Mittwoch, 11. September 2024
Gutes altes Gymnasium
1963 habe ich Abitur gemacht und entschloss mich, Germanistik zu studieren. Was mich dazu motivierte? Einfach mein Interesse an Literatur.

Ich kaufte mir als erstes die damals aktuelle „Geschichte der deutschen Dichtung“ von Fricke/Klotz, Ausgabe von 1962. Hier stellte ich schnell fest, dass meine bis dahin angesammelte Kenntnis über deutsche Literatur offensichtlich sehr lückenhaft war. Ich schaute in den Fricke/Klotz nach, welche Autoren für die Zeit seit 1900 dort verzeichnet sind. Ich stellte fest: meine Schullektüre der epischen Literatur hatte fast keins der aufgezählten Werke zum Inhalt.

Ich fand die Autoren Borchert, Dürrenmatt, Frisch, Brecht, Zuckmayer, Walser, Aichinger, Lenz, Böll, Schnurre, Andersch, Koeppen, Schmidt, Frank, Zweig, Seghers, Brot, Musil, Kafka, Jünger, Anders, Nossack, Gaiser und Kreuder. Außer Böll und Borchert, von denen wir je eine Kurzgeschichte gelesen hatte, gehörte kein Autor zu unserer Schullektüre.

Die Aufzählung lässt die Frage offen, was denn überhaupt im Unterricht vorkam. Ich erinnere mich an Goethe (vor allem exzessiv der „Faust“), Schiller, einige Romantiker, nicht einmal die zweite Hälfte es 19. Jahrhunderts wurde berücksichtigt.

Wir waren also denkbar schlecht auf ein Germanistik-Studium vorbereitet. Nicht zufällig wählten auch nur zwei von uns dieses Fach. So war sie „die gute alte Zeit“ des Gymnasiums.

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