Sonntag, 5. Juli 2020
Prekäre Verhältnisse: Ergebnis der Privatisierung
Die prekären Verhältnisse in der Schlachtindustrie sind seit langem bekannt: Auslagerung der Arbeit an Subunternehmer, Arbeitshetze, mangelnde Sicherheit der Arbeitsplätze, skandalöse Unterbringung der migrantischen ArbeiterInnen. Gewerkschaften und Zivilgesellschaft haben das immer wieder angeprangert, bisher ohne Erfolg. Nun in der Corona-Krise spitzten sich die Widersprüche zu: In verschiedenen Schlachtbetrieben und den dazugehörigen Wohnunterkünften brach die Seuche aus und zog ganze Gemeinden und Landkreise mit in den Strudel.

Das war nicht immer so. Ursprünglich waren Schlachthöfe als Dienstleister für den Fleischhandel in kommunaler Hand mit einer weitgehend funktionierenden öffentlichen Kontrolle. Als sich in den 80er und 90er Jahren der Liberalismus nicht nur in Deutschland durchsetzte, wurden neben vielen anderen öffentlich organisierten Bereichen und Institutionen auch die Schlachthöfe privatisiert. Jetzt griff der Konkurrenz-Kapitalismus zu: eine Konzentrationswelle und ein gnadenloser Wettbewerb der Privatbetriebe führte zu den inzwischen bekannten Missständen. Dazu gehören auch die Dumpingpreise, die die ebenfalls konzentrierten Einzelhändler durchsetzten.

Wie auch in anderen Bereichen – z.B. Stadtreinigung, Müllabfuhr – sollten auch die Schlachthöfe wieder kommunalisiert werden.

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Mittwoch, 1. Juli 2020
Rechtsextreme in der Armee: Versetzen statt entlassen
Jetzt weiß es endlich auch die Bundesverteidigungsministerin: Es gibt Rechtsextreme diverser Couleur in der Bundeswehr. Für journalistische Rechercheure war das keine Überraschung. Auch der MAD wusste es, immerhin wurden von einem Oberstleutnant von dort Informationen und Warnungen an die rechtsextremen „Kameraden“ durchgestochen. (Siehe Beitrag vom 19.11.2018)

Der MAD spricht von aktuell 600 Personen. Das dürften allerdings deutlich mehr sein, denn eine Dunkelziffer wurde vorsichtshalber nicht erwähnt. Bisher waren das immer „Einzelfälle“. Aber 600 Einzelfälle? Da verschieben sich die Sichtweisen. Ein Schwerpunkt liegt offenbar beim Kommando Spezialkräfte (KSK), auch das ist seit längerem bekannt. Das verwundert auch nicht: schon immer waren „Elite“-Truppen – ob Fallschirmspringer, Gebirgsjäger oder Fernaufklärer – ein Hort von Chorgeist und Rechtsextremismus. Jetzt will Frau Kamp-Karrenbauer „hart durchgreifen“. Das sieht erst mal so aus, dass das KSK ein halbes Jahr Zeit bekommt, sich zu läutern. Also Zeit, ggf. belastendes Material beiseite zu schaffen.

Völlig unklar ist für Zivilisten die Funktion der KSK. In den Medien wird von „Geiselbefreiungen“ geraunt. Wie bitte? Dafür wäre doch wohl die Polizei zuständig, jedenfalls im Inland. Und im Ausland? Wie viele Geiselbefreiungen gab es dort seit Aufstellung der KSK vor vierzehn Jahren? Und braucht man dafür eine Truppe in Brigadestärke? Schlagzeilen produzierte die KSK bisher nur negativ, von Erfolgen ist öffentlich weniger bis nichts bekannt.

Nun wird eine Kompanie aufgelöst, davon sollen 20 Leute woandershin versetzt werden. Der Rest wird auf die anderen Kompanien verteilt. Ja, das ist die beste Methode, den Nazi-Ungeist gleichmäßig zu streuen. Wieso „verteilen“, warum nicht einfach entlassen? Es ist damit zu rechnen, dass Armee und Gesellschaft damit noch länger zu tun haben werden.

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Sonntag, 14. Juni 2020
Staatsanwälte und Fachidioten
Wie ungebildet oder dumm muss man sein, um Staatsanwältin (oder –anwalt) zu werden? Eine niedersächsische Staatsanwältin war mit dem Fall eines syrischen Migranten befasst, der in einer Polizeizelle in Kleve (NRW) verbrannte. Dabei durfte er gar nicht inhaftiert werden.

Er war mit einem malischen Migranten gleichen Namens „verwechselt“ worden. Der Malier wurde wegen eines Bagatelldelikts gesucht, der Syrer aus Aleppo wurde gefangen. Ein Schriftwechsel und Telefongespräche zwischen Braunschweig und Kleve klärten den Irrtum nicht auf.

Die Staatsanwältin hatte Wochen vor dem Tod des Syrers aktenkundig gemacht, die beiden Personen seien NICHT IDENTISCH (unterstrichen). Das hatte in Kleve keine Wirkung. Jetzt vor dem Untersuchungsausschuss kann die Dame sich an fast nichts mehr erinnern. Sie habe auch geglaubt, Aleppo läge in Mali. Eine „geografisch interessierte Mitarbeiterin“ habe sie erst später auf den Irrtum hingewiesen. Wie ungebildet darf eine Staatsanwältin sein? Kann es sein, dass man als Staatsanwältin keine Zeitung liest, oder bestenfalls die BILD? Und wie dumm darf sie sein, derart hanebüchenen Unsinn vor einem Untersuchungsausschuss zu äußern.

Wohlgemerkt: Um Staatsanwalt werden zu können, muss man ein „Prädikatsexamen“ (Note 1 oder 2) vorweisen. Unterstellt, sie hat das: Wir hätten solche Personen früher „Fachidioten“ genannt. Leider ist der Begriff aus der Mode gekommen, oder gibt es gar keine Fachidioten mehr? Die Dame aus Niedersachsen beweist das Gegenteil!

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Dienstag, 9. Juni 2020
Israelische Ausbilder für US-Polizisten
Im Zusammenhang mit der Tötung eines Schwarzen in Minneapolis durch einen weißen Polizisten wurde mehrfach in der Presse darauf hingewiesen, dass in den USA die Ausbildung eines Polizisten neunzehn Wochen dauert. Das ist ungefähr so viel wie bei uns für den „Security“-Mann der Wach- und Schließgesellschaft. Die neunzehn Wochen würden die Cops im Wesentlichen um Umgang mit Waffen trainiert.
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Wohl doch nicht ganz. Inzwischen wurde in Randnotizen der Presse erwähnt, dass die US-„Sicherheitskräfte“ von Ausbildern der israelischen Armee trainiert werden. Und die praktizieren in Palästina genau das, was der Mann in Minneapolis mit seinem Opfer gemacht hat: Liegende, Gefesselte werden zusätzlich durch Druck mit dem Knie auf den Nacken „fixiert“. Offensichtlich lernen die Polizisten nicht nur den Umgang mit Schusswaffen, sondern auch andere Methoden, Menschen umzubringen. Und es dürfte nicht die einzige Methode sein, die die israelischen „instructors“ vermitteln. Nur wegen eines Knies im Genick reist kein israelischer Soldat vom Nahen Osten nach Amerika. Palästinenser bestätigen nun, diese Methode werde auch bei ihnen angewandt. Schon 2014 erstickte ein New Yorker Polizist einen Schwarzen mit einem Würgegriff. Wohl auch nicht Teil der Schießausbildung.

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Dienstag, 2. Juni 2020
VERDACHT auf Falschgeld: Todesstrafe ohne Urteil
George Floyd, 46 Jahre alt, Schwarzer, Bürger von Minneapolis, wurde über acht Minuten lang von einem Polizisten mit dem Knie im Nacken auf den Asphalt gedrückt, während drei weitere Polizisten zuschauten.

Die letzten Worte während der über acht Minute waren:
“Es ist mein Gesicht, Mann
Ich hab nichts Schlimmes gemacht, Mann
Bitte
Bitte
Bitte, ich kann nicht atmen
Bitte, Mann
Bitte, irgendjemand
Bitte, Mann
Ich kann nicht atmen
Ich kann nicht atmen
Bitte
(unverständlich)
Mann, ich kann nicht atmen, mein Gesicht
Stehen Sie auf
Ich kann nicht atmen
Bitte, ein Knie auf meinem Nacken
Ich kann nicht atmen, Scheiße, Ich werde
Ich kann mich nicht bewegei
Mama
Mama
Ich kann nicht
Mein Knie
Mein Nacken
Ich kann nicht mehr
Ich kann nicht mehr
Ich habe Platzangst
Mein Bauch tut weh
Mein Nacken tut weh
Alles tut weh
Ein Schluck Wasser oder so was
Bitte
Bitte
Ich kann nicht atmen, Officer
Bringen Sie mich nicht um
Sie werden mich umbringen, Mann
Kommen Sie schon, Mann
Ich kann nicht atmen
Ich kann nicht atmen
Sie werden mich umbringen
Sie werden mich umbringen
Ich kann nicht atmen
Ich kann nicht atmen
Bitte, Sir
Bitte
Bitte
Bitte, ich kann nicht atmen.”

Dann schließen sich seine Augen und die Bitten verstummen. Kurz darauf wurde George Floyd für tot erklärt. (Quelle: Avaaz)

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Black and white together against racism
Nachdem ein Polizist in Minneapolis mit Duldung, wenn nicht gar Unterstützung von drei weiteren Polizisten, einen Schwarzen umgebracht hat, brandet eine Protestwelle – leider teilweise gewaltsam - von coast to coast durch die USA. Schwarze und Weiße gemeinsam, auch mit Unterstützung lokaler Polizisten, demonstrieren gegen den allgegenwärtigen Rassismus, der – so scheint es – zum Erbe der Sklaverei und Dezimierung der amerikanischen Ureinwohner gehört.

Vor den Demonstranten vor dem Weißen Haus in Washington hat Präsident Trump sich im Bunker verkrochen. Paranoia oder schlechtes Gewissen? Per Twitter und Fernsehsender VOX geifert er derweil gegen den Protest: „Die Vereinigten Staaten von Amerika werden Antifa zur terroristischen Organisation erklären.“ Dazu bräuchte es erst eine solche Organisation, die es gar nicht gibt. Die Demonstranten erklärt er zu „Verbrechern“, die Bundesstaaten und Städte fordert er auf: „Greift hart durch.“ und „Fordert die Nationalgarde JETZT an.“ Überflüssig, denn das ist bereits geschehen.

Es ist vielleicht ein schiefer Vergleich, aber: Schon früher versteckte sich ein Despot kurz vor seinem Untergang im Bunker, nicht in Washington, sondern in Berlin.

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Montag, 25. Mai 2020
Lügde: Skandal gebiert Skandal
Der massenhafte sexuelle Missbrauch von Kindern auf und um den Campingplatz in Lügde ist hinsichtlich der Täter juristisch „aufgearbeitet“: langjährige Haftstrafen mit anschließender Sicherungsverwahrung.

ABER: Das große ABER harrt noch der Aufklärung. Nicht nur die NRW-Polizei spielte in dem Skandal eine unrühmliche Rolle (Verschwinden bzw. Nichtendecken von Beweismaterial, persönliche Inkompetenz, Führungsmängel), auch die zuständigen Jugendbehörden haben dreckige Finger bis über die Ellenbogen. Untätigkeit, Verschleierung, Verschleppung sind die Vorwürfe, die ihnen in einem Anschlussprozess gemacht werden.

Und nun mauern die angeklagten BehördenmitarbeiterInnen vor Gericht: sie verweigern die Zeugenaussage. Das ist ihr Recht, lässt aber vermuten, dass an den Vorwürfen etwas dran ist. Und sie verhindern damit die Aufklärung des GESAMTEN Skandals. Die wäre nötig und sinnvoll, um ggf. Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen.

Als in Bremen vor Jahren der Skandal um Kevin hochpoppte, in dem das Jugendamt ebenfalls massiv versagt hatte, wurde unter Leitung eines Wissenschaftlers eine Untersuchung angestrengt, deren Ergebnis die Neuorganisation des Jugendamtes und personelle Aufstockung waren. Dieser Prozess war transparent und öffentliche nachvollziehbar. So arbeitet man Konflikte auf und vermeidet zukünftigen Schaden. Leider bisher nicht in Lügde und Umgebung.

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Donnerstag, 21. Mai 2020
Corona-Tagebuch 42.: Corona deckt Missstände auf
Insidern und einer aufgeklärten Öffentlichkeit sind die skandalösen Zustände in norddeutschen Schlachthöfen lange bekannt: Überlange Schichten, Arbeitsdruck durch Akkord, Mangel an Arbeitsschutz und Hygiene, keine Arbeitsverträge durch ein System von Subunternehmern (bis zu 80% der Belegschaften), keine Betriebsräte, fehlende gewerkschaftliche Organisierung, mangelnde staatliche Kontrolle, miserable Unterbringung in überteuerten Wohnungen oder Heimen. Das langt erst mal.
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Bis auf wenige stört sich niemand bisher daran, außer engagierten Individuen – z.B. ein Pfarrer – und der Gewerkschaft NGG, der wegen des geringen Organisationsgrads die Hände gebunden sind.

Aber jetzt gibt es einen Skandal im Skandal. In mehreren Betrieben sind Corona-Infektionen ausgebrochen. Das wundert niemanden, der die Verhältnisse kennt, vor denen schon lange gewarnt wird. Und nun auf einmal ist „Holland in Not“. Betriebe wurden geschlossen, Arbeiter in Quarantäne geschickt. In die überbelegten Heime und Privatwohnungen etwa?

Wenn die Pandemie etwas Guten haben sollte, dann müssten der Ausbruch in den betreffenden Betrieben die Verhältnisse grundlegend ändern, in allen Betrieben. Und wie? Einfach die aufgezählten Missstände beseitigen, und zwar sofort – per Gesetze, Verordnungen, Kontrolle und gewerkschaftliche Organisierung.
Bleibt aufrecht und gesund!

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Corona-Tagebuch 41.: Vorurteile und Aufklärung
Über die Anti-Corona-Demonstranten wird z.Zt. heftig debattiert. Woher stammen deren Motive? Wie lässt sich dem begegnen. Jan-Philipp Reemtsma hat dazu einiges erklärt (taz nord 20./21.05.20) Befragt, was dagegen zu tun sei, antwortet er: „Nichts“. Er empfiehlt, ihnen nicht zu viel Bedeutung zuzumessen, um ihren Narzissmus nicht zusätzlich zu bedienen. Polizeiliche Begleitung sei nützlich, um Schlimmes zu verhindern. Gegendemonstrationen oder gar Verbote würde diese Menschen nur bestätigen.

Dabei fällt mir eine Erfahrung aus meiner Biografie ein: In der Studentenbewegung kam in Berlin die Idee auf, man müsse die Berliner Bevölkerung agitieren. Offensichtlich dominierte die Springerpresse den Zeitungsmarkt, insbesondere mit dem Boulevard-Blatt BZ sowie der Bild. Dort wurden systematisch Falschmeldungen und reaktionäre Kommentare über die DDR und die Studentenbewegung in Westberlin und Westdeutschland verbreitet.

Wir Studenten hatte die Illusion, durch Straßenagitation eine Gegenöffentlichkeit herzustellen. Kleine Trupps von uns bevölkerten den Ku-Damm, sprachen Passanten an und verwickelten sie in Diskussionen. Nun waren die Ku-Damm-Passanten am Wochenende nicht unbedingt für unsere Anliegen offenen, eher im genauen Gegenteil. Nur wenige ließen sich überhaupt auf ein Gespräch ein und wenn ja in der Absicht uns zu agitieren. Nicht selten schlugen uns Beleidigungen, faschistische Ansichten und Aggressionen entgegen.

Ein Beispiel war besonders grotesk. Einer der Kommilitonen war 1961 kurz vor dem Bau der Mauer aus der DDR geflüchtet. Er sprach ein ziemlich breites Sächsisch. In einem Gespräch mit einem älteren Ehepaar musste er sich erst ein paar Beleidigungen anhören. Z.B. wir seien langhaarige Affen, ungewaschen, würden nicht arbeiten und auf Steuerkosten schmarotzen. Schließlich keifte die Frau: „Hör doch, der spricht ja sächsisch wie Ulbricht. Der ist vom Osten gesteuert, der ist geschickt.“

Unserem Freund fiel angesichts des blanken Hasses nur ein zu kontern: „Und Sie sind ungeschickt.“ Ein Wortspiel, das die beiden eher nicht verstanden. Das Gespräch – wenn man davon reden will – war damit beendet. „Komm Männe, der spinnt doch.“ Wir haben diese Ku-Damm-Agitation sehr schnell aufgegeben. Aber es war immerhin eine wichtige Erfahrung.
Bleibt aufrecht und gesund!

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Freitag, 8. Mai 2020
8. Mai 1945
8. Mai 1945, der Krieg ist vorbei. Deutschland ist besetzt. Die Besatzungssoldaten haben den Auftrag, möglichst umfassend den Nationalsozialismus zu bekämpfen. Einige tun das sehr beflissen. Das spricht sich herum. Fiberhaft werden Symbole und Gegenstände vernichtet oder beseitigt, die Hinweise auf eine NS-Vergangenheit geben. Das war neben vielen anderen auch eine Sorge.

Meine Mutter tat das sehr eifrig. Während mein Vater noch in Gefangenschaft war, musste sie, davon war sie fest überzeugt, den Offiziers-Dolch meines Vaters, mit einem Hakenkreuz „verziert“, beseitigen. Der Schwanenteich schien ihr dafür geeignet zu sein. Sie wickelte ihn zur Tarnung in eine alte Schürze, verbarg das Bündel in meinem Kinderwagen und warf es in den Teich. Aber, oh Schreck, das Bündel ging nicht sofort unter, sondern blähte sich auf und trieb auf dem Wasser. Sie geriet in Panik. Ängstlich blickte sie sich um, ob jemand sie beobachtete. Da niemand in der Nähe war und das Bündel sich auch langsam mit Wasser vollsog und unterging, lief sie erleichtert und rasch nach Hause.



Später gab es noch ein Problem. Mein Vater hatte das „Eiserne Kreuz“ bekommen, das im 2. Weltkrieg mit einem Hakenkreuz versehen worden war. Es musste also ebenfalls verschwinden. Meine Eltern dachten, unter dem Kohlenhaufen im Keller sei es gut versteckt. War es auch und zwar so gut, dass nicht auffiel, dass es mitsamt dem Koks im Ofen verschwand. Beim Reinigen des Ofens von Asche tauchte es wieder auf: Kohlekrümel hatten sich eingebrannt – eine „Entweihung“. Mit einer Drahtbürste wurde es vorsichtig gereinigt und befindet sich jetzt in meinem Besitz.

Aber: Wohin damit? Einem Händler von Militaria will ich es nicht überlassen. Und wir haben eine Gasheizung.

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Sonntag, 3. Mai 2020
Der Tod der Frau B.
Auch wenn die folgende Geschichte den Schluss nahe legen könnte, dass Einsamkeit ein Problem nur von Alten ist - das ist es nicht. Einsamkeit ist nicht altersabhängig. Bei Jüngeren wird es oft nur anders genannt. Von Kindern sagte man in der Corona-Krise: "Ihnen fehlen die anderen Kinder." Von anderen heißt es: "Das ist ein/e etwas Zurückgezogene/r." Das sind Euphemismen für Einsamkeit. Und letztlich ist Einsamkeit kein typisch Corona-bezogenes Phänomen, sondern eine Alltagserscheinung. Wie die folgende Geschichte zeigt.

Ich kam von einer einwöchigen Dienstreise zurück. Während der üblichen Tätigkeiten des Nach-Haus-Kommens fragte meine Frau: "Wann hast du eigentlich Frau B. das letzte Mal gesehen oder gehört?" Frau B. war unsere Nachbarin rechts - oder links, je nachdem wie herum man stand. Ich konnte mich nicht erinnern. Wir waren es gewohnt, sie gelegentlich in den direkt benachbarten Zimmern hantieren zu hören.

Meine Frau machte sich Sorgen: sie hatte länger nichts mehr gehört. "Ob ich besser die Polizei anrufen sollte?" - "Ja, wenn du denkst, einmal zu viel ist besser als einmal zu wenig." Das meinte auch der Polizist. "Wir schicken einen Streifenwagen", der auch kurz danach vor der Tür stand. Die Beamten klingelten bei Frau B., pochten an die Tür, riefen - keine Reaktion. Sie alarmierten die Feuerwehr. Die rückte mit einem Gerätewagen und einem Krankenwagen an und öffnete die Tür. Einer der Polizisten ging hinein, kam aber sofort wieder heraus. Im Haus stank es, und Frau B. lag tot am Fuß der Treppe mit Verletzungen am Kopf.

Das Weitere war Routine: Der Polizeiarzt kam, bestätigte den Tod. Er und die Polizisten sprachen mit uns, weil wir angerufen hatten. Der Arzt, befragt nach der Todesursache, erklärte, die sei nicht mehr festzustellen. Es könne sein, dass Frau B. gestürzt und an dem Sturz gestorben sei, oder sie sei gestorben und dann gestürzt und habe sich dabei die Verletzungen zugezogen. Den Todeszeitpunkt könne er momentan nicht feststellen. Wir machten uns Gedanken, ob Frau B. vielleicht lange verletzt dort ohne Hilfe gelegen hatte.

Denn Frau B. war sehr einsam. Nur sehr selten bekam sie gelegentlich Besuch von einer Taxifahrerin. Diese wurde über den Taxifunk informiert, war eine entfernte Verwandte und konnte Auskunft über die weitere Verwandtschaft geben.

Frau B. lebte ein skurriles Leben. Die Versorgungsunternehmen hatten ihr nach und nach das Wasser, das Gas, den Strom und das Telefon gesperrt. Sie hatte sich mit allen um kleine Beträge gestritten, die sie nicht bezahlt hatte. Ich erfuhr davon eines Abends im Winter. Wir saßen beim Abendbrot, als es klingelte. Eine junge Nachbarin stand mit Frau B. vor der Haustür: Ob ich helfen könne.

Frau B. war im Dunkeln durch die Gärten geirrt und konnte nicht in ihr Haus. Sie hatte in einem Parterre-Zimmer die ungesicherte Türklinke abgezogen, drückte bei dem Versuch, sie wieder einzustecken, die andere mit dem Vierkant nach außen. Durch das Fenster war sie über einen Tisch nach draußen geklettert und konnte nicht wieder zurück. Ich nahm den umgekehrten Weg, suchte und fand im Dunkeln den Lichtschalter, doch das Licht ging nicht an. Ich benutzte meine Taschenlampe, drehte mit einem großen Schraubendreher den Vierkant im Türschloss und öffnete die Tür. Das Nebenzimmer hat eine Tür nach draußen. Wieder betätigte ich ohne Erfolg den Lichtschalter, schloss die Außentür auf und ließ Frau B. herein. Ich stellte jetzt erstmalig fest: Im ganzen Haus gab es kein Licht.

Ihren Wassermangel kompensierte Frau B. dadurch, dass sie Wassereimer, leere Yoghurt-Becher und andere Gefäße auf den Balkon stellte und das Regenwasser auffing. Dort wusch sie sich auch.
Mit den NachbarInnen hatte sie sich systematisch zerstritten. Ein Nachbar legte in seinem Garten einen kleinen Teich an. Frau B. alarmierte die Polizei: der Nachbar baue ein Schwimmbad. Ob das erlaubt sei. Die Polizei rückte an, begutachtete den Teich und fragte den Nachbarn, wie groß der denn noch werden solle. Dieser erklärte: "Der ist jetzt fertig."

Wir kamen von einer Urlaubsreise zurück, ich reinigte das Innere des Autos und hatte beide rechte Türen auf. Frau B. kam den Bürgerstein entlang. Damit sie das Auto passieren konnte, schloss ich die Türen. "Das ist aber nett, dass Sie mir Platz machen." Und ging weiter. Nach zwei Metern drehte sich um und schimpfte: "Schmeißen sie ja nicht Ihren Dreck vor mein Haus!"

Einmal behauptete sie, die Mauer zwischen unseren Balkons sei "verschoben". "Früher war sie so und so", sie fuchtelte mit den Händen in der Luft, "und jetzt ist sie so und so." Ich entgegnet, das könne nicht sein, versprach aber, der Sache nachzugehen. Ich inspizierte die Mauer, hantierte mit dem Zollstock eine Zeit und erklärte, die Mauer sei wie immer. "Na, dann ist es ja gut." Wenn ich einen Streit angefangen hätte, wäre das nicht so leicht gegangen. Aber so viel Langmut brachten nicht alle auf. Unsere Hauswirtin z.B. verließ jedes Mal fluchtartig den Garten, sobald Frau B. heraus kam. Diese züchtete dort Gemüse und Obst, das sie häufig gleich an Ort und Stelle aß. Sie hatte sich mit unserer Hauswirtin schon vor Jahren wegen einer Hecke zerstritten. Meine Frau beschimpfte sie im Garten unvermutet, sie sehe frech aus: "Die Augen sind's, und die Haare.'

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Wenn Frau B. das Haus verließ, war sie tip-top gekleidet und führte immer einen Stockschirm mit sich. Wollte sie den viel befahrenen Osterdeich überqueren, streckte sie den Schirm am langen Arm waagerecht aus und ging einfach los. Die Autos hielten mit quietschenden Reifen. Selten schimpfte ein Fahrer. Den Schirm brauchte sie auch für Fahrten mit der Straßenbahn. Sie fuchtelte damit herum, vertrieb andere Fahrgäste, indem sie behauptete: "Das da ist mein Platz!"

Als sie gestorben war, tauchten Verwandte vom Land auf, die wir noch nie gesehen hatten, und traten das Erbe an. Sie berichteten, außer dem Haus habe sie 250.000 Mark auf dem Konto. Uns wollten sie das Haus für 225.000 Mark verkaufen.

Häufig liest man in Zeitungen Klagen darüber, dass Großstadtmenschen völlig vereinsamt sterben und längere Zeit unentdeckt tot in ihren Wohnungen liegen. Frau B. starb, wie sie gelebt hatte: allein und wohl auch sehr einsam. Aus einer gewollten und selbst verursachten Einsamkeit kann niemand, auch nicht von gutwilligen Menschen, befreit werden.

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Samstag, 7. März 2020
Frauen wären Kriegstreiberinnen?
Die Bundestugendministerin, Steuerbetrügerin und „Frauenrechtlerin“ Alice Schwarzer äußerte sich im „Stern“ zur Frauenrolle: „Frauen sind nicht von Natur aus friedlicher, sie haben einfach nicht die Macht, Kriege anzuzetteln.“ Schon zu Zeiten der Diskussion über Frauen in der Bundeswehr forderte Schwarzer, dass Frauen dann auch Generäle werden müssten. Vielleicht hatte sie da die eigene Karriere im Blick.

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Dann müssen friedliebende Menschen alles dafür tun, dass Frauen nicht mehr Macht bekommen, sonst werden noch mehr Kriege in der Welt angezettelt. Oh nein, bitte nicht!

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Eine Reise durch das Land der Gegensätze: Marocco 2012 (Letzter Tag)
Packen geht schnell. Vom Café hole ich Sandwiches, vom Bäcker eine Baguette und eine Rosinenschnecke. Gerhild kocht Kaffee, das ist unser Frühstück und das Geld fast alle, bis auf ein paar Dirham, die Gregor bekommt. Wir sitzen noch etwas in der Sonne, Fatim Sarah kommt, Tschüß zu sagen. Kurz vor 11 Uhr kommen Wemkens vom Frühstück am Strand, das Taxi steht schon vor der Tür. Emotionaler Abschied.
Zügig geht’s mit dem Taxi noch mal die schöne Küstenstraße lang nach Agadir. Früh sind wir am Flughafen, einchecken und warten. Pünktlich geht der Flieger ab, nach gut 4 Stunden sind wir in Berlin. Übernachten bei unserer Schwägerin und fliegen am letzten Tag nach Bremen.

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