Montag, 10. Juni 2024
Geiselbefreiung mit Kollateralschaden – Netanyahu geht über Leichen
Mit Jubel begrüßt wurden vier Geiseln in Israel nach ihrer Befreiung durch die israelische Armee. Bei den Palästinensern – besonders denen in Gasa – dürfte keine Jubelstimmung aufgekommen sein, im Gegenteil. Die Militäraktion forderte bis zu einhundert Tote unter den Zivilisten und z.T. bei der Hamas.

Nachdem die vier Geiseln in einem Flüchtlingsviertel geortet worden waren, griff die Armee zwei Häuser an. Unterstützt wurde sie u.a. durch US-Spezialkräfte. Es kam zu einem längeren Schusswechsel mit der Hamas, bei dem es auch zu Verletzten und einem Todesopfer bei den israelischen Soldaten kam.

Das Hochgefühl der befreiten Geiseln und ihrer Angehörigen ist nicht ungeteilt. Die Aktion ist ein erneuter Beweis für die völlig verfehlte Strategie der Regierung. Dem Ziel der Geiselbefreiung werden alle anderen Überlegungen untergeordnet. Hätte man das und ein besseres Ergebnis nicht mit anderen Mitteln erreichen können? Ja, hätte man. Aber Netanyahu und seine rechtsextreme Ministerrunde haben nun mal auf die militärische Karte gesetzt und weichen keinen Millimeter davon ab – gegen alle Vernunft.

Gerade gab es Vorschläge von den USA, auch von Hamas, arabischen Staaten und aus Europa. Alles abgelehnt, ertönte Netanyahu.

Der Angriff war bewusst terminiert worden. Der Oppositionsführer im Kriegskabinett – Benny Gantz - hatte kurz vorher von Netanyahu gefordert, einen Plan für Gasa nach dem Krieg bis zum 8.6. auszuarbeiten. Andernfalls werde er das Kabinett verlassen. Netanyahu dachte nicht daran, das Ultimatum anzunehmen, stattdessen brüskierte er Gantz durch den Angriff und entzog ihm die Grundlage.

Die einzig vernünftige Folgerung aus dem ganzen Debakel kann nur sein, die weiteren Geiseln auf dem Verhandlungsweg zu befreien. Fünfundzwanzig Tote pro Geisel sind ein zu hoher Preis. Realistisch muss man vermuten, dass die Zeichen nicht dafür stehen, leider.

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