Sonntag, 28. Juli 2024
Chronologie der Schande
jf.bremen, 13:56h
Am erste August jährt sich das Ende des §175 zum dreißigsten Mal. Es endete 1994 die Chronologie der Schande, die nicht erst 1871 begann und 1994 nicht wirkliche endete.
Das neue deutsche Kaiserreich nahm 1871 den „Straftatbestand der widernatürlichen Unzucht“ – gemeint war „Beischlaf“ - in sein Strafgesetzbuch auf. Schon der Titel wirft Fragen auf: „Widernatürliche Unzucht“ Hieß das nicht, dass es eine natürliche Unzucht gibt? Ist Gleichgeschlechtliche Liebe „Unzucht“?
Jedenfalls wurde das mit Freiheitsstrafe / Zuchthaus bestraft. Das war neu, denn bisher wurden Homosexuelle gesellschaftlich geächtete, wozu die christliche Religion das ihre gewaltig beitrug.
Der § überlebte allen gesellschaftlichen Wandel, bis 1935 die Nazis die Schande durch eine Verschärfung toppten. Der Straftatbestand wurde von „Beischlaf“ auf „sexuelle Handlungen“ erweitert. Schwule wurden mit Freiheitsstrafen bis zum KZ verfolgt und dort zudem umgebracht.
Erst dreißig Jahre später rührte sich Widerstand. Inzwischen waren Hunderte, Tausende Opfer des Paragrafen. Angeregt durch den allgemeinen gesellschaftlichen Umbruch wurde der Paragraf 1996 liberalisiert. Gleichgeschlechtliche Männer über 21 Jahren konnten nicht mehr bestraft werden. Der damalige Justizminister und spätere Bundespräsident Gustav Heinemann hatte dazu wesentlich beigetragen. Aber die gesellschaftliche Ächtung der Betroffenen dauerte an.
Einen kleinen Fortschritt gab es 1973, als das „Schutzalter“ auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Erst am 31. Mai 1994 wurde der § komplett gestrichen. Noch in diesem Jahre wurden 44 „Täter“ verurteilt.
Eine Sonderrolle nimmt die DDR ein. Dort wurde der § von Anfang an gestrichen. Durch die Vereinigung 1990 ergab sich die paradoxe Situation, dass in beiden Teilen das alte Recht fortexistierte. Was in der ehem. DDR erlaubt war, blieb in der BRD weiter verboten. Mit Zähnen und Klauen verteidigten die Konservativen und Klerikalen das überkommene Recht.
Was für alle „Reformen“ des § 175 galt, gilt weiter – die gesellschaftliche Ächtung durch große Teile der Gesellschaft.
Das neue deutsche Kaiserreich nahm 1871 den „Straftatbestand der widernatürlichen Unzucht“ – gemeint war „Beischlaf“ - in sein Strafgesetzbuch auf. Schon der Titel wirft Fragen auf: „Widernatürliche Unzucht“ Hieß das nicht, dass es eine natürliche Unzucht gibt? Ist Gleichgeschlechtliche Liebe „Unzucht“?
Jedenfalls wurde das mit Freiheitsstrafe / Zuchthaus bestraft. Das war neu, denn bisher wurden Homosexuelle gesellschaftlich geächtete, wozu die christliche Religion das ihre gewaltig beitrug.
Der § überlebte allen gesellschaftlichen Wandel, bis 1935 die Nazis die Schande durch eine Verschärfung toppten. Der Straftatbestand wurde von „Beischlaf“ auf „sexuelle Handlungen“ erweitert. Schwule wurden mit Freiheitsstrafen bis zum KZ verfolgt und dort zudem umgebracht.
Erst dreißig Jahre später rührte sich Widerstand. Inzwischen waren Hunderte, Tausende Opfer des Paragrafen. Angeregt durch den allgemeinen gesellschaftlichen Umbruch wurde der Paragraf 1996 liberalisiert. Gleichgeschlechtliche Männer über 21 Jahren konnten nicht mehr bestraft werden. Der damalige Justizminister und spätere Bundespräsident Gustav Heinemann hatte dazu wesentlich beigetragen. Aber die gesellschaftliche Ächtung der Betroffenen dauerte an.
Einen kleinen Fortschritt gab es 1973, als das „Schutzalter“ auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Erst am 31. Mai 1994 wurde der § komplett gestrichen. Noch in diesem Jahre wurden 44 „Täter“ verurteilt.
Eine Sonderrolle nimmt die DDR ein. Dort wurde der § von Anfang an gestrichen. Durch die Vereinigung 1990 ergab sich die paradoxe Situation, dass in beiden Teilen das alte Recht fortexistierte. Was in der ehem. DDR erlaubt war, blieb in der BRD weiter verboten. Mit Zähnen und Klauen verteidigten die Konservativen und Klerikalen das überkommene Recht.
Was für alle „Reformen“ des § 175 galt, gilt weiter – die gesellschaftliche Ächtung durch große Teile der Gesellschaft.
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