Freitag, 13. Oktober 2017
Strandgut I
Es gibt Menschen, die einem immer durch ihre Hilfsbereitschaft im Wege stehen. Tati hat diesen Menschen Denkmäler in seinen Filmen errichtet. Z.B. Tati in „Die Ferien des M. Hulot“. Kirsten Fuchs berichtet von einer Hilfestellung für ihre Tochter. Diese kommt einfach nicht aus dem Quark, die Zeit drängt irgendwie. Sie fummelt der Tochter dazwischen. Darauf die: „Hilf mir mal bitte kurz, indem du mich in Ruhe lässt.“ Bingo!

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Samstag, 7. Oktober 2017
Strandgut
ist das, was die Ozeane und deren Nebenmeere nach Stürmen und Orkanen an die Gestade spülen. Der Strandspaziergänger übersieht sie leicht, ja gelegentlich bringen sie Verdruss. Dann aber sind gelegentlich echte Fundstücke darunter: Schöne Steine oder Muscheln, sogar mal ein Bernstein, eine Flaschenpost oder Alraunen, Zeugen untergegangener Zeiten und Kulturen. Z.B. von der Eiszeit herangerollte und abgeschliffene Felsen oder Steine aus Skandinavien, steinzeitliche Werkzeuge oder tote Tiere.

Im Reich der Worte und Bücher, auch des Theaters sind es einzelne „aus dem Zusammenhang gerissene“ Zitate, literarische Fundstücke, also Strandgut. Wem ging es nicht schon so: Man sieht im Fernsehen oder auf der Bühne Kabarett oder Theater. „Wo hat der Kerl bloß die vielen Zitate her?!“ Man denkt: Das merke ich mir, das kann ich in Gesprächen und Diskussionen mal nebenbei einfließen lassen – mit Autorenangabe, versteht sich.

An der Garderobe oder beim Gang zur Toilette grübelt man: Wie war das eben noch? Will mir einfach nicht einfallen. Das Feuerwerk der Bonmots und „Zitate“ überwältigt uns.

In Sternstunden erinnert man sich dann manchmal. Ich habe eine Methode gefunden, diese Erfahrung öfter zu machen. Ich schreibe mir den Satz, den Aphorismus, den Begriff GLEICH auf. Habe dazu immer Block und Stift zur Hand.

Hier eine Kostprobe meiner Sammelwut. Kirsten Fuchs hat ein Buch geschrieben: „Kaum macht man mal was falsch, ist es auch wieder nicht richtig.“ Das könnte das Motto einer Zweier-Beziehung sein.

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Freitag, 15. September 2017
Inmitten des Reichtums: Kinderarmut
Die Statistiker haben erneut ausgerechnet, dass Kinderarmut in Deutschland ein Massenphänomen ist und im Vergleich zu den Vorjahren zunimmt: Jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht. Die Definition von Armut bedeutet, dass jemand weniger als 60 % des Normaleinkommens zum Leben hat.

Gleichzeitig tönen konservative Politiker und Volkswirte, Deutschland sei ein reiches Land.

Wenn man das Privatvermögen aller Deutschen zusammenzählt, kommen 5 Billionen Euro zusammen (ohne Wertgegenstände wie Immobilien, Schmuck, Autos u.ä.). Na, bitte.

ABER: Dieser Reichtum konzentriert sich auf höchstens 10% der Gesamtbevölkerung. Jedes fünfte Kind gehört nicht dazu.

Fordern der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Linke, Teile der SPD einen Ausgleich dieses gewaltigen Ungleichgewichts, dann tönt es, das sei eine „Neiddebatte“. So z.B. die Bremer Bundestagskandidatin Steiner.

Dieser Vorwurf belegt nur profunde Unkenntnis. Es geht bei der geforderten Umverteilung – z.B. durch ein geändertes Erbschafts- oder Steuer-Recht – nicht um persönliche Bereicherung Einzelner, sondern um einen Ausgleich zwischen der öffentlichen Armut und dem privaten Reichtum.

Einzelne arme Kinder sollen sich nicht die Kittel-Taschen vollstopfen, sondern angemessene Bildungschancen durch Kitas und Schulen bekommen.

Stattdessen fordert die FDP eine Steuerentlastung um 30 000 000 €. Das macht nur die Reichen reicher, denn die Armen zahlen gar keine Steuern, die ihnen erlassen werden könnten. Stattdessen wird für Bildung und Infrastruktur noch weniger ausgegeben. Das droht uns, wenn die die Wirtschaftsliberalen in CDU, FDP und Grünen nach der Wahl die Oberhand gewinnen.

Deutschland, ein reiches Land? Nicht für 90% der Bevölkerung und die öffentlichen Kassen!

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Sonntag, 3. September 2017
Pfadfinder zwischen Tradition und Fortschritt
Kritik eines Lesers: "Ich habe Dein Buch in einem Rutsch – an ein paar freien Tagen – im Wendland gelesen.Das passt ja ganz gut zu dem Sommerlager-1977-Text. (....) Zum Buch: ich hatte erst Bedenken, jetzt noch ein Geschichtsbuch, da ich gar nicht so auf die BDP Geschichte heute mehr abonniert bin.



Ich fand das Buch gut lesbar – es hat mich positiv überrascht, zum einen, da Du Dich als Person in der Zeit gesehen und reflektiert hast – und zum anderen die Abhandlung der Professionalisierung durch moderne Pädagogik im Konflikt mit dem Ministerium für mich noch mal eine politisch passende Klarstellung war. Im Unterschied zu den Unterwanderungstheoretikern wird auch die Vielfältigkeit und Gleichzeitigkeit von Entwicklung sichtbar, die man so ja gar nicht selbst konstruieren kann, sondern die Veränderung in der Gesellschaft mitvollzieht.

Ich hatte [in einer Diskussion] darüber gesprochen, dass (…)die inhaltliche Einbeziehung von Initiativen und offenen Gruppen in der Provinz eine Art „systemische Organisationsentwicklung“ dargestellt hat. (…) so ist es in Deinem Buch auch gut sichtbar.

Mein einziger Mäkelpunkt ist die recht pauschale Ablehnung von Arbeitgebern als „Kapitalisten“. Das steht beim Thema Versprechen: ich bin kein Freund aller Menschen, da ich Kapitalisten nicht unterstütze. Na ja, das ist schon 70er Jahre Denke.

Also: Dein Buch ist gut lesbar und bringt eine Zusammenfassung der Modernisierung der Jugendarbeit im Kontext gesellschaftlicher Veränderung. Das hat mir gut gefallen!"

Meine Stellungnahme zu dem "Mäkelpunkt": Der Vorwurf, "70er-Jahre- Denke" trifft natürlich, denn so dachten wir in den 60er und 70er Jahren. Die Personalisierung von Kapitalismus war und ist unscharf. Aber: Natürlich ist der Kapitalismus auch heute noch kritikwürdig, ein Blick - nicht nur in den Wirtschaftsteil - jeder beliebigen Tageszeitung liefert den Beleg. Und ich könnte damals wie heute eine Reihe von Namen nennen, deren Freund ich nicht sein möchte. Es sind nicht immer "Kapitalisten" im klassischen Sinn, aber die Funktionäre des Kapitals, vulgo "Manager" zählen auch dazu.

Jürgen Fiege: Pfadfinder zwischen Tradition und Fortschritt. Zwanzig Jahre im Bund Deutscher PfadfinderInnen, Verlag AG SPAK, Neu-Ulm 2017, ISBN 978-3-945959-17-6, 200 Seiten, 14,50 EUR

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Donnerstag, 20. Juli 2017
Jane Austen – eine Feministin?
Die taz nimmt den 200. Todestag der britischen Autorin Jane Austen zum Anlass darüber zu spekulieren, ob diese eine Feministin war oder ihre Romane feministisch sind.

Die Werke von Jane Austen zählen zur großen Literatur des Abendlandes. Sie waren damals – in der Romantik – fortschrittlich, weil sie die Liebe zwischen Mann und Frau in ihren Mittelpunkt stellten. Liebe war die wichtigste Voraussetzung der Beziehung in einer Ehe.

Vorher waren die Motive für Ehen das Schmieden politischer Bündnisse (im Adel) oder eine Versorgungseinheit zur Reproduktion (im Bürgertum und Kleinbürgertum).

Und jetzt: die große Jane Austen überwand den Utilitarismus und stellte die Beziehungen der Geschlechter auf eine neue Basis.

Dabei nach Feminismus zu fragen, ist absurd: den Begriff oder die Vorstellung davon gab es einfach noch nicht! Es ist genauso absurd, wie wenn man Martin Luther vorwerfen würde, Max Weber („Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“) nicht gelesen zu haben. Oder Grimmelshausen („Simplizissimus“) darauf zu befragen, ob der 30-jährige Krieg ein imperialistischer Krieg gewesen sei.

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Samstag, 17. Juni 2017
Ein „großer“ Kanzler
Helmut Kohl ist tot. Der große Europäer, der Schmied der deutschen Einheit – so tönt es in den Nachrufen.

Die Schmährufe verstummen dagegen fast: Ein Kanzler, der sein „Ehrenwort“ höher stellt als die Einhaltung der Gesetze, die er in seinem Amtseid einzuhalten geschworen hat.

Eine sechzehn Jahre dauernde Stagnation der gesellschaftlichen Entwicklung. Die überstürzte „Wieder“-Vereinigung und das haltlose Versprechen auf „blühende Landschaften“. Statt dessen Entvölkerung und Verödung ganzer Landstriche im Osten.

Und er hetzte die "Treuhand" auf die ostdeutschen Betriebe, und die hauste dort wie der sprichwörtliche Heuschreckenschwarm. Industrie- und Dienstleistungs-Ruinen blieben auf der Strecke. Wie zu erwarten war, profitieren davon rechtsextreme Heilsverkünder.

Und auch das Persönliche hat Hautgout: Während seine Ehefrau allenfalls bei Staatsakten oder für das Foto "Heile Familie" posierte, ansonsten zu Hause in Oggersheim wegen ihrer Lichtallergie im Dunkeln saß, hielt er sich in Bonn eine Geliebte, die er auch noch ungerechtfertigt in die Position einer höheren Beamtin hievte. Diesem Martyrium entzog die Gattin sich schließlich durch Freitod. Auch die Söhne sind nicht gut auf den Vater zu sprechen.

Wahrlich ein „großer Kanzler“!

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Dienstag, 6. Juni 2017
Statistik lügt
Statistik ist schon eine merkwürdige Wissenschaft. „Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ So drückt der Volksmund seine Skepsis aus. Die Problematik wird scherzhaft auch in der Wissenschaft formuliert: Wenn ich mit einem Bein in Eiswasser, mit dem anderen in kochendem Wasser stehe, dann habe ich durchschnittlich ein angenehmes Bad.

Jetzt hat die Auseinandersetzung zwischen Naturschützern und Befürwortern der Windenergie eine seltsame Blüte getrieben.

Statistiker haben festgestellt, dass durchschnittlich pro Windrad im Jahr ½ Raubvogel getötet wird. Das ist offensichtlich Unsinn: Halbe Raubvögel sind bereits tot. Die Ursache muss wo anders liegen.

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Dienstag, 25. April 2017
Das schiefe Bild der Kriminalstatistik
Bundesinnenminister de Maiziere stellte die „Kriminalstatistik“ vor. Er vergaß dabei darauf hinzuweisen, dass alle Schlussfolgerungen aus dieser Statistik äußerst fragwürdig sind.

Die Kriminalstatistik ist eigentlich eine POLIZEI-Statistik; sie registriert lediglich ANZEIGEN, nicht aber gerichtlich festgestellte Vergehen oder Verbrechen. Viele der Anzeigen bei der Polizei kommen entweder gar nicht zur Anzeige oder werden niedergeschlagen oder enden mit Freispruch. Darunter sind auch viele Bagatell-Delikte.

Z.B. zwei Jugendliche werden wegen „Raubes“ angezeigt, angeklagt und zu einer „erzieherischen Maßnahme verurteilt“. Was war geschehen? Die Jugendlichen haben im Bus einen dritten bedrängt und aufgefordert, ihnen 50 Cent zu geben, um die Fahrkarte zu bezahlen. Der Dritte gibt das Geld heraus und erzählt seinen Eltern davon. Diese eilen flugs zur Polizei: Anzeige. Gerichtsverhandlung. Urteil. Maßnahme. So schnell wird die Kriminalstatistik um ein „Raub-Delikt“ angereichert.

Vor allem die gestiegene Anzeige-Bereitschaft der Bevölkerung führt dazu. Manchmal wundert man sich, um was Prozesse geführt werden!

Als ich Jugendlicher war, klauten wir im Vorbeigehen schon mal einen Apfel aus der Auslage des Osthändlers. Wurden wir erwischt: Schimpfe, Taschengeldentzug, Stubenarrest oder Ohrfeige (nicht gerade die optimale Maßnahme!), damit war die Sache erledigt.

Wenn heute ein Jugendlicher eine Tüte Bonbons im Supermarkt klaut, wird der „Diebstahl zur Anzeige gebracht“ (Aushang im Supermarkt). Wieder eine Anreicherung der Kriminalstatistik.

Um einen realistischen Überblick über die tatsächliche Kriminalität zu bekommen, wäre es sinnvoll, die gerichtlichen Urteile zu zählen. Das aber stößt auf Verwaltungsprobleme. Die allgemeine Justiz ist Ländersache. Man müsste also die Urteile aller sechzehn Bundesländer erfassen, zusammenführen und bewerten. Wird aber nicht gemacht. Und die „Kriminalstatistik“ macht sich u.a. für die Polizei gut, kann sie doch damit ihre personellen und finanziellen Forderungen untermauern.

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Samstag, 8. April 2017
Untaten der katholischen Kirche
Mein Beitrag „Das angeblich friedfertige Christentum“ (Eintrag vom 23.4.16) hat Widerspruch hervorgerufen. Ein Vorwurf lautete, ich hätte mich auf längst vergessene und begrabene Untaten der Kirchen bezogen. Nun denn: wenn’s etwas aktueller sein soll, hier eine brandneue Information.

„…. Während der mehrmonatigen Massaker (…) 1994 (…) (boten) zahlreiche Kirchen im sehr katholisch geprägten Ruanda zunächst verfolgten Tutsi Zuflucht“, die „dann ihre Grabstätten wurden, weil sie (die Kirchen) ihre Tore den Mordmilizen öffneten.“

„Über 100 Priester und Kirchenverantwortliche Ruandas gelten als mitschuldig.“ Der katholische Priester Seromba – vom UN-Völkermordtribunal für Ruanda zu lebenslanger Haft verurteilt – hat „1.500 Tutsi in der Kirche der Gemeinde Nyange versammelt und dann den Befehl gegeben, das volle Gebäude mit einem Bulldozer einzuebnen.“ Der Priester Munyseshyaka soll sich nach Aussagen Überlebender an Massakern an Tutsi in einer Kirche in Kigali beteiligt haben. Zwei Nonnen, von der belgischen Justiz verurteilt, haben den Hutu-Milizionären Benzinkanister überlassen, mit denen diese Garage und Pflegestation ihres Klosters mit 2.000 Tutsi anzündeten. (Vgl. taz 7. April 2017)

Das sind drei Einzelfälle von vielen anderen. Wenn jetzt – nach Jahren des Leugnens und Verharmlosens durch Kirchenvertreter – mehr als zwei Jahrzehnte später Papst Franciscus von „Verfehlungen der Kirche und ihrer Mitglieder“ spricht, dann ist das gemessen an früheren Reaktionen der Kirche auf historisches Unrecht – Holocaust, Hexenverbrennungen, Massaker in Südamerika – früh. Den eine Million Opfern, den Überlebenden und der politischen und sozialen Situation in Ostafrika ist das höchstens eine kleine Genugtuung.

Die anderen Verfehlungen der Kirche in Afrika – u.a. Verbot von Verhütung und Geburtenkontrolle – bestehen unwidersprochen weiter, sind höchst aktuell.

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Montag, 3. April 2017
Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod
Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod, oder umgekehrt. Die Verwirrung über die richtige Anwendung der Fälle wird immer größer. An den falschen Genetiv bei z.B. am "Anfang dieseN Jahres" haben wir uns schon fast gewöhnt. Keine Nachrichtensendung im Radio kommt ohne aus.

Jetzt erreichte mich eine neue Variante. Auf einer Rechnung steht "Gemäß dem Rezeptes". Doller geht's kaum noch. Die Verwirrung ist komplett.

Abgesehen davon, dass die Rechnung aus Schwaben kam, und die Schwaben (nach eigenem Eingeständnis) außer Schwäbisch nichts können: die ständige Verwechslung der Fälle beweist nicht nur Ignoranz, sondern - schlimmer noch - Denkfaulheit.

Da machen sich Lehrer und Bildungspolitiker Sorgen um gute Schul- und Kindergarten-Bildung, und im Alltag auch der Medien wird munter falsches Deutsch gesprochen.

Um dem Vorwurf des Sprach-Formalismus zu begegnen, betone ich: Richtige Grammatik ist die Voraussetzung gelungener Kommunikation.

Bedenke: Zeichensetzung kann Leben retten. "Wir essen jetzt, Opa." ist etwas anderes als "Wir essen jetzt Opa."

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