Sonntag, 13. Oktober 2024
Korruption – nicht nur Jugend-Delikt
Die alte Volksweisheit, Politiker müsste erst mal „das Leben“ kennen lernen, bevor sie in die Politik gehen, bewahrheitete sich in den letzten Jahren dramatisch. Dabei ist die Unerfahrenheit weniger das Problem, sondern der fehlende moralische Kompass. Wer vor Erreichen des 30. Lebensjahres schon Macht und Ansehen gewinnt und scheinbar durch „das Volk“ legitimiert ist, verliert leicht die Orientierung.

Beispiele? Gern. Vor Jahren, als der überraschende Ausgang der Landtagswahlen in Niedersachsen ganz junge Männer und Frauen ins Parlament spülte, wurde Thorsten Thümler (CDU) weniger durch sein politisches, als vielmehr sein kriminelles Profil bekannt. Kaum gewählt, knapp über 30, wurde er jugendpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und beging in Reihe Delikte wie Hochstapelei, Betrug, Urkundenfälschung, üble Nachrede gegen Parteikollegen, unerlaubtes Führen akademischer Titel, Diebstahl usw. Die CDU schmiss ihn raus.

Schnell fand er Zugang bei der AfD, zumal er sich bereits vorher wegen diverser rechtsextremer Kontakte und Aktivitäten empfohlen hatte. Schnell wurde er Geschäftsführer der AfD in Hamburg, wo er seine kriminellen Aktivitäten fortsetzte, bis er dort entlassen wurde. Er fand Unterschlupf in Niedersachsen, ließ aber in seinen kriminellen Aktivitäten nicht nach. Zwischenzeitlich heiratete er seine ebenfalls in seine kriminellen Aktivitäten verwickelte Lebensgefährtin und nahm deren Namen, Prinzler, an. Bonny and Clyde bei uns. Wir wollen es dabei belassen, wer Genaues wissen will: Das Internet bietet reichlich Auskunft.

Nicht ganz so toll trieb es Philipp Amthor (Jg. 1992) (CDU) aus Ueckermünde. Bereits 2008 engagierte er sich in der CDU, machte dort schnell Kariere und wurde 2017 mit 25 Jahren in den Bundestag gewählt. Seine Liste politischer Ämter sprengt den Rahmen dieses Textes. Sein Ehrgeiz konzentrierte sich nicht allein auf die Politik, er wurde auch in einer Wirtschaftskanzlei später in einem IT-Unternehmen aktiv. Hier lockten ihn das große Geld und die große weite Welt. Aktienoptionen katapultierten ihn den Aufsichtsrat. Seine „Dienst“-Reisen brachten ihn nach New York, Korsika und St. Moritz. Auf Briefpapier des Bundestags betrieb er Lobby-Arbeit. Verdacht gegen Amthor bestand wegen Bestechlichkeit und Annahme geldwerter Zuwendung, was dem Staatsanwalt aber nicht für eine Anklage reichte.
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Immerhin war der Abgeordnete weniger kriminell als Thümler und zog seinen Hals immer wieder aus der Schlinge, so dass er inzwischen in der CDU-Fraktion ein gutes Standing hat.

Den Jungspunden in der Politik können die neu gewonnene Macht und das Ansehen schnell zu Kopf steigen. Dies sind nur zwei besonders eklatante Fälle. Dahinter oder daneben gibt es Dutzende vergleichbarer, aber weniger spektakulärer Fälle.

Dass auch die älteren Jahrgänge unter den Politikern nicht frei von Schuld sind, beweisen die Fälle von Korruption in der Maskenaffäre in der Corona-Krise. Hervorzuheben ist der CDU-Bundestagsabgeordneten Axel E. Fischer (Jg. 1966), der Geld aus Afghanistan angenommen hat, um die deutsche Politik zu beeinflussen. Gegen Georg Nüßlein (Jg. 69 - CDU-MdB) wurde im Zusammenhang mit der Corona-Affäre wg. Bestechlichkeit ermittelt. Er kassierte 660.000 € (!) als Provision. Alice Weidel (AfD) nahm 2017 einige hunderttausend Euro an illegalen Wahlkampfspenden aus dem Ausland an, ohne sie der Bundestagsverwaltung zu melden.

2023 wurde in 18 Fällen die Immunität von Bundestagsabgeordneten aufgehoben wegen Untreue oder Verstößen gegen das Parteiengesetz. Man kann es schon ein Massenphänomen nennen.

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