Mittwoch, 4. Juni 2025
Antisemitismus in Absurdistan
Der Dichter Erich Fried veröffentlichte 1974 die Gedichtsammlung „Höre, Israel! Gedichte gegen das Unrecht.“. Darin setzt er sich u.a. kritisch mit dem Staat Israel auseinander. (www.Erich Fried - Höre, Israel - Friedenskultur-leben.de)

Fried war österreichischer Jude, der 1938, nach der Besetzung seiner Heimat durch Nazi-Deutschland, nach England flüchtete. Er setzte sich in lyrisch-politischen Texte kritisch mit der Gegenwart wie mit der Vergangenheit auseinander. Die Gedichtsammlung brachte ihm vielfachen Widerspruch. U.a. – und das ist wirklich bizarr – den Vorwurf des Antisemitismus durch einen anderen, deutschen Juden, des Publizisten Henryk M. Broder ein, der paradoxerweise inzwischen politisch bei der AfD gelandet ist. (s. miniaturen 04.02.2019 „Broder bei der AfD – Kein Scherz“)

Ähnlich skurril ist ein aktuelles Ereignis. Mosche Zimmermann, deutschstämmiger Jude, Israeli und international renommierter Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem ist Autor vieler Monographien und Sachbücher, die fast alle auch auf Deutsch erschienen sind. Eine davon heißt „Denk ich an Deutschland... Ein Dialog in Israel. 2023“. Wie in den meisten seiner Veröffentlichungen setzt er sich mit dem deutsch-israelischen Verhältnis und der israelischen Regierung und ihrer Politik kritisch auseinander.

Das tat er auch 2012 in einer Rede im Magdeburger Landtag, die er auf Einladung der Landesregierung hielt. Das brachte ihm eine Erwähnung in einer Veröffentlichung des „Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus“ (kurz RIAS) ein. Dies ein erneuter Beweis für die Politik von RIAS, die den Antisemitismus-Vorwurf sehr weit fasst.

Die Jahresbilanz von RIAS zählt 8.600 Fälle nach der „großzügigen“ Interpretation auf. Es ist davon auszugehen, dass darunter eine stattliche Zahl von Fällen wie dem des Mosche Zimmermann ist. Das relativiert die Statistik. Wie selbstverständlich wird Kritik an israelischer Politik oder der aktuellen israelischen Regierung rundweg als antisemitisch disqualifiziert. Diese Praxis ist dem Kampf gegen Antisemitismus wenig nützlich, denn sie bagatellisiert und relativier das wahre Problem.

Leider hat Rias bei deutschen Politikern ein offenes Ohr. Sehr zum Schaden einer wirklichen Auseinandersetzung mit der Lage im Nahen Osten!

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