Samstag, 12. Juli 2025
Ein Anarchist in Berlin
jf.bremen, 13:08h
Walter hatte in Ostpreußen Maurer gelernt und war dann nach Berlin gezogen. Dort machte er in den 20er Jahren in anarchistischen Kreisen Bekanntschaft mit Klaus Mann und B. Traven, dem Autor von „Das Totenschiff“ und anderer Romane.
Vor wie nach dem 2. Weltkrieg arbeitete er als Chemiefacharbeiter in einer Schöneberger Klitsche, lebte aber im Osten der später geteilten Stadt. Nach dem Bau der Mauer musste er in einen ostdeutschen Betrieb wechseln. Was er nach eigener Aussage blieb: Anarchist. Und als solcher legte er sich auf einer Betriebsversammlung mit der VEB-Leitung an. Ein General der NVA referierte, Walter wies darauf hin, dass in der NVA auch alte Nazi-Offiziere dienten. In der Zeitung wurde er dann als „alter Kollege“ tituliert, der wohl die Entwicklung nicht mitbekommen habe.
Walters Frau amüsierte sich darüber, dass er als Anarchist an roten Ampeln stehen blieb, auch wenn kein Auto kam. Wir amüsierten uns, als er, der literarisch und geschichtlich sehr gebildet war, von Napoleon nur als dem „Kaiser“ sprach. In Sanssouci ärgerte ihn ein junger Mann, der einen großen Strohhut trug. „Junger Mann“, sprach er ihn an, „nehmen Sie mal den Kalabreser ab, hier hat der König gewohnt!“ Wie Napoleon für Walter der Kaiser war, so war Friedrich II, „der Große“, nur der „König“, ohne Namen.
Die „Wiedervereinigung“ erlebte er als schwer kranker Mann – Krebs im Endstadium - und litt sehr. Seine Frau bekniete die Ärzte, ihm doch Morphium zu geben. Die lehnten das ab: davon könne er ja süchtig werden! In den 1980er Jahren in einem Ostberliner Krankenhaus.
Seine Frau Inge war ausgebildete Lehrerin, u.a. für Französisch, durfte aber aus ideologischen Gründen nicht in ihrem Beruf arbeiten. Sie verdiente ihr Geld als "frei" schaffende Übersetzerin für Betriebsanleitungen in der DDR für den Export produzierter Maschinen. Eine Festanstellung in einem staatlichen Übersetzerbüro kam aus den selben ideologischen Gründen nicht in Frage.
Vor wie nach dem 2. Weltkrieg arbeitete er als Chemiefacharbeiter in einer Schöneberger Klitsche, lebte aber im Osten der später geteilten Stadt. Nach dem Bau der Mauer musste er in einen ostdeutschen Betrieb wechseln. Was er nach eigener Aussage blieb: Anarchist. Und als solcher legte er sich auf einer Betriebsversammlung mit der VEB-Leitung an. Ein General der NVA referierte, Walter wies darauf hin, dass in der NVA auch alte Nazi-Offiziere dienten. In der Zeitung wurde er dann als „alter Kollege“ tituliert, der wohl die Entwicklung nicht mitbekommen habe.
Walters Frau amüsierte sich darüber, dass er als Anarchist an roten Ampeln stehen blieb, auch wenn kein Auto kam. Wir amüsierten uns, als er, der literarisch und geschichtlich sehr gebildet war, von Napoleon nur als dem „Kaiser“ sprach. In Sanssouci ärgerte ihn ein junger Mann, der einen großen Strohhut trug. „Junger Mann“, sprach er ihn an, „nehmen Sie mal den Kalabreser ab, hier hat der König gewohnt!“ Wie Napoleon für Walter der Kaiser war, so war Friedrich II, „der Große“, nur der „König“, ohne Namen.
Die „Wiedervereinigung“ erlebte er als schwer kranker Mann – Krebs im Endstadium - und litt sehr. Seine Frau bekniete die Ärzte, ihm doch Morphium zu geben. Die lehnten das ab: davon könne er ja süchtig werden! In den 1980er Jahren in einem Ostberliner Krankenhaus.
Seine Frau Inge war ausgebildete Lehrerin, u.a. für Französisch, durfte aber aus ideologischen Gründen nicht in ihrem Beruf arbeiten. Sie verdiente ihr Geld als "frei" schaffende Übersetzerin für Betriebsanleitungen in der DDR für den Export produzierter Maschinen. Eine Festanstellung in einem staatlichen Übersetzerbüro kam aus den selben ideologischen Gründen nicht in Frage.
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Dobrindt: Kein Problem mit der Linken. Nanu?
jf.bremen, 12:40h
Im jüngsten Bundestagswahlkampf konnte die CDU/CSU nicht genug die Partei Die Linke als linksradikal brandmarken, während vor allem die CSU die AfD freundlich lächelnd übersah. Man hatte gelegentlich den Eindruck, dass Horst Söder eine mögliche Koalition oder Zusammenarbeit mit den Rechtsradikalen im Bereich des Möglichen sah, falls es mit den Mehrheiten eng werden würde.
Jetzt, nach der vergeigten Wahl von drei Bundesrichtern, hört man neue Töne: Dobrindt, inzwischen Bundesinnenminister, hat „kein Problem“, die Linke anzurufen und sie für die nötige 2/3-Mahrheit für die Richterwahl einzuspannen. „Mensch ich hab schon Leute sich ändern sehn, Mensch das war schon manchmal (nicht mehr) schön.“ (frei nach Biermann)
Herkömmlich nannte man das Opportunismus. Um sich abzugrenzen, ist die Linke gut genug, um eine nötige Mehrheit zu bekommen auch. Alles andere bleibt voraussichtlich tabu.
Und warum wurde die Wahl vergeigt? Weil die CDU/CSU-Fraktion nicht einheitlich für die mit der SPD verabredeten Personen stimmen wollte. Das ist das Versäumnis des CDU-Fraktionsvorsitzenden Spahn und des Bundeskanzlers Merz. Und Dobrindt muss jetzt für die Union die Kohlen aus dem Feuer holen. Und Merz scheitert zum 2. Mal nach der verstolperten eigenen Wahl. Und Spahn hat noch ein Problem nach der Maskenaffäre. Nur Dobrindt hat ein Problem weniger.
Jetzt, nach der vergeigten Wahl von drei Bundesrichtern, hört man neue Töne: Dobrindt, inzwischen Bundesinnenminister, hat „kein Problem“, die Linke anzurufen und sie für die nötige 2/3-Mahrheit für die Richterwahl einzuspannen. „Mensch ich hab schon Leute sich ändern sehn, Mensch das war schon manchmal (nicht mehr) schön.“ (frei nach Biermann)
Herkömmlich nannte man das Opportunismus. Um sich abzugrenzen, ist die Linke gut genug, um eine nötige Mehrheit zu bekommen auch. Alles andere bleibt voraussichtlich tabu.
Und warum wurde die Wahl vergeigt? Weil die CDU/CSU-Fraktion nicht einheitlich für die mit der SPD verabredeten Personen stimmen wollte. Das ist das Versäumnis des CDU-Fraktionsvorsitzenden Spahn und des Bundeskanzlers Merz. Und Dobrindt muss jetzt für die Union die Kohlen aus dem Feuer holen. Und Merz scheitert zum 2. Mal nach der verstolperten eigenen Wahl. Und Spahn hat noch ein Problem nach der Maskenaffäre. Nur Dobrindt hat ein Problem weniger.
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