Samstag, 6. Juli 2024
Alter schützt vor Torheit nicht
Serge Klarsfeld (88) ist bekannt als Nazi-Jäger. Er ist französischer Jude und Holocaustüberlebender. Er und seine Frau Beate haben ihre Leben geweiht, Nazis zu ermitteln und vor Gericht zu bringen.

Und nun die Kehrtwende: Bei der anstehenden Neuwahl der französischen Nationalversammlung ruft er auf, das rechtsextreme Rassemblement National (RN) zu wählen. Angeblich sei Marine Le Pen, die Vorsitzende des RN, keine Antisemitin mehr, sondern demonstriere gegen den Islamismus. „Die Linke“ hingegen sei antisemitisch.

Nun ja, in der Tat hat das RN zu einer Demo gegen Antisemitismus aufgerufen. Kenner der französischen Szene vermuten, aus rein taktischen Gründen, um die Chancen des RN zu verbessern, die Wahl zu gewinnen. Umgekehrt sind die linken Parteien, vereinigt zu einer neuen „Front Populaire“, keineswegs durchweg antisemitisch. Ihre Mitglieder sind sich nur in taktischen Fragen uneinig.

Serge Klarsfeld ficht das nicht an. Er übersieht großzügig einige politische Fakten und beharrt stur auf dem Diktum, die RN zu wählen. Was ein mehrheitlich rechts-nationalistisches Parlament in Sachen Fremdenfeindlichkeit, Soziales, Umwelt und Klimawandel, Justiz und Verwaltung, Polizei und Militär und Europa bedeutet, mag man sich als Demokrat gar nicht ausdenken.

Dass Klarsfeld es ablehnt, als Politiker bezeichnet zu werden, ist auch kein Trost. Seine Bekanntheit und sein moralischer Ruf haben Einfluss – einen inzwischen fatalen.
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