Freitag, 18. Oktober 2024
Kesseltreiben gegen politische Bildung
Das Kesseltreiben gegen die staatlichen und nichtstaatlichen Träger der politischen Bildung wird intensiviert. In NRW (schwarz-grün) wurde der Versuch, die Landeszentrale für politische Bildung (LzpB) eng an ministerielle Vorgaben zu binden, nur durch massiven Protest nicht verhindert, sondern lediglich abgemildert. In Thüringen (rot-rot-grün) sollte das Programm der LzpB durch das Parlament kontrolliert werden. Die Bundeszentrale für politische Bildung beklagt zunehmenden Druck des Innenministeriums.

In Berlin kocht die Debatte sehr hoch. Die für die LzpB zuständige Bildungssenatorin problematisiert sogar einzelne Angebote und wirft ihr „linken woken Quatsch“ vor. Der uralte Trick wird wieder angewendet, einzelne Veranstaltungen rauszupicken, die abseitig zu sein scheinen. Hier ist es ein Siebdruckseminar. Was eigentlich spricht gegen einen solchen Kurs? Immerhin lassen sich so auch politische Inhalte transportieren.

Wenn man von dem erprobten Prinzip ausgeht, dass politische Bildung ein konstituierender Teil aller Angebote sein sollte, dann wird der Sinn deutlich. In meiner aktiven Zeit habe ich ein explizites Konzept der Verbindung von politischer und kultureller Bildung entwickelt und über Jahre erfolgreich umgesetzt. Schon damals musste ich Fragen u.a. der CDU beantworten.

Wir scheinen wieder da angekommen zu sein, wo die Tradition der politischen Bildung nach 1949 begann: Politische Bildung diente ausschließlich dem Antikommunismus und dem was dafür gehalten wurde. Daher rührt auch der Fakt, dass die Zentralen noch heute überwiegend den Innenministerien unterstehen. Heute soll die Bindung an Regierung und die Kontrolle der Inhalte diese ungute Tradition wiederzubeleben.

Nicht zufällig ist der Zeitpunkt. Seit Jahren schon wettert die AfD gegen politische Bildung, auch in der Schule. Sie animiert SchülerInnen, LehrerInnen zu verpetzen, die kritische, antifaschistische Themen behandeln. Man kann sicher sein, dass Listen der denunzierten LehrerInnen geführt werden. Und Höcke hat schon angekündigt, was passiert, wenn die AfD die Macht übernimmt: „diese sogenannte Zivilgesellschaft, die sich aus Steuern finanziert und daraus ernährt“ soll „trockengelegt“ werden.

Und wieder funktioniert der alte ganz schlimme Mechanismus: Die Rechten lassen nicht locker, fordern, drohen und denunzieren so lange, bis bestimmte demokratische Parteien „parieren“ – in Fällen wie Berlin und NRW die CDU. Das zu verhindern ist auch die Aufgabe politischer Bildung!

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Mittwoch, 16. Oktober 2024
Israels Kampf gegen UN-Friedenstruppe
In den zwanzig Jahren, die ich deutsch-israelische Begegnungsprogramme organisiert habe, begegneten mir immer wieder Vorurteile seitens israelischer Teilnehmender über die UN-Friedenstruppe, nicht nur die an der israelisch-libanesischen Grenze. UN wurde mit „united nothing“ übersetzt. Die UN-Soldaten würden ihre satten Dollarbezüge in Beirut und auch in Israel verprassen. Ein Sinn wurde der Friedensmission nicht zugebilligt.

Tatsächlich war die UN-Truppe wenig effektiv. Ihre Anwesenheit konnte nichts mehr sein als symbolisch. Sie durfte weder gegenüber libanesischen noch israelischen Soldaten oder der Hisbollah die Waffen gebrauchen. Die waren nur zur Selbstverteidigung erlaubt.

Inzwischen scheint die israelisch Armee (IDF) „united nothing“ praktisch werden zu lassen. Gehäuft greift sie nicht nur UN-Einrichtungen – Wachtürme, Bunker, Überwachungskameras – an, sondern nahm auch UN-Soldaten unter Feuer und setzte einen chemischen Kampfstoff ein. Zuletzt verwundeten sie fünf Blauhelmsoldaten. Eine militärisch-strategischer Sinn lässt sich dafür nicht erkennen.

Die Armee scheint den Auftrag von Netanyahu ernst zu nehmen, die UN zu vertreiben („sofortiger“ Abzug). Die israelische Regierung scheute nicht einmal davor zurück, den UN-Generalsekretär Guterres mit Verhaftung zu bedrohen.

Es fällt mir immer schwerer das Vorgehen Israels in Gaza, der besetzten Westbank und im Libanon zu vertreten. Klar, Israel wurde am 7.10.23 von der Hamas äußerst brutal überfallen, aber die Reaktion der IDF überschreiten inzwischen alle Grenzen. Bis zu 50.000 Zivilisten wurden bereits getötet, vorgeblich, um Hamas-Führer zu treffen. Netanyahus Plan, die Hamas zu zerschlagen ist zum Scheitern verurteilt, denn jedeR tote palästinensische Tote schürt den Hass auf Israel und fördert die Unterstützung für die Hamas.

Der einzige Ausweg ist die Einstellung der Kämpfe, um welchen Preis auch immer. Und eins ist sicher: so bekommt man die gefangenen Geiseln nicht frei. Selbst hohe Militärführen bezweifeln inzwischen, dass die Regierung die Geiseln überhaupt befreien WILL.

Und Deutschland: befördert den Wahnsinn durch weitere Waffenlieferungen und halbherzige Appelle an die rechtsextreme Regierung Netanyahus.

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Klopp bei Red Bull – ein Sündenfall?
Neulich gab es einen Aufstand der Fans, weil der ehemalige Trainer verschiedener Bundesliga-Vereine (u.a. Borussia Dortmund) Manager bei Red Bull und für Vereine in Leipzig, Salzburg und New York zuständig werden soll.

Nun bin ich kein ausgesprochener Fußball-Fan, also kann man mir Inkompetenz vorwerfen. Aber ich kann 1 + 1 zusammenzählen. Mir ist nicht nachvollziehbar, warum gerade bei Klopp und bei Red Bull so eine Empörung herrscht. Immerhin war Klopp schon früher für den RB Leipzig tätig, der von Red Bull gesponsert wird. Da gibt es einen guten Draht.

Andererseits ist nicht nachvollziehbar, warum gerade Red Bull so schlecht wegkommt bei den Fans. Wie gesagt: Nicht nur dass RB Leipzig von Red Bull mit 35 Mio. € gesponsert wird, sondern andere Vereine haben ebenfalls mächtige Sponsoren: VfL Wolfsburg führt den Reigen an mit 70 Mio. € von VW, dann FC Bayern mit 45 Mio. von der Telecom. Dass Borussia Dortmund von 1&1, Evonik und früher von RWE Geld bekommt bzw. bekam, schien kein Skandal zu sein. Skandalös ist zweifelsohne der Fall Schalke: der Verein bekommt 20 Mio. € vom RUSSISCHEN Staatsbetrieb Gazprom, mitten in Russlands Krieg gegen die Ukraine.

Vor Jahren gab es laute Kritik an SV Werder Bremen, weil er sich von Wiesenhof mit mageren 8 Mio. bezuschussen ließ. Da gab es immerhin eine inhaltliche Begründung: Der Hühner-Baron war verrufen wegen seiner Tierhaltung. Genützt hat es nichts. Werders Spieler liefen mehrere Spielzeiten mit Wiesenhof-Trikots auf.
So what?

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Kritik an Bremer Freikarte
Der Bund der Steuerzahler legt sein jährliches „Gutachten“ vor, das wenig Überraschungen bietet. Da wird z.B. die Freikarte kritisiert, mit der u.a. Kinder und Jugendliche kostenfrei kulturelle, sportliche und Freizeit-Angebote nutzen können. Es könne nicht Aufgabe des Staates ein, Kindern die Karussellfahrt zu finanzieren. Ne, wirklich nicht, wenn es nur die Karussellfahrt wäre – obwohl auch die zur Kultur gehört. Tatsächlich gehören dazu u.a. Museums- und Konzert-Besuche.
Das Geld solle besser in die Bildung u.a. Nachhilfestunden investiert werden. Ja, was bitte ist ein Museumsbesuch anderes als Bildung? Da hat der Lobbyverband einen etwas sehr reduzierten Bildungsbegriff. Der Vergleich zwischen Freimarkt und Schule hinkt an dieser Stelle auf allen Beinen.
Der Steuerzahlerbund ist ein Lobby-Verband, der primär die Interessen der Wirtschaft vertritt. Er kritisiert vielleicht mit Recht die missbräuchliche Verwendung von Geld, aber politische Entscheidungen – wie die Freikarte – gehören nicht eigentlich zu seiner Kompetenz. Da mischt er sich ebenso wie Rechnungshöfe in etwas ein, was diese nichts angeht.

Dieser Text wurde als Leserbrief vom Weserkurier abgelehnt; angeblich enthalte er falsche Behauptungen.
Vgl. miniaturen 10.10.24 "Schwarzbuch der Inkompetenz"

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Erweiterung der EU auf dem Balkan
Europa ist eine großartige Idee, geboren aus den Erfahrungen mit dem Faschismus und zweier Weltkriege. Aus der Wirtschaftsunion entwickelte sich eine umfassende politische europäische Union. Z.Zt. stehen wieder Neuaufnahmen von Westbalkan-Staaten an. Die Debatte dreht sich dabei im Wesentlichen um Wirtschaftsfragen, wie das Interview in der taz mit Ulf Brunner von der Universität Regensburg zeigt.

Bisherige Erfahrungen mit ehemaligen Ostblockstaaten legen nahe, außer auf die Wirtschaft vor allem auf die demokratische, gesellschaftliche, rechtliche Entwicklung zu blicken. In Ungarn herrscht uneingeschränkt ein Quasi-Diktator ohne Rechtssicherheit, Meinungsfreiheit, demokratische Rechte – Wahlen! – für die Bürger. Polen ist gerade mal noch gut gegangen. Bulgarien und Rumänien geben auch keine glänzenden Beispiele für Demokratie. Die Lage in der Slowakei ist prekär.

Europa sollte daher gewarnt sein und genau auf die Essentials der Europäischen Charta zu achten. Allein die Drohung von Russlands wachsendem Einfluss auf dem Balkan kann kein Grund für einen beschleunigten Aufnahmeprozess sein.

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Sonntag, 13. Oktober 2024
Korruption – nicht nur Jugend-Delikt
Die alte Volksweisheit, Politiker müsste erst mal „das Leben“ kennen lernen, bevor sie in die Politik gehen, bewahrheitete sich in den letzten Jahren dramatisch. Dabei ist die Unerfahrenheit weniger das Problem, sondern der fehlende moralische Kompass. Wer vor Erreichen des 30. Lebensjahres schon Macht und Ansehen gewinnt und scheinbar durch „das Volk“ legitimiert ist, verliert leicht die Orientierung.

Beispiele? Gern. Vor Jahren, als der überraschende Ausgang der Landtagswahlen in Niedersachsen ganz junge Männer und Frauen ins Parlament spülte, wurde Thorsten Thümler (CDU) weniger durch sein politisches, als vielmehr sein kriminelles Profil bekannt. Kaum gewählt, knapp über 30, wurde er jugendpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und beging in Reihe Delikte wie Hochstapelei, Betrug, Urkundenfälschung, üble Nachrede gegen Parteikollegen, unerlaubtes Führen akademischer Titel, Diebstahl usw. Die CDU schmiss ihn raus.

Schnell fand er Zugang bei der AfD, zumal er sich bereits vorher wegen diverser rechtsextremer Kontakte und Aktivitäten empfohlen hatte. Schnell wurde er Geschäftsführer der AfD in Hamburg, wo er seine kriminellen Aktivitäten fortsetzte, bis er dort entlassen wurde. Er fand Unterschlupf in Niedersachsen, ließ aber in seinen kriminellen Aktivitäten nicht nach. Zwischenzeitlich heiratete er seine ebenfalls in seine kriminellen Aktivitäten verwickelte Lebensgefährtin und nahm deren Namen, Prinzler, an. Bonny and Clyde bei uns. Wir wollen es dabei belassen, wer Genaues wissen will: Das Internet bietet reichlich Auskunft.

Nicht ganz so toll trieb es Philipp Amthor (Jg. 1992) (CDU) aus Ueckermünde. Bereits 2008 engagierte er sich in der CDU, machte dort schnell Kariere und wurde 2017 mit 25 Jahren in den Bundestag gewählt. Seine Liste politischer Ämter sprengt den Rahmen dieses Textes. Sein Ehrgeiz konzentrierte sich nicht allein auf die Politik, er wurde auch in einer Wirtschaftskanzlei später in einem IT-Unternehmen aktiv. Hier lockten ihn das große Geld und die große weite Welt. Aktienoptionen katapultierten ihn den Aufsichtsrat. Seine „Dienst“-Reisen brachten ihn nach New York, Korsika und St. Moritz. Auf Briefpapier des Bundestags betrieb er Lobby-Arbeit. Verdacht gegen Amthor bestand wegen Bestechlichkeit und Annahme geldwerter Zuwendung, was dem Staatsanwalt aber nicht für eine Anklage reichte.
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Immerhin war der Abgeordnete weniger kriminell als Thümler und zog seinen Hals immer wieder aus der Schlinge, so dass er inzwischen in der CDU-Fraktion ein gutes Standing hat.

Den Jungspunden in der Politik können die neu gewonnene Macht und das Ansehen schnell zu Kopf steigen. Dies sind nur zwei besonders eklatante Fälle. Dahinter oder daneben gibt es Dutzende vergleichbarer, aber weniger spektakulärer Fälle.

Dass auch die älteren Jahrgänge unter den Politikern nicht frei von Schuld sind, beweisen die Fälle von Korruption in der Maskenaffäre in der Corona-Krise. Hervorzuheben ist der CDU-Bundestagsabgeordneten Axel E. Fischer (Jg. 1966), der Geld aus Afghanistan angenommen hat, um die deutsche Politik zu beeinflussen. Gegen Georg Nüßlein (Jg. 69 - CDU-MdB) wurde im Zusammenhang mit der Corona-Affäre wg. Bestechlichkeit ermittelt. Er kassierte 660.000 € (!) als Provision. Alice Weidel (AfD) nahm 2017 einige hunderttausend Euro an illegalen Wahlkampfspenden aus dem Ausland an, ohne sie der Bundestagsverwaltung zu melden.

2023 wurde in 18 Fällen die Immunität von Bundestagsabgeordneten aufgehoben wegen Untreue oder Verstößen gegen das Parteiengesetz. Man kann es schon ein Massenphänomen nennen.

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Donnerstag, 10. Oktober 2024
Schwarzbuch der Inkompetenz
Der Bund der Steuerzahler legt sein jährliches „Gutachten“ vor, das wenig Überraschungen bietet. Da wird z.B. die Freikarte kritisiert, mit der u.a. Kinder und Jugendliche kostenfrei kulturelle, sportliche und Freizeit-Angebote nutzen können. Es könne nicht Aufgabe des Staates ein, Kindern die Karussellfahrt zu finanzieren. Ne, wirklich nicht, wenn es nur die Karussellfahrt wäre – obwohl auch die zur Kultur gehört. Tatsächlich gehören dazu u.a. Museums- und Konzert-Besuche.
Das Geld solle besser in die Bildung u.a. Nachhilfestunden investiert werden. Ja, was bitte ist ein Museumsbesuch anderes als Bildung? Da hat der Lobbyverband einen etwas sehr reduzierten Bildungsbegriff. Der Vergleich zwischen Freimarkt und Schule hinkt an dieser Stelle auf allen Beinen.
Der Steuerzahlerbund ist ein Lobby-Verband, der primär die Interessen der Wirtschaft vertritt. Er kritisiert vielleicht mit Recht die missbräuchliche Verwendung von Geld, aber politische Entscheidungen – wie die Freikarte – gehören nicht eigentlich zu seiner Kompetenz. Da mischt er sich ebenso wie Rechnungshöfe in etwas ein, was diese nichts angeht.

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Antisemiten sind nicht immer Araber?
Friedrich Merz (CDU) beklagt sich über Antisemitismus in Deutschland. Aber er hat auch schon die Ursache gefunden: Schuld ist die Immigration. Junge Männer aus den arabischen Ländern brächten den Antisemitismus ins Land.

Es ist die alte Methode, so altmodisch wie der ganze Merz. Missstände im Land kommen immer von außen. Der Mörder im Dorf kommt immer aus der Großstadt. In Wirklichkeit ist es der örtliche Krämer, der seine Frau der Untreue bezichtigt.

Für Merz sind es die Migranten, bestimmte Migranten, nämlich Araber. Und wer hat den Überfall auf die Synagoge in Halle vor fünf Jahren verübt? Ein Deutscher! Wer brachte 2000 bis 2007 neun Menschen mit Migrationshintergrund um, verübte 43 Mordversuche und 15 Raubüberfall und drei Sprengstoffanschläge? Eine Gruppe aus vier Deutschen! Mit einem Unterstützer-Umfeld von geschät zt 100 bis 200 deutschen Neonazis! Die Reihe ließe sich mühelos fortsetzen. Der latente Antisemitismus in der breiten Mitte der Gesellschaft ist da noch nicht berücksichtigt. Auch nicht Antisemitismus und Rassismus z.B. in der Polizei.

Nur für den CDU-Fürsten sind Antisemiten immer Migranten. Merz ist nicht ganz dumm und er liest vermutlich Zeitung. Er muss die Wahrheit kennen. Aber er lügt das herbei, was seiner Politik nützt: den Hass auf Migranten und der rechten Politik. Übrigens nützt das – auch das müsste ihm inzwischen nach den letzten Wahlen klar sein – nur der AfD, die in drei ostdeutschen Bundesländern ein Drittel der Wählerstimmen bekam, während die CDU erbärmlich abschmierte.

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Dienstag, 8. Oktober 2024
Vereinfachung der Politik
Die Platzierung unterschiedlicher Nachrichten in der Zeitung bringt einen manchmal auf völlig neue Idee. Heute las ich in der linken Spalte auf S. 8: Die Bundesregierung plant eine Vereinfachung des Vergaberechts, die Entlastungen bei Staatsaufträgen auch für kleinere Betriebe plant. Die FDP, die sonst immer Entbürokratisierung anmahnt, weiß noch nicht, ob sie sie zustimmen soll."

Wir sind es ja gewohnt, dass die Liberalen blockieren, wo immer sie können. Auf S. 6 ist zu lesen, dass die FDP die Prämie für Langzeitarbeitslose ablehnt, die die Bundesregierung plant.

Dann fällt mir ein: Bundeskanzler Scholz hat die Ungarn bei einer Abstimmung im Europarat dazu bewogen, einfach für einen Kaffee den Raum zu verlassen. In der zweiten Spalte auf S. 8 wird die Lösung vorgestellt, die die Kasachische Regierung für ein Plebiszit gefunden hat. Vor der Abstimmung über ein Atomkraftwerk, wurden alle Atomkraftgegner verhaftet.

Welche der beiden Problemlösungen bietet sich für die Ampel-Koalition an?

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Donnerstag, 3. Oktober 2024
Unmöglichkeit korrekter Strategien
Ein Fußball-Trainer wird nach seiner Trainingsmethode gefragt. Er erklärt seine Strategien für unterschiedliche gegnerische Mannschaften. Entscheidend sei aber, die Prinzipien seiner Strategien in die Köpfe der Spieler zu bekommen. Mit diesem Rüstzeug versehen müssten die Spieler alle möglichen unterschiedlichen Spielsituationen kritisch beurteilen und sich situationsbedingt verhalten können.

Eigentlich ist das das Prinzip der Inneren Führung bei der Bundeswehr. Das soldatische „Handwerk“ kann man vermitteln und trainieren, bis jeder Einzelne es beherrscht. Man kann auch diverse Taktiken bzw. Strategien vermitteln und üben. Dann müssen die Grundlagen der Taktik bzw. Strategien in die Köpfe der Soldaten vermittelt werden.

Der „Bund“ nannte das „Auftrags-Taktik“. Der Soldat bzw. die Führer bekommen einen Auftrag, in dessen Rahmen sie angeblich selbständig handeln können müssen.

Das jedoch ist der grundlegende Widerspruch. Die militärische Organisation beruht auf Befehl und Gehorsam. Befehle müssen widerspruchsfrei ausgeführt werden. Für Diskussionen ist keine Zeit. Wenn die konkrete Situation aber mit der gelernten Taktik nicht auszuführen ist, hat der Soldat ein Problem. Wenn er frei entscheidet, kann das einem Befehl wiedersprechen. Wenn er den Befehl exakt ausführt, kann das sich als Fehler herausstellen.

Dabei bedingen viele Imponderabilien die Situation. Der Feind kann woanders auftauchen als erwartet. Er kann selber eine andere als die erwartete Taktik anwende. Seine Stärke kann unerwartet ebenso wie seine Bewaffnung sein usw. Es kann aber auch das Wetter umschlagen, die Kampfhandlungen können sich dynamisch entwickeln, usw.

So verlief der Plan „Barbarossa“ (Überfall der Nazi-Armee auf die Sowjet-Union) unerwartet. Die Rote Armee leistete unerwartet nur hinhaltenden Widerstand, sie zwang die Wehrmacht bis tief ins eigene Territorium. Dadurch verlängerten sich die Nachschubwege unendlich. Der schnelle Vormarsch wurde durch die Witterung behindert – erst der Winter, dann die Sümpfe.

Das endete in der Katastrophe von Stalingrad. Dort wurde der Nachschub zum zentralen Problem. (Dass Göring garantiert hatte, den Nachschub aus der Luft über tausende von Kilometern zu garantieren, war von vornherein hochstaplerisch und unrealistisch.) Ebenso die geplante Entsetzung durch neue Truppe und der Ausbruch aus dem Kessel.

Hitler hatte befohlen, Stalingrad zu halten. Die Generäle hatten Bedenken, gehorchten aber nach der eigenen Logik.

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Dienstag, 1. Oktober 2024
Mittelalterliche Medizin und Wikipedia
In bestimmten Hochschulkreise wird verachtungsvoll auf Wikipedia herabgeguckt. StudentInnen dürfen z.B. in ihren Arbeiten nicht aus Wikipedia zitieren. Eine Rückfrage bei diversen Wissenschaftlern ergab: Zitate aus Wikipedia sind legitim, wenn die aktuellste Fassung zitiert wird. Natürlich müssen Zitate – genau wie aus Fachbüchern - kritisch geprüft werden.

Woher kommt die überhebliche Ablehnung durch besagte Hochschulkreise? Im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit war die Sprache der Wissenschaft Latein. Das hatte den Vorteil, dass über alle Sprachgrenzen Wissenschaftler sich in ganz Europa verständigen konnten. Der Nachteil war, dass außer Wissenschaftlern niemand die Wissenschaft verstehen konnte. Das setzt sich in der Medizin bis heute fort. Versuchen Sie mal einen Arztbrief zu verstehen!

Für die Medizin war das konstituierend. Die Ärzte grenzten sich durch ihre Sprache nicht nur von der Allgemeinheit ab, sondern auch von der Konkurrenz der traditionellen Heiler. Die wurden – trotz ihrer jahrhundertealten Kenntnis von Kräutern, Pilzen, anderen Pflanzen und besonderer Methoden – als Quacksalber denunziert. Das setzt sich bis in die Gegenwart fort, wenn Homöopathie, chinesische Medizin, überhaupt alle „alternativen“ Heilmethoden abgelehnt werden. Und da wird auch alles in einen Topf geschmissen. Die wissenschaftlich fragwürdige Kraft der Globuli wird in eins gesetzt mit Akkupunktur und Osteopathie. Grund dafür ist die Konkurrenz der klassischen Medizin zur alternativen.

Ähnlichkeiten mit der Debatte um Wikipedia sind offensichtlich und nicht zufällig. Die traditionelle Wissenschaft diente der individuellen Reputation der Wissenschaftler. Kollektiv entstandene Examensarbeiten werden nur akzeptiert, wenn bestimmte Teile Individuen zugeschrieben werden können.

Ganz anders Wikipedia: Das gesellschaftlich Wissen wird durch Schwarmintelligenz hergestellt. JedeR kann dazu beitragen, ohne namentliche Nennung. Die Autorenschaft ist aus juristischen Gründen nur Wikipedia bekannt. Im Internet tauchen die Autoren nur als Chiffren auf. JedeR kann einen Eintrag ändern, wenn er / sie gute Gründe hat und Quellen angeben kann. Geprüft wird das durch Fachleute, die ebenfalls dem/der LeserIn namentlich unbekannt bleiben.

Ich fand z.B. bei einem Eintrag eine falsche Jahreszahl. Über den Button „bearbeiten“ korrigierte ich den Fehler. Am nächsten Tag stand da wieder das falsche Datum. Dann korrigierte ich die Zahl erneut und notierte in eckigen Klammern meine Quelle. Seit dem steht die richtige Jahreszahl im Text.

Mehr Sicherheit und Sorgfalt geht nicht. Warum wird Wikipedia trotzdem von den zitierten Hochschulen
abgelehnt? Mein Verdacht: Konkurrenz.

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Montag, 30. September 2024
Wer ist unpolitisch und ungebildet
Neulich tauchte in einer Diskussion die Frage auf: Was ist ein unpolitischer Mensch?
Der Frager antwortete selbst: Ein unpolitischer Mensch ist jemand, der Kennedy für eine Cognac-Marke, die UNO für eine Strumpfmarke und die FDP für eine freie demokratische Partei hält.

Zu ergänzen wäre die Frage nach einem ungebildeten Menschen: Jemand, der den Dreisatz für eine Leibesübung hält.

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Newton - in Libyen unbekannt
Vor Jahren, noch zu Gaddafis Zeiten, war ich in Libyen, der Wüste wegen. An einer bestimmten Stelle der Sahara gibt es eine Besonderheit: Wenn man die oberste weiß-gelbe Sandschicht zur Seite schiebt, kamen zu meinem Erstaunen Schichten von farbigen Sanden zum Vorschein. Meine Frage an den libyschen Reiseführer nach der Ursache der Färbung beantwortete dieser mit: „Das hat Allah so gewollt.“

Mich konnte diese Frage – ich bin Atheist – keinesfalls befriedigen. Ich fragte also nach der Reise einen befreundeten Geografen, der mir Auskunft gab: „Das sind verschiedene farbige Minerale, die den Sand färben.“ Aha, dachte ich, das leuchtete mir ein.

Die Antwort des Reiseführers wäre auch in Mitteleuropa vor 1700, also z.B. vor Isaak Newton, befriedigend gewesen. Nicht erklärbare Phänomene wurden schlicht der Absicht Gottes zugewiesen. Seit Newton (1642 – 1726) und anderen gab es ein neues Zeitalter, in dem die Forscher sich nicht mehr damit zufrieden gaben. Sie gingen den Phänomenen auf den Grund, erkannten die Gesetzmäßigkeiten der Natur. Newton gab sich nicht mit der Tatsache zufrieden, dass ein Apfel vom Baum auf die Erde fällt, sondern er fand heraus, dass die Erdanziehung der Grund dafür ist.

Das war der Beginn des neuzeitlichen wissenschaftlichen Denkens. Wissen ersetzte die Religion, um die Welt besser zu verstehen. Das Zeitalter des Glaubens wurde vom Zeitalter der Wissenschaft abgelöst. Allerdings nicht gänzlich. Auch heute erklären sich fundamentalistische Protestanten, Kreationisten, Verschwörungsideologen und Esoteriker die Welt mit den Glaubenssätzen.

Der libysche Reisführer gab sich mit dem zufrieden, was der Koran sagte - in dem er übrigens jeden Abend las, bis es dunkel wurde, ein Fakt, den der Mann auch nicht hinterfragte.

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Donnerstag, 26. September 2024
Oskuranten in der Politik
Der Sahra-Wagenknecht-Fanclub sorgte schon bisher für Amüsement und Spott: Das „Bündnis-Sahra-Wagenknecht“ wird zwar als Partei geführt und hat skandalöser Weise erste Wahlerfolge erzielt. Die Mitgliedschaft wird handverlesen und bewegt sich bisher im unteren zweistelligen Bereich pro Bundesland, soweit es überhaupt schon Landesverbände gibt. Der Begriff "Kaderpartei" ist genau zutreffend. Sowas kennt man bisher vorwiegend aus dem damaligen Ostblock. Ach so, da kommt sie ja auch her und hat nichts dazugelernt.

Nun hat sich allerdings die Vorsicht als weise Voraussicht erwiesen. Ein Ex-AfDler, Olaf Kappelt, hat sich als Mitglied beworben, wurde aber – zu recht – als windiger Kandidat enttarnt und wurde abgewiesen. Nicht nur, dass er einen falschen Namen und eine falsche Adresse angegeben hat, er hat auch eine obskure Vita.

Nun ist der Vorgang nicht sonderlich überraschend: In der AfD tummeln sich auch andere dunkle Gestalten, wie z.B. Thorsten Thümler, alias Prenzler. Noch als CDU-Landtagsabgeordneter fiel er durch betrügerische und hochstaplerische Aktivitäten und Kontakte zu Rechts-Extremen auf.

Nachdem er aus der CDU rausgeflogen war, machte er Karriere in der AfD und verfolgte zielstrebig seine kriminellen Aktivitäten.

Davon blieb das BSW bisher verschont, wohl auch wegen seiner Vorsicht bei der Auswahl der Mitglieder. Aber es ist bezeichnend, dass Figuren wie er und Kappelt wie magisch von rechtsextremen und populistischen Gruppierungen angezogen werden. Das wenigstens scheint Frau Wagenknecht verstanden zu haben.

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Wo ist das wahre Leben?
Natürlich, wir suchen das wahre Leben, und nur selten erwischen wir einen Zipfel. Das Autohaus bei uns um die Ecke hat die Lösung gefunden: REIN INS AUTO, RAUS INS LEBEN:

Das kann’s ja nun wirklich nicht sein! Das Auto ist ein faradayscher Käfig. Der Blitz, den das Auto trifft, trifft uns erst, wenn wir aussteigen. Das gilt nicht nur im physikalischen, also elektronischen, sondern auch im übertragenen Sinn.

Das Auto isoliert uns von unserer Umwelt. Die Verhaltensforscher haben herausgefunden, dass Autofahrer in ihrem Käfig un-empathisch für alles außerhalb sind. Sie entwickeln Verhaltensweisen – z.B. Aggressivität -, die sie sich in der direkten Begegnung mit ihren Mitmenschen nicht erlauben würden. Das erklärt das unflätige Schimpfen über vermeintliche Fahrfehler anderer.

Wenn man den Slogan des Autohauses umdreht, ergibt er Sinn: RAUS AUS DEMM AUTO – REIN INS LEBEN!

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Dienstag, 24. September 2024
Regierungswechsel, Ritt über den Bodensee
Die Parteichefs der ampel-internen und der externen Opposition haben wohl den Bezug zur Realität komplett verloren.

Lindner (FDP) spricht von einem Herbst der Entscheidung. Na, da hat er wohl nicht richtig aufgepasst. Die Entscheidung ist längst gefallen: Die Wähler der drei ostdeutschen Länder haben sie mit ihren Stimmzetteln getroffen. In keinem der drei Länder ist die FDP vertreten, ihre Stimmenzahl erreicht nicht mal mehr ein Prozent. Allerdings hat Lindner wohl verstanden, dass er sich für die nächste Zukunft warm anziehen muss und Trauer angesagt ist: Jüngst zeigte er sich im schwarzen Rollkragenpullover.

Auch die Träume des frisch gekürten CDU-Kanzlerkandidaten Merz wurden nicht wahr. Ein Wahlergebnis wie in Brandenburg, 12 %, lässt keine großen Sprünge zu. O.K., in Westdeutschland ist die Lage nicht ganz so schlimm, aber ob beide, Lindner und Merz Neuwahlen riskieren sollten, müssen sie sich noch mal gut überlegen. Könnte sein, dass es auch da ein ungutes Erwachen gibt. Und ein Wechsel der FDP zur CDU, so wie seinerzeit unter Genscher (1982), wäre auch ein va-banque-Spiel.

Für Merz könnte die Kanzlerschaft ein Ritt über den Bodensee werden: So ganz ohne jede Regierungserfahrung, nach mehreren verlorenen Wahlen in ostdeutschen Ländern und drei Niederlagen bei der Kandidatur für den Parteivorsitz, gleicht das dem Kanalschwimmer ohne Neoprenanzug und Seepferdchen-Abzeichen.

Ach so, da ist ja noch ein ganz unsicherer Kandidat – der Bayer, der Söder. Im Widerspruch zu früheren Aussagen, schließt er eine Koalition der Union mit den Grünen nach der Bundestagswahl rigoros aus.

Nachdem Daniel Günter (Schleswig Holstein) und Hendrik Wüst (NRW) süffisant die gute Zusammenarbeit mit den Grünen in ihren Ländern gelobt haben, bekam Söder dann noch eine Mahnung von den beiden, sie bräuchten keine Belehrung aus dem Süden der Republik.

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