei würde nie einen solchen Fall telefonisch bearbeiten, sondern ins Haus kommen. Das Feilschen um die Höhe des Betrags – völlig unglaubwürdig. Haft bei S. eher ausgeschlossen (geordnete Verhältnisse). Die Kaution, das Schweigegebot, die lückenlose Kontrolle, die Lüge mit dem Autokauf, Geldübergabe auf einem Parkplatz – alles aus dem Werkzeugkoffer von Erpressern!

Es gibt einige Gründe für mein Verhalten: Der Schock, das selbstbewusste Auftreten der „Kripobeamtin“ und des Staatsanwalts, ihre Flexibilität, die exakten Handlungsanweisungen, eine perfekte Inszenierung, psychologische „Kriegführung“ und immer wieder der erste und andauernde Schock!

Ich wusste und weiß, dass alles, was die Erpresser behauptet haben, Lügen waren. An mehreren Stellen hätte ich stutzen müssen. Ich tat es nicht, schlicht weil ich unter Schock stand und in einer labilen Lage war!

Ich halte mich für einen rationalen Menschen. Das Beispiel zeigt, wie brüchig dieser Schild ist. Einige gezielte Stiche brechen ihn auf. Aber unter dem Druck war immer noch rationales Handeln möglich: Mitnahme der Papiere, Autofahrt. Nur die Grundannahme - S. ist in Gefahr; Hilfe scheint möglich – wurde nicht angezweifelt. Ein erschreckendes Szenario. Ich hätte es vorher so niemals für möglich gehalten.

Nachtrag: Drei Monate später bekomme ich eine E-Mail: Kinderpornografie im Internet sei strafbar. Ich sei verdächtig und solle …. Was, habe ich nicht gelesen, weil ich die E-Mail sofort gelöscht habe.

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Samstag, 5. August 2023
Flüchtlingspolitik im Karussell
Es ist immer wieder das gleiche Karussell: Die Konservativen machen einen Vorstoß für eine Gesetzesänderung, der von den „Fortschrittlichen“ zurückgewiesen wird. Bald darauf greifen die „Fortschrittlichen“ mit dezent veränderten Variationen das Thema auf und machen, was die Konservativen wollen.

Genauso jetzt in der Flüchtlingspolitik. Es ist nicht lange her, da forderte die CDU im Bundestag die Verlängerung des Ausreisegewahrsams, um Abschiebungen zu erleichtern. Aus der SPD-Fraktion wurde das zurückgewiesen. Und jetzt kommt Innenministerin Faeser mit einer Variation und detaillierten Vorschriften für genau dasselbe um die Ecke.

Der Ausreisegewahrsam soll von 10 auf 28 Tage verlängert werden, damit die Behörden die Abschiebung besser vorbereiten und effektiver durchführen können. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsbedingungen sollen als Haftgründe herhalten.

Behördenvertreter, das ist dann im Regelfall die Polizei, sollen in Gemeinschaftsunterkünften die Zimmer der Flüchtlinge, die Gemeinschafträume und Räume der MitbewohnerInnen betreten dürfen. Ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz, ohne die 2/3-Mehrheit des Parlaments zu fragen. (Art. 1 GG: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Art. 13 GG: Die Wohnung ist unverletzlich.)

Alles geht über das von der CDU geforderte hinaus. Dennoch dreht sich das Karussell wieder: Der CDU kommt das alles zu spät – wie originell – und ist ihr zu wenig.

Widerstand aus der Koalition: schwachbrüstig von einzelnen Grünen, aus der SPD nicht vernehmbar und der FDP ist es schon recht.

Wirkliche Opposition kommt nur aus der Zivilgesellschaft, etwa Pro Asyl. Nur die AfD högt sich heimlich. Die Sache läuft wie geschmiert ganz in ihrem Sinn.

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Dienstag, 1. August 2023
Schweinebraten statt Demokratie
Söder macht Wahlkampf – unermüdlich tingelt er täglich durch bis zu fünf Events, Stadtfeste und Talk-Shows – von Lanz bis Maischberger – und verkündet seine Botschaft: Bayern ist Top, Berlin und die Grünen sind Flop. Dabei verbindet er umstrittene Fakten mit Falschmeldungen und Behauptungen.

Nur eins stimmt: Bayern steht wirtschaftlich stabil da. Dem steht aber eine Reihe von Negativen entgegen: In Sachen Wohnungsbau hat das Land von geplanten 10.000 Wohnungen bisher magere 7% erreicht. In Sachen ÖPNV rangiert es neben MV auf dem letzten Platz. Windkraft? Nur 1% im Bundesvergleich. Klimaschutz? Die bayerischen Emissionen steigen. Flächenfraß? Statt täglich max. fünf werden zehn Hektar verbraucht.

Söders Hauptfeind ist Berlin, will sagen die Bundesregierung und besonders die Grünen. O-Ton Söder: „Jede bayerische Gemeinde hat mehr Verstand als die Regierungsparteien in Berlin.“ Mit derlei Populismus setzt er sich in Widerspruch zu einem seiner Vorgänger im Amt – Franz-Josef Strauß, der befand vergleichsweise liberal, man müsse „dem Volk aufs Maul schauen, ihm aber nicht nach dem Mund reden.“

Söders Populismus dagegen stellt das „Volk“ gegen die Eliten. Fakten? Eher unbeliebt: Bayern solle eigene AKW bauen, nachdem der Bund ausgestiegen ist. Ist rechtlich nicht möglich, scheint dem „Volk“ aber plausibel. Die in Berlin wollen den Menschen den Schweinbraten und die Heizung verbieten bzw. die Wärmepumpe vorschreiben, dafür das Gendern aufzwingen usw. Der Länderfinanzausgleich ist ungerecht für Bayern, was so gesagt unrichtig ist. Denn wo liegen die Häfen, in denen bayerische Autos exportiert werden? Und wo kommt der Industrie-Strom für bayerische Werke her. Aus Norddeutschland. Nicht alles glauben dann seine Zuhörenden, aber das eine oder andere doch: semper aliquid haeret.

Die rechtsextreme AfD kommt in seinen Reden nicht vor, als existiere sie in Bayern gar nicht. Sollte Söder klammheimlich auf eine immerhin mögliche Koalition mit der AfD spekulieren? Aktuell sehen Umfragen so aus, dass die CSU nur mit den Grünen eine Mehrheit bilden könne. Und das geht für Söder nun gar nicht. Auch CDU und SPD werden weitgehend ignoriert. Um die Grünen klein zu halten, steht der Hauptfeind links vornehmlich in Form der Grünen.

In Sachen praktischer Demokratie ist Söder extrem faul: 2022 schwänzte er im Landtag 25 von 30 Parlamentssitzungen.

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Samstag, 29. Juli 2023
Finstere Zeiten
O.K., als Jahrgang 1942 gehöre ich nicht mehr zu den ganz Jungen, sondern eher zu den ganz Alten. Ich stelle mir nur manchmal vor, ich wäre, sagen wir, 1957 als Scheintoter eingefroren worden und in der Gegenwart wieder aufgewacht. Da wären mir bestimmte Dinge sehr vertraut vorgekommen, andere dafür umso fremder.

Stichwort Flüchtlinge: Die gab es damals mehr als heute, nämlich 13 Millionen. Sie sprachen teilweise eine exotische Sprache – z.B. Ostpreußisch oder Schlesisch – waren aber weiß, hatten einen deutschen Personalausweis zusätzlich zum Flüchtlingsausweis, lebten noch immer in Notunterkünften (Baracken, ehemaligen Kasernen) und waren keinesfalls willkommen.

Homosexuelle trafen sich an obskuren Orten oder in dunklen Parkecken und wurden, wenn sie erwischt wurden, mit Gefängnis und gesellschaftlicher Ächtung bestraft. Trans-Männer oder Frauen gab es offiziell gar nicht, inoffiziell lebten sie im Verborgenen.

In der Gegenwart aufgewacht, würde ich mir erst mal die Augen reiben und vermuten, ich würde noch träumen. Da machen sich „linke“ PolitikerInnen Gedanken darüber, ob Transmänner in die Damensauna dürfen. Damals wären sie in die Sauna gegangen, die ihnen ihre Geburtsurkunde zuwies. Homosexuelle Männer trafen sich in ihnen, natürlich heimlich, vorbehaltenen Saunen; Damentage gab es schon immer und in allen Saunen.

Die Parteienlandschaft war damals sehr überschaubar: Konservative (CDU) und Liberale (FDP) boten Alt- und Neunazis ein Forum. Links gab es die SPD und die später verbotene KPD. Neonazistische Splitterparteien kümmerten oder waren eingegangen oder verboten worden (SRP).

Dass derartige „Probleme“ bestimmten Menschen heute Kopfschmerzen bereiten, mag subjektiv nachvollziehbar zu sein, objektiv waren das damals allenfalls „Nebenwidersprüche“. Die Hauptwidersprüche waren materielle Not für die meisten, Wohnraumnot, Arbeitslosigkeit.

Wahrlich, ich leb(t)e in finsteren Zeiten (frei nach Brecht).

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Freitag, 28. Juli 2023
Rechtsextreme Traumtänzer
Man soll - nicht nur den rechtsextremen – Feind nicht auf die leichte Schulter nehmen, er könnte sich da unangenehm bemerkbar machen (frei nach Brecht). Bei der AfD fällt das zunehmenden schwer.

In Kommunalwahlkämpfen galt das zuletzt besonders. So wurde auf Plakaten gefordert: die Abschaffung des Euro, Sperre für Flüchtlinge, gegen Genderkultur usw. Alles Dinge, die auf der kommunalen Ebene nun wirklich nicht umzusetzen sind. Während es dort um Schulbau, Fahrradwege und Neuansiedlung von Betrieben geht, haben Kommunen keinerlei Einfluss z.B. auf die Flüchtlingspolitik. Dass die Partei dennoch erschreckend hohe Wahlergebnisse einfuhr, zeigt wie politisch unmündig ihre Wähler sind.

Auch vor dem Bundesparteitag der AfD fällt auf, wie abgehoben die Partei oder jedenfalls bestimmte Kandidaten Politik verstehen. So wollen sie die EU „geordnet auflösen“, eine Forderung, die selbst bei den rechtsextremen Parteien anderer europäischer Länder keine Sympathien findet. Der nationalkonservative Ungar Orban sieht sich „gezwungen, auf dem Altar guter zwischenstaatlicher Beziehungen die Beziehungen zur AfD zu opfern“.

Da die AfD getreu der Parole „gelobt sei, was hart macht“, kaum in der Lage sein wird, ihren Kurs abzuschwächen, sondern vielmehr verschärfen wird, erwarten Witzbolde die nächste Forderung „Aufhebung der Schwerkraft“, damit die AfD auch physisch abheben kann.

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Freitag, 21. Juli 2023
Frei gegen individuelles Asylrecht
Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktionen, will das individuelle Asylrecht abschaffen. Merke: Das Asylrecht ist nach Art 16a Grundgesetz ein Grundrecht. Frei will das jetzt ändern: Statt Asyl für politisch Verfolgte soll ein Kontingent von 400.000 jährlich in die EU einreisen dürfen, die auf die EU verteilt werden.

Art 16 a gehört nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik zu den unveräußerlichen Grundrechten, die nicht verweigert werden dürfen. Da sehen wir mal wieder, wer die Grundrechte in der Verfassung abschaffen will: Nicht irgendwelche Linke oder Anarchisten, sondern ein Parlamentarier der CDU.

Es gibt kein anderes als das individuelle Grundrecht auf Asyl. Wer sind die Verfassungsfeinde? Nicht irgendwelche wildgewordenen Linken oder Anarchisten, sondern ein gewählter Parlamentarier einer großen Partei, der CDU.

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AfD-Wähler keine Nazis?
Bodo Ramelow (Linke), Ministerpräsident in Thüringen, hat ein großes Herz. Er meint, dass die 52% der Wähler im Kreis Sonneberg nicht Nazis genannt werden dürfen, nur weil sie den AfD-Kandidaten gewählt haben. Nun ist die AfD, vornehmlich in Thüringen, eine rechtsextreme Partei, deren Landesvorsitzender Höcke als Nazi bezeichnet werden darf, laut Gerichtsbeschluss.

Warum, bitte schön, wählen Menschen eine rechtsextreme Partei? Na, weil sie selber rechtsextrem sind. Ob ich sie dann Rechtsextreme oder Nazis nenne, ist Auslegungssache. Jedenfalls sind sie wohl keine Demokraten.

Die Causa erinnert an 1932/33, als die Nazi-Partei mit der Mehrzahl der Wähler legal die Macht übernehmen konnte. Sie wählten die Nazis, waren aber selber keine? Wie denn das? Sie mögen, wie die AfD-Wähler, keine Parteimitglieder gewesen sein. Aber macht das einen Unterschied? Der Endeffekt hieß damals Hitler und die Abschaffung der Demokratie. Sollte Höcke, ganz legal, auf diese Weise die Demokratie aus den Angeln heben?

Nie wieder Faschismus! Die Parole Herrn Ramelow ins Stammbuch.

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Samstag, 8. Juli 2023
Besen als methodisches Hilfsmittel
Im stockkatholischen Emsland sah sich zu Beginn der HIV-Epidemie die Schulbehörde gezwungen, den SchülerInnen den Umgang mit Kondomen zu vermitteln.

Das Lehrpersonal verfügte aus religiösen Gründen über geringe Erfahrungen. Verschiedene Vermittlungsmethoden wurden ventiliert und verworfen. Schließlich einigte man sich darauf, den SchülerInnen den Gebrauch des Verhüterlis mittels eines Besenstiels zu demonstrieren.

Wochenlang überlegten die Schüler, ob es praktisch sei, zu jedem Date einen Besenstiel mitzunehmen.

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